Donnerstag, 26. März 2015

Die beleidigte Staatsanwältin

Nicht ohne ein Grinsen im Gesicht lese ich, dass ein Kollege 3.000 Euro Geldstrafe (30 Tagessätze à 100 €) zahlen muss für eine Äußerung gegenüber einer Staatsanwältin. Die hatte ein Verfahren wegen Fahrerflucht, die der Kollege angezeigt hatte, eingestellt. Hierüber echauffierte sich der Kollege mit den Worten, die Staatsanwältin sei eine Schmalspurjuristin, die nicht in der Lage sei, auf der Klaviatur des Rechts auch nur "Hänschen klein" zu spielen.

Laut LTO soll der Kollege es abgelehnt haben, sich bei der Staatsanwältin zu entschuldigen und eine Geldbuße (deren Höhe nicht mitgeteilt wurde) zu zahlen. Ich nehme an, dass eine Einstellung nach § 153a StPO angeboten worden war.

Das erinnert mich an ein Verfahren gegen einen Berufskollegen vor vielen Jahren, in dem ich verteidigt habe. Es ging um eine angebliche Ehrverletzung zu Lasten eines Polizisten und auch diesem Kollegen war angeboten worden, das Verfahren einzustellen. Ohne Geldbuße zwar, dafür aber gegen Entschuldigung. Mein Kollege hatte es seinerzeit abgelehnt, zum Einen aus rechtlichen Erwägungen, zum Anderen aus tatsächlichen Gründen, wobei die tatsächlichen Gründe darin lagen, dass er nicht die geringste Lust verspürte, eine Woche lang Kantinengespräch im Polizeipräsidium zu

Mittwoch, 4. März 2015

Wir überprüfen Sprichwörter. Heute am Fall Edathy: Pecunia non olet

Die Herrn Edathy angebotene Geldauflage, nach deren Erfüllung das gegen ihn gerichtete Verfahren endgültig eingestellt werden wird (bis zur Erfüllung handelt es sich um eine vorläufige Einstellung) sollte dem Kinderschutzbund zukommen. Der aber will das Geld nicht haben unter Hinweis auf einen "moralischen Widerspruch".

Anlass also, das Vespasian zugedachte Zitat (http://de.m.wikipedia.org/wiki/Pecunia_non_olet) zu überprüfen.

Mit den Geldauflagen, die die Gerichte Beschuldigten oder Angeklagten anbieten, verhält es sich so: bei jedem Gericht existieren Listen mit Vereinen, die einen gemeinnützigen Zweck verfolgen und sich in der Regel über Geld freuen.
Stellt nun ein Richter ein Verfahren gegen Auflage ein, entscheidet er auch, ob das Geld der Staatskasse zufließt oder einem der Vereine, die auf der Liste stehen. Nicht wenige Richter versuchen, wählen sie einen Verein, einen Empfänger auszusuchen, der "passt". Wird beispielsweise eine zu Lasten einer Frau begangene Körperverletzung eingestellt, fließt die Auflage gerne mal an den Weißen Ring, bei Vergehen gegen das Tierschutzgesetz an den Tierschutzbund etc..

Das Geld von Herrn Edathy aber ist, jedenfalls nach Auffassung des Kinderschutzbundes, bemakelt. Es stinkt. Ob nach Urin wie bei Vespasian, anderen Körperflüssigkeiten, altem Fisch oder Knoblauch lassen wir dahinstehen, obwohl gerade im Fall Edathy sich weitere Sprichwörterüberprüfungen geradezu aufdrängen würden (Sie wissen schon, der Fisch, der am Kopf zu stinken beginnt u.ä.).
Angesichts von gut 957.000 € Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden, Bußgeldern (auch der hier in Rede stehenden Auflagen) und Erbschaften alleine in 2013, so der Jahresbericht das Kinderschutzbundes, sind 5000 € freilich nicht der Rede wert.

Eine therapeutische Puppe kostet im Schnitt 50 €, das macht 100 Puppen, die man von dem Geld hätte anschaffen können - theoretisch. 100 mal sinnvolles Spielzeug - theoretisch. 100 Kinder, die sich gefreut hätten - auch theoretisch.
Praktisch fehlen diese 5000 € aber nun in der Bilanz und die Frage stellt sich, wer davon profitiert.
Die sinnvolle Arbeit des Kinderschutzbundes jedenfalls nicht und damit auch nicht die Kinder, die gefördert und geschützt werden sollen. Herr Edathy auch nicht, der muss ohnehin zahlen.
Der Kinderschutzbund hat ein Zeichen gesetzt, das falscher nicht sein kann und erhält dafür paradoxerweise verschiedentlich Zuspruch. Wenn das Schule macht und künftig jeder gemeinnützige ausschließlich Geld von unbescholtenen Bürgern akzeptiert, werden die Einnahmen deutlich zurückgehen..

Wäre es nicht besser gewesen, sich im Sinne des Vereinszwecks etwas weniger moralinsauer zu äußern und stattdessen etwa ein paar Worte dazu zu verlieren, wie traumatisierten Kindern geholfen werden kann mit 5000 €? Das Ganze vielleicht verknüpft mit einem Spendenaufruf, etwa weil man den Meinung ist, 5000 € seien zu wenig Auflage für das vorgeworfene Unrecht?

Ich kann jeden Richter verstehen, der Geldauflagen künftig einer anderen Kinderschutzorganisation zukommen lässt, die im Sinne des Vereinszwecks weniger gutmenschentümlich agiert. Als Verteidiger darf man übrigens für Fälle der Einstellung gegen Geldauflage selbst Vorschläge machen, wem die Auflage zu Gute kommen soll. Bislang haben sich andere Kinderschutzorganisationen nicht zu dem Thema geäußert. Sie mögen dies bitte tun, damit klar ist, wer auch Geld nimmt, dem der Geruch einer Straftat anhaftet.

Ergebnis: Offen.
Anzumerken wäre allerdings, dass auch mit stinkendem Geld gute Sachen gekauft werden können.