Donnerstag, 14. April 2011

Zeige mir, wen du verteidigst - ein Interpretationsversuch

Der Kollege Dr. Nozar berichtet hier über eine Richterin, die den Satz gesagt haben soll: "Zeige mir, wen du verteidigst und ich sage dir, wer du bist."

Ausgeführt hat die Frau Vorsitzende dies offenbar nicht, jedenfalls berichtet der Kollege nichts Dergleichen.

Ich frage mich, ob ich an Stelle des Kollegen eher erfreut oder eher beleidigt gewesen wäre.

Meint die Richterin, dass ein Anwalt, der Beschuldigte verteidigt, die ein vorsätzliches Tötungsdelikt begangen haben sollen, selbst zu Gewalttaten neigen? Oder diese zumindest billigen? Oder meint sie, dass solche Anwälte zumindest einen starken Magen haben, den es braucht bei Ansicht der Obduktionsfotos? Oder meint sie am Ende, dass solche Anwälte besonders tough sind?

Ich kenne die Richterin nicht und kann nicht mal ahnen, wie nett oder wie wenig nett der Spruch gemeint war. Ein wenig anmaßend aber finde ich ihn schon.

Eine passende - freilich ebenso anmaßende - Erwiderung wäre übrigens gewesen: Zeige mir, wie du verhandelst und ich sage dir, wer du bist.

Lässt auch einen großen Interpretationsspielraum zu.

1 Kommentar:

kj hat gesagt…

Ich denke oft finden sich Mandant und Verteidiger, die sich im Charakter ähneln, was ja nicht bedeuten muss, das wer Mörder verteidigt, selbst gewalttätig ist.

Die Rechtsschutzversicherung und ihr Anwalt, die über die Mittelgebühr kleinlich streiten, wären hier so ein Beispiel. Sie würden wahrscheinlich der Versicherung das Gefühl vermitteln, nächstes Mal jemand anders zu nehmen.

Noch mehr stimmt wahrscheinlich der Satz, das der Richter, wie er mit den Angeklagten umgeht, auch sonst zu seinen Mitmenschen ist.