Donnerstag, 28. April 2011

Off Topic: Shoppingtipp

Liebe Leser,

so Sie zu denen gehören, die gerne mal ganz in Ruhe einkaufen möchten: morgen ist DIE Gelegenheit dazu!

Royal Wedding auf der Insel. Das ist so ähnlich wie das Finale der Fußball-WM mit deutscher Beteiligung: leergefegte Straßen, da Millionen vor dem Fernseher sitzen und damit freie Bahn in Richtung Supermarktkasse.

Frohes Shoppen!

Dienstag, 19. April 2011

Keine Pflichtverteidigerbeiordnung bei laufender Bewährung

Auf die Entscheidung des Beschwerdegerichts darf man gespannt sein.

Ein Mandant ist angeklagt. Er steht unter laufender Bewährung. Demzufolge beantrage ich die Beiordnung als Pflichtverteidiger.

Das Gericht schreibt zurück, dass es angesichts der Tatsache, dass "lediglich drei Monate Freiheitsstrafe offen stehen" keinen Raum für eine Pflichtverteidigung sieht.

Aha.

Donnerstag, 14. April 2011

Gruppenvergewaltigung - Freispruch

Gestern gab es in dem Prozess über einen angeblichen "flotten Siebener" Freisprüche für alle 6 Angeklagten, von denen die Zeugin und Nebenklägerin behauptet hatte, diese hätten sie vergewaltigt.

Ihre Aussagen waren dabei derart inkonstant, dass nicht nur der Tatzeitpunkt wechselte, sondern auch die Beteiligten, wobei es am Ende nicht nur 6, sondern sogar 8 Männer gewesen sein sollen.

Im Rahmen der Hauptverhandlung sagte sie ebenfalls aus, jedoch nur kurz. Die Verteidiger kamen erst gar nicht dazu, Fragen an sie zu richten und ich verrate kein Geheimnis, wenn ich hier schreibe, dass es viele Fragen zu vielen Widersprüchen gewesen wären. Besonders interessant wäre gewesen, zu erfahren, wie zwei der Angeklagten, die zur behaupteten Tatzeit in Haft saßen, es geschafft haben sollen, an der behaupteten Tat teilzunehmen, denn beide hatten keine Schlüssel zu ihren Zellen.

Gestern ließ sie erklären, sie werde nicht weiter aussagen und dann ging alles sehr schnell - Freispruch.

Das Ermittlungsverfahren gegen die Zeugin, die durch ihre Aussage dafür gesorgt hatte, dass 6 Männer für einige Wochen in Untersuchungshaft kamen, wird die Staatsanwaltschaft, die ebenfalls Freispruch beantragt hatte, sicher von Amts wegen einleiten. Daneben steht es natürlich auch den Freigesprochenen zu, Strafanzeige zu erstatten.

Vor Jahren habe ich übrigens in einer ähnlichen Sache schon einmal einen Mann verteidigt. Auch damals ging es um den Vorwurf einer schweren Vergewaltigung, § 177 Abs. IV und auch dieser Vorwurf erwies sich als unhaltbar. Verglichen mit dem, was meinem Mandanten damals drohte (nicht unter 5 Jahren Freiheitsstrafe), kam die Zeugin, die dafür gesorgt hatte, dass mein Mandant fast 6 Monate in Untersuchungshaft saß, mit einer Bewährungsstrafe davon.

Zeige mir, wen du verteidigst - ein Interpretationsversuch

Der Kollege Dr. Nozar berichtet hier über eine Richterin, die den Satz gesagt haben soll: "Zeige mir, wen du verteidigst und ich sage dir, wer du bist."

Ausgeführt hat die Frau Vorsitzende dies offenbar nicht, jedenfalls berichtet der Kollege nichts Dergleichen.

Ich frage mich, ob ich an Stelle des Kollegen eher erfreut oder eher beleidigt gewesen wäre.

Meint die Richterin, dass ein Anwalt, der Beschuldigte verteidigt, die ein vorsätzliches Tötungsdelikt begangen haben sollen, selbst zu Gewalttaten neigen? Oder diese zumindest billigen? Oder meint sie, dass solche Anwälte zumindest einen starken Magen haben, den es braucht bei Ansicht der Obduktionsfotos? Oder meint sie am Ende, dass solche Anwälte besonders tough sind?

Ich kenne die Richterin nicht und kann nicht mal ahnen, wie nett oder wie wenig nett der Spruch gemeint war. Ein wenig anmaßend aber finde ich ihn schon.

Eine passende - freilich ebenso anmaßende - Erwiderung wäre übrigens gewesen: Zeige mir, wie du verhandelst und ich sage dir, wer du bist.

Lässt auch einen großen Interpretationsspielraum zu.

Mittwoch, 13. April 2011

Pflichtverteidigerbeiordnung - Übersetzung für Angeklagte

Seit einiger Zeit besteht die Verpflichtung, einem inhaftierten Beschuldigten für die Dauer der Untersuchungshaft einen Pflichtverteidiger beizuordnen. Dies war geschehen.

Wird der Mandant zu einem späteren Zeitpunkt aus der Untersuchungshaft entlassen, tut man gut daran, dafür Sorge zu tragen, dass das Gericht die Beiordnung auch für das weitere Verfahren vornimmt, damit es nicht irgendwann Probleme mit der Abrechnung gegenüber der Landesjustizkasse gibt.

Einen solchen Antrag stellte ich heute in einer Sitzung beim Landgericht.

Die Vorsitzende fragte daraufhin meinen Mandanten, ob er damit einverstanden sei, dass ich ihm als Pflichtverteidigerin beigeordnet würde. Soviel Juristendeutsch war zuviel für den Mandanten, der stammelte, das sei ihm gerade ein bisschen zu hoch.
Ich übersetzte: "Sie möchte wissen, ob ich hier neben Ihnen sitzen bleiben soll."
"Ach so, ja klar!", lautete die Antwort. Allgemeine Heiterkeit. War gar nicht so schwierig, die Übersetzung.

Persönliche Verhältnisse - das kann dauern

Der Mandant ist Zigeuner, besser gesagt Sinti (Zigeuner ist politisch nicht korrekt, korrekt ist wohl "Mitglied einer mobilen ethnischen Minderheit - kurz MEM; BTW: Bestellen Sie demnächst im Lokal mal ein MEM-Schnitzel - witzig, sag ich Ihnen). Er möchte in der Hauptverhandlung Angaben zur Person und seinen persönlichen Verhältnissen machen, sagt er mir im Vorfeld. Ich notiere mir vor Beginn einer Verhandlung immer die "Eckdaten" meiner Mandanten, denn es kommt gar nicht so selten vor, dass sie in der Aufregung vergessen, wann sie geheiratet haben (macht einen ganz schlechten Eindruck, wenn die Ehefrau im Zuschauerraum sitzt), wieviele Geschwister sie haben, wann ihre Kinder geboren sind oder auch in welchem Jahr sie welchen Schulabschluss gemacht haben. "Haben Sie Zeit?", fragt er mich als ich ihn bitte, mir die gewünschten Informationen zu geben. Die Frage war nicht grundlos, denn wie sich herausstellt, hat der Mandant 14 Geschwister und 9 Kinder. Bei 23 Personen kann man schonmal ins Schleudern geraten, was aber nicht der Fall war. Respekt! Und wenn´s in der Hauptverhandlung trotzdem haken sollte, hab ich ja die Eckdaten auf 3 Seiten Papier aufgelistet.

Dienstag, 12. April 2011

Der Quotenmann

Unlängst berichtete eine Kollegin, sie komme gerade aus einer Verhandlung, an der nur Frauen beteiligt gewesen seien. Sie habe das als sehr angenehm empfunden. Kann sein, kann nicht sein. Es gibt solche women only Veranstaltungen, die auch ich als angenehm empfinde; andere wiederum sind von einer Stutenbissigkeit geprägt, die schwerlich zu übertreffen ist. Kürzlich hatte ich übrigens das Beste zweier Welten: eine Damenkammer und einen männlichen Nebenklagevertreter, der hübsch anzuschauen war und außer Grußformeln nichts zu sagen wusste. Schön war´s!

Gebühren im OWi-Verfahren oder: Kollege Günstig

Ich hatte vor 3 Jahren einen Betroffenen in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren verteidigt. Vorverfahren, 2 Hauptverhandlungstermine, in denen ich Beweisanträge stellte, Beweisaufnahme, Urteil. Abgerechnet wurden Mittelgebühren. Der Betroffene bzw. dessen Rechtsschutzversicherung kürzte meine Rechnung mit der Behauptung, Mittelgebühren seien nicht angemessen. Ich klagte den Restbetrag ein. Ein Gutachten der hiesigen Rechtsanwaltskammer gelangte zu dem Ergebnis, dass meine Rechnung angemessen war und sie es auch dann noch gewesen wäre, wenn ich 20% mehr als die Mittelgebühr in Rechnung gestellt hätte. Zu diesem Gutachten hat nun der Prozessbevollmächtigte des Gegners, nennen wir ihn im Folgenden Herrn Kollegen Günstig, Stellung genommen und auf 5 Seiten (einzeilig) dargelegt, warum das Gutachten falsch und meine Rechnung überhöht sein soll. Angeheftet waren seinem Schriftsatz gefühlte 100 Seiten Rechtsprechung, die seinen Standpunkt untermauern sollen. Kollege Günstig nimmt übrigens auch OWi-Mandate entgegen und ich frage mich, ob er dabei stets reduzierte Gebühren abrechnet. Ich habe übrigens gerade selbst ein OWi-Verfahren in eigener Sache. Ob ich ihn damit mal beauftrage und ihm dann gelegentlich unter Kürzung seiner Gebühren seinen Schriftsatz zukommen lasse? Wäre gar nicht ungünstig - für mich jedenfalls.

Montag, 11. April 2011

So ein Ding, in dem alles drinsteht

Er habe da so ein Ding erhalten, so ein Schreiben vom Gericht, in dem alles drinstünde, also, wer was gesagt habe und wann verhandelt worden sei, sagt mir der Mandant am Telefon und möchte wissen, ob er mir das schicken soll oder nicht. Die Hauptverhandlung hatte beim Amtsgericht stattgefunden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig und ich hatte wie üblich mit Einlegung des Rechtsmittels das Protokoll der Hauptverhandlung angefordert. Ob die Geschäftsstelle das Protokoll versehentlich an den Mandanten geschickt hat? Ich vermute es anhand der Beschreibung des Mandanten, frage aber vorsichtshalber, ob "Protokoll über die öffentliche Sitzung des Amtsgerichts vom Soundsovielten" auf der ersten Seite stehe. Im Hintergrund zunächst Blätterrascheln und dann: "Nö, da steht URTEIL". Ah ja. ich vergaß, auch ein Urteil ist so ein Ding, in dem alles drinsteht.

Freitag, 8. April 2011

Beschleunigungsgrundsatz kontra Bremskraftverstärker

Ich verteidige gerne mit einem oder zwei Kollegen gemeinsam. Meist erweisen sich gerade solche Verteidigungen als besonders interessant und fruchtbar, da vier Augen bekanntlich mehr sehen als zwei. Vor einiger Zeit hatte ein Mandant einen weiteren Kollegen mit seiner Verteidigung beauftragt und mir dies mitgeteilt. Nachdem sich der Kollege nicht bei mir meldete, schrieb ich ihn an und regte an, die weitere Vorgehensweise abzustimmen. Keine Reaktion. Ich schrieb dem inhaftierten Mandanten, wie meine Vorstellung von seiner Verteidigung sei und bat ihn, dies beim nächsten Besuch dem Kollegen mitzuteilen, verbunden mit der Bitte, sich doch bei mir zu melden. Nichts geschah. Derweil ich immer noch auf ein Lebenszeichen des Kollegen wartete, schrieb mir der Mandant, dass der Kollege sich seit seinem Antrittsbesuch nicht mehr bei ihm habe blicken lassen. Wiederum schrieb ich den Kollegen an, teilte meine Vorstellungen zum weiteren Vorgehen kurz mit, bat erneut um Abstimmung und kaum 6 Wochen später - inzwischen war das Hauptverfahren schon eröffnet - geruhte er tatsächlich, mich anzurufen. Das Gespräch dauerte nicht lange, denn man braucht nicht viele Worte um auszudrücken, dass in Haftsachen der Beschleunigungsgrundsatz gilt. De iure für das Gericht, im Interesse des Angeklagten aber auch de facto für seinen Verteidiger.

Dienstag, 5. April 2011

Kleben Sie sich das hinter die Ohren

Nein, heute wird kein Sprichwort überprüft, sondern ich berichte lediglich von einem recht eigenartigen Kaugummiaufbewahrungsort. Zunächst dachte ich, er trägt ein Hörgerät, mein aus der Haft vorgeführter Mandant. Ein weißes, ovales Etwas befand sich hinter seinem rechten Ohr, allerdings fehlte die Zuleitung ins Ohr. Bei genauerem Hinsehen entpuppte sich das Etwas als Kaugummi. Erklärung dazu: es schicke sich nicht, in der Hauptverhandlung Kaugummi zu kauen. Andererseits dürfe selbst in den Pausen in der Wartezelle nicht geraucht werden, also würde dann der Kaugummi wieder eingesetzt. Na, wenn das so ist - Mahlzeit!