Das, was heute Herrn Middelhoff geschehen ist, zählt zum Albtraum eines jeden Angeklagten, der den Gerichtssaal als freier Mann betreten hat. Kaum ist das Urteil verkündet, klicken die Handschellen und es geht schnurgerade und in der Regel ohne Zahnbürste in die Zelle - Saalverhaftung.
Auch als Verteidiger gehört die Saalverhaftung des Mandanten zu denjenigen Situationen, auf die man gut verzichten kann. Finster, wenn sich weder die Hoffnung auf einen Freispruch oder zumindest eine Bewährungsstrafe bestätigt und obendrein auch noch ein Haftbefehl gegen den Mandanten verkündet wird.
Im Fall Middelhoff wurde der Haftbefehl bekanntermaßen damit begründet, dass er über einen Wohnsitz im Ausland verfügt. Nun ja, Frankreich ist nicht Brasilien, aber es reichte den Essener Richtern für die Annahme, er könnte sich ins Ausland absetzen. Ob dies das letzte juristische Wort ist, bleibt abzuwarten.
Die Krönung der Saalverhaftung durfte ich in diesem Jahr im Aktionsbüro Mittelrhein Prozess erleben. Dort traf es einen der rechten Szene zugehörigen Zeugen.
Dieser hatte eine Aussage gemacht, die ihm die Staatsanwaltschaft nicht abkaufte. Nach einer Verhandlungspause befanden sich neben den üblichen Justizbeamten im Saal drei weitere im Zuschauerraum und uns Verteidigern war sofort klar, dass sie dies nicht aus Gründen der hausinternen Fortbildung tun. Der Zeuge wurde auf Antrag der Staatsanwaltschaft im Saal festgenommen und in eine Zelle verbracht, die er erst wieder verlassen durfte, nachdem er seine Aussage korrigiert hatte.
Dieser Zeuge hatte sicher noch weniger als Herr Middelhoff damit gerechnet, gesiebte Luft zu atmen.
Ergebnis: das Sprichwort stimmt.
In diesem Blog berichtet Rechtsanwältin und Fachanwältin für Strafrecht Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. über Strafverfahren in und um die Rhein-Mosel-Stadt
Freitag, 14. November 2014
Freitag, 7. November 2014
Aktionsbüro Mittelrhein und die Öffentlichkeit
Es ist recht lange her, dass ich zuletzt vom ABM-Verfahren berichtet habe und vielleicht fragt sich schon der ein oder andere Leser, ob es überhaupt noch läuft. Ja, es läuft noch. Wie üblich jede Woche von Dienstag bis einschließlich Donnerstag im Schwurgerichtssaal. Die mediale Aufmerksamkeit hat nachgelassen, nur ab und an sitzt jemand von der zumeist linken Presse im Zuschauerraum, gerne auch mal der an Vermummung grenzenden modischen Nötigung der Zeit gehorchend mit überdimensionierten Schals und Tüchern um Kopf und obere Extremitäten.
Die sonstigen Zuschauer entstammen den Familien der Angeklagten.
Irgendwie ist das sehr schade und zwar besonders im Hinblick auf die Referendare, die am Landgericht Koblenz ausgebildet werden. Als ich Referendarin war, hatte ich es meinem damaligen Ausbilder zu verdanken, dass ich regelmäßig bei großen Prozessen mit von der Partie war, und wenn schon nicht neben ihm auf der Verteidigerbank, dann doch wenigstens im Zuschauerraum. Das, was ich dort gelernt habe, stand zum Teil in keinem Lehrbuch und das, was im Lehrbuch stand, musste ich nicht mehr mühsam lernen.
Der ABM-Prozess wird, wie es der Vorsitzende Richter schon am ersten Tag im August 2012 sagte, Seinesgleichen suchen und nicht finden. Das liegt einerseits daran, dass es von ursprünglich einmal 26 immer noch 20 Angeklagte sind, vertreten durch 40 Verteidiger, am Umfang des Prozessstoffes und nicht zuletzt daran, dass es sich um ein politisches Verfahren handelt. Kaum ein Tag vergeht ohne Anträge aus den Reihen der Verteidigung, in keinem anderen Verfahren habe ich es bislang erlebt, dass nicht nur Verteidiger, sondern auch Angeklagte von ihrem Recht nach § 257 StPO Gebrauch machen und es wäre selbst für die Fachanwälte unter uns vermessen, zu behaupten, man selbst habe bislang noch nichts durch dieses Verfahren dazu gelernt.
Umso erstaunlicher, dass derart kostenlose Fortbildungsangebote nicht wahrgenommen werden.
Wer sich nicht im Strafprozessrecht weiterbilden mag, darf auch gerne kommen um seine Vorurteile in Bezug auf die Verfahrensbeteiligten einmal neu zu sortieren. Eine Praktikantin meiner Kanzlei, die einen Haufen glatzköpfiger Skinheads erwartet hatte, war überrascht ob der Dichte der Hochschul- und Uniabsolventen unter den Angeklagten. Ein Kollege, der mit seinen Referendaren angereist war, zeigte sich überrascht davon, dass die Verteidiger miteinander, nicht gegeneinander agieren, was in Prozessen mit derart vielen Beteiligten längst nicht immer der Fall ist.
Vor dem Besuch am Nachmittag sei indes gewarnt, wenn es den ein oder anderen Verfahrensbeteiligten in Morpheus´ Arme treibt ob der Erkenntnisse der vorgespielten Telefonüberwachung. Aber auch die haben ihr Gutes und so bin ich guter Dinge, irgendwann einmal selbst Hawaiitoasts zubereiten zu können.
Die sonstigen Zuschauer entstammen den Familien der Angeklagten.
Irgendwie ist das sehr schade und zwar besonders im Hinblick auf die Referendare, die am Landgericht Koblenz ausgebildet werden. Als ich Referendarin war, hatte ich es meinem damaligen Ausbilder zu verdanken, dass ich regelmäßig bei großen Prozessen mit von der Partie war, und wenn schon nicht neben ihm auf der Verteidigerbank, dann doch wenigstens im Zuschauerraum. Das, was ich dort gelernt habe, stand zum Teil in keinem Lehrbuch und das, was im Lehrbuch stand, musste ich nicht mehr mühsam lernen.
Der ABM-Prozess wird, wie es der Vorsitzende Richter schon am ersten Tag im August 2012 sagte, Seinesgleichen suchen und nicht finden. Das liegt einerseits daran, dass es von ursprünglich einmal 26 immer noch 20 Angeklagte sind, vertreten durch 40 Verteidiger, am Umfang des Prozessstoffes und nicht zuletzt daran, dass es sich um ein politisches Verfahren handelt. Kaum ein Tag vergeht ohne Anträge aus den Reihen der Verteidigung, in keinem anderen Verfahren habe ich es bislang erlebt, dass nicht nur Verteidiger, sondern auch Angeklagte von ihrem Recht nach § 257 StPO Gebrauch machen und es wäre selbst für die Fachanwälte unter uns vermessen, zu behaupten, man selbst habe bislang noch nichts durch dieses Verfahren dazu gelernt.
Umso erstaunlicher, dass derart kostenlose Fortbildungsangebote nicht wahrgenommen werden.
Wer sich nicht im Strafprozessrecht weiterbilden mag, darf auch gerne kommen um seine Vorurteile in Bezug auf die Verfahrensbeteiligten einmal neu zu sortieren. Eine Praktikantin meiner Kanzlei, die einen Haufen glatzköpfiger Skinheads erwartet hatte, war überrascht ob der Dichte der Hochschul- und Uniabsolventen unter den Angeklagten. Ein Kollege, der mit seinen Referendaren angereist war, zeigte sich überrascht davon, dass die Verteidiger miteinander, nicht gegeneinander agieren, was in Prozessen mit derart vielen Beteiligten längst nicht immer der Fall ist.
Vor dem Besuch am Nachmittag sei indes gewarnt, wenn es den ein oder anderen Verfahrensbeteiligten in Morpheus´ Arme treibt ob der Erkenntnisse der vorgespielten Telefonüberwachung. Aber auch die haben ihr Gutes und so bin ich guter Dinge, irgendwann einmal selbst Hawaiitoasts zubereiten zu können.
Donnerstag, 16. Oktober 2014
Wider das Kusch(el)verfahren - Wenn die StPO den Amtsrichter stört
Amtsrichter, die ihren Posten schon länger bekleiden, haben die Angewohnheit, Eigenheiten zu entwickeln, die im Gesetz keine Stütze finden.
Ein Beispiel hierfür durfte ich unlängst beim Schöffengericht D. erleben. Der ergraute Spruchkörper , der mit seinen tapferen Schöffen über mehrere Angeklagte zu richten hatte, denen gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung vorgeworfen worden war, hatte so seine ganz eigenen Vorstellungen vom Verfahren.
Ein wenig ungewöhnlich, aber nicht ungern saß ich mit zwei Kolleginnen in der Nebenklage. Unsere Mandanten hatten ziemlich einstecken müssen und hatten teils erhebliche Verletzungen davon getragen.
Damit man sich nun nicht im Anschluss an ein Strafverfahren in einem Verfahren vor den Zivilgerichten um Schmerzensgeld streiten muss, sieht die StPO vor, dass Verletzte einer Straftat im sog. Adhäsionsverfahren ihre Ansprüche geltend machen können und der Strafrichter schon im Strafurteil ein Schmerzensgeld ausspricht. Das Adhäsionsverfahren dient damit dem Opferschutz.
Im Vergleich zu anderen Verfahrensvorschriften ist das Adhäsionsverfahren relativ neu. Erst seit 1986 sieht es die StPO vor, dass zivilrechtliche Ansprüche im Rahmen des Strafverfahrens geltend gemacht werden können, reformiert wurden die Bestimmungen zuletzt in 2004.
Doch zurück zum Fall: meine Ankündigung, nach Schluss der Beweisaufnahme einen Adhäsionsantrag stellen zu wollen, quittiert der Vorsitzende mit den Worten: "Sie wissen doch sicher, dass Richter Adhäsionsanträge nicht mögen?!"
Klar weiß ich das. Wer schon länger dort sitzt wo er sitzt, für den ist das Adhäsionsverfahren neumodisches Zeug, vergleichbar mit Ottomotoren und Frauenwahlrecht. Jüngere Richter haben mit Adhäsionsanträgen übrigens regelmäßig keine Probleme.
Ich verklickere ihm also, dass es nicht darauf ankommt, ob er Adhäsionsanträge mag oder nicht, solange die Verfahrensordnung sie vorsieht. Er ist nicht begeistert und versucht es damit, dass man als Strafrichter ja keine Ahnung habe, welche Verletzung welche Schmerzensgeldhöhe rechtfertige. Dieses Argument höre ich auch nicht zum ersten Mal, was nichts an seiner Unbeachtlichkeit ändert. Auch beim Zivilgericht zitiert man in der Regel vergleichbare Entscheidungen, die sich auch zur Höhe des Schmerzensgeldes verhalten.
Sein Gezeter hilft ihm nichts. Ich stelle den Antrag, den er sichtlich genervt entgegen nimmt und gebe kund, dass ich nicht gewillt sei, sein "Landrecht" zu unterstützen und er sich rechter an die StPO gehalten sehen solle. Der Mann ist hellauf begeistert. Das ist ihm deutlich anzusehen. Die Vorstellung, sich mit einer ungeliebten Materie auseinandersetzen zu müssen, ist zwanglos geeignet, ihm nachhaltig den Tag zu verderben.
Der Angeklagte wurde auf meinen Antrag hin verurteilt, ein Schmerzensgeld an meinen Mandanten zu zahlen.
Dass sich Jahrzehnte nach Einführung des Adhäsionsverfahrens noch immer Richter wagen, Anwälte dazu zu bewegen, solche Anträge nicht zu stellen, lässt Rückschlüsse auf die Arbeit von Nebenklagevertretern zu. Nicht nur die Verteidigung mutmaßlicher Täter ist eine ernste Angelegenheit, sondern auch die Vertretung mutmaßlicher Opfer und auch als "Opferanwalt" darf man nicht entgegen den Interessen des Mandanten in Kuschellaune verfallen. Strafprozessen wohnt nun einmal nicht die Eigenart inne, dass die daran Beteiligten Freundschaft miteinander schließen.
Die StPO sieht Adhäsionsverfahren vor; Kusch(el)verfahren kennt sie nicht.
Ein Beispiel hierfür durfte ich unlängst beim Schöffengericht D. erleben. Der ergraute Spruchkörper , der mit seinen tapferen Schöffen über mehrere Angeklagte zu richten hatte, denen gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung vorgeworfen worden war, hatte so seine ganz eigenen Vorstellungen vom Verfahren.
Ein wenig ungewöhnlich, aber nicht ungern saß ich mit zwei Kolleginnen in der Nebenklage. Unsere Mandanten hatten ziemlich einstecken müssen und hatten teils erhebliche Verletzungen davon getragen.
Damit man sich nun nicht im Anschluss an ein Strafverfahren in einem Verfahren vor den Zivilgerichten um Schmerzensgeld streiten muss, sieht die StPO vor, dass Verletzte einer Straftat im sog. Adhäsionsverfahren ihre Ansprüche geltend machen können und der Strafrichter schon im Strafurteil ein Schmerzensgeld ausspricht. Das Adhäsionsverfahren dient damit dem Opferschutz.
Im Vergleich zu anderen Verfahrensvorschriften ist das Adhäsionsverfahren relativ neu. Erst seit 1986 sieht es die StPO vor, dass zivilrechtliche Ansprüche im Rahmen des Strafverfahrens geltend gemacht werden können, reformiert wurden die Bestimmungen zuletzt in 2004.
Doch zurück zum Fall: meine Ankündigung, nach Schluss der Beweisaufnahme einen Adhäsionsantrag stellen zu wollen, quittiert der Vorsitzende mit den Worten: "Sie wissen doch sicher, dass Richter Adhäsionsanträge nicht mögen?!"
Klar weiß ich das. Wer schon länger dort sitzt wo er sitzt, für den ist das Adhäsionsverfahren neumodisches Zeug, vergleichbar mit Ottomotoren und Frauenwahlrecht. Jüngere Richter haben mit Adhäsionsanträgen übrigens regelmäßig keine Probleme.
Ich verklickere ihm also, dass es nicht darauf ankommt, ob er Adhäsionsanträge mag oder nicht, solange die Verfahrensordnung sie vorsieht. Er ist nicht begeistert und versucht es damit, dass man als Strafrichter ja keine Ahnung habe, welche Verletzung welche Schmerzensgeldhöhe rechtfertige. Dieses Argument höre ich auch nicht zum ersten Mal, was nichts an seiner Unbeachtlichkeit ändert. Auch beim Zivilgericht zitiert man in der Regel vergleichbare Entscheidungen, die sich auch zur Höhe des Schmerzensgeldes verhalten.
Sein Gezeter hilft ihm nichts. Ich stelle den Antrag, den er sichtlich genervt entgegen nimmt und gebe kund, dass ich nicht gewillt sei, sein "Landrecht" zu unterstützen und er sich rechter an die StPO gehalten sehen solle. Der Mann ist hellauf begeistert. Das ist ihm deutlich anzusehen. Die Vorstellung, sich mit einer ungeliebten Materie auseinandersetzen zu müssen, ist zwanglos geeignet, ihm nachhaltig den Tag zu verderben.
Der Angeklagte wurde auf meinen Antrag hin verurteilt, ein Schmerzensgeld an meinen Mandanten zu zahlen.
Dass sich Jahrzehnte nach Einführung des Adhäsionsverfahrens noch immer Richter wagen, Anwälte dazu zu bewegen, solche Anträge nicht zu stellen, lässt Rückschlüsse auf die Arbeit von Nebenklagevertretern zu. Nicht nur die Verteidigung mutmaßlicher Täter ist eine ernste Angelegenheit, sondern auch die Vertretung mutmaßlicher Opfer und auch als "Opferanwalt" darf man nicht entgegen den Interessen des Mandanten in Kuschellaune verfallen. Strafprozessen wohnt nun einmal nicht die Eigenart inne, dass die daran Beteiligten Freundschaft miteinander schließen.
Die StPO sieht Adhäsionsverfahren vor; Kusch(el)verfahren kennt sie nicht.
Donnerstag, 21. August 2014
Psst! Ich bin Verteidiger - aber bitte nicht weitersagen!
Die Rheinzeitung berichtet anlässlich des 2-jährigen Jubiläums des Aktionsbüro-Mittelrhein-Prozesses über den Stand der Dinge. Einen Link kann ich nicht setzen, da die Onlineausgabe kostenpflichtig ist. Das ist nachvollziehbar und bezogen auf den Artikel nicht wirklich schlimm, denn er ist unspektakulär, passt ins Sommerloch und man könnte ihn überschreiben mit: "Im Westen nichts Neues". In ihm werden kritische Stimmen aus den Reihen der Verteidiger zitiert, wobei es nicht zu stören scheint, dass einer der zitierten Verteidiger schon vor Monaten aus dem Prozess ausgeschieden ist, nachdem das Verfahren gegen seinen Mandanten eingestellt worden war.
Wirklich interessant aber finde ich folgende Stelle des Artikels, in der es heißt: "Manche (gemeint sind Verteidiger) bitten darum, auf gar keinen Fall mit dem Neonazi-Prozess in Verbindung gebracht zu werden."
Hoppla. Was soll das denn bedeuten?
Mich würde ja interessieren, warum die Damen und Herren Kollegen nicht genannt werden wollen. Was ist schlimm daran, wenn ein Verteidiger seiner Arbeit nachgeht?
Liegt es an der politischen Ausrichtung der Angeklagten, dass man als Verteidiger außen vor bleiben möchte?
Wäre es vielleicht anders, wenn es um einen Prozess gegen Mitglieder der Antifa ginge?
Fernab vom Politischen: Würden die Kollegen genannt werden wollen als Verteidiger von (prominenten) Steuerstraftätern, Handtaschendieben, Drogenhändlern?
Welche Berufsauffassung haben diese Kollegen? Ist Strafverteidigung "igitt", so "igitt", dass man nicht damit in Zusammenhang gebracht werden mag? Wie verträgt sich eine solch (vermeintliche) Einstellung mit dem, was Strafverteidigung ausmacht?
Hans Dahs hat es in seinem Handbuch für Strafverteidiger einmal so formuliert:
„Verteidigung ist Kampf. Kampf um die Rechte des Beschuldigten im Widerstreit mit den Organen des Staates, die dem Auftrag zur Verfolgung von Straftaten zu genügen haben. Im Strafverfahren bringt der Staat gegen persönliche Freiheit und Vermögen des Einzelnen seine Machtmittel mit einer Wucht zum Einsatz wie in keinem anderen Bereich des gesellschaftlichen Lebens.“
Jeder Beschuldigte hat ein Anrecht auf einen Verteidiger. Idealerweise versteht dieser Verteidiger seine Arbeit, hat es nicht nötig, sich zu verstecken und kämpft - für den Mandanten.
In diesem Sinne: auf in den Kampf - jeden Tag aufs Neue!
Wirklich interessant aber finde ich folgende Stelle des Artikels, in der es heißt: "Manche (gemeint sind Verteidiger) bitten darum, auf gar keinen Fall mit dem Neonazi-Prozess in Verbindung gebracht zu werden."
Hoppla. Was soll das denn bedeuten?
Mich würde ja interessieren, warum die Damen und Herren Kollegen nicht genannt werden wollen. Was ist schlimm daran, wenn ein Verteidiger seiner Arbeit nachgeht?
Liegt es an der politischen Ausrichtung der Angeklagten, dass man als Verteidiger außen vor bleiben möchte?
Wäre es vielleicht anders, wenn es um einen Prozess gegen Mitglieder der Antifa ginge?
Fernab vom Politischen: Würden die Kollegen genannt werden wollen als Verteidiger von (prominenten) Steuerstraftätern, Handtaschendieben, Drogenhändlern?
Welche Berufsauffassung haben diese Kollegen? Ist Strafverteidigung "igitt", so "igitt", dass man nicht damit in Zusammenhang gebracht werden mag? Wie verträgt sich eine solch (vermeintliche) Einstellung mit dem, was Strafverteidigung ausmacht?
Hans Dahs hat es in seinem Handbuch für Strafverteidiger einmal so formuliert:
„Verteidigung ist Kampf. Kampf um die Rechte des Beschuldigten im Widerstreit mit den Organen des Staates, die dem Auftrag zur Verfolgung von Straftaten zu genügen haben. Im Strafverfahren bringt der Staat gegen persönliche Freiheit und Vermögen des Einzelnen seine Machtmittel mit einer Wucht zum Einsatz wie in keinem anderen Bereich des gesellschaftlichen Lebens.“
Jeder Beschuldigte hat ein Anrecht auf einen Verteidiger. Idealerweise versteht dieser Verteidiger seine Arbeit, hat es nicht nötig, sich zu verstecken und kämpft - für den Mandanten.
In diesem Sinne: auf in den Kampf - jeden Tag aufs Neue!
Freitag, 27. Juni 2014
Fachanwaltsrobe - und was ist mit den Richtern?
Der Trend soll zur Fachanwaltsrobe gehen. Meint jedenfalls die Gewandmeisterei, die sie vermarktet. Bitte nehmen Sie sich die Zeit und schauen sich das Video auf der Seite an. Es ist einfach zu schön. Da gratuliert der Richter den Rechtsanwälten zum abgeschlossenen Vergleich und lobt den Aufnäher, den beide auf der Robe tragen und der sie als Fachanwalt ausweist. Die beiden Rechtsanwälte finden den Aufnäher auch ganz toll.
Mir käme so ein Ding jedenfalls nicht auf den Zaubermantel. Für mich sieht das einfach vollkommen unchic aus, obwohl ich zugeben muss, schon das ein oder andere Mal damit geliebäugelt zu haben, meine Robe ein wenig aufzuhübschen. Eine schicke Brokatkante etwa entlang des Satins, ein Aufnäher mit "in dubio pro reo", oder - für den anglophilen Strafverteidiger - "troublemaker" auf dem Rücken oder - und damit kommen wir zu meinem Favoriten - einer mit regionalem Bezug (das Deutsche Eck mitsamt Kaiser auf der Brust und jeder auswärtige Kollege und Richter weiß sofort, dass man sozusagen aus einer Justizhauptstadt kommt). Und glauben Sie mir, ich würde das richtig chic hinkriegen. Sollte unter den Lesern zufällig eine Gewandmeisterei sein, die noch einen Ideengeber braucht, stehe ich zur Verfügung.
Ich bin mal gespannt, wann die Richterrobe mit Zusatzbezeichnung angeboten wird. Aufnäher mit "Vorsitzender", "Beisitzer", "Richter auf Probe" wären auch da erst der reichlich unkreative Anfang der Fahnenstange. Nun weiß ich ja nicht, worauf Richter so Wert legen wenn es um ihr Robenoutufit geht, aber ich könnte mir vorstellen, dass der ein oder andere Vorsitzende Gefallen daran finden würde, wenn der samtene Besatz zusätzlich bestickt wäre mit Sprüchen wie "Die Entscheidung des Vorsitzenden wird bestätigt", "Glaubhaftigkeitsbeurteilung ist ureigene Tatrichteraufgabe" oder anderen gerne genutzten Aussprüchen. Eine mir bekannte Familienrichterin verweist im Zusammenhang mit Ehescheidungen bei Klagen des einen Ehepartner über den anderen gerne darauf, dass er bzw. sie sich den Partner schließlich selbst ausgesucht habe. Ihr würde eine Robe mit der Aufschrift: "Auswahlverschulden, alles Auswahlverschulden!" gut stehen.
Mir käme so ein Ding jedenfalls nicht auf den Zaubermantel. Für mich sieht das einfach vollkommen unchic aus, obwohl ich zugeben muss, schon das ein oder andere Mal damit geliebäugelt zu haben, meine Robe ein wenig aufzuhübschen. Eine schicke Brokatkante etwa entlang des Satins, ein Aufnäher mit "in dubio pro reo", oder - für den anglophilen Strafverteidiger - "troublemaker" auf dem Rücken oder - und damit kommen wir zu meinem Favoriten - einer mit regionalem Bezug (das Deutsche Eck mitsamt Kaiser auf der Brust und jeder auswärtige Kollege und Richter weiß sofort, dass man sozusagen aus einer Justizhauptstadt kommt). Und glauben Sie mir, ich würde das richtig chic hinkriegen. Sollte unter den Lesern zufällig eine Gewandmeisterei sein, die noch einen Ideengeber braucht, stehe ich zur Verfügung.
Ich bin mal gespannt, wann die Richterrobe mit Zusatzbezeichnung angeboten wird. Aufnäher mit "Vorsitzender", "Beisitzer", "Richter auf Probe" wären auch da erst der reichlich unkreative Anfang der Fahnenstange. Nun weiß ich ja nicht, worauf Richter so Wert legen wenn es um ihr Robenoutufit geht, aber ich könnte mir vorstellen, dass der ein oder andere Vorsitzende Gefallen daran finden würde, wenn der samtene Besatz zusätzlich bestickt wäre mit Sprüchen wie "Die Entscheidung des Vorsitzenden wird bestätigt", "Glaubhaftigkeitsbeurteilung ist ureigene Tatrichteraufgabe" oder anderen gerne genutzten Aussprüchen. Eine mir bekannte Familienrichterin verweist im Zusammenhang mit Ehescheidungen bei Klagen des einen Ehepartner über den anderen gerne darauf, dass er bzw. sie sich den Partner schließlich selbst ausgesucht habe. Ihr würde eine Robe mit der Aufschrift: "Auswahlverschulden, alles Auswahlverschulden!" gut stehen.
Donnerstag, 26. Juni 2014
Der Angeklagte auf dem Weg ins Schwimmbad
So sah er zumindest aus, mein jugendlicher Mandant, als er bei Gericht auftauchte. Bei durchaus schattigen 15 Grad trug er ein Unterhemd, das den Blick auf eine schmale Brust freigab, begleitet von einer bis zu den Knien hochgekrempelten Jeans, deren oberes Ende sich irgendwo zwischen Steißbein und Kniekehle befand. Immerhin vermochte das Unterhemd den Blick auf das bei diesem Look unweigerliche "Maurerdekolleté" zu verbergen. Seinen Kopf schmückte eine auf "zu klein" gestellte Kappe, die ihn satte 5 Zentimeter größer machte bzw. seinen Kopf 5 Zentimeter länger erscheinen ließ, was die Proportionen insgesamt nicht begünstigte und deren Schirm nach hinten zeigte, was angesichts des bewölkten Himmels immerhin folgerichtig war.
Eigentlich geht es den Verteidiger ja nichts an, wie sich der Mandant kleidet, aber diesmal ging es mich was an, denn das ging ja nun so gar nicht, immerhin kämpften wir um die Bewährung, an der er haarscharf dran vorbei zu schliddern drohte. In einer solchen Situation muss man nicht auch noch durch völlig unangemessene Kleidung auffallen.
Seit Jahren pflege ich zu meinen jugendlichen Mandanten zu sagen, sie sollen sich für die Verhandlung so anziehen als gingen sie zum Geburtstag ihrer Oma, der sie eine Freude machen wollen. Das klappt in mindestens 90 % der Fälle, hat noch nie geschadet und demaskieren kann man sich ja im Anschluss an die Verhandlung notfalls noch im Gericht auf dem stillen Örtchen. Die Oma dieses Angeklagten hätte ihrem Enkel wahrscheinlich die Ohren langgezogen. Als Verteidiger darf man das nicht, aber man kann Ohren auch verbal langziehen.
Der Begleiter des nach meiner Ansprache langohrigen Mandanten war im Besitz einer Jacke, die er ihm ausborgte, die Kappe wurde entfernt, die Hose gen Süden gekrempelt und schwuppdiwupp - Oma wäre zufrieden gewesen.
Am Ende gab es Bewährung und er durfte gehen - ob nun ins Schwimmbad oder nicht, kann ich nicht sagen.
Eigentlich geht es den Verteidiger ja nichts an, wie sich der Mandant kleidet, aber diesmal ging es mich was an, denn das ging ja nun so gar nicht, immerhin kämpften wir um die Bewährung, an der er haarscharf dran vorbei zu schliddern drohte. In einer solchen Situation muss man nicht auch noch durch völlig unangemessene Kleidung auffallen.
Seit Jahren pflege ich zu meinen jugendlichen Mandanten zu sagen, sie sollen sich für die Verhandlung so anziehen als gingen sie zum Geburtstag ihrer Oma, der sie eine Freude machen wollen. Das klappt in mindestens 90 % der Fälle, hat noch nie geschadet und demaskieren kann man sich ja im Anschluss an die Verhandlung notfalls noch im Gericht auf dem stillen Örtchen. Die Oma dieses Angeklagten hätte ihrem Enkel wahrscheinlich die Ohren langgezogen. Als Verteidiger darf man das nicht, aber man kann Ohren auch verbal langziehen.
Der Begleiter des nach meiner Ansprache langohrigen Mandanten war im Besitz einer Jacke, die er ihm ausborgte, die Kappe wurde entfernt, die Hose gen Süden gekrempelt und schwuppdiwupp - Oma wäre zufrieden gewesen.
Am Ende gab es Bewährung und er durfte gehen - ob nun ins Schwimmbad oder nicht, kann ich nicht sagen.
Dienstag, 27. Mai 2014
Der Verteidiger macht´s nicht mit Links
Gestern verschlug es mich in einer unspektakulären Ordnungswidrigkeitssache ans Amtsgericht N.. Termin stand für 14.30 Uhr an. Um 14.15 Uhr war ich vor Ort und tat das, was ich immer tue, wenn ich den Richter nicht kenne: ich setze mich in den Zuschauerraum und sehe mir an, wie der Spruchkörper so agiert.
Der gestrige Spruchkörper war weiblich und jung und wirkte ein wenig angenervt vom Verteidiger, der - es ging um eine Geschwindigkeitsübertretung - sie zu überzeugen versuchte, dass die Messung nicht fehlerfrei gewesen sein könne, weil der Messbeamte beim Aufbau Fehler gemacht habe. Die Richterin hielt die Ohren steif, derweil sich die des Betroffenen langsam rot verfärbten. Der Verteidiger sagte, er stelle seine Behauptungen unter Beweis durch ein Sachverständigengutachten, woraufhin die Richterin meinte: "Dann gebe ich Ihnen jetzt Gelegenheit, Ihren Antrag schriftlich zu formulieren."
Das macht man normalerweise als Verteidiger auch so, obwohl man seine Anträge auch zu Protokoll diktieren kann. Problem hier war allerdings, dass der Verteidiger seinen rechten Arm bis zum Ellbogen in einer Gipsschiene stecken hatte und er Rechtshänder war. Als der Verteidiger daraufhin meinte, er könne mit der linken Hand nicht schreiben, entgegnete die Richterin, es müsse ja nicht schön aussehen. Nun ja, schön sind die Handschriften der meisten Rechtsanwälte schon nicht, wenn diese mit der rechten Hand schreiben.
Vor meinem geistigen Auge sah ich die Zeit (inzwischen war es 14.30 Uhr vorbei) verrinnen bis es dem Kollegen gelingen würde, mit Links einen halbwegs lesbaren Antrag zurecht zu schustern, mal ganz davon abgesehen, dass ich es nicht wirklich nett fand, ihn hierauf zu verweisen und so bot ich ihm an, ich könne den Antrag ja rasch für ihn schreiben. Der Kollege war erfreut und dann passierte etwas, was eigentlich immer passiert, wenn zwei Anwälte zusammenglucken und einen Antrag formulieren: eine gute Idee jagt die nächste, so wie vier Augen eben mehr sehen als zwei.
Nach 10 Minuten waren wir fertig. Leider dauerte es danach weitere 35 Minuten bis die Richterin über den Antrag befunden hatte. Sie hat ihm stattgegeben und nun geht es für den Betroffenen in die nächste Runde mit einem Sachverständigengutachten. Für meine Mandantin, die ich danach verteidigt habe, blieb es bei einem Termin. Das Verfahren gegen sie wurde eingestellt.
Der gestrige Spruchkörper war weiblich und jung und wirkte ein wenig angenervt vom Verteidiger, der - es ging um eine Geschwindigkeitsübertretung - sie zu überzeugen versuchte, dass die Messung nicht fehlerfrei gewesen sein könne, weil der Messbeamte beim Aufbau Fehler gemacht habe. Die Richterin hielt die Ohren steif, derweil sich die des Betroffenen langsam rot verfärbten. Der Verteidiger sagte, er stelle seine Behauptungen unter Beweis durch ein Sachverständigengutachten, woraufhin die Richterin meinte: "Dann gebe ich Ihnen jetzt Gelegenheit, Ihren Antrag schriftlich zu formulieren."
Das macht man normalerweise als Verteidiger auch so, obwohl man seine Anträge auch zu Protokoll diktieren kann. Problem hier war allerdings, dass der Verteidiger seinen rechten Arm bis zum Ellbogen in einer Gipsschiene stecken hatte und er Rechtshänder war. Als der Verteidiger daraufhin meinte, er könne mit der linken Hand nicht schreiben, entgegnete die Richterin, es müsse ja nicht schön aussehen. Nun ja, schön sind die Handschriften der meisten Rechtsanwälte schon nicht, wenn diese mit der rechten Hand schreiben.
Vor meinem geistigen Auge sah ich die Zeit (inzwischen war es 14.30 Uhr vorbei) verrinnen bis es dem Kollegen gelingen würde, mit Links einen halbwegs lesbaren Antrag zurecht zu schustern, mal ganz davon abgesehen, dass ich es nicht wirklich nett fand, ihn hierauf zu verweisen und so bot ich ihm an, ich könne den Antrag ja rasch für ihn schreiben. Der Kollege war erfreut und dann passierte etwas, was eigentlich immer passiert, wenn zwei Anwälte zusammenglucken und einen Antrag formulieren: eine gute Idee jagt die nächste, so wie vier Augen eben mehr sehen als zwei.
Nach 10 Minuten waren wir fertig. Leider dauerte es danach weitere 35 Minuten bis die Richterin über den Antrag befunden hatte. Sie hat ihm stattgegeben und nun geht es für den Betroffenen in die nächste Runde mit einem Sachverständigengutachten. Für meine Mandantin, die ich danach verteidigt habe, blieb es bei einem Termin. Das Verfahren gegen sie wurde eingestellt.
Mittwoch, 21. Mai 2014
Blitzpulk - Gerichtssprache ist deutsch
Die Gerichtssprache ist deutsch. So steht das im Gesetz.
Tatsächlich ist das oft nicht so. Die deutsche Sprache wird mehr und mehr von Anglizismen durchsetzt.
Im Verfahren Aktionsbüro Mittelrhein bekundete ein Zeuge von "Flashmobs". Nachdem ein Verteidiger, dem der Begriff nicht geläufig war, darum bat, der Zeuge möge angehalten werden, deutsch zu sprechen, stellte sich rasch heraus, dass es gar nicht so einfach ist, den Begriff "Flashmob" einzudeutschen.
Einen Versuch war es dennoch wert und so schlug ein weiterer Kollege "Blitzpulk" vor. Ich habe Zweifel, ob der Begriff demnächst zum allgemeinen Sprachgebrauch zählen wird, aber einen Versuch ist es wert.
Probieren Sie mal aus: Blitzpulk bleibt Blitzpulk und Pultdach bleibt Pultdach. Und das Ganze nun fünfmal schnell hintereinander.
Tatsächlich ist das oft nicht so. Die deutsche Sprache wird mehr und mehr von Anglizismen durchsetzt.
Im Verfahren Aktionsbüro Mittelrhein bekundete ein Zeuge von "Flashmobs". Nachdem ein Verteidiger, dem der Begriff nicht geläufig war, darum bat, der Zeuge möge angehalten werden, deutsch zu sprechen, stellte sich rasch heraus, dass es gar nicht so einfach ist, den Begriff "Flashmob" einzudeutschen.
Einen Versuch war es dennoch wert und so schlug ein weiterer Kollege "Blitzpulk" vor. Ich habe Zweifel, ob der Begriff demnächst zum allgemeinen Sprachgebrauch zählen wird, aber einen Versuch ist es wert.
Probieren Sie mal aus: Blitzpulk bleibt Blitzpulk und Pultdach bleibt Pultdach. Und das Ganze nun fünfmal schnell hintereinander.
Dienstag, 20. Mai 2014
Junger Jäger, alter Jäger - TKÜ Lebensweisheiten
Das Anhören von aufgezeichneten Telefonaten im Rahmen von umfangreichen Strafprozessen gehört zu den eher langweiligen Beweiserhebungen. Man erfährt in der Regel sehr viel über eher unwichtige Dinge, die zum Teil keine Relevanz für das Verfahren haben.
Manchmal kann man aus TKÜ-Maßnahmen Lebensweisheiten abzwacken, die man so noch nicht gehört hatte.
Aktuelles Beispiel:
"Der junge Jäger zieht mit einer riesigen Keule bewaffnet in den Wald und kommt mit einem Hasen zurück. Der alte Jäger bindet eine Ziege an einen Baum, klettert auf einen anderen Baum und schießt von dort aus den Bären, der die Ziege fressen will."
Danach hat man wieder Kraft für gefühlte weitere 1000 Telefonate.
Manchmal kann man aus TKÜ-Maßnahmen Lebensweisheiten abzwacken, die man so noch nicht gehört hatte.
Aktuelles Beispiel:
"Der junge Jäger zieht mit einer riesigen Keule bewaffnet in den Wald und kommt mit einem Hasen zurück. Der alte Jäger bindet eine Ziege an einen Baum, klettert auf einen anderen Baum und schießt von dort aus den Bären, der die Ziege fressen will."
Danach hat man wieder Kraft für gefühlte weitere 1000 Telefonate.
Donnerstag, 15. Mai 2014
Zeugentypen. Heute: Frau Lehrerin
Mein Verhältnis zu Lehrern während meiner Schulzeit war häufig von Spannungen geprägt. Kaum war die Grundschule vorbei und mit ihr die Zeit der lieben Klassenlehrerin, begann er, der nahezu tägliche Kleinkrieg mit dem Lehrkörper. Wo heute Mediationsgespräche geführt werden, gab es damals Klassenbucheinträge und Ausschluss vom Unterricht. Man musste vor der Klassentür stehen, wenn man nicht brav war und die Türklinke gedrückt halten, damit die Lehrkraft sehen konnte, dass man auch wirklich vor der Tür stand und sich nicht etwa in den Tischtennisraum oder zum Rauchen aufs Klo verabschiedet hatte. Das war sicher wenig pädagogisch wertvoll, aber man nahm es sportlich, hängte seinen Turnbeutel an die Türklinke, fixierte die Tür gegen Aufgehen mit einem Stuhl und ging seiner Wege. Rasch hatte man raus, dass man nach so einer Stunde vor der Klassentüre in der nächsten Stunde über den Inhalt der vorangegangenen Stunde mündlich geprüft wurde, weshalb man zum Ärger des Lehrkörpers ganz besonders gut anhand der Mitschriften Derjenigen vorbereitet war, mit denen man sich des Öfteren die Klinke in die Hand gab.
Der Zeugentyp der Frau Lehrerin ist konservativ gekleidet und neigt zu hektischen roten Flecken. Zunächst bekundet Frau Lehrerin ganz im Sinne der StPO, nämlich im Zusammenhang. Die Schilderung ist lebendig und man kann die Abläufe vor seinem inneren Auge nachvollziehen. Die Richterbank nickt wohlwollend. Es ist ein bisschen so wie in der Schule, wenn´s gut läuft beim Frontalunterricht. Frau Lehrerin ist zufrieden mit sich.
Genauso wie in der Schule ist die gute Stimmung vorbei wenn Nachfragen gestellt werden, die als unangenehm empfunden und teils mit Kopfschütteln und Augenrollen bedacht werden. Hier offenbart sich dann, dass der selbstbewusste Vortrag weniger auf tatsächlich Erlebtem als vielmehr auf Schlussfolgerungen fußt. Das, was nicht selbst erlebt wurde, wird ersetzt durch Dasjenige, was entweder logisch oder wünschenswert erscheint. Die Aussage verliert an Bedeutung. Die Empörung ist spürbar. Frau Lehrerin fühlt sich gegängelt und man sieht ihr an, dass sie lieber ohne Verteidiger verhandeln würde. Ich sehe mich schon vor der Tür stehen und überlegen, womit ich wohl den Turnbeutel ersetzen könnte.
Der Zeugentyp der Frau Lehrerin ist konservativ gekleidet und neigt zu hektischen roten Flecken. Zunächst bekundet Frau Lehrerin ganz im Sinne der StPO, nämlich im Zusammenhang. Die Schilderung ist lebendig und man kann die Abläufe vor seinem inneren Auge nachvollziehen. Die Richterbank nickt wohlwollend. Es ist ein bisschen so wie in der Schule, wenn´s gut läuft beim Frontalunterricht. Frau Lehrerin ist zufrieden mit sich.
Genauso wie in der Schule ist die gute Stimmung vorbei wenn Nachfragen gestellt werden, die als unangenehm empfunden und teils mit Kopfschütteln und Augenrollen bedacht werden. Hier offenbart sich dann, dass der selbstbewusste Vortrag weniger auf tatsächlich Erlebtem als vielmehr auf Schlussfolgerungen fußt. Das, was nicht selbst erlebt wurde, wird ersetzt durch Dasjenige, was entweder logisch oder wünschenswert erscheint. Die Aussage verliert an Bedeutung. Die Empörung ist spürbar. Frau Lehrerin fühlt sich gegängelt und man sieht ihr an, dass sie lieber ohne Verteidiger verhandeln würde. Ich sehe mich schon vor der Tür stehen und überlegen, womit ich wohl den Turnbeutel ersetzen könnte.
Montag, 10. Februar 2014
Wir überprüfen Sprichwörter. Heute: Nicht die erste Instanz muss gewonnen werden, sondern die letzte
Ich habe keine Ahnung, wer Urheber dieses Sprichworts ist, das Anwälte gerne an ihre Mandanten nach verlorener Instanz weitergeben, zusammen mit der Empfehlung, ins Rechtsmittel zu gehen.
In einem juristisch denkbar einfachen Fall dachte ich anfangs, dass es nicht viel bedarf, um dem Amtsrichter beim AG M. klar zu machen, dass die Staatsanwaltschaft mit ihrer Anklage wegen Nötigung schwer auf dem juristischen Holzweg ist. Ich wurde eines Besseren belehrt und mein Mandant verurteilt.
Ich legte Berufung ein und beruhigte den Mandanten damit, dass beim Landgericht W. sicher ein Berufungsrichter sitzt, der imstande ist, einen unstreitigen Sachverhalt unter eine Norm zu subsumieren, die jeder Jurastudent spätestens im 3. Semester beherrscht. Da mir die Erinnerung an die Vorinstanz noch sehr präsent und das 3. Semester der Berufungsrichterin noch länger her war als meines, ging ich in meinem Plädoyer haarklein auf jedes einzelne Tatbestandsmerkmal ein. Im Grunde hätte die Frau Vorsitzende nur mitschreiben müssen um zu einem richtigen, freisprechenden Urteil zu gelangen. Sie schrieb nicht mit und - zack - verwarf die Berufung.
Mein Mandant und ich verstanden die Welt nicht mehr. Der Fall war klar, als Ergebnis konnte nur ein Freispruch rauskommen, nur weigerten sich Amts- und Landgericht, dies einzusehen.
Ich legte Revision ein. Das ging rasch, denn ich musste nur das, worauf ich in beiden Vorinstanzen vergeblich hingewiesen hatte, zu Papier bringen und hoffen, dass die Richter des Senats beim OLG D. den Stoff aus dem 3. Semester noch präsent hatten.
Sie hatten. Das Urteil des Landgerichts wurde nicht nur aufgehoben und die Sache zurückverwiesen, sondern das OLG entschied durch und sprach meinen Mandanten frei. Besonders erfreulich fand ich die "Ohrfeige", die das OLG den beiden Vorinstanzen verpasste: "Die Feststellungen ergeben ZWEIFELSFREI, dass der Angeklagte sich nicht strafbar gemacht hat." Mein Reden.
Ergebnis: das Sprichwort stimmt.
In einem juristisch denkbar einfachen Fall dachte ich anfangs, dass es nicht viel bedarf, um dem Amtsrichter beim AG M. klar zu machen, dass die Staatsanwaltschaft mit ihrer Anklage wegen Nötigung schwer auf dem juristischen Holzweg ist. Ich wurde eines Besseren belehrt und mein Mandant verurteilt.
Ich legte Berufung ein und beruhigte den Mandanten damit, dass beim Landgericht W. sicher ein Berufungsrichter sitzt, der imstande ist, einen unstreitigen Sachverhalt unter eine Norm zu subsumieren, die jeder Jurastudent spätestens im 3. Semester beherrscht. Da mir die Erinnerung an die Vorinstanz noch sehr präsent und das 3. Semester der Berufungsrichterin noch länger her war als meines, ging ich in meinem Plädoyer haarklein auf jedes einzelne Tatbestandsmerkmal ein. Im Grunde hätte die Frau Vorsitzende nur mitschreiben müssen um zu einem richtigen, freisprechenden Urteil zu gelangen. Sie schrieb nicht mit und - zack - verwarf die Berufung.
Mein Mandant und ich verstanden die Welt nicht mehr. Der Fall war klar, als Ergebnis konnte nur ein Freispruch rauskommen, nur weigerten sich Amts- und Landgericht, dies einzusehen.
Ich legte Revision ein. Das ging rasch, denn ich musste nur das, worauf ich in beiden Vorinstanzen vergeblich hingewiesen hatte, zu Papier bringen und hoffen, dass die Richter des Senats beim OLG D. den Stoff aus dem 3. Semester noch präsent hatten.
Sie hatten. Das Urteil des Landgerichts wurde nicht nur aufgehoben und die Sache zurückverwiesen, sondern das OLG entschied durch und sprach meinen Mandanten frei. Besonders erfreulich fand ich die "Ohrfeige", die das OLG den beiden Vorinstanzen verpasste: "Die Feststellungen ergeben ZWEIFELSFREI, dass der Angeklagte sich nicht strafbar gemacht hat." Mein Reden.
Ergebnis: das Sprichwort stimmt.
Donnerstag, 6. Februar 2014
Wir überprüfen Sprichwörter. Heute: Der Teufel ist ein Eichhörnchen
Manche Männer haben eine gewisse Affinität zu fahrbaren Untersätzen und leben diese auch dann aus, wenn sie entweder nicht im Besitz einer entsprechenden Fahrerlaubnis sind oder der fahrbare Untersatz schon längere Zeit keinen Versicherungsschutz mehr hat.
Mein heranwachsender Mandant hatte ein Moped geschenkt bekommen, das seit mehr als 10 Jahren abgemeldet war und hatte dieses fahrbereit gemacht, was angesichts der Tatsache, dass der Hobel schon sehr ramponiert war, gar nicht so einfach gewesen sein dürfte. Um den Erfolg seiner Reparaturmaßnahme zu prüfen, hatte er eine Runde über einen Acker der ländlichen Gegend, aus der er stammt, gedreht. Aus einem später nicht mehr nachvollziehbaren Grund war er auf eine wenig befahrene Kreisstraße geraten, auf der just in diesem Augenblick ein Streifenwagen unterwegs war. Was dann im Rahmen einer allgemeinen Verkehrskontrolle folgte, dürfte klar sein.
Das Sprichwort stimmt also: der Teufel IST ein Eichhörnchen, da nützt auch die Tarnung als "Streifenhörnchen" nichts.
Das Ende vom Lied gestaltete sich übrigens moderat. Die Jugendrichterin beim Amtsgericht D. verhängte eine moderate Geldstrafe gegen meinen Mandanten und folgte meiner Argumentation, wonach es überzogen sei, ein Fahrverbot zu verhängen, zumal mein Mandant seinen "Lappen" dringend für andere fahrbare Untersätze benötigt.
Mein heranwachsender Mandant hatte ein Moped geschenkt bekommen, das seit mehr als 10 Jahren abgemeldet war und hatte dieses fahrbereit gemacht, was angesichts der Tatsache, dass der Hobel schon sehr ramponiert war, gar nicht so einfach gewesen sein dürfte. Um den Erfolg seiner Reparaturmaßnahme zu prüfen, hatte er eine Runde über einen Acker der ländlichen Gegend, aus der er stammt, gedreht. Aus einem später nicht mehr nachvollziehbaren Grund war er auf eine wenig befahrene Kreisstraße geraten, auf der just in diesem Augenblick ein Streifenwagen unterwegs war. Was dann im Rahmen einer allgemeinen Verkehrskontrolle folgte, dürfte klar sein.
Das Sprichwort stimmt also: der Teufel IST ein Eichhörnchen, da nützt auch die Tarnung als "Streifenhörnchen" nichts.
Das Ende vom Lied gestaltete sich übrigens moderat. Die Jugendrichterin beim Amtsgericht D. verhängte eine moderate Geldstrafe gegen meinen Mandanten und folgte meiner Argumentation, wonach es überzogen sei, ein Fahrverbot zu verhängen, zumal mein Mandant seinen "Lappen" dringend für andere fahrbare Untersätze benötigt.
Freitag, 31. Januar 2014
Aktionsbüro Mittelrhein: von Stinkbomben und Stunkmachern
Gestern stank es wieder sprichwörtlich bis zum Himmel im Schwurgerichtssaal des Landgerichts Koblenz. Eine Stinkbombe, die offenbar im Eingangsbereich des Saales abgeworfen worden war, sorgte dafür, dass der Prozess bereits am Mittag beendet war. Wie bereits im vergangenen Jahr rückte die Feuerwehr an und die Prozessbeteiligten aus.
Die Koblenzer Rhein-Zeitung beleuchtet in ihrer heutigen Ausgabe die Kosten, die dieser Prozess verursacht. Der Vollständigkeit hätte man erwähnen können, dass auch andere Großverfahren wie beispielsweise die Al Qaida Prozesse, die vor dem Koblenzer Oberlandesgericht verhandelt wurden, sicher keine "Schnäppchen" für den Steuerzahler waren, aber sei´s drum.
Die Angeklagten, wie der Artikel zutreffend meinen Kollegen Udo Vetter zitiert, sind quasi heute schon insolvent.
Was die Aussicht auf Arbeit angeht, ist diese in etwa vergleichbar mit der einer zugewanderten Nichtfachkraft. Einem potentiellen Arbeitgeber damit aufzuwarten, dass man maximal an 3 Tagen pro Woche arbeiten kommen könnte, da man von Dienstag bis Donnerstag bei Gericht sitzt, braucht Mut - und Humor auf Arbeitgeberseite. Nicht erstaunlich also, dass die Angeklagten hauptberuflich Angeklagte sind und es fürs Erste auch bleiben werden.
Was die Darstellung der heimischen Presse zu den Verhandlungszeiten und Pausen angeht, erreicht der Artikel bedauerlicherweise einen tendenziösen Tiefpunkt. Kommentiert werden zwei 15-minütige Pausen, die während der Dauer der Inhaftierung der letzten 7 Angeklagten am Vor- und Nachmittag eingelegt worden waren, damit, dass diese notwendig seien, damit der "Ex-Chef des Aktionsbüro Mittelrhein" sich "sammeln und eine Kleinigkeit essen" könne. Beim Lesen dieser Passage sieht man den geneigten Leser vor seinem geistigen Auge, wie er den Kopf schüttelt. Snackpausen für den Boss zwecks Joghurtlöffeln und innerer Einkehr, derweil die Kosten weiterlaufen?! Ein Unding, denkt der geneigte Leser. Wirklich ein Unding? Nein, denn was er nicht weiß, ist, dass die Verteidiger der bis vor Kurzem Inhaftierten monatelang einen zähen und ergebnislosen Kampf mit Gericht und JVA ob der Frage führten, wie es zu bewerkstelligen sei, dass ihren Mandanten ein warmes Mittagessen serviert werden könne. Der Angeklagte, den die Rhein-Zeitung salopp als den "Ex-Chef" be - und weichzeichnet, hatte infolge dieser Übung gesundheitliche Probleme bekommen, so dass die eingelegten Pausen ärztlich empfohlen worden waren. Für das Gericht stellte es eine Selbstverständlichkeit dar, dieser Empfehlung nachzukommen und das ist auch richtig so gewesen. Plumpe Stimmungsmache ist hier fehl am Platz.
Ich löffle nun übrigens einen Joghurt und sammle mich ein wenig, bevor ich in 15 Minuten weiterarbeite.
Die Koblenzer Rhein-Zeitung beleuchtet in ihrer heutigen Ausgabe die Kosten, die dieser Prozess verursacht. Der Vollständigkeit hätte man erwähnen können, dass auch andere Großverfahren wie beispielsweise die Al Qaida Prozesse, die vor dem Koblenzer Oberlandesgericht verhandelt wurden, sicher keine "Schnäppchen" für den Steuerzahler waren, aber sei´s drum.
Die Angeklagten, wie der Artikel zutreffend meinen Kollegen Udo Vetter zitiert, sind quasi heute schon insolvent.
Was die Aussicht auf Arbeit angeht, ist diese in etwa vergleichbar mit der einer zugewanderten Nichtfachkraft. Einem potentiellen Arbeitgeber damit aufzuwarten, dass man maximal an 3 Tagen pro Woche arbeiten kommen könnte, da man von Dienstag bis Donnerstag bei Gericht sitzt, braucht Mut - und Humor auf Arbeitgeberseite. Nicht erstaunlich also, dass die Angeklagten hauptberuflich Angeklagte sind und es fürs Erste auch bleiben werden.
Was die Darstellung der heimischen Presse zu den Verhandlungszeiten und Pausen angeht, erreicht der Artikel bedauerlicherweise einen tendenziösen Tiefpunkt. Kommentiert werden zwei 15-minütige Pausen, die während der Dauer der Inhaftierung der letzten 7 Angeklagten am Vor- und Nachmittag eingelegt worden waren, damit, dass diese notwendig seien, damit der "Ex-Chef des Aktionsbüro Mittelrhein" sich "sammeln und eine Kleinigkeit essen" könne. Beim Lesen dieser Passage sieht man den geneigten Leser vor seinem geistigen Auge, wie er den Kopf schüttelt. Snackpausen für den Boss zwecks Joghurtlöffeln und innerer Einkehr, derweil die Kosten weiterlaufen?! Ein Unding, denkt der geneigte Leser. Wirklich ein Unding? Nein, denn was er nicht weiß, ist, dass die Verteidiger der bis vor Kurzem Inhaftierten monatelang einen zähen und ergebnislosen Kampf mit Gericht und JVA ob der Frage führten, wie es zu bewerkstelligen sei, dass ihren Mandanten ein warmes Mittagessen serviert werden könne. Der Angeklagte, den die Rhein-Zeitung salopp als den "Ex-Chef" be - und weichzeichnet, hatte infolge dieser Übung gesundheitliche Probleme bekommen, so dass die eingelegten Pausen ärztlich empfohlen worden waren. Für das Gericht stellte es eine Selbstverständlichkeit dar, dieser Empfehlung nachzukommen und das ist auch richtig so gewesen. Plumpe Stimmungsmache ist hier fehl am Platz.
Ich löffle nun übrigens einen Joghurt und sammle mich ein wenig, bevor ich in 15 Minuten weiterarbeite.
Dienstag, 7. Januar 2014
Aktionsbüro Mittelrhein: Freiheit für die letzten 7
Das neue Jahr beginnt für die 7 noch Inhaftierten Angeklagten aus dem ABM-Prozess mit einer guten Nachricht: nach 22 Monaten wurde die Untersuchungshaft beendet. Die 7 werden heute auf freien Fuß gesetzt und werden zur Hauptverhandlung, die am 28.01.2014 fortgesetzt wird, erstmals selbst anreisen.
22 Monate Untersuchungshaft sind selbst gemessen am Umfang dieses Verfahrens eine lange Zeit, in der nicht nur für die Inhaftierten viel passiert ist. Die Schattenwirkungen der Untersuchungshaft sind vielgestaltig. Sie reichen vom Verlust der Arbeit oder Ausbildung bis hin zu familiären und sozialen Belastungen, die man als "freier Mann" nur erahnen kann.
Mitbestrafte jeder Untersuchungshaft sind die Familien der Betroffenen, vor allem die Kinder, die eine Zeitlang ohne ein Elternteil auskommen müssen.
Ich erinnere mich an ein Gespräch mit der Ehefrau eines Mandanten, der "nur" 2 Monate in Untersuchungshaft saß. Das 2-jährige Kind, so die Ehefrau ganz zu Beginn der Untersuchungshaft, bekomme noch nicht wirklich mit, dass der Vater nicht mehr da sei. Als ich ein paar Wochen später mit ihr sprach, hatte sie ihren kleinen Sohn dabei, dessen Verhalten sie Lügen strafte: das Kind spielte mit einer Puppe, die es "Papa" nannte. Am Ende der Besprechung fragte mich der Kleine traurig: "Kommt der richtige Papa heute heim?" Ich musste ihn vertrösten, wenn auch nicht für lange, aber seither weiß ich, dass ein Kind nicht zu klein ist, einen Verlust zu realisieren.
22 Monate Untersuchungshaft sind selbst gemessen am Umfang dieses Verfahrens eine lange Zeit, in der nicht nur für die Inhaftierten viel passiert ist. Die Schattenwirkungen der Untersuchungshaft sind vielgestaltig. Sie reichen vom Verlust der Arbeit oder Ausbildung bis hin zu familiären und sozialen Belastungen, die man als "freier Mann" nur erahnen kann.
Mitbestrafte jeder Untersuchungshaft sind die Familien der Betroffenen, vor allem die Kinder, die eine Zeitlang ohne ein Elternteil auskommen müssen.
Ich erinnere mich an ein Gespräch mit der Ehefrau eines Mandanten, der "nur" 2 Monate in Untersuchungshaft saß. Das 2-jährige Kind, so die Ehefrau ganz zu Beginn der Untersuchungshaft, bekomme noch nicht wirklich mit, dass der Vater nicht mehr da sei. Als ich ein paar Wochen später mit ihr sprach, hatte sie ihren kleinen Sohn dabei, dessen Verhalten sie Lügen strafte: das Kind spielte mit einer Puppe, die es "Papa" nannte. Am Ende der Besprechung fragte mich der Kleine traurig: "Kommt der richtige Papa heute heim?" Ich musste ihn vertrösten, wenn auch nicht für lange, aber seither weiß ich, dass ein Kind nicht zu klein ist, einen Verlust zu realisieren.
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