Meine Kollegin, mit der zusammen ich in Bürogemeinschaft tätig bin, ist seit drei Jahren Anwältin und weil sie keine 28 Semester studiert hat, noch recht jung. Ältere Kollegen nehmen diesen Umstand manchmal zum Anlass, über vermeintliche Unerfahrenheit Witze zu machen oder anderswie kundzutun, dass sie schon länger im Geschäft sind. Solches Gebaren ärgert den jungen Anwalt exakt so lange bis er den erfahrenen Kollegen bei einem Anfängerfehler ertappt.
Auf ein solches Exemplar stieß meine Kollegin unlängst bei einem beschaulichen Amtsgericht in Baden Württemberg. Ich selbst kannte den Kollegen noch aus dem vergangenen Sommer, wo er zur Verhandlung im beschaulichen Amtsgericht in Pantoffeln (!) erschienen war.
Zwischen den Beiden entspann sich im Rahmen eines Gerichtstermins folgender Dialog:
Pantoffelträger: (gönnerhaft) "Sie haben wohl noch nicht so lange das Examen in der Tasche?!"
Kollegin: (freundlich) "Stimmt."
Pantoffelträger: "Wo haben Sie denn Examen gemacht?"
Kollegin: "In Rheinland-Pfalz."
Pantoffelträger: (noch gönnerhafter) "Jaja, da ist es einfacher als hier in Baden-Württemberg. Ich hab ja hier Examen gemacht."
Kollegin: (angesäuert) "Soso."
Kurze Zeit später wies der Amtsrichter darauf hin, dass - bezöge man noch weitere nicht rechtshängige Forderungen mit ein - deutlich über 5.000 € zusammen kämen, die die Gegenseite meiner Partei noch schulde.
Daraufhin ließ der Pantoffelträger verlautbaren: "Dann wären wir ja beim Landgericht."
(Für die Nichtjuristen: bis 5000,00 € ist das Amtsgericht in Zivilsachen zuständig, für alles darüber das Landgericht. So jedenfalls die Regel. Ausnahme: Mietsachen; da ist es egal, wie hoch der Streitwert ist.)
Kollegin (breit grinsend): "Nein." und noch bevor sie dies weiter ausführen kann, herrscht der Amtsrichter den hausbeschuhten Kollegen an: "Mietsache! Le roi c´est moi! Also open end!"
Fazit: kein Held obwohl Pantoffeln.
In diesem Blog berichtet Rechtsanwältin und Fachanwältin für Strafrecht Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. über Strafverfahren in und um die Rhein-Mosel-Stadt
Dienstag, 19. Mai 2015
Freitag, 15. Mai 2015
Zeugentypen - heute: der Gutmensch
Von Tucholsky stammt das Zitat: "Das Gegenteil von böse ist nicht gut, sondern gut gemeint."
Besonders gut meint es immer ein Zeugentyp, nämlich der Gutmensch.
Der Gutmensch als Zeuge verneint entschieden die Frage nach Verwandtschaft oder Schwägerschaft mit dem Angeklagten. In seiner Familie geht man nicht mal bei Rot über die Ampel. Was Farben anbelangt hat die ganze Welt bitte bunt zu sein und sich um ihn zu drehen. Derart im Zentrum seines Mikrokosmos stehend versteht sich der Gutmensch darauf, allerlei karitative Veranstaltungen ins Leben zu rufen, was früher oder später in Einträge in goldende Bücher und Verleihungen diverser Verdienstorden mündet. In seiner Heimatstadt ist er bekannt wie der sprichwörtlich bunte Hund und wenn er wochenends im örtlichen Supermarkt einkauft, dauert dies Stunden, weil er alleine zwischen Fleischtheke und Gemüsestand ein Dutzend Leute trifft, bei denen er entweder für eines seiner Projekte wirbt, deren Eheproblemen er sich annimmt oder denen er klarmacht, dass vom Partymachen allein noch keiner reich, geschweige denn ein guter Mensch, geworden ist. Des Sendungsbewusststeins übervoll vergisst er große Teile seiner Einkaufsliste, was zur Folge hat, dass seine Gattin, eine etwas gehetzt wirkende Frau mit Einlegefrisur, kurz vor Ende der Ladenöffnungszeit nochmal auf die Rolle muss, damit auch genügend Mehl im Hause ist, das geschwind zu einem Kuchen für die sonntägliche Wohltätigkeitsveranstaltung verarbeitet wird.
Sein Engagement ist für sich genommen höchst lobenswert, aber was es bedeutet, Gutes zu tun und permanent darüber zu sprechen, offenbart sich einem, wenn ein solcher Gutmensch als Zeuge aussagt.
Die Sache läuft so lange rund wie die Fragen unkritisch sind und keine Erinnerung an Details erfordern.
Kritische Fragen hingegen werden empört zu umschiffen versucht, indem er an den "gesunden Menschenverstand" appelliert und keinen Zweifel daran aufkommen lässt, dass alleine er mit Selbigem ausgestattet ist. Hakt man nach oder formuliert eine geschlossene Frage, antwortet der Gutmensch in epischer Redseligkeit gleichsam entlang des heißen Breis unter Verweis auf eine seiner zahlreichen Ehrenämter.
Anstrengend sind sie, diese Vernehmungen von Gutmenschen, denn sie dauern lange und am Ende ist man gehalten, das Wenige herauszufiltern, das der Gutmensch zum Tatvorwurf ausgesagt hat - neben all seinen guten Taten bleibt da nicht viel.
Besonders gut meint es immer ein Zeugentyp, nämlich der Gutmensch.
Der Gutmensch als Zeuge verneint entschieden die Frage nach Verwandtschaft oder Schwägerschaft mit dem Angeklagten. In seiner Familie geht man nicht mal bei Rot über die Ampel. Was Farben anbelangt hat die ganze Welt bitte bunt zu sein und sich um ihn zu drehen. Derart im Zentrum seines Mikrokosmos stehend versteht sich der Gutmensch darauf, allerlei karitative Veranstaltungen ins Leben zu rufen, was früher oder später in Einträge in goldende Bücher und Verleihungen diverser Verdienstorden mündet. In seiner Heimatstadt ist er bekannt wie der sprichwörtlich bunte Hund und wenn er wochenends im örtlichen Supermarkt einkauft, dauert dies Stunden, weil er alleine zwischen Fleischtheke und Gemüsestand ein Dutzend Leute trifft, bei denen er entweder für eines seiner Projekte wirbt, deren Eheproblemen er sich annimmt oder denen er klarmacht, dass vom Partymachen allein noch keiner reich, geschweige denn ein guter Mensch, geworden ist. Des Sendungsbewusststeins übervoll vergisst er große Teile seiner Einkaufsliste, was zur Folge hat, dass seine Gattin, eine etwas gehetzt wirkende Frau mit Einlegefrisur, kurz vor Ende der Ladenöffnungszeit nochmal auf die Rolle muss, damit auch genügend Mehl im Hause ist, das geschwind zu einem Kuchen für die sonntägliche Wohltätigkeitsveranstaltung verarbeitet wird.
Sein Engagement ist für sich genommen höchst lobenswert, aber was es bedeutet, Gutes zu tun und permanent darüber zu sprechen, offenbart sich einem, wenn ein solcher Gutmensch als Zeuge aussagt.
Die Sache läuft so lange rund wie die Fragen unkritisch sind und keine Erinnerung an Details erfordern.
Kritische Fragen hingegen werden empört zu umschiffen versucht, indem er an den "gesunden Menschenverstand" appelliert und keinen Zweifel daran aufkommen lässt, dass alleine er mit Selbigem ausgestattet ist. Hakt man nach oder formuliert eine geschlossene Frage, antwortet der Gutmensch in epischer Redseligkeit gleichsam entlang des heißen Breis unter Verweis auf eine seiner zahlreichen Ehrenämter.
Anstrengend sind sie, diese Vernehmungen von Gutmenschen, denn sie dauern lange und am Ende ist man gehalten, das Wenige herauszufiltern, das der Gutmensch zum Tatvorwurf ausgesagt hat - neben all seinen guten Taten bleibt da nicht viel.
Mittwoch, 13. Mai 2015
Säbelrasseln - Antragsfreudigkeit - Zermürbungstaktik
Die Mainzer Allgemeine war Zaungast in einem Verfahren, in dem ich gemeinsam mit meiner Kollegin Christine Henn verteidigt habe.
Ihre Eindrücke von dem Prozess fasst die Redakteurin in diesem Artikel zusammen.
Leider fehlte der Redakteurin die Zeit, die Verhandlung bis zum Ende zu verfolgen. Sie hätte ansonsten noch schreiben können, dass das Verfahren nach § 153a Abs. 2 StPO gegen Zahlung einer Geldauflage vorläufig eingestellt wurde.
Der Schlüsselanhänger mit dem spitzen Stück Geweih gehörte übrigens nicht mir. Ich benötige keine Piekser, sondern werde mich auch weiter darauf beschränken, mit Anträgen zu pie(k)sacken. ;-)
Ihre Eindrücke von dem Prozess fasst die Redakteurin in diesem Artikel zusammen.
Leider fehlte der Redakteurin die Zeit, die Verhandlung bis zum Ende zu verfolgen. Sie hätte ansonsten noch schreiben können, dass das Verfahren nach § 153a Abs. 2 StPO gegen Zahlung einer Geldauflage vorläufig eingestellt wurde.
Der Schlüsselanhänger mit dem spitzen Stück Geweih gehörte übrigens nicht mir. Ich benötige keine Piekser, sondern werde mich auch weiter darauf beschränken, mit Anträgen zu pie(k)sacken. ;-)
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