In diesem Blog berichtet Rechtsanwältin und Fachanwältin für Strafrecht Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. über Strafverfahren in und um die Rhein-Mosel-Stadt
Mittwoch, 30. Juni 2010
Frau Verteidigerin, Sie verursachen mir Zahnschmerzen
Die Verhandlung, die ich als äusserst kurzweilig in Erinnerung habe, endete nach ellenlanger Beweisaufnahme für meinen Mandanten mit einer Einstellung nach § 153a StPO. Angesichts der Tatsache, dass ihn das erstinstanzliche Gericht zu einem Fahrverbot und einer Geldstrafe oberhalb 90 Tagessätzen verurteilt hatte, durchaus ein Erfolg.
"Das war schlimmer als eine Wurzelbehandlung", lauteten die letzten Worte des Vorsitzenden.
Die weiteren Begegnungen mit ihm innerhalb des Gerichtssaales verliefen übrigens unfallfrei.
Kürzlich traf ich ihn auf dem Flur und wir hielten ein Schwätzchen. Er hatte das mit den Zahnschmerzen nicht vergessen und fragte mich, ob ich mich auch noch daran erinnern könne. Und ob. Lachend ließen wir die Verhandlung revue passieren und ich berichtete ihm, dass der Mandant von damals ein Freund von mir ist, der sich immer wenn wir uns treffen, Zahnschmerzen andeutend, an die Wange greift.
Die Sprüche des Vorsitzenden (und davon gab es neben denen der dentalen Sorte noch etliche andere in dem Verfahren, von denen einer besser war als der andere) sind jedenfalls im Freundeskreis zu Running Gags avanciert.
Ich freue mich jedenfalls schon auf die nächste Verhandlung bei ihm - mit und ohne Zahnbehandlung.
Montag, 28. Juni 2010
Schlappe für R-Gespräch Vermittler
Gleich 19 R-Gespräche soll meine Mandantschaft an Tag 1, 12 an Tag 2 und 13 an Tag 3 angenommen haben; immer von derselben Rufnummer. An drei aufeinanderfolgenden Tagen also sollen meine Mandanten im Abstand von bisweilen weniger als einer Minuten 44 R-Gespräche geführt haben mit immer demselben Anrufer. 44 Mal soll sie sich angehört haben, dass jede Minute 99 Cent kostet und der R-Call durch Drücken einer Tastenkombination entgegengenommen werden kann. 44 Mal soll sie die Tasten gedrückt haben um dann das Gespräch mit demselben Teilnehmer fortzusetzen, mit dem Sekunden zuvor das Gespräch beendet worden sein soll. Kosten laut 08/15 GmbH: 609,84!
Meine Mandanten sind nicht geistig minderbemittelt, was aber nach allgemeiner Lebenserfahrung zwingende Voraussetzung dafür ist, nicht schon nach den ersten Gesprächssekunden eines teuren R-Calls den Anrufer zu zahlbaren Gebühren zurückzurufen.
Das Amtsgericht Lahnstein (Aktenzeichen 20 C 665/09) hat mit Urteil vom 01.06.2010 die Klage der 08/15 GmbH abgewiesen.
In der Begründung lautet es auszugsweise:
"Das Gericht ist zu der Auffassung gelangt, dass die vorliegende Rechnung derart jeglicher Lebenserfahrung widerspricht, dass nicht davon auszugehen ist, dass diesem ein normaler Vorgang der von der Klägerin angebotenen R-Gespräche zugrunde liegt. (...) Wenn also ein Anrufer sich der R-Call Funktion bedient, dann macht es überhaupt keinen Sinn, zwischendurch immer wieder aufzulegen und unmittelbar danach sofort wieder anzurufen. (...) Weiter fällt auf, dass allein 9x genau die Dauer von 1.119 Sekunden und weitere 7x Dauer in fast identischer Größenordnung (zwischen 1.120 und 1.123 Sekunden) getätigt wurden. Dies widerspricht ebenfalls einem "normalen" Anruf durch einen Bekannten der Beklagten. Es spricht vielmehr dafür, dass entweder ein Band abgespielt wurde oder dass dies durch eine andere technische Vorgabe verursacht ist, z.B. eine automatische Trennung einer Verbindung nach einer bestimmten Zeit o.ä.. (...)"
Das Urteil ist nicht rechtskräfigt.Donnerstag, 24. Juni 2010
Mittwoch, 23. Juni 2010
Kollege Schönwetter - eine Anekdote
Ein Kollege (ebenfalls Fachanwalt) und ich hatten die Wahlverteidigung in einem Mandant übernommen, in dem der "Kollege Schönwetter" zuvor als Pflichtverteidiger beigeordnet worden war. Aus Gründen der Verfahrenssicherung beließ es die Kammer bei der Beiordnung. Dies wäre unserem Mandanten ja noch egal gewesen, hätte der Kollege Schönwetter sich darauf beschränkt, still dabei zu sitzen wie es ansonsten seine Gewohnheit war. Stattdessen stellte er unzulässige Beweisanträge und schrieb dem Mandanten mehrfach, er solle uns das Mandat kündigen, wir seien "Laiendarsteller" und im Übrigen habe er mit der Kammer die Strafe schon ausgedealt und nun müsse nur noch ein Geständnis erfolgen.
Leider war unser Antrag, der Pflichtverteidigerbestellung ein Ende zu machen, von der Kammer abschlägig verbeschieden worden. Kollege Schönwetter hatte es sich nicht nehmen lassen, hierzu eine mehrseitige Stellungnahme abzugeben, in der er den Kollegen und mich insgesamt 14 Mal als "die jungen und unerfahrenen Kollegen" titulierte. Damals habe ich mich darüber geärgert.
Das ist nun einige Jahre her. Heute amüsiert es mich nur noch und nebenbei bemerkt - ich fühle mich immer noch jung, naja, sagen wir rüstig. ;-)
Dienstag, 22. Juni 2010
Schönwetterverteidigung
Mit einem dieser Kollegen werde ich in naher Zukunft auch wieder das zweifelhafte Vergnügen haben, in einem Umfangsverfahren zu verteidigen.
Der Blick in die Akte beweist, dass sein Mandant eine umfassende Einlassung gemacht hat. Ein genauerer Blick beweist, dass der Kollege bei einem von mehreren Vernehmungsterminen sogar mal für etwas über eine Stunde bei der Vernehmung zugegen war, womit immerhin die Gebühr verdient wäre, die keine Rücksicht auf die Dauer der Teilnahme an der Vernehmung nimmt. Sogar an der zweiten Vernehmung hat der Kollege teilgenommen, indem er gemeinsam mit seinem Mandanten ein Mittagessen eingenommen und sich danach, als die Vernehmung fortgesetzt wurde, wieder verabschiedet hat.
Schönwetterverteidigung at its best.
Donnerstag, 17. Juni 2010
Der Kollege kommt verkleidet
Eingeladen habe ich ein paar liebe Kollegen sowie eine resolute Richterin, die gerne schon mal kaugummikauende Zeugen des Saales verweist.
Einer der Kollegen (im normalen Gerichtsalltag auch eher ein Vertreter der Jeansfraktion) rief heute an um mitzuteilen, er müsse zuvor noch zu einem "Schlips- und Kragentermin", weshalb er sich Sachen zum Wechseln mitbringe.
Gut so. Ich veranstalte ja schließlich kein Kostümfest. Verkleidung braucht´s daher nicht.
Fragezeichenzettel
Hier ein Beispiel:
Ein Kollege schreibt an das Gericht: "...wird angefragt, oder der Beklagte innerhalb der ihm gesetzten Notfrist von zwei Wochen seine Verteidigungsbereitschaft angezeigt hat. Dies ist hier nicht nachprüfbar. Falls die Anzeige verspätet eingegangen sein sollte, wird dies entsprechend gerügt."
Werter Kollege: das Gericht überprüft selbstständig, ob die Verteidigungsbereitschaft rechtzeitig angezeigt worden ist oder nicht. Rügen brauchen Sie das nicht, denn falls sie zu spät eingegangen sein sollte, wäre das Gericht Ihrem Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils, den Sie in der Klageschrift für diesen Fall gestellt haben, bereits nachgekommen. Schauen Sie einfach mal in §§ 276, 271, 331 ZPO.
Mittwoch, 16. Juni 2010
Hasophobie - ein tierischer Prozess
Es verklagt eine Lehrerin eine minderjährige Schülerin auf Unterlassung der Behauptung, sie, die Lehrerin, leide an einer Hasenphobie und drehe bereits beim Anblick eines Hasen durch.
Momentan sei das Gericht mit der Überprüfung befasst, ob die aufgestellte Behauptung der Schülerin stimme oder nicht. Wie es damit befasst ist, erfährt der geneigte Leser leider nicht.
Ich mutmaße mal, dass Frau Lehrerin deshalb auf Unterlassung klagt, weil die angebliche Behauptung der Schülerin falsch ist (anderenfalls würde ihr ein Unterlassungsanspruch nicht zustehen). Folglich müsste sie beweisen, frei von "Hasophobie" zu sein.
Für Phobien und artverwandte Leiden und deren Diagnose sind Fachärzte für Psychiatrie zuständig. Es könnte demnach ein fachärztliches Gutachten genügen, der Lehrerin zum Erfolg zu verhelfen.
Abzuwarten bleibt, welche Kaninchen - pardon Hasen - der Anwalt der Schülerin aus dem Hut zaubern wird. Manchmal möchte man wirklich Mäuschen sein.
Dienstag, 15. Juni 2010
Mein Ausflug in die Nebenklage
Ich klage äusserst selten neben. So selten, dass ich beim Betreten des Saales erstmal auf den Verteidigertisch zugehalten und erst kurz davor abgebremst habe. So selten, dass ich mich im Laufe der Verhandlung jedes Mal angesprochen fühlte, wenn der Richter "Frau Verteidigerin" sagte. So selten, dass ich diesen betroffenen Gesichtsausdruck, der vielen der mir bekannten Nebenklägerinnenvertreterinnen gleichsam ins Gesicht gemeißelt zu sein scheint, selbst mit viel Übung nicht hinbekommen würde. Und so selten, dass ich nun wirklich niemals das vermeintlich wichtigste Requisit der Nebenklage, eine Packung Papiertaschentücher, in meiner Handtasche habe. ;-)
Da der Oberamtsanwalt schwer auf Zack war, habe ich nicht mal Fragen an die Zeugen stellen müssen. Mein Ausflug in die Nebenklage war also eher passiver Natur.
Nicht, dass es nicht auch mal schön wäre, sich in einem Prozess passiv zu verhalten, aber seltsam war das schon. Ich bin wohl auch eher so eine wie die Kollegin Braun.
Nix Bewährung
Leider habe ich Recht behalten. Trotzdem selbst die Staatsanwaltschaft Bewährung beantragt hatte, sahen die Berufungskämmerer die Sache anders.
Bitter für einen Angeklagten, wenn sich Staatsanwaltschaft und Verteidigung einig sind und dann das Gericht hiervon abweichend entscheidet.
Montag, 14. Juni 2010
Frau Müller-Hohenstein und der innere Reichsparteitag
Heute überschlagen sich die Meldungen wegen der gewählten Formulierung. Hier ist zu lesen, dass diese Redewendung aus dem rechtsradikalen Sprachgebrauch stamme.
Gute Güte. Ich weiß nicht, ob und falls ja wie oft ich diese Redewendung schon gebraucht habe, aber sollte ich das getan haben, dann sicher nicht, weil ich rechtsradikal wäre oder rechtsradikale Formulierungen bevorzugte. Wahrscheinlich hat sich Frau Müller-Hohenstein keine Gedanken um die Wortwahl gemacht. Ich hoffe mal, dass sie uns als Moderatorin erhalten bleibt und die (Fußball)nation dazu übergeht, sich über das 4:0 zu freuen.
Eine gute Zusammenfassung der Pressstimmen findet hier bei Niggemeier.
Wasserschaden - wieder mal ein Update
Heute sollte er sein, der große Tag des Umzugs in das inzwischen renovierte Aquarium.
Die Herren kamen pünktlich eine halbe Stunde zu spät. Meine Reno stand bereit, die Arbeiten zu beaufsichtigen, da ich selbst bei einem auswärtigen Termin war. Das war auch gut so, denn ich hätte mich nur wieder aufgeregt.
Zunächst wurden aus einem ca. drei Meter breiten Metallregal alle Aktenordner herausgeräumt. Das dauerte eine halbe Stunde, wobei zuzugestehen ist, dass es viele Akten waren.
Danach war Frühstückspause angesagt. Gestärkt stellten die Herren sodann fest, dass sie nicht wüssten, wie man das Regal auseinanderbaut. Ob sie das wussten, bevor sie die Akten rausgeräumt hatten, und falls nicht, warum sie dann die Akten ausgeräumt hatten, vermochte meine Reno nicht zu klären.
Nach einer weiteren Unterbrechung wurden meiner Reno dann Fotos des leergeräumten Aquariums gezeigt mit der Erklärung, so habe man den Raum erstmals vorgefunden, weshalb man für das Wiedereinräumen nicht zuständig sei. Dass man genau dafür einen Auftrag der Versicherung erhalten habe, sei aber bekannt. Nicht bekannt sei hingegen gewesen, dass auch ein Regal umgeräumt werden sollte. Wie schon gesagt, das Ding ist ja nur drei Meter lang und die Herren, die schon mehrfach hier waren, haben es zuvor sicher übersehen.
Jedenfalls dauere das Abbauen des Regals länger als die Versicherung zahlen wolle, weshalb man nun wieder weitermüsse. Meine tapfere Reno konnte die Herren noch dazu anhalten, zähneknirschend das Regal wieder einzuräumen.
Zu guter Letzt qualmte dann noch eine Deckenlampe und die Sicherung verabschiedete sich, nachdem einer der Herren den Lichtschalter im Aquarium betätigt hatte. Dauer der Aktion: 2 Stunden inklusive Pausen. Ergebnis: alles wie gehabt, nur ohne Licht.
Übrigens: das Regal habe ich vor vielen Jahren selbst zusammengebaut, was was heissen will. Erstaunlich, dass Handwerker davor kapitulieren. Die Firma, die es vor mehr als einem Jahr abgebaut hat, brauchte dafür übrigens gerade mal 1 Stunde (inklusive Aktenordner ausräumen).
Um schlauen Ratschlägen vorwiegend anonymer Kommentatoren vorzugreifen: ich hatte der Versicherung schon nach Eintritt des Schadens abgeboten, die Räumarbeiten selbst zu übernehmen, konnte mich aber angesichts des vorgeschlagenen Stundensatzes von 8 Euro bremsen und habe im Gegenzug dem Versicherungsmann vorgeschlagen, für diesen fürstlichen Stundensatz die Arbeiten selbst durchzuführen. Der konnte sich aber auch bremsen und beauftragte lieber eine Firma damit.
To be continued.
Schlaflos, aber nicht in Seattle...
Seit Wochen schwebe es über ihm wie ein Damoklesschwert, dieses Strafverfahren wegen eines Steuervergehens, berichtet mir der Mandant. Er könne nicht mehr schlafen, habe die geplante Urlaubsreise abgesagt und erwäge, sich von seiner Freundin zu trennen. Bestimmt stünde bald die Polizei vor der Tür um ihn "einzukassieren". Er habe ja schon ausgesagt, aber der Polizist habe gemeint, das ginge nur glimpflich aus, wenn er viel Glück habe.
Es ist vielfach so, dass Mandanten mit den Nerven zu Fuß sind und wegen eines vergleichsweise harmlosen Vorwurfs nicht mehr schlafen können. Wenn dann noch
Nach einem Telefonat mit dem zuständigen Staatsanwalt, der eine Erledigung im Strafbefehlsverfahren in Aussicht stellte, war die Welt des Mandanten wieder ein wenig bunter und er konnte davon überzeugt werden, dass er die Zahnbürste nicht "immer am Mann" haben muss.
Sonntag, 13. Juni 2010
Der Messbeamte des Monats - Warum passiert das nicht mir?
Ein Betroffener hatte, nachdem er von der im Messfahrzeug installierten Blitze fotografiert worden war, seinerseits ein Foto gemacht, das den schlafenden Messbeamten zeigt und durch Vorlage dieses Fotos die Einstellung seines Verfahrens erreicht, in dem der Messbeamte als Zeuge seitens der Ordnungsbehörde benannt worden war.
Ich finde das irgendwie schade. Nicht, dass ich dem Geblitzten die Einstellung seines Verfahrens nicht gönne, sondern weil mir das nicht passiert ist.
Ich hätte ohne Vorlage des Fotos gegen den Bußgeldbescheid Einspruch eingelegt, einen Kollegen mit meiner Verteidigung beauftragt und in der Hauptverhandlung über den Einspruch wäre ich gespannt gewesen auf die Einlassung des Zeugen. Ich habe noch keinen Messbeamten erlebt, der eingeräumt hätte, geschlafen oder Fehler bei der Messung gemacht zu haben. Mag sein, dass ich zu schlecht von Messbeamten denke, aber diese Gelegenheit der Überprüfung meines Vorurteils hätte ich mir nicht nehmen lassen.
Übrigens: ich kenne § 109a Abs. 2 OWiG. Und trotzdem hätte ich es so gemacht.
Samstag, 12. Juni 2010
Vuvuzela - Ohren zu oder Ton aus und durch
Vielleicht gewöhne ich mich bis zum Finale dran, an das Dauergetröte, obwohl ich bisher schon manchen Fangesang als zumindest tauglichen Versuch einer Körperverletzung wahrgenommen hatte. Gegen die afrikanischen Tröten aber ist selbst die Fankurve der TuS Koblenz kalter Kaffee.
Auf alle Fälle bin ich froh, nicht live dabei zu sein. Der Erste, der mir mit so einem Teil ins Ohr tröten würde, würde mich in die Nähe einer Körperverletzung zu dessen Nachteil bringen.
Liebe Mitgenervte: Ohren zu oder Ton aus und durch.
Ich habe gar kein Konzept
Der durchaus honorige Referent hat gleich zu Beginn klargestellt, dass man ihn jederzeit mit Fragen unterbrechen könne. Damit bringe man ihn nicht aus dem Konzept. Den Grund dafür hat er auch gleich geliefert: "Ich habe nämlich gar kein Konzept."
Das macht rein gar nichts. Der Vortrag ist lebendig, Einschlafgefahr besteht nicht.
Freitag, 11. Juni 2010
Korrektur in Sicht
Selbst die Staatsanwaltschaft hatte in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht eine Bewährungsstrafe beantragt, aber der Einzelrichter war dermaßen in Geberlaune, dass er gewaltig über das Ziel hinausschoss. Seine Strafzumessungserwägungen im Urteil zu der Frage, warum eine Strafaussetzung zur Bewährung nicht in Betracht komme, sind denkbar knapp und erschöpfen sich in der Feststellung, dass weder in der Person noch in den Taten besondere Umstände vorlägen, die eine Bewährungsstrafe rechtfertigten. Diese formelhafte Feststellung reicht freilich nicht, weshalb das Urteil in dieser Form keinen Bestand haben kann.
Telefonate mit Gericht und Staatsanwaltschaft haben ergeben, dass man es dort genauso sieht. In Kürze wird also eine Korrektur des Urteils erfolgen. Alles wird gut.
Donnerstag, 10. Juni 2010
Don Promillo
Don Promillo zum Beispiel, den wir hier sehen, hat wohl ein wenig zu tief ins Glas geschaut, aber dennoch das Spiel gepfiffen. Die Rückrunde gab es dann vor dem Schiedsrichterausschuss.
Auch witzig: der Diebstahl der gelben Karte.
Anderswo folgte die Strafe für den Schiedsrichter sozuagen auf dem Fuße.
Aber auch untereinander sind die Jungs nicht zimperlich.
Ich freu mich jedenfalls auf die WM und ich sag´s mal mit Lothar Matthäus: I hope we have a little bit lucky!
Der BGH meint, ich soll zuhause bleiben
In einem Fall, in dem das Landgericht meinen Mandanten freigesprochen hatte, hatte die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt. Der BGH hat nun auf den Antrag der Generalbundesanwaltschaft Termin zur Hauptverhandlung bestimmt und mich hiervon unterrichtet. In der Terminsbenachrichtigung heisst es: "Ihre persönliche Anwesenheit im Termin ist nicht erforderlich."
Die wollen also, dass ich zuhause bleibe. Ist das zu fassen?!
Ja, so ist das leider. Die Damen und Herren vom hohen Senat schaffen die Entscheidung über die Revision der Staatsanwaltschaft ganz ohne mein Zutun. Phhh. Bleib ich halt hier. Koblenz ist auch schön!
Mittwoch, 9. Juni 2010
Tö-Richter, Zu-Richter und Hin-Richter
Vergessen wurde übrigens der Zu-Richter - eine Person, die dazu in der Lage ist, bereits mittels einfacher körperlicher Gewalt erhebliche Schäden bei ihrem Gegenüber hervorzurufen. Die Spezies trägt häufig kurze Hosen, die mindestens drei Nummern zu groß sind und selbst muskulöse Beine storchig aussehen lassen. Sie lebt in eng begrenzten Gebieten, vulgo "Ring", dort bevorzugt in Ecken, in denen sie von anderen Menschen umgeben sind, deren Aufgabe darin besteht, mit Handtüchern zu fächeln, Vaseline aufzutragen und Trinkflaschen anzureichen.
Der erfolgreichste Zurichter bekommt zur Belohnung immer einen Gürtel, der so groß ist, dass Zu-Richter und Zugerichteter gemeinsam dort hineinpassen würden.
Dienstag, 8. Juni 2010
Der Katzenkönig
Wer den Fall nochmal nachlesen möchte, der schaue hier im gleichnamigen Blog.
Vielleicht können wir beim Katzenkönig demnächst auch Rose-Rosahl oder ähnliche Fälle nachlesen, die uns in den Strafrechtsvorlesungen begegnet sind.
Rechtskraftpanik
"Herr X. hat angerufen. Er hat das Urteil zugeschickt bekommen. Es sei rechtskräftig. Er versteht das nicht, da Berufung eingelegt werden sollte. Bittet DRINGEND um Rückruf!!!"
Herr X. hatte mich vor ein paar Wochen beauftragt, Rechtsmittel gegen ein gegen ihn ergangenes Urteil eines Amtsgerichts einzulegen. Das wurde gemacht. Per Fax. Sendebericht ist in der Akte, daneben ein Vermerk meiner Reno, die sich telefonisch den Eingang des Faxschreibens hatte bestätigen lassen. Also alles im grünen Bereich.
Also mache ich mich daran, den dringenden Rückruf zu erledigen. Der Mandant ist ziemlich aus dem Häuschen und kaum zu beruhigen. Ich frage ihn, ob sich auf dem Urteil ein Vermerk befindet, der lautet: "Das Urteil ist rechtskräftig seit ..." Nein, kein Vermerk, aber, so der Mandant: "Da steht drüber IM NAMEN DES VOLKES!!!" Das ist so üblich, auch wenn ein Urteil nicht rechtskräftig ist, erkläre ich ihm.
Darauf hin kann er wieder lachen und hat was gelernt: nicht überall, wo IM NAMEN DES VOLKES draufsteht, ist Rechtskraft drin.
Mittwoch, 2. Juni 2010
Mal so aus dem Bauch...
Frage: "Wie ist das denn jetzt so rechtlich?"
Gegenfrage: "Was steht denn im Vertrag?"
Antwort: "Woher soll ich das wissen?"
So kommen wir nicht weiter. In derartigen Momenten rufe ich gelegentlich nach meiner Sekretärin, sie möge mir die Glaskugel bringen oder eine tote Katze, in deren Gedärmen ich dann lesen kann. Diesmal lasse ich das sein und bemühe stattdessen das Beispiel mit dem Arzt, der ohne Untersuchung bestenfalls mutmaßen kann, was es mit dem Zwicken im linken Unterbauch so auf sich haben könnte.
Der Fragesteller, dem das Beispiel mit dem Bauch und dem Arzt wohl gefallen hatte, formuliert seine Frage um: "Und mal so aus dem Bauch...?"
Nein, auch nicht so aus dem Bauch vermag ich zu beurteilen, was Vertragsgegenstand war und was nicht.
Hat jemand zufällig einen guten Hellseher bei der Hand, den ich für derartige Fälle weiterempfehlen könnte?
Dienstag, 1. Juni 2010
Durchsuchung ohne Beschluss
An der Tür von Frau X. klingeln Polizeibeamten. Die haben einen Durchsuchungsbeschluss gegen Herrn Y. zu vollstrecken. Da sie diesen aber an seinem Wohnort (auf den sich auch der Beschluss bezieht) angetroffen haben, sondern ihn bei Frau X. vermuten, wollen sie nun eben dort durchsuchen. Frau X. verweist darauf, dass sich der Beschluss doch gar nicht auf ihre Wohnung beziehe und erhält zur Antwort: "Den haben wir wenn wir wollen in 2 Miunten. Sie lassen uns also besser rein."
Frau X. tut wie ihr geheißen. Danach ruft sie mich an. Hätte sie besser zuvor getan. So hatten die Polizisten mit der nassforschen Behauptung, sie könnten sich in Windeseile einen Durchsuchungsbeschluss besorgen, die Nase vorn.
Der Mandant, der mich verstand - Fortsetzung mit Happy End
In der Fortsetzungsverhandlung wurde ein weiterer Kriminalbeamter gehört, der zu der Frage, ob die Angaben des Kronzeugen in anderen Fällen zuverlässig gewesen seien, nichts beitragen konnte. Seine Kollegin (die mit der falschen Wahllichtbildvorlage) hatte in der vorangegangenen Sitzung bekundet, dass zumindest eine vermeintliche Händleradresse, die der Kronzeuge angegeben habe, sich nicht bestätigt habe.
Zusammenfassend: ein schweigender Kronzeuge, zwei Aussagen von Kriminalbeamten, aus denen nicht wirklich Honig zu saugen war und eine beigezogene Akte über das Verfahren des Kronzeugen (> 1000 Seiten), die zu lesen am Wochenende ich das Vergnügen hatte.
Das reichte in der Gesamtschau nicht. Als der Kriminalbeamte entlassen war, schaute der Richter in die Runde. "Und was machen wir jetzt?"
Ich: "Ein freisprechendes Urteil."
So wurde es gemacht. Und was soll ich sagen?! - Mein Mandant hat´s verstanden. Sofort!