Freitag, 27. Juni 2014

Fachanwaltsrobe - und was ist mit den Richtern?

Der Trend soll zur Fachanwaltsrobe gehen. Meint jedenfalls die Gewandmeisterei, die sie vermarktet. Bitte nehmen Sie sich die Zeit und schauen sich das Video auf der Seite an. Es ist einfach zu schön. Da gratuliert der Richter den Rechtsanwälten zum abgeschlossenen Vergleich und lobt den Aufnäher, den beide auf der Robe tragen und der sie als Fachanwalt ausweist. Die beiden Rechtsanwälte finden den Aufnäher auch ganz toll.

Mir käme so ein Ding jedenfalls nicht auf den Zaubermantel. Für mich sieht das einfach vollkommen unchic aus, obwohl ich zugeben muss, schon das ein oder andere Mal damit geliebäugelt zu haben, meine Robe ein wenig aufzuhübschen. Eine schicke Brokatkante etwa entlang des Satins, ein Aufnäher mit "in dubio pro reo", oder - für den anglophilen Strafverteidiger - "troublemaker" auf dem Rücken oder - und damit kommen wir zu meinem Favoriten - einer mit regionalem Bezug (das Deutsche Eck mitsamt Kaiser auf der Brust und jeder auswärtige Kollege und Richter weiß sofort, dass man sozusagen aus einer Justizhauptstadt kommt). Und glauben Sie mir, ich würde das richtig chic hinkriegen. Sollte unter den Lesern zufällig eine Gewandmeisterei sein, die noch einen Ideengeber braucht, stehe ich zur Verfügung.

Ich bin mal gespannt, wann die Richterrobe mit Zusatzbezeichnung angeboten wird. Aufnäher mit "Vorsitzender", "Beisitzer", "Richter auf Probe" wären auch da erst der reichlich unkreative Anfang der Fahnenstange. Nun weiß ich ja nicht, worauf Richter so Wert legen wenn es um ihr Robenoutufit geht, aber ich könnte mir vorstellen, dass der ein oder andere Vorsitzende Gefallen daran finden würde, wenn der samtene Besatz zusätzlich bestickt wäre mit Sprüchen wie "Die Entscheidung des Vorsitzenden wird bestätigt", "Glaubhaftigkeitsbeurteilung ist ureigene Tatrichteraufgabe" oder anderen gerne genutzten Aussprüchen. Eine mir bekannte Familienrichterin verweist im Zusammenhang mit Ehescheidungen bei Klagen des einen Ehepartner über den anderen gerne darauf, dass er bzw. sie sich den Partner schließlich selbst ausgesucht habe. Ihr würde eine Robe mit der Aufschrift: "Auswahlverschulden, alles Auswahlverschulden!" gut stehen.
 

Donnerstag, 26. Juni 2014

Der Angeklagte auf dem Weg ins Schwimmbad

So sah er zumindest aus, mein jugendlicher Mandant, als er bei Gericht auftauchte. Bei durchaus schattigen 15 Grad trug er ein Unterhemd, das den Blick auf eine schmale Brust freigab, begleitet von einer bis zu den Knien hochgekrempelten Jeans, deren oberes Ende sich irgendwo zwischen Steißbein und Kniekehle befand. Immerhin vermochte das Unterhemd den Blick auf das bei diesem Look unweigerliche "Maurerdekolleté" zu verbergen. Seinen Kopf schmückte eine auf "zu klein" gestellte Kappe, die ihn satte 5 Zentimeter größer machte bzw. seinen Kopf 5 Zentimeter länger erscheinen ließ, was die Proportionen insgesamt nicht begünstigte und deren Schirm nach hinten zeigte, was angesichts des bewölkten Himmels immerhin folgerichtig war.

Eigentlich geht es den Verteidiger ja nichts an, wie sich der Mandant kleidet, aber diesmal ging es mich was an, denn das ging ja nun so gar nicht, immerhin kämpften wir um die Bewährung, an der er haarscharf dran vorbei zu schliddern drohte. In einer solchen Situation muss man nicht auch noch durch völlig unangemessene Kleidung auffallen.

Seit Jahren pflege ich zu meinen jugendlichen Mandanten zu sagen, sie sollen sich für die Verhandlung so anziehen als gingen sie zum Geburtstag ihrer Oma, der sie eine Freude machen wollen. Das klappt in mindestens 90 % der Fälle, hat noch nie geschadet und demaskieren kann man sich ja im Anschluss an die Verhandlung notfalls noch im Gericht auf dem stillen Örtchen. Die Oma dieses Angeklagten hätte ihrem Enkel wahrscheinlich die Ohren langgezogen. Als Verteidiger darf man das nicht, aber man kann Ohren auch verbal langziehen.

Der Begleiter des nach meiner Ansprache langohrigen Mandanten war im Besitz einer Jacke, die er ihm ausborgte, die Kappe wurde entfernt, die Hose gen Süden gekrempelt und schwuppdiwupp - Oma wäre zufrieden gewesen.

Am Ende gab es Bewährung und er durfte gehen - ob nun ins Schwimmbad oder nicht, kann ich nicht sagen.