In diesem Blog berichtet Rechtsanwältin und Fachanwältin für Strafrecht Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. über Strafverfahren in und um die Rhein-Mosel-Stadt
Mittwoch, 21. Dezember 2011
Vollklatsche für die Amtsrichterin
Vorangegangen war dem eine Hauptverhandlung mit einer forschen Amtsrichterin, deren Verhandlungsführung recht eigenwillig war. So versuchte sie andauernd, mit meinem Mandanten ins Gespräch zu kommen und diesem Auskünfte zu entlocken, was bei mir auf Widerstand stieß. Es war nicht einfach, ihr beizubringen, dass sich ein Angeklagter auch über seinen Anwalt einlassen kann, also selbst nichts sagen muss. Das, was es zu sagen gab, hatte ich gesagt und damit hatte es dann trotz des mürrischen Blicks der Richterin sein Bewenden.
Zeugen hatte sie nicht geladen. Ihr reichte ihr Eindruck, die Einlassung meines Mandanten und ihr (Prä?)judiz. Dass das aber nicht für ein revisionssicheres Urteil reichen würde, war ebenso klar. Ich selbst hatte zur Verwunderung meiner Referendarin keine Beweisanträge gestellt, sondern mich gemütlich zurückgelehnt und die Urteilsbegründung an mir vorbeirauschen lassen.
Sie war nicht wirklich gut, noch weniger überzeugend, aber immerhin mit Inbrunst vorgetragen.
Die schriftliche Urteilsbegründung, die Wochen später zugestellt wurde, war nicht besser, dafür aber weniger inbrünstig.
In solchen Fällen ist das Rechtsmittel der Wahl die Sprungrevision.
Das OLG entschied wie von mir erwartet. Die Verabreichung einer derartigen Klatsche überstieg jedoch meine Erwartung.
Es wurde u.a. ausgeführt, dass nach den getroffenen Feststellungen des Urteils noch nicht einmal überprüft werden könne, ob nicht ein Strafklageverbrauch vorliege. Weiter seien die Anforderungen an Sachverhaltsaufklärung und Urteilsbegründung nicht erfüllt und das, obwohl der Senat seit 2005 (!) diese Anforderungen klar bezeichnet habe. Die Einlassung des Angeklagten hätte darüber hinaus Anlass geben müssen, sich mit einer Irrtumsproblematik auseinander zu setzen, was unterblieben sei und letztlich sei auch der Rechtsfolgenausspruch nicht frei von Mängeln.
Kurz: Was man falsch machen kann, wurde falsch gemacht.
Demnächst geht es also in die 2. Runde bei demselben Amtsgericht, nur bei einem anderen Richter.
Montag, 19. Dezember 2011
Do is wos kemma
Reno: Begrüßung, Nennung des Aktenzeichens, Schilderung des Anliegens
Geschäftsstelle "Do is wos kemma."
Reno: Ob es denn auch unser Schriftatz sei?
"A jooo."
Reno: Bedankt sich für die Auskunft. Dann werde sie nun den Eingang unseres Schriftsatzes in der Akte vermerken.
"Is scho recht."
Fazit: auch mit ganz wenigen Worten kann man behilflich sein und das war in diesem Falle auch gut so. Hätten die beiden sich wortreicher unterhalten müssen, wäre es wieder Zeit gewesen, meine bayerische Referendarin zu kontaktieren.
Mittwoch, 7. Dezember 2011
Überschaubar intelligenter Kollege?
Nicht zum ersten Mal wundere ich mich über die "Schreibe" der Kollegen, die die Gegenseite vertreten.
Zum ersten Mal aber lese ich in einem Schriftsatz, dass die "Behauptungen des Beklagtenvertreters lediglich von überschaubarer Intelligenz geprägt sind".
Hoppla!
Zugegeben, es sieht nicht gut aus für die Gegenseite, aber dass man deshalb gleich beleidigend werden muss...
Montag, 5. Dezember 2011
Ein Familienrichter als Strafrichter
So sah es auch das Oberlandesgericht, hob das Urteil auf und verwies es an eine andere Abteilung desselben Amtsgerichts zurück. Diese Abteilung wiederum war mit einem Richter besetzt, der seit vielen Jahren Familiensachen macht.
Eine solche Konstellation kann gut sein, muss aber nicht. In meinem Falle war sie gut. Man merkte dem Vorsitzenden kaum an, dass er sich nicht auf gewohntem Terrain bewegte und auch das Urteil entsprach exakt dem, was ich bereits in der Erstauflage beantragt hatte.
Montag, 7. November 2011
Abendessen mit dem Staatsanwalt
Unlängst schrieb mir ein inhaftierter Mandant, ich solle seinen Fall doch einmal vertraulich mit dem zuständigen Staatsanwalt besprechen. Vielleicht sei ein gemeinsames Abendessen der passende Rahmen, für dessen Kosten er, der Mandant, gerne aufkommen wolle.
Ich habe dem Mandanten geantwortet, dass ich seinen Vorschlag für einen Scherz halte und ihm mit gleicher Post eine Vorschusskostennote geschickt.
Damit habe ich mir Ausführungen dazu erspart, dass Strafverteidigung anders funktioniert als er sich das offenbar vorstellt.
Donnerstag, 3. November 2011
Freispruch durch den BGH im Polizistentötungsfall
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&pm_nummer=0174/11
Mittwoch, 28. September 2011
Die dolmetschende Referendarin
Besagte Referendarin, die ihre liebe Not mit dem hiesigen Dialekt hatte (vgl. hier), hatte am letzten Tag ihrer Stage eine wichtige Aufgabe zu erledigen, die neben den üblichen Arbeiten eigentlich auch ins Stationszeugnis gehört: sie dolmetschte.
Und das kam so:
Nicht zum ersten Mal hatte es mich an ein kleines Amtsgericht nach Bayern verschlagen und während ich die Male zuvor noch meine liebe Not mit den Dialekten der dort beheimateten Zeugen hatte, war es dieses Mal anders. Dank meiner Referendarin, die dort ein "Nativspeaker" ist, konnte ich der Hauptverhandlung folgen. Sie dolmetschte los sobald ich sie hilfesuchend anblickte und ich schaute sie ziemlich oft hilfesuchend an.
Bleibt zu hoffen, dass sie mir auch in den Fortsetzungsterminen zur Verfügung stehen wird, dann allerdings selbst in Robe.
Freitag, 9. September 2011
Kollege erfroren?
Dabei war ein von ihm diktierter Schriftsatz wie folgt unterzeichnet:
"Rechtsanwalt A. B. (für Rechtsanwalt C. D., nach Diktat vereist)"
Hätte mich auch gewundert. Der Sommer 2011 ist zwar nicht unbedingt das, was man landläufig unter einem Sommer versteht, aber so kalt, dass man gleich vereist wäre, war´s denn doch nicht. ;-)
Montag, 5. September 2011
Schlimmer geht´s (n)immer
Schlimmer geht´s nimmer, sollte man meinen, aber das ist nur die halbe Wahrheit und wie ich unlängst feststellen konnte, wird bisweilen vergessen, den Mandanten darüber aufzuklären.
Ein Mandant, der mich für die Berufungsinstanz beauftragt hatte, kam mit diesem recht gefährlichen Halbwissen zu mir. Er hatte ein Jahr und ein paar Monate kassiert und sein Berufungsziel war eine geringere Strafe (er hatte ein Geständnis abgelegt, so dass an der Verurteilung dem Grunde nach nicht gerüttelt werden sollte).
Nach Durchsicht der Akten musste ich feststellen, dass er mit seinem Urteil im Grunde ganz gut bedient war und eröffnete ihm, dass ich im Großen und Ganzen der Berufung keinen Erfolg beimesse. Trotzdem sollte es versucht werden, denn schlimmer gehe es schließlich nicht. Das habe ihm sein Anwalt aus der 1. Instanz so gesagt.
Diesen Zahn musste ich ihm ziehen.
Was nämlich durchaus schlimmer werden kann, sind die Bewährungsauflagen und für die meisten Angeklagten macht es am Ende einen gewaltigen Unterschied, ob sie 2 oder 5 Jahre unter Bewährung stehen, ob sie 100 oder 500 Sozialstunden abzuleisten haben oder ob sie 500 oder 5000 Euro Geldauflage zu zahlen haben.
Ebenfalls nicht unter das Verböserungsverbot fallen Anordnungen der Unterbringung in der Psychiatrie oder einer Entziehungsanstalt.
Gerade bei Verurteilungen unter Bewährungsaussetzung kann ein dem Angeklagten schlecht gesonnener Berufungsrichter derart auf die Pauke der Bewährungsauflagen hauen, dass der Angeklagte den Tag seiner Rechtsmitteleinlegung verwünscht.
Donnerstag, 4. August 2011
Nachtrag zu: Ich Referendarin - nix verstehen
http://www.youtube.com/watch?v=uOg_8A-Zfn0
Vielen Dank an den Kollegen, der mich darauf aufmerksam gemacht hat!
Mittwoch, 3. August 2011
Mandant sitzt und sitzt und sitzt
Irgendwann ereilte mich die Ladung des Gerichts für einen Termin, zu dem auch das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet wurde. Das ist klar, denn ähnlich wie bei der Eheschließung sind auch beim actus contrarius die Betreffenden anwesend.
Im Gericht angekommen, musste ich erstmal warten. Nicht auf´s Christkind (so lange dauerte es denn doch nicht), sondern auf den Beginn der Verhandlung, der sich verzögerte. Die Wartezeit wollte ich nutzen um noch ein paar Worte mit meinem Mandanten zu wechseln, den ich in einer der Haftzellen wähnte. Dort traf ich ihn aber nicht an und die Wachtmeisterei versicherte glaubhaft, dass noch kein Gefangenentransport eingetroffen sei.
Die Verhandlung begann dann ohne meinen Mandanten und auf Befragen erklärte die Vorsitzende, dass sie ihn gar nicht geladen habe, schließlich sitze der doch in der JVA. Auf meine Frage hin, was es denn dann zu bedeuten habe, dass sie das persönliche Erscheinen angeordnet habe, stutzte sie, blätterte in der Akte um dann festzustellen, dass das wohl ein Versehen gewesen sei. Sie habe auch gar nicht vor, die Ehe im Termin zu scheiden, sondern sie wolle erstmal die Ehefrau anhören. Mein Mandant solle zu einem späteren Termin bei einem anderen Gericht angehört werden, das näher an der JVA gelegen sei. Danach beraume sie dann wieder einen Termin an und dann werde in diesem die Ehe geschieden. So einfach sei das.
Klar, dachte ich, ist ganz einfach. Statt einem Termin gibt es 3, statt einem Richter sind 2 mit der Sache befasst, 2 Rechtsanwälte reisen zu 2 Anhörungen statt einer und danach noch zum Termin, in dem geschieden werden wird, aber man spart ca. 30 Kilometer Gefangenentransport. Fürwahr - ganz einfach.
Dienstag, 2. August 2011
Ich Referendarin - nix verstehen
Unlängst aber musste sie feststellen, dass sie an ihre Grenzen gestoßen war. Zur Besprechung erschien eine Dame mittleren Alters, die anstelle von Hochdeutsch einen hier heimischen Dialekt sprach, gespickt mit Ausdrücken, die aus der Zigeunersprache stammen.
Nach der Besprechung blickte mich meine Referendarin hilfesuchend an, meinte, sie habe nichts verstanden und wollte wissen, ob ich die Dame verstanden hätte. Ich hatte. Und danach hab ich es meiner Referendarin übersetzt. Pfiffig und fleissig wie sie nun mal ist, schreibt sie nun ein Rechtsgutachten zu dem von der Dame vorgetragenen Fall - auf Hochdeutsch.
Montag, 1. August 2011
Die angedichtete Tochter
Die Prozessbeteiligten schmunzelten, denn der Angeklagte hatte Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen gemacht und hierbei auch die Namen seiner Kinder (8 an der Zahl, darunter 3 Mädchen) genannt. Sämtliche Kinder tragen - nun sagen wir - eher ungewöhnliche Namen, im Stil von Chantal-Jolie oder Rocco-Maurice. Anna würde sich im Vergleich zu diesen Namen doch sehr schmucklos darstellen und auf Nachfrage erklärte der Angeklagte: "Anna? Habbich net!"
Hatte er wirklich nicht und tatsächlich erwies sich die Aussage der Zeugin nicht nur in diesem Punkt als - nun sagen wir - phantasievoll.
Dienstag, 19. Juli 2011
Wir überprüfen Sprichwörter - Heute: Quod licet Iovi, non licet bovi
Quod licet Iovi, non licet bovi
In Strafverfahren vor großen Kammern mit Schöffen kommt es immer mal zu Terminskollisionen, weil -sofern die Kammer ein wenig knapp terminiert hat- immer mal wieder einer der Beteiligten aus unterschiedlichen Gründen nicht erscheinen kann.
Ich erinnere mich noch gut an ein Verfahren vor dem Landgericht B. - große Strafkammer, Nebenklage, mehrere Gutachter, kurz: eine Situation wie die vorbeschriebene war vorprogrammiert.
Da einer der Schöffen eine Kur antreten wollte, die ihn für annähernd 3 Wochen ins Ausland verschlug, musste kurz vor Kurantritt noch rasch verhandelt werden um die 3-Wochen-Frist zu wahren. Das Gericht rief in meinem Büro an, erreichte meine Reno und fragte bei dieser nach, ob ein bestimmter Termin noch frei sei. Die Reno bejahte, nicht wissend, dass an diesem Tag ein runder Geburtstag meines Vaters anstand. Als die Ladung kam, versuchte ich, den Termin verlegen zu lassen oder zumindest, einen Sprungtermin daraus machen zu lassen, damit ich einen Kollegen mit meiner Vertretung hätte beauftragen können. Dies wurde abgelehnt. Begründung: der Gutachter kann nur an diesem Tag und der Termin ist schließlich mit meinem Büro abgeklärt. Zumindest Letzteres stimmte offenkundig und ich bekenne mich schuldig, dass ich bis dahin meinen Angestellten erlaubt hatte, Termine mit den Vorsitzenden abzusprechen. Kommt seither nicht mehr vor, obwohl der nächste runde Geburtstag naher Angehöriger noch ein paar Jährchen aussteht. Formaljuristisch betrachtet hatte der Vorsitzende ebenfalls Recht und ich konnte nichts dagegen tun, außer mich zu ärgern.
Als es kurze Zeit später in demselben Verfahren darum ging, dass mal wieder Fortsetzungstermine bestimmt werden mussten, äusserte ich in der Sitzung, an dem vorgeschlagenen Tag wegen eines nachmittäglichen Gerichtstermins nur bis zum Mittag Zeit zu haben, was dem Vorsitzenden nicht recht zu gefallen schien. Noch bevor der dazu kam, etwas dazu zu sagen, flüsterte ihm sein frisch aus der Kur zurückgekehrter Schöffe etwas ins Ohr, das dann dazu führte, dass der Termin nur bis 10.30 Uhr angesetzt wurde. Der Schöffe war Bürgermeister einer Gemeinde, die am fraglichen Tag eine Kirmes hatte, bei deren Eröffnung um 11 Uhr es dem Herrn Bürgermeister oblag, den Bierbrunnen zu eröffnen. Fürwahr ein triftiger Grund, hierauf bei der Terminierung Rücksicht zu nehmen, das Eröffnen eines Bierbrunnens ist freilich eine unvertretbare Handlung, hinter dem solche Petitessen wie ein Gerichtstermin selbstverständlich zurück zu stehen haben.
Der Frau Staatsanwältin erging es im Übrigen ähnlich wie mir: die hatte eigens ihren Urlaub wegen des Verfahrens verschoben um an den festgelegten Terminen zugegen zu sein. Als dann aber ein weiterer Termin wegen der Eröffnung eines Jahrmarktes in B. verschoben wurde auf einen Termin, an dem die Staatsanwältin dann im Urlaub war und just an diesem Termin ein Gutachter zu Wort kommen sollte, von dessen Gutachten viel abhing, war auch dies kein Grund für das Gericht, seine Terminierung abzuändern oder einen Sprungtermin zu machen. Die Frau Staatsanwältin, die die Nummer mit dem Bierbrunnen noch in lebhafter Erinnerung hatte, wirkte - für mich nachvollziehbar - ein wenig mürrisch.
Ergebnis: Das Sprichwort stimmt.
Donnerstag, 30. Juni 2011
Wir überprüfen Sprichwörter - Heute: Qui s´excuse, s´accuse
Er fiel mir wieder ein als ich kürzlich in einer Jugendstrafsache verteidigte und die Opferzeugin berichtete, dass sich drei der vier Angeklagten bei ihr im Nachgang zur in Rede stehenden Tat entschuldigt hätten. Mein Mandant war der, der sich nicht entschuldigt hatte. Wozu auch? Die Opferzeugin hatte ihn entlastet. Wer das trotzdem nicht gut fand, war die Frau Mama meines Mandanten, die hinten im Sitzungssaal saß und mehr als mürrisch dreinblickte.
Als sie ihrem Sprößling dann in einer Verhandlungspause auf dem Flur zuraunte, er solle sich gefälligst jetzt entschuldigen, schließlich hätten die Mitangeklagten das auch getan und was würde es denn für einen Eindruck machen, wenn er als Einziger und so weiter und so fort.
Ich gebot der aufgeregten Mutti Einhalt, was einiger sehr deutlicher Worte bedurfte, von deren Sinn sie erst überzeugt war, als ihr Sohn kurze Zeit später freigesprochen wurde.
Der Richterin glaubte sie, dass ihr Sohn nichts angestellt hatte. Der Zeugin nicht. Ihrem Sohn, der von Anfang an eine Beteiligung bestritten hatte, hatte sie offenbar auch nicht geglaubt. Schade. Ich habe sie gefragt, ob sie sich nicht bei ihrem Sohn entschuldigen wolle. Sie hat´s nicht kapiert. Auch schade.
Donnerstag, 9. Juni 2011
Pro OLG Koblenz - Justizminister fordert Bedienstete zur Zurückhaltung auf
Dass der Protestmarsch vom 13.05.2011 erst der Anfang war und Justizbedienstete und Anwälte weiter für "ihr" OLG kämpfen wollen, beweist der Umstand, dass zwischenzeitlich ein Verein Pro Justiz Rheinland gegründet wurde.
Nach einem Bericht des swr soll ein Rundschreiben des Justizministers Hartloff bei der Gründungsversammlung des Vereins für Verärgerung gesorgt haben. In diesem fordere der Minister die Bediensteten zu mehr Zurückhaltung bei ihrem Protest auf.
Bleibt zu hoffen, dass das Schreiben genau das Gegenteil bewirken wird und der Protest gegen die Schließung des OLG Koblenz auch weiterhin laut erschallen wird - bis weit über die Stadtgrenzen von Zweibrücken hinaus.
Wieder mal: zu wenig Drama!
Auskünfte, damit "mehr Drama" gemacht werden kann, sind bei mir nicht zu holen. Was aber dabei herauskommt, wenn man sich weigert, mit der Presse zu sprechen und wenn zudem noch nicht einmal ein Vertreter der Presse die Hauptverhandlung (in der der Freispruch erfolgte) mitverfolgt, zeigt nachfolgender Bericht der RZ:
"Missbrauchsprozess: Zweiter Freispruch für Stiefvater aus dem Kreis N. - Bereits zum zweiten Mal ist ein 42-jähriger Stiefvater vom Vorwurf des schweren Kindesmissbrauchs freigesprochen: Die Staatsanwaltschaft K. hatte dem Mann vorgeworfen, seine zwei Stieftöchter und seinen Stiefsohn in der Wohnung der Familie im Kreis A. und später in seiner Wohnung im Kreis N. zum Sex genötigt zu haben. Jetzt hat das Landgericht K. den 42-Jährigen freigesprochen – zum zweiten Mal. Damit endete für den Mann ein fast zweijähriger Rechtsstreit. Er saß gut ein halbes Jahr in Untersuchungshaft, musste in zwei Prozessen auf die Anklagebank. Und: Er lebte permanent in der Angst, bei einer Verurteilung wegen Missbrauchs für Jahre hinter Gitter zu müssen.Für den Mann war der Freispruch ein Freudentag, sicher einer der wichtigsten Momente in seinem Leben. Trotzdem: Als er im Gerichtssaal von dem Freispruch hörte, zeigte er laut anderen Prozessbeteiligten keinerlei Reaktion."
Es war also wieder entschieden zu wenig Drama. Man erwartet offenbar von Freigesprochenen eine für alle wahrnehmbare Reaktion - ein Freudenschrei, die geballte Faust (kennen Sie die auch noch von Boris Becker, weiland in Wimbledon?), begleitet von einem "Yeah" oder "Jawoll", vielleicht gar von einer Kampfansage in Richtung Nebenklage. Dass mein Mandant - für den das Urteil genauso wenig überraschend war wie für alle anderen Beteiligten auch - ruhig blieb, hat natürlich wenig Dramatisches an sich.
Eine Schattenwirkung vieler Freisprüche ist, dass ihnen meist ein"Wo-Rauch-ist-ist-auch-Feuer" anhaftet. Fazit für die Betroffenen: sie tun gut daran, Wohnumfeld und Arbeitsstelle zu wechseln (so sie diesee nicht ohnehin durch die Haft verloren haben) und ihren Bekanntenkreis hinter sich zu lassen.
Darüber schreibt niemand (außer mir und vielleicht ein paar Verteidigerkollegen) und warum, dürfte klar sein: es ist- bei aller Dramatik, die für einen Unschuldigen mit einem solchen Prozess einhergeht - einfach zu wenig Drama.
Dienstag, 7. Juni 2011
Forensische Pathologie - Erinnerungen
Bei mir ist es schon etwas länger her, dass ich in die Situation geraten war, eine (geöffnete) Leiche aus der Nähe mit allen Sinnen wahrzunehmen. Es war zu Beginn der 90er Jahre. Jeden Freitagnachmittag fand sich in der Bonner Gerichtsmedizin ein kleines Grüppchen Studenten zur Vorlesung über forensische Pathologie zusammen. Anfangs war es kein kleines Grüppchen, sondern der Hörsaal war voll. Das änderte sich schlagartig nach dem Diavortrag des Dozenten über die unterschiedlichen Arten, wie Menschen zu Tode kommen können, weshalb eine Ansage vor Beginn der Vorlesung lautete: "Damit sie nicht erst lange suchen müssen: die nächsten Toiletten befinden sich den Gang runter auf der linken Seite."
Gegen Semsterende war es dann soweit: ein harter Kern fand sich zusammen um einer Leichenöffnung beizuwohnen. Visuell war man nun dank der Diavorträge auf Einiges gefasst, aber was den Geruch anbelangt, war ich noch einige Wochen und diverse Vollwaschgänge später der Meinung, dieser hafte an meiner Kleidung. Meinen Kommilitonen von damals ging es ähnlich, aber wir hielten tapfer durch und belohnten uns im Anschluss mit einem ausgiebigen Hamburgeressen bei einer nahegelegenen Fast-Food-Kette.
Für die hier mitlesenden Studenten: Die Vorlesungen in forensischer Pathologie zählten zu den mit Abstand Spannendsten des gesamten Studiums und sind Garant dafür, dass einen im späteren Juristenleben (egal ob als Verteidiger, Staatsanwalt oder Strafrichter) so schnell kein Bildmaterial umhaut.
Montag, 6. Juni 2011
Ehrlich läuft am Längsten
Nachdem ein Bußgeldbescheid gegen ihn ergangen war, beauftragte der Mandant mich mit der Einlegung des Einspruchs gegen Selbigen. Gesagt, getan - Einspruch eingelegt, Akte angefordert.
Nicht schlecht gestaunt habe ich als ich der Akte entnahm, dass sich das Verfahren ursprünglich gegen eine Dame richtete. Das Radarfoto zeigte eine Person, deren Geschlecht man nur erraten konnte. An sich ein Grund zur Freude, denn anhand des Fotos eine Identifizierung vorzunehmen, wäre ein Ding der Unmöglichkeit gewesen.
Um der Bußgeldstelle jedoch weitere Umstände zu ersparen, hatte der Mandant auf dem an die Halterin gerichteten Fragebogen seine Fahrereigenschaft bereits eingeräumt mit der Folge, dass er demnächst die Einrichtungen des ÖPNV nutzen bzw. zu Fuß gehen darf.
Liebe Leser: bitte machen Sie keinen Unfug beim Ausfüllen von behördlichen Fragebögen. Fragen Sie jemanden, der sich damit auskennt. Gerade machen Meldungen die Runde, wonach mal wieder die Klimaanlagen in deutschen Zügen ausgefallen sein sollen. Wollen Sie sich ernsthaft den Imponderabilien öffentlicher Verkehrsmittel aussetzen? Bei DER Hitze? Falls nicht, fragen Sie rechtzeitig jemanden, der sich damit auskennt.
Montag, 23. Mai 2011
Happy Birthday, Grundgesetz!
"Im pluralistischen Staat muss, wie mir scheint, die Bundesregierung, jede Bundesregierung, sich in geistiger und moralischer Hinsicht beschränken auf eben dieses Grundgesetz, auf unsere Grundrechte, unsere Grundfreiheiten. Sie allein sind die für alle geltenden gemeinsamen geistig-moralischen Grundlagen." - Helmut Schmidt
Samstag, 21. Mai 2011
Der verwirrte Mandant
Das Gericht hatte in einer Zivilsache einen Hinweis erteilt, Stellungnahmefrist 2 Wochen. Das bedeutet, dass man 2 Wochen Zeit hat, sich zu diesem Hinweis zu erklären, ohne Rechtsnachteile befürchten zu müssen. Der Mandant hatte zugesagt, bis zum Ablauf der 1. Woche die benötigten Informationen zur Verfügung zu stellen. Nicht geschah. Ein Erinnerungsschreiben brachte nicht den gewünschten Erfolg. Am Tag des Fristablaufs beantragte meine umsichtige ReNo vorsorglich eine Fristverlängerung und rief den Mandanten an. Sie erreichte ihn und fragte, ob er unser letztes Schreiben nicht erhalten habe und wann mit dem Eingang der zugesagten Informationen zu rechnen sei. Nein, er habe kein Schreiben erhalten, so der Mandant, aber er sei schließlich auch im Urlaub. Die Umsichtige fragte nach der Urlaubsadresse um ihm das Schreiben sowie das inzwischen eingetroffene Protokoll der Hauptverhandlung erneut zusenden zu können und staunte nicht schlecht, als ihr gesagt wurde, die Adresse sei nicht genau bekannt. Es handele sich um eine Ferienwohnung ohne Fax und Emailanschluss, deren Adresse aber im Laufe des Tages mitgeteilt werden könne. Die gewünschten Informationen zur Sache erhielten wir in den nächsten Tagen mit der Post.
Wir blieben ohne Nachricht, die Frist verstrich.
Es bleibt nun abzuwarten, ob sich der Mandant jemals wieder meldet. Es ist sicher nicht witzig, wenn man nicht weiß, wo man sich befindet und es auch nicht innerhalb eines Tages in Erfahrung bringen kann. Denkmöglich wäre noch, dass der Mandant einen zum Narren halten möchte oder schlicht keine Lust hat, am eigenen Verfahren mitzuwirken. Aber deswegen Katz-und-Maus-Spielchen?
Solange es nur vereinzelt Mandanten sind, die sich derart seltsam verhalten, ist die Welt jedenfalls noch in Ordnung.
Mittwoch, 11. Mai 2011
OLG Koblenz - Schließung?
Der Protest gegen diese Sparmaßnahme der Regierung ist groß und mal ganz unabhängig davon, ob man wie die Opposition die "Affäre Bamberger" dahinter vermutet, wirft die ins Auge gefasste Schließung Fragen nach der Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme auf, insbesondere die, ob eine Verschlankung der Justiz letztlich dem Bürger zugute kommt.
Freitag, 6. Mai 2011
Verhandlung gegen Jugendliche und Öffentlichkeit
Ein Blick ins Gesetz erleichtert wie so oft die Rechtsfindung und da steht, dass das durchaus zulässig ist, wenn auch nur ein Angeklagter nicht Jugendlicher ist, §48 Abs. 3 S. 1 JGG.
Liest man aber einen Satz weiter, wird man fündig ob der Dinge, die die Verteidiger der beiden Jungendlichen dagegen hätten unternehmen können:
"Die Öffentlichkeit kann ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Erziehung jugendlicher Angeklagter geboten ist."
Das ist freilich auslegungsbedürftig, aber einen Versuch sollte es allemal wert sein, einen solchen Antrag zu stellen, damit der jugendliche Mandant, der, säße er allein auf der Anklagebank, keine Öffentlichkeit zu gegenwärtigen hätte, weitgehend geschützt wird.
Donnerstag, 5. Mai 2011
Plädoyer - irgendwie daneben
Trotzdem der Fall nach Aktenlage ziemlich klar war, ergaben sich im Zuge der Hauptverhandlung Besonderheiten, die im Hinblick auf die Strafzumessung von ganz erheblicher Bedeutung waren. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, eine Referendarin, hatte ihr Plädoyer jedoch schon ausformuliert vor sich liegen, las es zügig ab und nahm wieder Platz. Das Plädoyer wäre gut gewesen, wenn denn die Verhandlung so gelaufen wäre, wie sich der Fall nach Aktenlage darstellte, aber wie so oft sagte ein Zeuge anders aus als erwartet mit dem Ergebnis, dass die Beweiswüdigung nicht mehr mit der Aktenlage in Übereinklang zu bringen war.
Die Situation kam mir bekannt vor. Als ich das erste Mal ins Rennen geschickt wurde (damals in der Anwaltsstation) hatte ich mein Plädoyer auch schon vor der Hauptverhandlung fix und fertig. Schriftlich ausformuliert hatte ich es nicht, nein, ich war noch einen Schritt weitergegangen und hatte es auswendig gelernt und am Vorabend mit großer Geste vor dem Badezimmerspiegel geübt. Schon nach der Vernehmung des ersten Zeugen stellte ich fest, dass meine sorgfältig einstudierte Beweiswürdigung nicht mehr haltbar war und nachdem der letzte Zeuge vernommen war, war klar, dass ich das Plädoyer so wie es war, gänzlich vergessen konnte. Eine Unterbrechung zur Vorbereitung des Plädoyers wollte ich nicht beantragen (das wäre mir peinlich gewesen) und deshalb hielt ich ein anderes als das vorbereitete Plädoyer, zwar nicht ganz so flüssig und mit zittriger Stimme, aber immerhin passte es zum Ergebnis der Beweisaufnahme.
Seither bereite ich keine Plädoyers mehr vor, zumindest dann nicht, wenn die Sache an einem Tag verhandelt wird. Eine Art "Gerippe", das universell einsetzbar ist, gehört trotzdem ins leichte Handgepäck. Wer auf der Suche nach einem solchen ist, wird übrigens hier fündig.
Mittwoch, 4. Mai 2011
Noch ne Schussfeste
Gerade Letzteres ist meiner bisherigen Erfahrung nach nicht sonderlich weit verbreitet, denn nicht wenige Referendare und auch manche Kollegen scheinen die geschützte Umgebung einer Kanzlei dem offensiven Alltag gerichtlicher Verhandlungstermine vorzuziehen. Wahrscheinlich eine Frage des Temperaments, wobei mir aufgefallen, ist, dass viele wortgewaltige "Schreibtischtäter" in Verhandlungen eher wortkarg sind.
Donnerstag, 28. April 2011
Off Topic: Shoppingtipp
so Sie zu denen gehören, die gerne mal ganz in Ruhe einkaufen möchten: morgen ist DIE Gelegenheit dazu!
Royal Wedding auf der Insel. Das ist so ähnlich wie das Finale der Fußball-WM mit deutscher Beteiligung: leergefegte Straßen, da Millionen vor dem Fernseher sitzen und damit freie Bahn in Richtung Supermarktkasse.
Frohes Shoppen!
Dienstag, 19. April 2011
Keine Pflichtverteidigerbeiordnung bei laufender Bewährung
Ein Mandant ist angeklagt. Er steht unter laufender Bewährung. Demzufolge beantrage ich die Beiordnung als Pflichtverteidiger.
Das Gericht schreibt zurück, dass es angesichts der Tatsache, dass "lediglich drei Monate Freiheitsstrafe offen stehen" keinen Raum für eine Pflichtverteidigung sieht.
Aha.
Donnerstag, 14. April 2011
Gruppenvergewaltigung - Freispruch
Ihre Aussagen waren dabei derart inkonstant, dass nicht nur der Tatzeitpunkt wechselte, sondern auch die Beteiligten, wobei es am Ende nicht nur 6, sondern sogar 8 Männer gewesen sein sollen.
Im Rahmen der Hauptverhandlung sagte sie ebenfalls aus, jedoch nur kurz. Die Verteidiger kamen erst gar nicht dazu, Fragen an sie zu richten und ich verrate kein Geheimnis, wenn ich hier schreibe, dass es viele Fragen zu vielen Widersprüchen gewesen wären. Besonders interessant wäre gewesen, zu erfahren, wie zwei der Angeklagten, die zur behaupteten Tatzeit in Haft saßen, es geschafft haben sollen, an der behaupteten Tat teilzunehmen, denn beide hatten keine Schlüssel zu ihren Zellen.
Gestern ließ sie erklären, sie werde nicht weiter aussagen und dann ging alles sehr schnell - Freispruch.
Das Ermittlungsverfahren gegen die Zeugin, die durch ihre Aussage dafür gesorgt hatte, dass 6 Männer für einige Wochen in Untersuchungshaft kamen, wird die Staatsanwaltschaft, die ebenfalls Freispruch beantragt hatte, sicher von Amts wegen einleiten. Daneben steht es natürlich auch den Freigesprochenen zu, Strafanzeige zu erstatten.
Vor Jahren habe ich übrigens in einer ähnlichen Sache schon einmal einen Mann verteidigt. Auch damals ging es um den Vorwurf einer schweren Vergewaltigung, § 177 Abs. IV und auch dieser Vorwurf erwies sich als unhaltbar. Verglichen mit dem, was meinem Mandanten damals drohte (nicht unter 5 Jahren Freiheitsstrafe), kam die Zeugin, die dafür gesorgt hatte, dass mein Mandant fast 6 Monate in Untersuchungshaft saß, mit einer Bewährungsstrafe davon.
Zeige mir, wen du verteidigst - ein Interpretationsversuch
Ausgeführt hat die Frau Vorsitzende dies offenbar nicht, jedenfalls berichtet der Kollege nichts Dergleichen.
Ich frage mich, ob ich an Stelle des Kollegen eher erfreut oder eher beleidigt gewesen wäre.
Meint die Richterin, dass ein Anwalt, der Beschuldigte verteidigt, die ein vorsätzliches Tötungsdelikt begangen haben sollen, selbst zu Gewalttaten neigen? Oder diese zumindest billigen? Oder meint sie, dass solche Anwälte zumindest einen starken Magen haben, den es braucht bei Ansicht der Obduktionsfotos? Oder meint sie am Ende, dass solche Anwälte besonders tough sind?
Ich kenne die Richterin nicht und kann nicht mal ahnen, wie nett oder wie wenig nett der Spruch gemeint war. Ein wenig anmaßend aber finde ich ihn schon.
Eine passende - freilich ebenso anmaßende - Erwiderung wäre übrigens gewesen: Zeige mir, wie du verhandelst und ich sage dir, wer du bist.
Lässt auch einen großen Interpretationsspielraum zu.
Mittwoch, 13. April 2011
Pflichtverteidigerbeiordnung - Übersetzung für Angeklagte
Wird der Mandant zu einem späteren Zeitpunkt aus der Untersuchungshaft entlassen, tut man gut daran, dafür Sorge zu tragen, dass das Gericht die Beiordnung auch für das weitere Verfahren vornimmt, damit es nicht irgendwann Probleme mit der Abrechnung gegenüber der Landesjustizkasse gibt.
Einen solchen Antrag stellte ich heute in einer Sitzung beim Landgericht.
Die Vorsitzende fragte daraufhin meinen Mandanten, ob er damit einverstanden sei, dass ich ihm als Pflichtverteidigerin beigeordnet würde. Soviel Juristendeutsch war zuviel für den Mandanten, der stammelte, das sei ihm gerade ein bisschen zu hoch.
Ich übersetzte: "Sie möchte wissen, ob ich hier neben Ihnen sitzen bleiben soll."
"Ach so, ja klar!", lautete die Antwort. Allgemeine Heiterkeit. War gar nicht so schwierig, die Übersetzung.
Persönliche Verhältnisse - das kann dauern
Dienstag, 12. April 2011
Der Quotenmann
Gebühren im OWi-Verfahren oder: Kollege Günstig
Montag, 11. April 2011
So ein Ding, in dem alles drinsteht
Freitag, 8. April 2011
Beschleunigungsgrundsatz kontra Bremskraftverstärker
Dienstag, 5. April 2011
Kleben Sie sich das hinter die Ohren
Donnerstag, 31. März 2011
Freispruch, die 2. - Fortsetzung von: Bitte mehr Drama
Montag, 28. März 2011
Wildpinkler verhaftet
Dienstag, 22. März 2011
Richter möchte unverbrauchte Zeugen
Eine OWi-Sache, und zwar eine solche, bei denen es um eine Lasermessung ging. Die mir übersandte Akte war - nun sagen wir - überschaubar. Die Dokumentation der Messbeamten beschränkte sich auf das Allerwesentlichste, Bilder liegen logischerweise keine vor (Lasermessung!) und mein Mandant, der angehalten worden war und dem man das Messgerät gezeigt hatte, sah darauf rotleuchtende Zahlen, mit denen er als Laie nicht viel anzufangen wusste, und die ihn nicht dazu veranlassten, auf das Angebot der Polizeibeamten (Zahlung einer Geldbuße) einzugehen.
Gründe, die für Zweifel an der Richtigkeit der Messung sprechen, hatten wir vorgetragen, entsprechende Beweisanträge hatte ich im leichten Handgepäck und wartete nun auf die Vernehmung der Polizeibeamten.
Der Vorsitzende, der durchblicken ließ, dass Lasermessungen aufgrund der fehlenden Bilddokumentation auch nicht zu seinen Favoriten zählen, vernahm die Zeugen indes nicht. Er halte die Einholung eines Gutachtens für angezeigt und werde zum nächsten Termin Zeugen und Gutachter laden. Er wolle lieber unverbrauchte Zeugen.
Ein klarer Standpunkt. Nachvollziehbar, prozessökonomisch und souverän.
Donnerstag, 17. März 2011
Wie man es bei jurablogs unter die Top Ten schafft
Ich habe dies (obwohl ich infolge einer mehr als einwöchigen Blogpause auf Platz 11 abgerutscht bin, ansonsten aber schon länger unter den Top Ten weile) mal zum Anlass genommen, nachzusehen, wann ich zuletzt verlinkt wurde. Ergebnis: in diesem Jahr noch gar nicht. Ich selbst habe dafür in diesem Jahr aber schon einen Link gesetzt zu einem Kollegen, der nicht in den Top Ten ist. Den zweiten setze ich mit diesem Post heute, nämlich auf das Blog des Kollegen Fischer. Das haben seit Bestehen seines Blogs auch schon andere Kollegen, vorwiegend solche aus den Top Ten, getan.
Die Statistik, die jeder bei Jurablogs abrufen kann, besagt, dass seit 2008 91 Links aus 23 anderen Blogs auf mein Blog gesetzt wurden, während ich selbst 37 Links auf 15 andere Blogs gesetzt habe. Von "fröhlichen Klickspielchen" zu sprechen, erscheint mir daher verfehlt, zumal die ein- und ausgehenden Verlinkungen zusammen nur 25% ausmachen. 70% hingegen entfallen auf die Leserzahl und die Frequenz des Bloggens.
Langer Anlauf und eine ganz schnelle Nummer
5 Terminierungsversuche ging das dann so:
Schreibarbeit Geschäftststelle (Ladung)
Schreibarbeit hier (Aufhebungsantrag)
Schreibarbeit bei seiner Geschäftsstelle (Aufforderung zur Galubhaftmachung)
wieder Schreibarbeit hier (brav glaubhaft gemacht, wenngleich kopfschüttelnd)
Schreibarbeit dort (Terminsaufhebung)
- dann weiter wie oben - Das Amtsgericht schickte die meisten Schreiben übrigens per Post, so dass dort auch noch Portokosten anfielen.
Kürzlich war es soweit: Hauptverhandlung. Der Richter hatte wenige Tage zuvor gewechselt, so dass ich den, der die Schreibarbeit verursacht hatte, nicht fragen konnte, weshalb er sich so strikt geweigert hatte, erst zu telefonieren und dann die Ladung rauszuschicken.
Der neue Richter sah das erfrischend anders und wir vereinbarten noch im Sitzungssaal einen neuen Termin. Der war nötig geworden, weil sein Kollege über das Terminierungschaos vergessen hatte, die Zeugen zu laden. Die Hauptverhandlung dauerte daher gerade mal 12 Minuten.
Dienstag, 15. März 2011
Rechtsmittel im Jugendstrafrecht
Kürzlich habe ich gegen ein Urteil des Jugendschöffengerichts zunächst unbestimmt Rechtsmittel eingelegt. Dies macht man immer dann, wenn man noch nicht entscheiden kann oder will, welches Rechtsmittel mehr Sinn macht. Nachdem mich das Protokoll der Hauptverhandlung erreichte, war klar, dass es eine Revision sein sollte und ich bestimmte das eingelegte Rechtsmittel im Nachhinein als Revision.
Ich staunte nicht schlecht, als mich kurze Zeit später ein Schreiben der Jugendstrafkammer des Landgerichts erreichte, in dem nachgefragt wurde, mit welchem Ziel die Einlegung der Berufung erfolgte. Hoppla. Hatte etwa die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt und damit meine Revision gesperrt? Die ergänzte Akte lag mir noch nicht vor, so dass ich dies nicht überprüfen konnte. Ein Anruf bei der Vorsitzenden brachte Klärung: die Übersendung der Akte an das Landgericht hatte sich mit meiner Bestimmung des Rechtsmittels als Revision überschnitten. Nun ist alles auf dem richtigen Weg: die Akte auf dem Weg zum Oberlandesgericht und die Zweitakte auf dem Weg zu mir.
Montag, 14. März 2011
Wir überprüfen Sprichwörter - heute: Die Mühlen des Gesetzes mahlen langsam
Die Monatsfrist zur Begründung der Revision beginnt spätestens dann zu laufen, wenn das Urteil zugestellt wurde.
Um Verfahrensrügen erheben zu können, benötigt man das Protokoll der Hauptverhandlung, weshalb man bereits mit Einlegung der Revision das Protokoll der Hauptverhandlung anfordert, damit man es auf jeden Fall hat, wenn das Urteil eintrifft und die Begründungsfrist zu laufen beginnt.
Das Protokoll der Hauptverhandlung hatte ich mit Einlegung der Revision bereits im Dezember vergangenen Jahres erstmalig angefordert, ohne dass hierauf reagiert worden wäre.
Das Urteil wurde vergangene Woche zugestellt, das Protokoll der Hauptverhandlung nicht. Telefonate mit der Geschäftsstelle des Landgerichts B. ergaben, dass man die Akte mitsamt Protokollband an die Staatsanwaltschaft geschickt habe. Eine Nachfrage dort ergab, dass man sie erstmal kopieren wolle (was 3-4 Tage in Anspruch nehme) und alsdann an das Landgericht zurück senden werde. Daraufhin rief ich bei der Geschäftsstelle des Landgerichts an und bat um umgehende Rückforderung der Akte und Übersendung an mich. Das sagte man immerhin zu.
Man muss kein Prophet sein um erahnen zu können, dass mir das Protokoll noch immer nicht vorliegt, während die Frist läuft und läuft und läuft.
Was man dagegen tun kann? Nicht besonders viel, außer Bombardements mit Faxen und Anrufen an die Geschäftsstelle (wobei die dortigen Mitarbeiter am wenigsten dafür können, dass die Akte nebst Protokollband noch nicht an mich abverfügt ist), ggf. Weiterleitung des Sachverhalts an die Dienstaufsicht, sich darauf einstellen, dass man zur Fertigung der Revisionsbegründung die ein oder andere Nachtschicht einlegen muss und feststellen, dass das Sprichwort stimmt.
Freitag, 11. März 2011
Tag der seltsamen Anrufe
Seltsamer Anruf 1:
Herr W, der angibt, psychiatrischer Gutachter zu sein, ruft an, um mit mir über meinen Mandanten X zu sprechen. Ich kenne Herrn W nicht, nicht persönlich und auch nicht in seiner Eigenschaft als Gutachter, viel weniger bin ich geneigt, mit ihm Schwätzchen über Mandanten zu halten. Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich grundsätzlich nicht mit mir unbekannten Personen, denen gegenüber ich denknotwendig auch nicht von der Verschwiegenheitsverpflichtung entbunden bin, über Mandanten am Telefon parliere und bitte um schriftliche Kontaktaufnahme. Der Anrufer ist hiervon nicht begeistert, aber ihn zu begeistern ist schließlich auch nicht meine Aufgabe.
Seltsamer Anruf 2:
Meine Reno teilt mit, Herr Y von der Firma Z sei am Apparat. Er wolle mich gerne einladen und hierzu einige technische Details mit mir besprechen. Die Firma Z ist mir geläufig. Sie vertreibt juristische Literatur. Herrn Y kenne ich nicht und ich lege auch keinen Wert, von ihm eingeladen zu werden und technische Details (!) will ich mir ihm auch nicht besprechen. Wenn ich ein technisches Problem habe, rufe ich den dafür zuständigen Monteur an und gut ist.
Weisungsgemäß richtet ihm meine Reno die von ihr selbst sorgfältig entschärfte Version aus, er möge seine Einladung samt technischer Details zusenden und im Übrigen von Anrufen absehen. Herr Y ist pikiert.
Seltsamer Anruf 3:
Eine Mandantin ruft mich während ich unterwegs bin, auf dem Notfallhandy an, weil sie wissen möchte, ob das Gericht schon einen neuen Hauptverhandlungstermin bestimmt hat, nachdem es den Ende April (!) aufgehoben hat. Meine Reno, mit der sie gerade telefoniert habe, habe ihr dazu nur gesagt, dass eine neue Ladung noch nicht eingegangen sei und wir sie benachrichtigen würden, wenn dies geschehe.
Nicht gerade ein Notfall und nein, ich kann von unterwegs leider auch nicht mehr dazu sagen.
Liebe Leser, Zeit für´s Wochenende!
Am letzten Telefonmast links ab
Ein Anruf bei der Mandantin schaffte Abhilfe. Sie lotste mich auf eine Straße, die zwischen zwei Gemeinden lag, die zusammen wohl keine 500 Einwohner haben. Von dieser Straße führe ein Weg ins Tal: "Am letzten Telefonmast links ab." Danach brach die Handyverbindung ab. Die Dame aus meinem Navigationssystem hatte sich zwischenzeitlich ausgeklinkt und schwieg. Dumme Nuß! Sonst quatscht sie einen zu mit Geschwindigkeitswarnungen und wenn man sie mal braucht, herrscht Funkstille.
Irgendwann fand ich das beschauliche Haus im tiefen Tal. Das Gericht war übrigens schon vor Ort. Der Fahrer des Dienstwagens hatte keine Probleme gehabt, das Haus zu finden. Entweder hat er eine schlauere Navidame als ich oder er kannte sich aus.
Montag, 28. Februar 2011
Doktor on demand
Die Plagiatsaffäre treibt Blüten:
http://www.youtube.com/user/TheDoktorghost?feature=pyv&ad=9730674693&kw=guttenberg#p/u/0/gtDG9wylO-0
Es gibt übrigens - neben der Unrechtmäßigkeit der Auftragserteilung an einen Ghostwriter - gute Gründe, die Finger vom Dr. iur. zu lassen.
Wer promovieren will, der "darf" häufig nebenher einen eher langweiligen und schlecht bezahlten Job am Lehrstuhl seines Doktorvaters bekleiden und zweimal wöchentlich Studenten in die Geheimnisse der Juristerei einweisen. Wer jetzt schon beim Lesen dieses Ziehen im Unterkiefer verspürt, das ein kurz bevorstehendes Gähnen mit sich bringt, der sollte es rechter bleiben lassen, auch wenn ihm dabei eine Zeitungsannonce seiner Eltern in einem Käseblättchen entgeht, die ich vor vielen Jahren einmal gelesen und leider vergessen habe, auszuschneiden. Sie lautete
Grund zur Freude - der angeblich austherapierte Mandant
Heute fand der Anhörungstermin statt und siehe da - alles ist anders und es ist besser.
Nicht nur, dass mein Mandant seit vielen Jahren erstmals dort ein Zimmer mit Fenstern zum Durchschauen zugewiesen bekam (zuvor hatte er mehr als ein Jahr fast ausschließlich in einem Kriseninterventionsraum; vulgo: Gummizelle "gelebt"), nein, er erhält Sporttherapie, eine geänderte Medikation und hat insgesamt deutliche Fortschritte gemacht.
Mein Gequengel und meine Anträge haben sich also gelohnt und mir tut kein einziger Fuß leid, auf den ich in den vergangenen Jahren in diesem Fall getreten bin, um meinem Mandanten eine Theapie zu verschaffen, die diesen Namen verdient.
Freitag, 18. Februar 2011
Schussfeste Referendarin - bestanden!
Meine schussfeste Referendarin hat die schriftliche Prüfung im 2. Staatsexamen bestanden!
Nicht, dass wir etwas Anderes erwartet hätten, aber wir freuen uns natürlich sehr darüber, dass unsere gedrückten Daumen vielleicht ein ganz klein wenig geholfen haben.
Das Kanzleiteam gratuliert ganz herzlich!
Es riecht nach Frettchen
Ein Mangel sollte darin bestehen, dass ein Mitmieter raucht und es aus seiner Wohnung heraus "stinkt". Es soll auch nicht einfach so stinken, sondern nach einem bestimmten Tier, von dem jedenfalls ich nicht weiß, wie es riecht. Die Beklagte führte hierzu in der mündlichen Verhandlung aus:
Donnerstag, 17. Februar 2011
Alle Aufregung vergeblich
Nachdem ich auf dem Flur beruhigend auf sie eingeschwätzt hatte, wirkte sie zwar etwas entspannter, was sich aber mit Betreten des Gerichtssaales und Inaugenscheinnahme der resoluten Richterin sofort wieder erledigt hatte. Mehr als ihre Anwesenheit schuldete sie indes nicht, denn die Richterin erteilte der Gegenseite einen Hinweis, der diese veranlasste, sich in die Säumnis zu flüchten. Also erging zu unseren Gunsten ein Versäumnisurteil, ohne dass die Mandantin auch nur einen Mucks hatte von sich geben müssen.
Alle Aufregung damit vergeblich und endlich konnte sie wieder lachen.
Donnerstag, 10. Februar 2011
Wir überprüfen Sprichwörter. Heute: Was lange währt, wird endlich gut
2008 kam es zum ersten Anlauf: Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht W.. Der Großabnehmer sagte aus, dass mein Mandant niemals von ihm Drogen erhalten habe. Trotzdem ihm ob dieser Aussage der Wind hart ins Gesicht blies, blieb er dabei. Er ging sogar noch einen Schritt weiter: er habe vor dem Landgericht ein taktisches Geständnis abgelegt, da ihm sein Verteidiger dazu geraten habe. Das Gericht habe durchblicken lassen, dass es den Kronzeugen für glaubwürdig halte und er habe daher keine andere Möglichkeit gesehen als das, was dieser ihm "angehängt" habe, zu bestätigen. Der Kronzeuge hingegen glänzte durch Abwesenheit und so wurde das Verfahren ausgesetzt.
2010 dann der zweite Anlauf: Im Rahmen eines Vorgesprächs bot ein ebenso eifriger wie wortgewaltiger Staatsanwalt einen Deal auf Grundlage 2 Jahre mit Bewährung an. Ich lehnte im Namen des Mandanten, der stets bestritten hatte, dankend ab, was auf völliges Unverständnis stieß.
Der Großabnehmer wiederholte seine Aussage, der Kronzeuge war zwischenzeitlich abgeschoben worden. Blieben also die Polizeibeamten, die ihn damals vernommen hatten. Beide bekundeten, der Kronzeuge habe seine Erkenntnisse bezogen auf meinen Mandanten als Zeuge vom Hörensagen gemacht. Eigentlich hätte man hier schon einen Schlußpunkt setzen können, aber der Staatsanwalt wollte noch weitere Beweise zusammentragen um der Anklage zum Erfolg zu verhelfen und so wurde erneut ausgesetzt.
Heute dann der dritte Anlauf. Der Staatsanwalt vom letzten Mal , dessen Ermittlungen übrigens nichts Belastendes zutage gefördert hatten, glänzte diesmal durch Abwesenheit. Der Kronzeuge war unerreichbar geblieben und Vernehmungsbeamte und Großabnehmer wiederholten ihre Aussagen. Es folgte ein Freispruch.
Nach mehr als 5 Jahren und drei Hauptverhandlungen endlich ein Abschluss.
Ergebnis: das Sprichwort stimmt.
Mittwoch, 9. Februar 2011
Wütendes Getrampel
So war es heute. Die Mutter eines Kindes, dessen Vernehmung bevorstand, hatte im Zuschauerraum Platz genommen und ich konnte nicht ausschließen, sie zu einem späteren Zeitpunkt als Zeugin zu benennen, weshalb ich angeregt habe, sie von der Teilnahme auszuschließen.
Die Kammer legte der Zeugin also nahe, den Saal zu verlassen.
Dem kam sie nach. Und wie! Wütend trampelte sie Richtung Tür und ich mutmaße mal, dass sie mir liebend gerne zumindest ins Gesicht gespuckt hätte.
Wahrscheinlich kennt sie Gerichtsverhandlungen nur aus dem Fernsehen, in dem der Verteidiger meist die Eselsmütze aufhat und froh sein kann, wenn er der Verhandlung selbst beiwohnen darf. Dagegen nimmt es sich tatsächlich wie ein Kulturschock aus, wenn man ausgerechnet auf Anregung des Verteidigers vor die Tür gesetzt wird.
Nicht böse sein, werte Zeugin in spe. Im Fernsehen nimmt man das mit der StPO nicht so genau, in "echt" erfreulicherweise schon.
Mittwoch, 2. Februar 2011
Kostenlose vorbereitende Handlungen für Nichtzahler?
Die Vorschussrechnung kann er nach eigenen Angaben nicht bezahlen. Noch nicht jedenfalls. Eventuell aber könne er in zwei Monaten mit Ratenzahlungen beginnen. Bis dahin, so seine Ansage, könne ich mich ja schon einmal in seinen Fall einlesen und vorbereitende Maßnahmen treffen, etwas Handelsregisterauszüge einholen.
Klaro, ich habe ja auch sonst nichts zu tun und bin mächtig mit dem Klammerbeutel gepudert, eventuell aber sei ich bereit, meine Aktivitäten seinen Zahlungen anzupassen, was beinhalte, dass ich von kostenlosen vorbereitenden Maßnahmen vorerst Abstand nähme. (Unter Juristen nennt man das übrigens "do ut des").
Diese Haltung sagt ihm nicht so zu und er droht mit Einschaltung der Anwaltskammer. Dem sehe ich höchst gelassen entgegen, da zumindest die hiesige Anwaltskammer nicht dazu neigt, sich derartigen Beschwerden über das erforderliche Maß hinaus anzunehmen.
Donnerstag, 27. Januar 2011
Ein Amtsgericht im Dornröschenschlaf
Auf Schreiben wird nicht reagiert, ruft man an, erhält man die Auskunft, die Sache werde umgehend bearbeitet, was dann nicht geschieht und der Mandant, der verständlicherweise wissen möchte, wann und wie es weitergeht, muss vertröstet werden.
Ob es so schwierig ist, eine Akte in einen Umschlag zu stecken? Damit wäre zumindest einmal ein Antrag bearbeitet.
Die Sache liegt jetzt bei mir eine weitere Woche auf Frist, nachdem ich gestern erneut schriftlich erinnert habe. Sollte sich weiterhin nichts tun, werde ich den Direktor des Amtsgerichts bitten, sich der Sache anzunehmen. Vielleicht gelingt es ihm ja, die Dornröschen wachzuküssen.
Dienstag, 25. Januar 2011
Es ist einfach Wut...
Doch das alles hilft ihm nichts: weder wird er nach Deutschland überstellt, noch greift die Gnadenentscheidung zu seinen Gunsten, nachdem ein neuer Gouverneur sie widerrufen hat.
Besonders bitter: eine Frist wurde versäumt, weil weder er noch seine Verteidiger damit gerechnet hatten.
Montag, 17. Januar 2011
Reporterfrage - bitte mehr "Drama"
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft war das Urteil aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an eine andere Kammer des Landgerichts zurückverwiesen worden.
Natürlich war auch die Presse anwesend. Da die meisten Vertreter der schreibenden Zunft aber wissen, dass ich für Fragen und Interviews nicht zur Verfügung stehe, hatte ich die Hoffnung, auch diesmal davon verschont zu bleiben. Weit gefehlt. Auf dem Weg aus dem Sitzungssaal sprach mich ein Reporter an, ob der Freispruch im vergangenen Jahr eigentlich in demselben Saal erfolgt sei.
Woher bitte soll ich wissen, welches Urteil vor mehr als einem Jahr in welchem Saal gesprochen wurde? Und nein, mein Mandant sagt dazu auch nichts.
Ich kann nur mutmaßen, dass der Reporter seinen Prozessbericht in etwa wie folgt beginnen wollte: "Saal 128 - mehr als ein Jahr ist vergangen, seit der Angeklagte hier freigesprochen worden war. Hinter dem Richterpult ein Wandmosaik, riesige Fenster mit Sicherheitsglas, zur Verständigung der Prozessbeteiligten werden Mikrofone eingesetzt. Hätte er gedacht, dass er sich nach dem Freispruch noch einmal hier wiederfinden würde, hier in demselben Saal, den er 2009 als freier Mann verlassen hatte?"
Selbst wenn ich heute noch wüsste, wo es war - ich wüsste es offiziell nicht. Strafprozessen wohnt schon genug Drama inne, da braucht es keine Drama-Artikel.
Montag, 10. Januar 2011
Kachelmann und Schwarzer - lesenswerte Fundstücke
Ach, übrigens: sollte jemand wissen, wo man den abgebildeten Korkenzieher käuflich erwerben kann, bitte melden.
Wir überprüfen Sprichwörter. Heute: Wenn 2 dasgleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe
Ein Rechtsschutzversicherer lässt sich Zeit und ist noch pampig, wenn man nachfragt, wann mit Begleichung einer Rechnung von Anfang Oktober 2010 zu rechnen ist.
Wie groß das Geschrei aber ist, wenn ein Versicherungsnehmer nicht pünklichst seine Beiträge zahlt, ist bekannt.
Ergebnis: das Sprichwort stimmt.
Samstag, 8. Januar 2011
Dank eines Úrteilsbegleiters
Ich bin sicher, dass sie dieses Schreiben nicht an die jeweiligen Mandanten zur Kenntnisnahme weiterleiten. Vielleicht käme der ein oder andere ja dann auf die Idee, dass die Verbundenheit seines Verteidigers zum Gericht eine größere ist als die, die er ihm entgegenbringt.
Erfreulich: auch im kleinsten Knast sprechen sich die Namen der Kollegen rum, die immer wieder gerne zu solchen Aufgaben herangezogen werden.
Freitag, 7. Januar 2011
Was ein Verteidiger jedenfalls nicht tun sollte
Das von ihm gewählte Beispiel der unterschiedlichen Belehrung unterschiedlicher Zeugen durch einen Richter zeigt dabei recht deutlich, was ein Verteidiger auf keinen Fall tun sollte. Er sollte sich von derartigen richterlichen Unsachlichkeiten nicht den Schneid abkaufen lassen.
Heisst es doch immer so schön, der Anwalt sei Organ der Rechtspflege, dann darf es in diesem Zusammenhang nicht nur erlaubt, sondern es muss sogar geboten sein, einem Zeugen die richterliche Belehrung über seine Wahrheitspflicht nochmal in Erinnerung zu rufen.
In einer derartigen Situation sollte man also auch gegen richterlichen Widerstand getrost weiter belehren. Was - außer einem verunsicherten Zeugen, der danach seine Worte vielleicht etwas sorgfältiger wählt - soll schon passieren?
Das letzte Wort und der Hund
Kürzlich war es anders. Ein Mandant, der durch seine Tat und das sich anschließende Strafverfahren seine Existenz verloren hatte, hatte ein letztes Wort vorbereitet, dass ihm selbst die Tränen in die Augen trieb und bei den übrigen Beteiligten zumindest Betroffenheit auslöste.
Als Verteidiger kann man noch so gut plädieren, aber man kann selbst nie die Auswirkungen einer Haft und einer ruinierten Existenz so darlegen wie dies der Angeklagte kann.