Freitag, 17. Mai 2013

Tatort - es kann nur Einen geben

An einigen Sitzungssaaltüren des Landgerichts Koblenz hängen Schilder mit der Aufschrift „Handy´s bitte ausschalten!“ Das Apostroph-S scheint außer mir, die ich der Meinung bin, dass man in Muttersprache formulieren sollte, vor allem dann, wenn man Fremdsprachen nicht beherrscht, kaum jemanden zu stören, aber darum geht es nicht.

Fakt ist, dass das Klingeln von Mobiltelefonen während Hauptverhandlungen störend ist, was nichts daran ändert, dass es wieder und wieder passiert, weil die Betreffenden entweder nicht lesen können oder das Gelesene umzusetzen außerstande sind.

Vorgestern war es mal wieder soweit. Während einer Zeugenvernehmung schallte aus dem Zuschauerraum eine wohlbekannte Melodie: Tatort. Wer um alles in der Welt lädt sich denn DEN Klingelton runter? Es konnte nur Einen geben: das tönende Mobiltelefon gehörte dem Polizeibeamten, der nach seiner Aussage im Zuschauerraum Platz genommen hatte.

Dienstag, 14. Mai 2013

Wir überprüfen Sprichwörter. Heute: Der Spott endet wo das Verständnis beginnt

Der Spott endet wo das Verständnis beginnt (Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach)

Ich hatte unlängst das Vergnügen für einen geschätzten Kollegen von der grauen Küste in Untervollmacht einen Termin vor dem Oberlandesgericht Koblenz in einer Zivilsache wahrzunehmen. Der Senat war ein wenig in Verzug und so lauschte ich der vorher terminierten Verhandlung. Der Vorsitzende verwendete bei seiner Berichterstattung viele lateinische Begriffe und ich war an dieser Stelle heilfroh, dass ich u.a. dank eifrigen Studiums von Asterixheften zumindest das kleine Latinum geschafft habe.
Die Parteien auf Klägerseite hatten offenbar keine Asterixhefte gelesen und erfragten bei ihrem Anwalt die Übersetzungen.

Da sich die Verhandlung in die Länge zog, füllte sich der Saal langsam mit Kollegen, die auf den Stühlen, die am Ende des Raumes in einer Reihe standen, Platz nahmen.

Als ich an der Reihe war, begab ich mich zu meinem Platz rechts vom Richtertisch. Der Vorsitzende erstattete seinen Bericht, währenddessen ein eher blässlicher Kollege im dunklen Anzug den Saal betrat, hinten auf einem der Stühle neben einer Kollegin Platz nahm, die Beine keck übereinander schlug, so dass seine Hosenbeine etwas hochrutschten und den Blick freigaben auf - pinkfarbene Socken! Textmarkerpink! Gute Güte - welcher ambitionierte Verkäufer einer Wuppertaler Herrenboutique hat sich denn an dem Kollegen versündigt und ihm diesen geschmacklosen Ladenhüter aufgeschwatzt?

Die Kollegin, die neben dem Kollegen sitzt, starrte ebenfalls auf das grelle Beinkleid, wir tauschten einen amüsierten Blick, wohingegen der Senat (Vorsitzender und zwei Damen) keine Miene verzog.

Zurück im Büro berichtete ich der besten Reno von allen, die mich wissen ließ, dass diese Saison Knallfarben der letzte Schrei seien und selbige auch vor Männerbeinen nicht halt machten. Der Kollege, von dem ich dachte, er läge farblich schwer daneben, lag also voll im Trend. Ich bin ein wenig betroffen.

Ergebnis: Das Sprichwort stimmt.

Freitag, 10. Mai 2013

Bei Anruf "LKA"

Nach einem Prozesstag finde ich bei Rückkehr in meine Kanzlei einen Telefonzettel meiner Mitarbeiterin vor: Herr X. vom LKA bittet um Rückruf (es folgt eine Mobilfunknummer).

Ich rufe an. Herr X. ist erfreut und beginnt das Gespräch mit den Worten: "Sie haben doch vor Jahren Herrn Y. verteidigt."
Da ich trotz langer Hauptverhandlung noch recht gut gelaunt bin, erwidere ich, dass es meine anwaltliche Verschwiegenheitsverpflichtung nicht erlaubt, Auskunft darüber zu erteilen, wen ich verteidige oder verteidigt habe.
Der angebliche LKA-Mann lässt sich von dieser Abfuhr nicht irritieren: "Der ist auf der Flucht, wissen Sie? Meine Kollegen und ich sind mit der Fahndung befasst. Uns interessiert, ob Sie in letzter Zeit mal Kontakt zu ihm hatten..."
Ich glaube, nicht recht zu hören. Was erwartet der angebliche LKA-Fahnder? Dass ich sage: "Gut, dass Sie fragen, er sitzt mir grad gegenüber und gleich gehen wir nach drüben zum Chinesen und bestellen Ente mit 8 Köstlichkeiten; Sie brauchen sich mit dem Zugriff also nicht zu beeilen"?
Statt dessen frage ich, ob er mich verarschen will. Will er nicht, behauptet er. Aha. Und von der Presse will er auch nicht sein. Dass ein Verteidiger der Schweigepflicht unterliegt, hat er schonmal gehört, aber er wolle trotzdem mal nachfragen.

Ich fordere einen Identitätsnachweis des Anrufers, vorzugsweise in Gestalt eines Schreibens seines Vorgesetzten. Hierzu, so der Anrufer, brauche er mal eben meine Emailadresse.
Nun ist das Klassenziel erreicht. Wenn es einem angeblichen LKA-Beamten nicht einmal gelingt, meine Emailadresse in Erfahrung zu bringen, habe ich ernsthafte Zweifel daran, dass er der richtige Mann dafür sein soll, einen angeblich entflohenen Straftäter ausfindig zu machen. Das sage ich ihm so und beende das Telefonat.

Ich brauche wohl nicht eigens zu erwähnen, dass ich seit Monaten auf eine Email oder ein sonstiges Schreiben warte. Ersatzweise hätte ich mir eine Einladung zu "Verstehen Sie Spaß" erhofft, aber auch eine solche blieb aus. Wer immer sich diesen Scherz erlaubt hat: es war ein schlechter Scherz. Sollte es kein Scherz gewesen sein: noch schlechter!

Mittwoch, 8. Mai 2013

Wir überprüfen Sprichwörter. Heute: jemandem den schwarzen Peter zuschieben

Nachdem im Sinne der politischen Korrektheit diverse Kinderbücher um manche Ausdrücke ausgemerzt werden müssen, bin ich ganz froh, dass man - zumindest in Koblenz - das Kartenspiel "Schwarzer Peter" noch nicht unter der Ladentheke kaufen muss.

Vor einiger Zeit ist es nämlich in einer längeren Verhandlungspause im Aktionsbüro-Mittelrhein-Prozess einem mitverteidigenden Kollegen gelungen, besagtes Kartenspiel zum Zwecke des sofortigen Einsatzes in einem gerichtsnahen Restaurant zu erwerben. Dem vorausgegangen war der Wunsch von 4 Verteidigern, darunter auch ich, eine längere Verhandlungspause zum Skatspielen zu nutzen. Die Suche nach einem über jeden Vorwurf der politischen Inkorrektheit erhabenen Skatblatt gestaltete sich leider aussichtslos. Kein Restaurant, keine Kneipe, kein Kiosk und kein Spielwarengeschäft rund um das Gericht hält ein Skatblatt vor. Da musste der Schwarze Peter eben als Ersatz herhalten.

Für uns 4 war es gefühlte 100 Jahre her seit wir das letzte Mal Schwarzer Peter gespielt hatten, was der Freude jedoch keinen Abbruch tat. Und so zog er seine Kreise an unserem Tisch, der politisch unkorrekte schwarze Peter, der uns keck aus seinen kaffeebraunen Augen zuzublinzeln schien, wenn wir ihn gezogen hatten. Zugeschoben wird der schwarze Peter nämlich im Kartenspiel nicht, sondern man ist selbst dafür verantwortlich, wenn man ihn zieht. Das Sprichwort stimmt demnach nicht.

P.S.: Mittlerweile habe ich aus den Tiefen einer meiner Schreibtischschubladen ein Skatblatt gefischt (Werbegeschenk vom Anwaltverein) und sofort in meinen Rollkoffer gepackt. Leider ist es bis heute nicht zum Einsatz gekommen und ich weiß so gar nicht, wem ich dafür den schwarzen Peter zuschieben kann.