Mittwoch, 21. November 2018

Aktionsbüro Mittelrhein 2.0 geplatzt

Ich hatte ja bereits darüber berichtet, dass die Besetzung der Richterbank und ihr Zustandekommen Gegenstand diverser Rügen seitens der Verteidigung war.

Nun haben wir es Schwarz auf Weiß: die Besetzungsrüge greift durch. Alle Termine wurden abgesagt.

Die 12. Strafkammer hat festgestellt, dass sie in dem Verfahren nicht ordnungsgemäß besetzt ist. Hiermit ist es der Rüge zweier Angeklagten, der sich - mit Ausnahme desjenigen Angeklagten, der die Anklage stützen soll und sich seit 2012 in einem Zeugenschutzprogramm befindet - alle anderen Angeklagten angeschlossen hatten, gefolgt.

In dem Beschluss heißt es:

"Die 12. große Strafkammer ist ausweislich des für das Geschäftsjahr 2018 gültigen Geschäftsverteilungsplans als allgemeine Strafkammer besetzt, müsste in hiesigem Strafverfahren zum Aktenzeichen (…) jedoch als Staatsschutzkammer entscheiden, obwohl eine andere Kammer des Landgerichts Koblenz nach der gültigen Geschäftsverteilung für Staatsschutzsachen zuständig ist. Damit liegt unter Berücksichtigung des Konzentrationsgrundsatzes des § 74a GVG eine vorschriftswidrige Besetzung der 12. großen Strafkammer vor." 

Das Verfahren wird, sofern es nicht endlich eingestellt werden sollte, erneut terminiert werden. Es bleibt abzuwarten, ob es im dritten Anlauf gelingt, eine fehlerfreie Besetzung der Kammer zu finden.


Edit: Laut verschiedener Pressemitteilungen soll das Verfahren nach 2 Verhandlungstagen ausgesetzt worden sein für dieses Jahr.

Richtig ist, dass es bislang 5 Hauptverhandlungstermine gab; der sechste Termin war für kommenden Mittwoch angesetzt gewesen.

Es sei weiter in Erinnerung gerufen, dass ein Kollege bereits im Vorfeld zur Hauptverhandlung sowie in den ersten Verhandlungstagen darum gebeten hatte, die Besetzungsrügen vor Verlesung der Anklage vorbringen zu dürfen, damit man sich weitere Verhandlungstage und insbesondere auch die Verlesung der umfangreichen Anklage sparen könne. Dieser Bitte der Verteidigung war die Kammer nicht nachgekommen.

Mittwoch, 7. November 2018

Aktionsbüro Mittelrhein - 4. und 5. Hauptverhandlungstag

Um es vorweg zu nehmen - das Verfahren wurde gestern, am 5. Verhandlungstag, unterbrochen bis zum 28. November.

Bis dahin wird über Befangenheitsanträge und Besetzungsrügen zu entscheiden sein, die am 4. und 5. Verhandlungstag erhoben wurden. Gleichzeitig kann ein Angeklagter die Unterbrechung dazu nutzen, sich den Klausuren des Ersten Juristischen Staatsexamens zu widmen. Für den Fall, dass eine Klausur im Strafprozessrecht darunter sein sollte, dürfte er nach nunmehr 342 Hauptverhandlungstagen gut vorbereitet sein.

Erwähnenswert ist eine von einem Kollegenduo vorgebrachte Besetzungsrüge, mit der zuvorderst die funktionelle Zuständigkeit der Strafkammer gerügt wurde und hilfsweise die fehlerhafte Besetzung des Gerichts.

Funktionelle Zuständigkeit bedeutet vereinfacht ausgedrückt, dass bestimmte Anklagen in die Zuständigkeit von Strafkammern mit Spezialzuständigkeit fallen; ein Mord gehört damit zum Schwurgericht, ein großes Steuerstrafverfahren vor die Wirtschaftsstrafkammer und ein Verfahren, das die Bildung einer kriminellen Vereinigung zum Gegenstand hat, in den Zuständigkeitsbereich einer Staatsschutzkammer.

Der erste Anlauf, der mit der Einstellung endete, wurde vor der 12. großen Strafkammer als Staatsschutzkammer verhandelt. Als das Verfahren dann wieder auf die erfolgreiche Beschwerde der Staatsanwaltschaft im Dezember 2017 aufgenommen wurde, geschah dies ebenfalls bei der 12. großen Strafkammer, die zu diesem Zeitpunkt keine Staatsschutzkammer mehr war, sondern eine allgemeine große Strafkammer. Die Rüge führt dazu aus, dass das Verfahren gar nicht bei der 12. Strafkammer, sondern bei einer der beiden zu diesem Zeitpunkt existenten Staatsschutzkammern hätte eröffnet werden müssen - ein Einwand, der sich hören lassen kann.

Die Frage eines Kollegen an die Kammer gegen Ende des Verhandlungstages, ob man nun eigentlich bei einer normalen großen Strafkammer verhandele oder bei einer Staatsschutzkammer, wurde nicht konkret beantwortet. Sie wird in der Zwischenzeit sicher Gegenstand von Erörterungen innerhalb des Präsidiums und der Kammer sein.