Es ist unschwer zu erkennen: ich war kürzlich in Bayern zum Verteidigen und muss gestehen - nach ein bisschen "Einhörzeit" habe ich den dortigen Dialekt halbwegs verstanden. Und das war auch gut so, denn ansonsten hätte ich gar nicht mitbekommen, was der Zeuge Gutes für die Verteidigung zu berichten hatte.
Doch von vorne: ein Zeuge, der zuvor polizeilich vernommen worden war, berichtete in der Hauptverhandlung auf Fragen des Gerichts und der Verteidigung Dinge, die sich dem Vernehmungsprotokoll nicht entnehmen liessen und die den Tatvorwurf ganz erheblich entkräften.
Ich frage nach, warum er dies nicht dort schon erwähnt habe. Habe er doch, erwidert der Zeuge. Ich halte ihm vor, dass das nicht im Protokoll steht. "I hob des Protokoll a net g´schriebn!", ranzt er mich an.
Ich halte gegen: "Aber hier steht, Sie haben es gelesen und unterschrieben. Ist Ihnen denn nicht aufgefallen, dass da was fehlt von dem, was Sie erzählt haben?"
"Doch, scho."
"Und? Warum haben Sie das nicht hinzugefügt?"
"Des war doch meine Aufgab´n net. Des hot der Beamte g´schriebn. Woas woaß denn I was für den wichtig ist?!"
Ach so ist das. Mir dämmert´s. Der Zeuge ging also davon aus, dass nur das protokolliert wird, was "wichtig" ist. Klar, dann verstehe ich ihn. Und ich verstehe auch, dass das, was nicht protokolliert wurde, offensichtlich nicht wichtig war, außer natürlich für die Verteidigung. Aber die hat ja nicht vernommen.
Das Verfahren wurde übrigens ausgesetzt, aber irgendwann wird es weitergehen, u.a. mit dem Verfasser des Protokolls.
In diesem Blog berichtet Rechtsanwältin und Fachanwältin für Strafrecht Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. über Strafverfahren in und um die Rhein-Mosel-Stadt
Mittwoch, 31. März 2010
Dienstag, 30. März 2010
Wenn die Nase nicht passt
Jeder kennt das: es gibt einfach Leute, die einem nichts getan haben und die man trotzdem irgendwie nicht leiden mag.
Kürzlich war F., eine junge Frau, zur Besprechung bei mir, die mitten in einem Schadensersatzprozess steckte, in dem demnächst mündlich verhandelt werden soll. Sie hatte die wesentlichen Schriftstücke dabei, die ich kurz überflog, bevor ich sie fragte, was ich denn für sie tun könne. Ich solle sie bitte weiter vertreten, da sie mit der Kollegin X. nicht klarkomme. Ich kenne die Kollegin X.. Nicht gut, aber gut genug um sagen zu können, dass ich sie irgendwie nicht leiden mag, obwohl sie mir nichts getan hat (s.o.).
Das sage ich auch F. so und weiter, dass ich X. fachlich für gut halte. Soweit ersichtlich hat sie die prozessualen Interessen von F. ohne Fehl und Tadel wahrgenommen, sie hat alle Fristen eingehalten, alle Schriftsätze weitergeleitet etc.. Und trotzdem - bei F. ist sie unten durch und zwar auf der persönlichen Ebene.
Ich rate F., sich aus Kostengründen (F. hat weder ungezähltes Geld noch ist sie rechtsschutzversichert) weiter von X. vertreten zu lassen, denn was nützt es ihr, wenn sie bei nicht ganz geringem Risiko für den Fall des Unterliegens nicht nur Gerichtskosten und Kosten des Gegners, sondern gleich 2 Anwälte zu bezahlen hat. Sie nimmt den Rat an. Aus Vernunftgründen, wie sie betont.
Schön menschlich: es nützt einem der beste Anwalt nichts, wenn einem dessen Nase nicht passt.
Kürzlich war F., eine junge Frau, zur Besprechung bei mir, die mitten in einem Schadensersatzprozess steckte, in dem demnächst mündlich verhandelt werden soll. Sie hatte die wesentlichen Schriftstücke dabei, die ich kurz überflog, bevor ich sie fragte, was ich denn für sie tun könne. Ich solle sie bitte weiter vertreten, da sie mit der Kollegin X. nicht klarkomme. Ich kenne die Kollegin X.. Nicht gut, aber gut genug um sagen zu können, dass ich sie irgendwie nicht leiden mag, obwohl sie mir nichts getan hat (s.o.).
Das sage ich auch F. so und weiter, dass ich X. fachlich für gut halte. Soweit ersichtlich hat sie die prozessualen Interessen von F. ohne Fehl und Tadel wahrgenommen, sie hat alle Fristen eingehalten, alle Schriftsätze weitergeleitet etc.. Und trotzdem - bei F. ist sie unten durch und zwar auf der persönlichen Ebene.
Ich rate F., sich aus Kostengründen (F. hat weder ungezähltes Geld noch ist sie rechtsschutzversichert) weiter von X. vertreten zu lassen, denn was nützt es ihr, wenn sie bei nicht ganz geringem Risiko für den Fall des Unterliegens nicht nur Gerichtskosten und Kosten des Gegners, sondern gleich 2 Anwälte zu bezahlen hat. Sie nimmt den Rat an. Aus Vernunftgründen, wie sie betont.
Schön menschlich: es nützt einem der beste Anwalt nichts, wenn einem dessen Nase nicht passt.
Freitag, 26. März 2010
Promianwalt gesucht
Kürzlich erreichte mich eine Mandatsanfrage in einer Stalkingsache. Es fragte nicht der Beschuldigte an, sondern das Opfer unter Vorlage eines Beratungshilfescheins. Einen solchen Beratungshilfeschein bekommt man vom Amtsgericht ausgestellt, wenn man nachweisen kann, dass man aus eigenen Mitteln nicht in der Lage ist, eine Beratung beim Anwalt zu zahlen.
Da ich mich im Täterstrafrecht jedoch deutlich wohler fühle, habe ich an eine Kollegin verwiesen, die vornehmlich Opferstrafrecht macht. Die Kollegin war der Anfragenden jedoch nicht prominent genug und so fragte sie mich erneut, ob ich ihr nicht einen wirklich "prominenten Fachanwalt für Stalkingrecht" empfehlen könnte, da es im konkreten Fall eines absoluten Spezialisten bedürfe, der nichts Anderes mache als die Vertretung von Stalkingopfern.
Einmal ungeachtet der Tatsache, dass es keine Fachanwaltschaft für Stalkingrecht gibt, kenne ich auch keinen Kollegen, auf den die Kriterien zutreffen würden.
Ich habe nicht mehr von der Dame gehört, obwohl ich gestehen muss, dass es mich schon interessieren würde, wie ihre weitere Suche nach dem Promianwalt verlaufen ist.
Da ich mich im Täterstrafrecht jedoch deutlich wohler fühle, habe ich an eine Kollegin verwiesen, die vornehmlich Opferstrafrecht macht. Die Kollegin war der Anfragenden jedoch nicht prominent genug und so fragte sie mich erneut, ob ich ihr nicht einen wirklich "prominenten Fachanwalt für Stalkingrecht" empfehlen könnte, da es im konkreten Fall eines absoluten Spezialisten bedürfe, der nichts Anderes mache als die Vertretung von Stalkingopfern.
Einmal ungeachtet der Tatsache, dass es keine Fachanwaltschaft für Stalkingrecht gibt, kenne ich auch keinen Kollegen, auf den die Kriterien zutreffen würden.
Ich habe nicht mehr von der Dame gehört, obwohl ich gestehen muss, dass es mich schon interessieren würde, wie ihre weitere Suche nach dem Promianwalt verlaufen ist.
Donnerstag, 25. März 2010
Gericht verschlampt Fax - Update
Der Kollege Sokolowski weist hier auf ein neues Urteil des OLG Frankfurt zur Frage der Beweislast betreffend den Zugang eines Telefaxschreibens hin. Damit ist die Rechtsprechung, mit der ich mich gezwungenermaßen auch schon auseinandersetzen musste, um ein weiteres Urteil bereichert, das nach meiner Meinung in die richtige Richtung geht.
In "meinem" Fall ist die Gegenseite übrigens trotzdem ich das Faxjournal des Gerichts vorgelegt habe, dabei geblieben, den Zugang zu bestreiten. Zwischenzeitlich hat eine Güteverhandlung stattgefunden, die, wie nicht anders zu erwarten war, erfolglos verlaufen ist. Ich habe mal rein vorsorglich für den Fall, dass das Gericht weiter davon ausgehen sollte, dass das Fax dort nicht eingegangen ist, die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt.
Im Nachgang zu der Verhandlung erging übrigens ein Beweisbeschluss, der u.a. die Vernehmung meiner Reno vorsieht. Diese hatte das Fax am 31.12.2008 versandt, den Sendebericht abgewartet und in die Akte abgeheftet. Kommenden Monat machen wir also eine Art Minibetriebsausflug in das beschauliche Städtchen W. an der L. - zum Verhandeln, Aussagen und anschließendem Kaffeeklatsch.
In "meinem" Fall ist die Gegenseite übrigens trotzdem ich das Faxjournal des Gerichts vorgelegt habe, dabei geblieben, den Zugang zu bestreiten. Zwischenzeitlich hat eine Güteverhandlung stattgefunden, die, wie nicht anders zu erwarten war, erfolglos verlaufen ist. Ich habe mal rein vorsorglich für den Fall, dass das Gericht weiter davon ausgehen sollte, dass das Fax dort nicht eingegangen ist, die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt.
Im Nachgang zu der Verhandlung erging übrigens ein Beweisbeschluss, der u.a. die Vernehmung meiner Reno vorsieht. Diese hatte das Fax am 31.12.2008 versandt, den Sendebericht abgewartet und in die Akte abgeheftet. Kommenden Monat machen wir also eine Art Minibetriebsausflug in das beschauliche Städtchen W. an der L. - zum Verhandeln, Aussagen und anschließendem Kaffeeklatsch.
Mittwoch, 24. März 2010
Kachelmann - Haftprüfung gelaufen
Die Morgenpost berichtet hier, dass der Haftprüfungstermin in Sachen Kachelmann nicht dazu geführt hat, dass der Haftbefehl aufgehoben bzw. außer Vollzug gesetzt wurde. Dies solle der Sprecher des AG Mannheim mitgeteilt haben.
Wie es weiter geht mit dem prominenten Untersuchungshäftling in der JVA Mannheim, werden wir wahrscheinlich wieder von dem Leiter der dortigen JVA erfahren, wobei ich mich frage, wann endlich mal jemand auf die Idee kommt, ihn ein ganz klein wenig auszubremsen. Homestories aus dem Knast mögen für die Yellow Press und deren Leser sicher interessant sein. Trotzdem frage ich mich, ob ein JVA-Leiter nichts Besseres zu tun hat als die Medien mit Informationen über Speiseplan und Zellengröße zu füttern.
Wie es weiter geht mit dem prominenten Untersuchungshäftling in der JVA Mannheim, werden wir wahrscheinlich wieder von dem Leiter der dortigen JVA erfahren, wobei ich mich frage, wann endlich mal jemand auf die Idee kommt, ihn ein ganz klein wenig auszubremsen. Homestories aus dem Knast mögen für die Yellow Press und deren Leser sicher interessant sein. Trotzdem frage ich mich, ob ein JVA-Leiter nichts Besseres zu tun hat als die Medien mit Informationen über Speiseplan und Zellengröße zu füttern.
Geduld, Geduld...
... braucht man als Verteidiger, wenn man Mandanten in der JVA Koblenz sprechen möchte.
Zettel an der Pforte machen darauf aufmerksam, dass es bedingt durch die Umstellung der EDV zu Verzögerungen kommen kann. Vor zwei Wochen waren es 30 Minuten Verzögerung und damals hatte ich gehofft, dass sich bis zu meinem nächsten Besuch die EDV soweit hat in den Griff bekommen lassen, dass man auch zur "gebuchten" Zeit eingelassen wird.
Heute dauerte es dann 45 Minuten, die ich an der Pforte warten durfte. Ich hatte 2 Stunden Besuchszeit reservieren lassen. Der erste Mandant wurde mir nach weiteren 10 Minuten gebracht. Drei Gefangene innerhalb einer Stunde sind kaum zu schaffen, jedenfalls nicht dann, wenn man nicht zum Händchenhalten dort ist, sondern was zu besprechen hat. Meine Besuchszeit habe ich daher um die Warteminuten verlängert.
Warum hat man nicht erstmal die neue EDV sozusagen versuchshalber neben der alten weiterlaufen lassen oder zumindest die Zahl der Pfortenbeamten erhöht? Mag ja sein, dass der ein oder andere Besucher gerne mal ein wenig Frühlingsluft geniesst, aber wenn man lieber arbeiten möchte, ist einem mit Frühlingsluft alleine nicht geholfen. Auch die nettesten Pfortenbeamten nützen einem nichts, wenn man sich als Verteidiger vor der Pforte die Beine in den Bauch steht.
Beim nächsten Mal nehme ich mir vorsichtshalber ein paar Akten zum Lesen mit und hoffe, dass das Wetter dann gut genug ist, dass ich es mir auf der Bank vor der JVA gemütlich machen kann.
Zettel an der Pforte machen darauf aufmerksam, dass es bedingt durch die Umstellung der EDV zu Verzögerungen kommen kann. Vor zwei Wochen waren es 30 Minuten Verzögerung und damals hatte ich gehofft, dass sich bis zu meinem nächsten Besuch die EDV soweit hat in den Griff bekommen lassen, dass man auch zur "gebuchten" Zeit eingelassen wird.
Heute dauerte es dann 45 Minuten, die ich an der Pforte warten durfte. Ich hatte 2 Stunden Besuchszeit reservieren lassen. Der erste Mandant wurde mir nach weiteren 10 Minuten gebracht. Drei Gefangene innerhalb einer Stunde sind kaum zu schaffen, jedenfalls nicht dann, wenn man nicht zum Händchenhalten dort ist, sondern was zu besprechen hat. Meine Besuchszeit habe ich daher um die Warteminuten verlängert.
Warum hat man nicht erstmal die neue EDV sozusagen versuchshalber neben der alten weiterlaufen lassen oder zumindest die Zahl der Pfortenbeamten erhöht? Mag ja sein, dass der ein oder andere Besucher gerne mal ein wenig Frühlingsluft geniesst, aber wenn man lieber arbeiten möchte, ist einem mit Frühlingsluft alleine nicht geholfen. Auch die nettesten Pfortenbeamten nützen einem nichts, wenn man sich als Verteidiger vor der Pforte die Beine in den Bauch steht.
Beim nächsten Mal nehme ich mir vorsichtshalber ein paar Akten zum Lesen mit und hoffe, dass das Wetter dann gut genug ist, dass ich es mir auf der Bank vor der JVA gemütlich machen kann.
Montag, 22. März 2010
Twittern wider die Unschuldsvermutung
Wer wissen möchte, wie wider die Unschuldsvermutung man twittern kann, der schlage nach bei Niggemeier.
Kachelmann - "Haftgrund Vergewaltigung" und Antrittsbesuche
Der Leiter der JVA Mannheim soll angeblich gegenüber der BILD den "Haftgrund der Vergewaltigung" bestätigt haben. Weiter soll er erklärt haben, er werde ihn mal in seiner Zelle besuchen gehen um zu schauen, ob es ihm gut gehe.
Das Gesetz kennt als Haftgründe Flucht, Fluchtgefahr, Verdunklungsgefahr. Vergewaltigung ist ein Straftatbestand, aber für sich genommen kein Haftgrund.
Was den Leiter der JVA Mannheim angeht - die Richtigkeit des Berichts einmal unterstellt - mutet es seltsam an, dass sich JVA-Leiter über prominente Untersuchungshäftlinge äussern. Von Antrittsbesuchen in Zellen habe ich auch noch nichts gehört, aber bitte - man lernt nie aus, auch nicht, sich zu wundern.
Das Gesetz kennt als Haftgründe Flucht, Fluchtgefahr, Verdunklungsgefahr. Vergewaltigung ist ein Straftatbestand, aber für sich genommen kein Haftgrund.
Was den Leiter der JVA Mannheim angeht - die Richtigkeit des Berichts einmal unterstellt - mutet es seltsam an, dass sich JVA-Leiter über prominente Untersuchungshäftlinge äussern. Von Antrittsbesuchen in Zellen habe ich auch noch nichts gehört, aber bitte - man lernt nie aus, auch nicht, sich zu wundern.
Freitag, 19. März 2010
Schießsport und Kaliber
Der tragische Tod eines SEK-Beamten, der vergangenen Mittwoch im Kreis Neuwied ums Leben kam, wirft wieder einmal Diskussionen auf rund um das Thema "privater Waffenbesitz". Man mag geteilter Meinung sein hinsichtlich der Frage, wer welche Waffen besitzen darf und ich will hier keine Diskussion über eine (weitere) Reform des Waffenrechts ins Leben rufen, sondern nur einen kleinen Aspekt beleuchten.
Der BDK Bundesvorsitzende Jansen wird von der FAZ wie folgt zitiert: "Das ist ein Kaliber, das mit Schießsport nichts zu tun hat". Gemeint ist ein Kal. 45, will sagen, Geschoßdurchmesser 11,43 mm und damit Einordnung in die Gattung der großkalibrigen Waffen.
Der BDK Bundesvorsitzende Jansen wird von der FAZ wie folgt zitiert: "Das ist ein Kaliber, das mit Schießsport nichts zu tun hat". Gemeint ist ein Kal. 45, will sagen, Geschoßdurchmesser 11,43 mm und damit Einordnung in die Gattung der großkalibrigen Waffen.
Diese Aussage ist schlicht falsch. Der Schießsport untergliedert sich in unterschiedliche Disziplinen, angefangen bei den Standarddisziplinen im Kurzwaffenprogramm über Mehrdistanz-, Speed-, Silhouetten-, Perkussions-, Wurfscheiben- und Field-Target-Schießen bis hin zu den unterschiedlichen IPSC-Disziplinen. Dass dabei mit unterschiedlichen Kalibern geschossen wird, ist ebenso selbstverständlich wie die Tatsache, dass man beim Golfen eben auch nicht den Putter nimmt, wenn man eine Distanz von 100 Metern bewältigen möchte.
Schulklassen, Gerichtsbesuche und Sternstunden der Pädagogik
Es ist kurz vor den Osterferien. Man merkt es daran, dass die Tage länger werden, die Luft wärmer und Schulklassen in Gerichtssälen sitzen, denen offenbar der Zahn gezogen werden soll, dass es "in echt" nicht so zugeht wie bei Frau Salesch und ihren TV-Kollegen.
In der zurückliegenden Woche habe ich an 4 verschiedenen Gerichten verteidigt, 3 Mal saß eine Schulklasse im Saal, was jeweils dazu führte, dass bei meinen Mandanten neben den Fragezeichen im Gesicht noch mehr der Schweiß auf der Stirn stand.
Alle Schüler haben sich besser benommen, als ich das in einem vergleichbaren Alter wohl getan hätte - soviel sei schon mal gesagt. Alle waren brav still, Unterhaltungen im Flüsterton wurden so leise geführt, dass vorne nichts mehr davon ankam. Einige malten Skizzen vom Gerichtssaal, andere machten sich Notizen und wieder andere schienen in dumpfes Brüten verfallen, wobei die Zahl der dumpfen Brüter bei Weitem am größten war.
Irgendwie kann ich das gepflegte Desinteresse am wahren Leben angesichts dessen, was nachmittäglich über die Bildschirme flimmert, sogar verstehen. Da tauchen urplötzlich Zeugen auf, die, ebenso wie die Angeklagten das jeweils gewünschte Klischee bedienen, der bärbeißige Staatsanwalt sorgt immer mal wieder für einen Lacher, während der Verteidiger meist dummes Zeug redet und am Ende, sozusagen nach der Siegerehrung seines Mandanten zu einer mehrjährigen Haftstrafe, die Eselsmütze aufhat. Die Rechte des Angeklagten werden auf ein tv-taugliches Minimum reduziert und die Verhandlunsführung durch den Vorsitzenden ist bisweilen ein hübsches Sammelsurium für Befangenheitsanträge, die natürlich keiner stellt, weil das nicht ins Format passt.
Und dann die Realität: alles geht deutlich weniger hoch her als im Fernsehen, wirkt viel formaler und wenn man Pech hat, geraten sich nicht einmal Verteidiger und Staatsanwalt in die Haare. Zu allem Überfluss dauern manche Sitzungen deutlich länger als die TV-Verhandlungen, was Konzentration und Geduld auf eine harte Probe stellt, und es gibt nicht mal Werbepausen. Und da soll man sich als Schüler noch gut unterhalten fühlen?!
Unabhängig davon frage ich mich, wer die Kinder wie auf eine Verhandlung vorbereitet und, falls es eine Vorbereitung gibt, wieviel Kenntnisse der jeweils vorbereitende Lehrkörper hat. Als ich nach einer Verhandlung meine Siebensachen zusammenpackte, bekam ich mit, dass sich der Vorsitzende danach für Fragen der Schulklasse zur Verfügung stellte. Eine Frage lautete: "Wenn ein Prominenter eine Körperverletzung begeht, wird er dann genauso hart bestraft wie ein Nichtprominenter?" Antwort: "Ja." Zwischenruf des Lehrkörpers: "Siehste, ich hab´s doch gesagt, aber mir glaubt ja keiner!" Hört, hört. Eine pädagogische Sternstunde und ich bin live dabei! Die Begründung des Lehrkörpers hätte mich mal interessiert und weiter, warum es ihm augenscheinlich nicht gelungen ist, seinen Schülern den Gleichheitssatz zu versinnbildlichen.
Der Richter hat´s gerichtet. Er hat geduldig, anschaulich und durchaus fesselnd erklärt und damit wahrscheinlich mehr zur Allgemeinbildung der Schüler beigetragen als 3 Stunden Sozialkundeunterricht. Wollen wir mal hoffen, dass sich die Schüler bei der nächsten Runde TV-Gericht an das ein oder andere (Verfahrens)grundrecht erinnern und realisieren, dass es "in echt" Gott sei Dank anders zugeht als im Fernsehen.
In der zurückliegenden Woche habe ich an 4 verschiedenen Gerichten verteidigt, 3 Mal saß eine Schulklasse im Saal, was jeweils dazu führte, dass bei meinen Mandanten neben den Fragezeichen im Gesicht noch mehr der Schweiß auf der Stirn stand.
Alle Schüler haben sich besser benommen, als ich das in einem vergleichbaren Alter wohl getan hätte - soviel sei schon mal gesagt. Alle waren brav still, Unterhaltungen im Flüsterton wurden so leise geführt, dass vorne nichts mehr davon ankam. Einige malten Skizzen vom Gerichtssaal, andere machten sich Notizen und wieder andere schienen in dumpfes Brüten verfallen, wobei die Zahl der dumpfen Brüter bei Weitem am größten war.
Irgendwie kann ich das gepflegte Desinteresse am wahren Leben angesichts dessen, was nachmittäglich über die Bildschirme flimmert, sogar verstehen. Da tauchen urplötzlich Zeugen auf, die, ebenso wie die Angeklagten das jeweils gewünschte Klischee bedienen, der bärbeißige Staatsanwalt sorgt immer mal wieder für einen Lacher, während der Verteidiger meist dummes Zeug redet und am Ende, sozusagen nach der Siegerehrung seines Mandanten zu einer mehrjährigen Haftstrafe, die Eselsmütze aufhat. Die Rechte des Angeklagten werden auf ein tv-taugliches Minimum reduziert und die Verhandlunsführung durch den Vorsitzenden ist bisweilen ein hübsches Sammelsurium für Befangenheitsanträge, die natürlich keiner stellt, weil das nicht ins Format passt.
Und dann die Realität: alles geht deutlich weniger hoch her als im Fernsehen, wirkt viel formaler und wenn man Pech hat, geraten sich nicht einmal Verteidiger und Staatsanwalt in die Haare. Zu allem Überfluss dauern manche Sitzungen deutlich länger als die TV-Verhandlungen, was Konzentration und Geduld auf eine harte Probe stellt, und es gibt nicht mal Werbepausen. Und da soll man sich als Schüler noch gut unterhalten fühlen?!
Unabhängig davon frage ich mich, wer die Kinder wie auf eine Verhandlung vorbereitet und, falls es eine Vorbereitung gibt, wieviel Kenntnisse der jeweils vorbereitende Lehrkörper hat. Als ich nach einer Verhandlung meine Siebensachen zusammenpackte, bekam ich mit, dass sich der Vorsitzende danach für Fragen der Schulklasse zur Verfügung stellte. Eine Frage lautete: "Wenn ein Prominenter eine Körperverletzung begeht, wird er dann genauso hart bestraft wie ein Nichtprominenter?" Antwort: "Ja." Zwischenruf des Lehrkörpers: "Siehste, ich hab´s doch gesagt, aber mir glaubt ja keiner!" Hört, hört. Eine pädagogische Sternstunde und ich bin live dabei! Die Begründung des Lehrkörpers hätte mich mal interessiert und weiter, warum es ihm augenscheinlich nicht gelungen ist, seinen Schülern den Gleichheitssatz zu versinnbildlichen.
Der Richter hat´s gerichtet. Er hat geduldig, anschaulich und durchaus fesselnd erklärt und damit wahrscheinlich mehr zur Allgemeinbildung der Schüler beigetragen als 3 Stunden Sozialkundeunterricht. Wollen wir mal hoffen, dass sich die Schüler bei der nächsten Runde TV-Gericht an das ein oder andere (Verfahrens)grundrecht erinnern und realisieren, dass es "in echt" Gott sei Dank anders zugeht als im Fernsehen.
Donnerstag, 18. März 2010
Der Frauenverwirrer
Ich hatte schon mal berichtet von ihm, dem Strafrichter beim Amtsgericht N., der immer für eine Spruch zu haben ist.
Kürzlich hatte ich das Vergnügen, ihm als Zeugen zu begegnen. Es ging um ein Aussagedelikt. Er hatte meiner Mandantin ihre Zeugenaussage nicht abgenommen, weshalb gegen diese ein Verfahren wegen Falschaussage in die Wege geleitet worden war. Meine Mandantin, eine 17-jährige Azubi, hatte sich ihren Angaben zufolge tatsächlich in einen Widerspruch verwickelt, wobei sie angab, durch die Fragen des Vorsitzenden sehr verwirrt gewesen zu sein.
Der Jugendrichter hält seinem Kollegen die Einlassung meiner Mandantin vor und möchte wissen, ob er es für möglich halte, die Angeklagte verwirrt zu haben. Antwort:
Des Jugendrichters Mimik ringt mit einem Grinsen, ich pruste los und die Protokollführerin verdreht die Augen.
Ich versuche eine ergänzende Erklärung der Einlassung meiner Mandantin: "Der Grad der Verwirrung ist sicher individuell verschieden. Ich würde meinen, dass meine Mandantin sehr viel schneller zu verwirren ist als ich."
Nun prustet der Zeuge zustimmend los und der Jugendrichter nickt mit hochgezogenen Augenbrauen.
Meine Mandantin wurde trotz durchaus glaubhaft vorgebrachter Verwirrung zu Sozialstunden verurteilt. Hätte man auch anders entscheiden können. Vielleicht schreibt der Jugendrichter ja was in den Urteilsgründen dazu, weshalb er wohl davon ausgegangen ist, dass die Fähigkeit seines Kollegen, Frauen zu verwirren, in diesem Falle nicht zu einer anderen Beurteilung der Rechtslage geführt hat.
Kürzlich hatte ich das Vergnügen, ihm als Zeugen zu begegnen. Es ging um ein Aussagedelikt. Er hatte meiner Mandantin ihre Zeugenaussage nicht abgenommen, weshalb gegen diese ein Verfahren wegen Falschaussage in die Wege geleitet worden war. Meine Mandantin, eine 17-jährige Azubi, hatte sich ihren Angaben zufolge tatsächlich in einen Widerspruch verwickelt, wobei sie angab, durch die Fragen des Vorsitzenden sehr verwirrt gewesen zu sein.
Der Jugendrichter hält seinem Kollegen die Einlassung meiner Mandantin vor und möchte wissen, ob er es für möglich halte, die Angeklagte verwirrt zu haben. Antwort:
"Ich verwirre öfter mal Frauen."
Des Jugendrichters Mimik ringt mit einem Grinsen, ich pruste los und die Protokollführerin verdreht die Augen.
Ich versuche eine ergänzende Erklärung der Einlassung meiner Mandantin: "Der Grad der Verwirrung ist sicher individuell verschieden. Ich würde meinen, dass meine Mandantin sehr viel schneller zu verwirren ist als ich."
Nun prustet der Zeuge zustimmend los und der Jugendrichter nickt mit hochgezogenen Augenbrauen.
Meine Mandantin wurde trotz durchaus glaubhaft vorgebrachter Verwirrung zu Sozialstunden verurteilt. Hätte man auch anders entscheiden können. Vielleicht schreibt der Jugendrichter ja was in den Urteilsgründen dazu, weshalb er wohl davon ausgegangen ist, dass die Fähigkeit seines Kollegen, Frauen zu verwirren, in diesem Falle nicht zu einer anderen Beurteilung der Rechtslage geführt hat.
Da können Sie ruhig husten - Teil 2
Ich hatte hier schon berichtet, dass die Vorstellungen von Verteidigung und Staatsanwaltschaft in puncto Strafzumessung bisweilen sehr weit auseinander liegen.
Es ging um eine Anklage wegen Einfuhr und Handeltreibens mit harten Betäubungsmitteln. Die nicht geringen Mengen waren jeweils deutlich überschritten. Mein Mandant hatte schon beim Haftrichter ein umfassendes Geständnis abgelegt und Angaben zu den niederländischen Dealern gemacht, bei denen er die Drogen gekauft hatte. Beides Gründe, die trotz der erheblichen Mengen einen minder schweren Fall diskutierbar machten und damit eine Strafrahmenverschiebung von von mindestens 2 Jahren zu 3 Monaten bis fünf Jahren.
Heute war die Hauptverhandlung beim Schöffengericht in M.. Mein Mandant wiederholte sein Geständnis hinsichtlich der Einfuhr, blieb aber wie schon im vorangegangenen Ermittlungsverfahren dabei, dass ein Handeltreiben mit den erworbenen Drogen von ihm nicht in Erwägung gezogen worden war.
Der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft nahm ihm dies nicht ab und gelangte auch nicht dazu, das Vorliegen eines minder schweren Falles zu bejahen. Der Antrag lautete auf 2 Jahre und 6 Monate ohne Bewährung.
Ich beantragte eine Bewährungsstrafe unter Annahme eines minder schweren Falles.
Das Gericht folgte meinem Antrag und verhängte 2 Jahre, ausgesetzt zur Bewährung.
Gehustet hat bei Urteilsverkündung übrigens niemand. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Es ging um eine Anklage wegen Einfuhr und Handeltreibens mit harten Betäubungsmitteln. Die nicht geringen Mengen waren jeweils deutlich überschritten. Mein Mandant hatte schon beim Haftrichter ein umfassendes Geständnis abgelegt und Angaben zu den niederländischen Dealern gemacht, bei denen er die Drogen gekauft hatte. Beides Gründe, die trotz der erheblichen Mengen einen minder schweren Fall diskutierbar machten und damit eine Strafrahmenverschiebung von von mindestens 2 Jahren zu 3 Monaten bis fünf Jahren.
Heute war die Hauptverhandlung beim Schöffengericht in M.. Mein Mandant wiederholte sein Geständnis hinsichtlich der Einfuhr, blieb aber wie schon im vorangegangenen Ermittlungsverfahren dabei, dass ein Handeltreiben mit den erworbenen Drogen von ihm nicht in Erwägung gezogen worden war.
Der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft nahm ihm dies nicht ab und gelangte auch nicht dazu, das Vorliegen eines minder schweren Falles zu bejahen. Der Antrag lautete auf 2 Jahre und 6 Monate ohne Bewährung.
Ich beantragte eine Bewährungsstrafe unter Annahme eines minder schweren Falles.
Das Gericht folgte meinem Antrag und verhängte 2 Jahre, ausgesetzt zur Bewährung.
Gehustet hat bei Urteilsverkündung übrigens niemand. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Mittwoch, 17. März 2010
In den Krümeln suchen...
... ist eine gebräuchlich Redewendung, die besagt, dass man eine Sache ganz besonders genau nimmt. Normalerweise ist mir persönlich ein Indenkrümelnsuchen viel zu aufwändig.
Nicht aber in folgendem Fall: Ich vertrat einen Pkw-Halter in einer Unfallsache, bei der nach meiner Einschätzung die Karten wirklich gut gemischt waren, denn immerhin hatten wir 3 Zeugen (2 davon sog. Neutrale) in peto und die Gegenseite keinen. Die Beweisaufnahme ergab: der Unfall hat sich so abgespielt wie wir vorgetragen hatten. Ich sah uns klar auf der Siegerstraße und staunte nicht schlecht, als das Urteil eintraf, in dem unserer Klage nur zur Hälfte stattgegeben worden war. Die Begründung war zum Haareraufen, aber es nützte nichts: das Urteil war mangels Beschwer nicht einmal berufungsfähig. Neben dem großen Fehler, also der Klage nicht vollständig stattzugeben, hatte die Richterin, die diesen Posten noch nicht lange bekleidet, noch einen kleinen Fehler gemacht und sich bei der Berechnung der 50% um 12,50 € zugunsten meines Mandanten verrechnet.
Mir selbst war dieser Fehler noch gar nicht aufgefallen, wohl aber dem Kollegen, der die Gegenseite, u.a., eine große deutsche Versicherung mit 3 Buchstaben, vertrat. Er rief mich an und wollte wissen, ob es in Ordnung sei, wenn seine Mandantin (die mit den 3 Buchstaben) die 12,50 € nicht zahlt, weil das wohl ein Fehler des Gerichts sei. Und endlich kommen wir zu den Krümeln, in denen ich ja sonst nicht so gerne suche: trotz des freundlichen Anrufs befand ich es nicht für in Ordnung, wenn die mit den 3 Buchstaben die 12,50 € behält. Ich bin nun gespannt, ob es wegen dieser Summe noch Schreibarbeit gibt oder ob die mit den 3 Buchstaben die Krümel weiter verfolgen wird.
Nicht aber in folgendem Fall: Ich vertrat einen Pkw-Halter in einer Unfallsache, bei der nach meiner Einschätzung die Karten wirklich gut gemischt waren, denn immerhin hatten wir 3 Zeugen (2 davon sog. Neutrale) in peto und die Gegenseite keinen. Die Beweisaufnahme ergab: der Unfall hat sich so abgespielt wie wir vorgetragen hatten. Ich sah uns klar auf der Siegerstraße und staunte nicht schlecht, als das Urteil eintraf, in dem unserer Klage nur zur Hälfte stattgegeben worden war. Die Begründung war zum Haareraufen, aber es nützte nichts: das Urteil war mangels Beschwer nicht einmal berufungsfähig. Neben dem großen Fehler, also der Klage nicht vollständig stattzugeben, hatte die Richterin, die diesen Posten noch nicht lange bekleidet, noch einen kleinen Fehler gemacht und sich bei der Berechnung der 50% um 12,50 € zugunsten meines Mandanten verrechnet.
Mir selbst war dieser Fehler noch gar nicht aufgefallen, wohl aber dem Kollegen, der die Gegenseite, u.a., eine große deutsche Versicherung mit 3 Buchstaben, vertrat. Er rief mich an und wollte wissen, ob es in Ordnung sei, wenn seine Mandantin (die mit den 3 Buchstaben) die 12,50 € nicht zahlt, weil das wohl ein Fehler des Gerichts sei. Und endlich kommen wir zu den Krümeln, in denen ich ja sonst nicht so gerne suche: trotz des freundlichen Anrufs befand ich es nicht für in Ordnung, wenn die mit den 3 Buchstaben die 12,50 € behält. Ich bin nun gespannt, ob es wegen dieser Summe noch Schreibarbeit gibt oder ob die mit den 3 Buchstaben die Krümel weiter verfolgen wird.
Dienstag, 16. März 2010
Der Referendar und die Schulklasse
Manche Gerichte scheinen Schulklassen förmlich anzuziehen. Immer wenn ich in G. verhandele, was ca. ein halbes Dutzend mal pro Jahr vorkommt, sitzt eine Schulklasse im Sitzungssaal. So auch heute.
Die Sitzung startete mit Verzögerung, da der Vertreter der Staatsanwaltschaft, ein Referendar, mit Verspätung eintraf. Anstelle einer Entschuldigung schüttelte er erstmal der Richterin und der Protokollführerin die Hand bevor er zu seinem Platz schritt und umständlich die Akten auspackte. Das Verlesen der Anklageschrift verlief unfallfrei, das spätere Halten des Plädoyers nicht mehr so ganz.
Meine Referendarin, die hinten im Saal bei der Schulklasse saß, berichtete mir nach der Verhandlung von folgendem Dialog zwischen zwei Schülern:
S 1: "Ist das der Staatsanwalt?"
S 2: "Ja, glaub schon, der hat ja auch die Anklage vorgelesen."
S 1: "Und warum stottert der sich dann so einen zurecht?"
S 2: "Weiß nicht. Ist aber echt uncool."
Das, lieber S 1, weiß ich auch nicht. Dafür weiß ich aber, dass aller Anfang schwer ist, gerade beim Plädieren. Immerhin liess sich aber dem Beginn seines Plädoyers entnehmen ("Hohes Gericht, Frau Verteidigerin"), dass er bis dahin bemerkt hatte, dass nicht nur Richter und Protokollführer anwesend waren.
Die Sitzung startete mit Verzögerung, da der Vertreter der Staatsanwaltschaft, ein Referendar, mit Verspätung eintraf. Anstelle einer Entschuldigung schüttelte er erstmal der Richterin und der Protokollführerin die Hand bevor er zu seinem Platz schritt und umständlich die Akten auspackte. Das Verlesen der Anklageschrift verlief unfallfrei, das spätere Halten des Plädoyers nicht mehr so ganz.
Meine Referendarin, die hinten im Saal bei der Schulklasse saß, berichtete mir nach der Verhandlung von folgendem Dialog zwischen zwei Schülern:
S 1: "Ist das der Staatsanwalt?"
S 2: "Ja, glaub schon, der hat ja auch die Anklage vorgelesen."
S 1: "Und warum stottert der sich dann so einen zurecht?"
S 2: "Weiß nicht. Ist aber echt uncool."
Das, lieber S 1, weiß ich auch nicht. Dafür weiß ich aber, dass aller Anfang schwer ist, gerade beim Plädieren. Immerhin liess sich aber dem Beginn seines Plädoyers entnehmen ("Hohes Gericht, Frau Verteidigerin"), dass er bis dahin bemerkt hatte, dass nicht nur Richter und Protokollführer anwesend waren.
Montag, 15. März 2010
Ein Polizist fragt nach
Vor Monaten hatte ich mich für einen Mandanten, gegen den ein Ermittlungsverfahren läuft, bei der Polizei bestellt und um Akteneinsicht gebeten. Die Polizei selbst darf keine Akteneinsicht bewilligen, aber wenn das Akteneinsichtsgesuch schon mal drin ist, wird es in der Regel von der Staatsanwaltschaft später beachtet.
Später wurde das Mandat beendet und ich habe dies der Polizei mitgeteilt, damit mir nicht doch noch die Akte geschickt wird. Für mich war die Sache erledigt, weshalb ich nicht schlecht staunte, als mich kurze Zeit darauf der Sachbearbeiter anrief und wissen wollte, weshalb ich denn das Mandat niedergelegt hätte. Er weiß ganz genau, dass ich ihm das nicht verraten darf und selbst wenn ich es dürfte, wüsste ich nicht, was ihn das anginge. Obwohl ich mich darüber ärgere, dass er mich das fragt, antworte ich freundlich, dass ich ihm hierzu nichts sagen werde. Für diesen Fall möchte er dann aber wissen, welche aktuelle Adresse und welche Telefonnummer mein Mandant hat. Nun ist das Klassenziel erreicht und ich werde deutlich. Das Telefonat ist danach rasch beendet.
Es gibt einige Gründe, die dazu führen können, dass ein Mandat niedergelegt wird, aber keiner dieser Gründe geht Dritte etwas an, weshalb man z. B. nicht schreiben darf: "Das Mandat ist hier beendet, weil Herr X. meine Rechnung nicht gezahlt hat" oder "weil wir im Hinblick auf die Verteidigungsstrategie unterschiedliche Auffassungen vertreten".
Und überhaupt: rufe ich etwa bei der Polizei an, weil ich mir Auskunft darüber erhoffe, ob mein Mandant observiert oder telefonüberwacht wird?!
Später wurde das Mandat beendet und ich habe dies der Polizei mitgeteilt, damit mir nicht doch noch die Akte geschickt wird. Für mich war die Sache erledigt, weshalb ich nicht schlecht staunte, als mich kurze Zeit darauf der Sachbearbeiter anrief und wissen wollte, weshalb ich denn das Mandat niedergelegt hätte. Er weiß ganz genau, dass ich ihm das nicht verraten darf und selbst wenn ich es dürfte, wüsste ich nicht, was ihn das anginge. Obwohl ich mich darüber ärgere, dass er mich das fragt, antworte ich freundlich, dass ich ihm hierzu nichts sagen werde. Für diesen Fall möchte er dann aber wissen, welche aktuelle Adresse und welche Telefonnummer mein Mandant hat. Nun ist das Klassenziel erreicht und ich werde deutlich. Das Telefonat ist danach rasch beendet.
Es gibt einige Gründe, die dazu führen können, dass ein Mandat niedergelegt wird, aber keiner dieser Gründe geht Dritte etwas an, weshalb man z. B. nicht schreiben darf: "Das Mandat ist hier beendet, weil Herr X. meine Rechnung nicht gezahlt hat" oder "weil wir im Hinblick auf die Verteidigungsstrategie unterschiedliche Auffassungen vertreten".
Und überhaupt: rufe ich etwa bei der Polizei an, weil ich mir Auskunft darüber erhoffe, ob mein Mandant observiert oder telefonüberwacht wird?!
Donnerstag, 11. März 2010
"Da können Sie ruhig husten..."
... sprach der Staatsanwalt, nachdem er mir seine Vorstellungen zum Strafmaß mitgeteilt hatte, die geeignet waren, eine solche Reaktion bei mir hervor zu rufen.
Immerhin - Eines hat´s gebracht: wir wissen jetzt beide, dass unsere Vorstellungen sehr weit auseinandergehen und können uns weitere Gespräche im Vorfeld der Hauptverhandlung getrost schenken.
Immerhin - Eines hat´s gebracht: wir wissen jetzt beide, dass unsere Vorstellungen sehr weit auseinandergehen und können uns weitere Gespräche im Vorfeld der Hauptverhandlung getrost schenken.
Dienstag, 9. März 2010
Steck einen Menschen in eine Uniform...
... und du wirst staunen, wie schnell er sich binnen weniger Sekunden in einen Zeitgenossen verwandeln kann, dem man gelegentlich recht gerne im Dunkeln begegnen würde.
Es mag sein, dass wir in Koblenz verwöhnt sind was freundliche Justizbeamte angeht. Ich höre immer wieder von inhaftierten Mandanten, dass der Umgang "voll korrekt" sei, was sich mit meinen Beobachtungen deckt.
Verlässt man die beschauliche Rhein-Mosel-Stadt hingegen, dann kann es vorkommen, dass man auf Grüngekleidete trifft, die nach Anlegen der Uniform vergessen zu haben scheinen, jemals so etwas wie eine Kinderstube genossen zu haben.
Mein Mandant wurde mit Handfesseln an der Führleine in den Gerichtssaal gebracht und mit einem "Hierhin setzen!" auf seinen Platz verwiesen. Anstelle meines Mandanten sah ich mich zu einem "Bitte" genötigt, was mir einen verständnislosen Blick einbrachte, dann aber, nachdem der Groschen offenbar gefallen war, mit einem bärbeißigen "Danke!" erwidert wurde. Es versteht sich von selbst, dass der Beamte in den Sitzungspausen meinem Mandanten die Handfesseln wieder anlegte. Ich kann nur mutmaßen, dass es ihm ein Dorn im Auge war, dass der Vorsitzende in der längeren Pause vor der Urteilsverkündung meinem Mandanten gestattet hatte, mit seiner Ehefrau zu sprechen. Freilich blieb er in absoluter Hörweite sitzen (mein Mandant war geständig). Das Taschentuch, das mein Mandant während der Verhandlung vollgeschnieft hatte, hatte er an seine Ehefrau weitergereicht, da sie es ebenfalls brauchte. Das ging dann offenbar zu weit und der dienstbeflissene Beamte wollte "den übergebenen Gegenstand sofort sehen". Der durchgeweichte Papierfetzen ward ihm umgehend präsentiert. Nicht, dass dieser Umstand zur nachhaltigen Entspannung seiner Gesichtszüge beigtragen hätte, dafür aber zur nachhaltigen Anspannung meiner Mimik und meiner Nerven.
Ich habe nichts dagegen, wenn öffentlich Bedienstete ihren Vorschriften Folge leisten, aber ich kann es nicht ausstehen, wenn ein Uniformierter es sich herausnimmt, in einer zwar offiziell beanstandungsfreien Form, der aber die Geringschätzung für sein Gegenüber auf die Stirn geschrieben steht, mit einem sichtlich durch den Wind geschossenen Angeklagten so umzugehen, wie dieser es für nötig befand.
Ich habe ihm nicht gesagt, was ich davon halte, denn das hätte im Zweifel nur dazu geführt, dass mein Mandant es ausgebadet hätte. Vielleicht aber haben wir beide Glück und begegnen uns ein zweites Mal. Zunächst aber bin ich froh, wieder in heimischen Gefilden zu sein.
Es mag sein, dass wir in Koblenz verwöhnt sind was freundliche Justizbeamte angeht. Ich höre immer wieder von inhaftierten Mandanten, dass der Umgang "voll korrekt" sei, was sich mit meinen Beobachtungen deckt.
Verlässt man die beschauliche Rhein-Mosel-Stadt hingegen, dann kann es vorkommen, dass man auf Grüngekleidete trifft, die nach Anlegen der Uniform vergessen zu haben scheinen, jemals so etwas wie eine Kinderstube genossen zu haben.
Mein Mandant wurde mit Handfesseln an der Führleine in den Gerichtssaal gebracht und mit einem "Hierhin setzen!" auf seinen Platz verwiesen. Anstelle meines Mandanten sah ich mich zu einem "Bitte" genötigt, was mir einen verständnislosen Blick einbrachte, dann aber, nachdem der Groschen offenbar gefallen war, mit einem bärbeißigen "Danke!" erwidert wurde. Es versteht sich von selbst, dass der Beamte in den Sitzungspausen meinem Mandanten die Handfesseln wieder anlegte. Ich kann nur mutmaßen, dass es ihm ein Dorn im Auge war, dass der Vorsitzende in der längeren Pause vor der Urteilsverkündung meinem Mandanten gestattet hatte, mit seiner Ehefrau zu sprechen. Freilich blieb er in absoluter Hörweite sitzen (mein Mandant war geständig). Das Taschentuch, das mein Mandant während der Verhandlung vollgeschnieft hatte, hatte er an seine Ehefrau weitergereicht, da sie es ebenfalls brauchte. Das ging dann offenbar zu weit und der dienstbeflissene Beamte wollte "den übergebenen Gegenstand sofort sehen". Der durchgeweichte Papierfetzen ward ihm umgehend präsentiert. Nicht, dass dieser Umstand zur nachhaltigen Entspannung seiner Gesichtszüge beigtragen hätte, dafür aber zur nachhaltigen Anspannung meiner Mimik und meiner Nerven.
Ich habe nichts dagegen, wenn öffentlich Bedienstete ihren Vorschriften Folge leisten, aber ich kann es nicht ausstehen, wenn ein Uniformierter es sich herausnimmt, in einer zwar offiziell beanstandungsfreien Form, der aber die Geringschätzung für sein Gegenüber auf die Stirn geschrieben steht, mit einem sichtlich durch den Wind geschossenen Angeklagten so umzugehen, wie dieser es für nötig befand.
Ich habe ihm nicht gesagt, was ich davon halte, denn das hätte im Zweifel nur dazu geführt, dass mein Mandant es ausgebadet hätte. Vielleicht aber haben wir beide Glück und begegnen uns ein zweites Mal. Zunächst aber bin ich froh, wieder in heimischen Gefilden zu sein.
Samstag, 6. März 2010
Die Zelle
"Lebenslänglich" bedeutet nicht zwingend, dass ein Verurteilter bis zu seinem Tode inhaftiert bleibt, aber:
Das Leben kommt auf alle Fälle
aus einer Zelle.
Doch manchmal endet´s auch - bei Strolchen -
in einer solchen.
(Heinz Erhardt)
In Zeiten, in denen man seinen Kopf noch an einer Guillotine verlieren konnte, galt:
Es lohnt sich, keinen Hut zu tragen
endet der Mensch bereits am Kragen
(ebenfalls Erhardt in "Ritter Fips und der Kaufmannssohn")
Das Leben kommt auf alle Fälle
aus einer Zelle.
Doch manchmal endet´s auch - bei Strolchen -
in einer solchen.
(Heinz Erhardt)
In Zeiten, in denen man seinen Kopf noch an einer Guillotine verlieren konnte, galt:
Es lohnt sich, keinen Hut zu tragen
endet der Mensch bereits am Kragen
(ebenfalls Erhardt in "Ritter Fips und der Kaufmannssohn")
Donnerstag, 4. März 2010
Wegen U-Haft nicht erziehungsfähig?
Manchmal frage ich mich, was Kollegen wohl reitet, die, während ein Ermittlungsverfahren gegen einen inhaftierten Vater noch in vollem Gange ist, im Auftrag der Mutter ein komplettes familienrechtliches Szenario vom Zaun brechen.
Schön und gut, wenn der werte Gatte seit 2 Monaten in U-Haft sitzt, Scheidungsantrag zu stellen. Das ist zwar lange vor Ablauf des Trennungsjahres, aber bitteschön. Hier gilt dann wohl der alte Grundsatz "aus den Augen, aus dem Sinn". Das macht zwar den Antrag nicht schlüssiger, sorgt aber immerhin dafür, dass der Inhaftierte nunmehr zumindest ungestraft den Hochzeitstag vergessen darf.
Unlustig für einen einsitzenden Vater wird es aber dann, wenn gleichzeitig noch ein Sorgerechtsverfahren in die Wege geleitet wird in der Absicht, ihm das Sorgerecht zu entziehen. Schlicht den Kopf muss man in diesem Zusammenhang über folgende Argumentation: Der Verfahrensgegner hat erhebliche Straftaten begangen, aufgrund derer er sich derzeit in Untersuchungshaft befindet. Er hat dadurch gezeigt, dass er erziehungsunfähig ist.
Als Verteidiger fragt man sich, ob solch familienrechtlich tätige Kollegen jemals etwas von einer Unschuldsvermutung gehört haben oder ob dieser Teil der Aus- und Allgemeinbildung schlicht an ihnen vorbeigerauscht ist.
Was das Kindeswohl und die Erziehungsfähigkeit angeht:
Untersuchungshaft bedeutet zwar, dass ein Vater faktisch zur Erziehung nicht zur Verfügung steht. Hieraus aber ableiten zu wollen, dass er damit grundsätzlich zur Erziehung ungeeignet ist, geht zu weit. Das sehen erfreulicherweise auch manche Richter so, die derartige Verfahren bis zum Abschluss des Strafverfahrens aussetzen.
Schön und gut, wenn der werte Gatte seit 2 Monaten in U-Haft sitzt, Scheidungsantrag zu stellen. Das ist zwar lange vor Ablauf des Trennungsjahres, aber bitteschön. Hier gilt dann wohl der alte Grundsatz "aus den Augen, aus dem Sinn". Das macht zwar den Antrag nicht schlüssiger, sorgt aber immerhin dafür, dass der Inhaftierte nunmehr zumindest ungestraft den Hochzeitstag vergessen darf.
Unlustig für einen einsitzenden Vater wird es aber dann, wenn gleichzeitig noch ein Sorgerechtsverfahren in die Wege geleitet wird in der Absicht, ihm das Sorgerecht zu entziehen. Schlicht den Kopf muss man in diesem Zusammenhang über folgende Argumentation: Der Verfahrensgegner hat erhebliche Straftaten begangen, aufgrund derer er sich derzeit in Untersuchungshaft befindet. Er hat dadurch gezeigt, dass er erziehungsunfähig ist.
Als Verteidiger fragt man sich, ob solch familienrechtlich tätige Kollegen jemals etwas von einer Unschuldsvermutung gehört haben oder ob dieser Teil der Aus- und Allgemeinbildung schlicht an ihnen vorbeigerauscht ist.
Was das Kindeswohl und die Erziehungsfähigkeit angeht:
Untersuchungshaft bedeutet zwar, dass ein Vater faktisch zur Erziehung nicht zur Verfügung steht. Hieraus aber ableiten zu wollen, dass er damit grundsätzlich zur Erziehung ungeeignet ist, geht zu weit. Das sehen erfreulicherweise auch manche Richter so, die derartige Verfahren bis zum Abschluss des Strafverfahrens aussetzen.
Mittwoch, 3. März 2010
Man trifft sich meistens zweimal
Jeder Verteidiger hat Mandanten, denen er mehrfach das Körperteil gerettet, auf dem man gemeinhin zu sitzen pflegt. Dies ist wahrscheinlich ein Grund, weshalb sie einen erneut mit ihrer Verteidigung beauftragen, wenn besagtes Körperteil wieder gefährdet ist.
Dass sie dann aber anfangen, an Kostennoten rumzumeckern, die die gesetzlichen Mittelgebühren beinhalten und eingeschnappt sind, wenn man auf deren Begleichung besteht, ist verwunderlich.
Ich stelle in solchen Fällen anheim, das Mandat zu beenden und sich von einem Kollegen verteidigen zu lassen.
Hiermit besteht oftmals Einverständnis, denn es scheint vereinzelt Kollegen zu geben, die (schwarz?) gegen weniger als die gesetzlichen Gebühren verteidigen.
Vor kurzem habe ich auf diese Weise Herrn X. verloren.
Vor ein paar Wochen ist ein anderer, nennen wir ihn der Einfachheit halber Herrn Y., wiedergekommen, der mir auch "aus Kostengründen" das Mandat entzogen hatte. Die erste Instanz ist beendet, es gab eine Bauchlandung und jetzt soll ich die Berufung übernehmen. Ich hab´s mal davon abhängig gemacht, dass die gesetzlichen Gebühren allesamt VOR der Berufungsverhandlung gezahlt werden.
Dass sie dann aber anfangen, an Kostennoten rumzumeckern, die die gesetzlichen Mittelgebühren beinhalten und eingeschnappt sind, wenn man auf deren Begleichung besteht, ist verwunderlich.
Ich stelle in solchen Fällen anheim, das Mandat zu beenden und sich von einem Kollegen verteidigen zu lassen.
Hiermit besteht oftmals Einverständnis, denn es scheint vereinzelt Kollegen zu geben, die (schwarz?) gegen weniger als die gesetzlichen Gebühren verteidigen.
Vor kurzem habe ich auf diese Weise Herrn X. verloren.
Vor ein paar Wochen ist ein anderer, nennen wir ihn der Einfachheit halber Herrn Y., wiedergekommen, der mir auch "aus Kostengründen" das Mandat entzogen hatte. Die erste Instanz ist beendet, es gab eine Bauchlandung und jetzt soll ich die Berufung übernehmen. Ich hab´s mal davon abhängig gemacht, dass die gesetzlichen Gebühren allesamt VOR der Berufungsverhandlung gezahlt werden.
Dienstag, 2. März 2010
Kopierkosten - der Ärger nimmt kein Ende
Es ist jetzt das dritte Mal in einer Woche, dass Anfragen von Rechtspflegern hier eingehen, die die Kopierkosten erläutert haben wollen. Es ist auch das dritte Mal, dass ich mich ärgere und zurückschreibe, dass es neben der Hauptakte noch x Beiakten, eine Lichtbildmappe und TKÜ Ordner gab, die ebenfalls abgelichtet wurden und die Anzahl der darauf entfallenden Kopien auseinanderklamüsere.
Warum muss man als Anwalt immer wieder gebetsmühlenartig auf so etwas aufmerksam machen? Die Akte liegt dem jeweiligen Rechtspfleger doch vor. Es wäre kein Problem, einen Blick reinzuwerfen und festzustellen, ob und falls ja, welche Beiakten es gab. Welches Bild wird Rechtspflegern von Anwälten vermittelt? Etwa, dass sie sich an Kopien bereichern (0,30 € pro Stück!) wollen, deren Erstellung die Arbeitskraft einer Mitarbeiterin für mindestens einen halben Tag lahmlegt? Ich würde liebend gerne bereits fertige Kopien in Empfang nehmen oder - besser noch - CDs mit dem Akteninhalt um meinen Mitarbeitern das leidige Kopieren/Scannen zu ersparen.
Sollte hier bis Ende der Woche auch noch die vierte Kopienanfrage eintrudeln, leg ich sie dem betreffenden Rechtspfleger alle auf´s Fax, damit er höchstselbst nachzählen kann - ich schwör´s!
Warum muss man als Anwalt immer wieder gebetsmühlenartig auf so etwas aufmerksam machen? Die Akte liegt dem jeweiligen Rechtspfleger doch vor. Es wäre kein Problem, einen Blick reinzuwerfen und festzustellen, ob und falls ja, welche Beiakten es gab. Welches Bild wird Rechtspflegern von Anwälten vermittelt? Etwa, dass sie sich an Kopien bereichern (0,30 € pro Stück!) wollen, deren Erstellung die Arbeitskraft einer Mitarbeiterin für mindestens einen halben Tag lahmlegt? Ich würde liebend gerne bereits fertige Kopien in Empfang nehmen oder - besser noch - CDs mit dem Akteninhalt um meinen Mitarbeitern das leidige Kopieren/Scannen zu ersparen.
Sollte hier bis Ende der Woche auch noch die vierte Kopienanfrage eintrudeln, leg ich sie dem betreffenden Rechtspfleger alle auf´s Fax, damit er höchstselbst nachzählen kann - ich schwör´s!
Daten löschen - aber ganz flott!
Applaus für die Damen und Herren in den roten Roben:
http://nachrichten.t-online.de/urteil-des-bundesverfassungsgerichts-karlsruhe-kippt-die-vorratsdatenspeicherung/id_40932714/index
http://nachrichten.t-online.de/urteil-des-bundesverfassungsgerichts-karlsruhe-kippt-die-vorratsdatenspeicherung/id_40932714/index
Montag, 1. März 2010
Schleuserverfahren - alles hat ein Ende
Heute ging es zu Ende, das Verfahren, in dem zwei Männern vorgeworfen worden war, bandenmäßig Ausländer eingeschleust zu haben.
Mehr als 6 Jahren hatten die Behörden ermittelt und es dauerte über ein Jahr bis der Verteidigung Akteneinsicht gewährt wurde. Dass diese Verzögerungen des Verfahrens also allein mit den Ermittlungsbehörden, nicht aber mit den Angeklagten nach Hause gingen, bedurfte keiner Erörterung. Auch nicht, dass es nicht einfach war, einen Dolmetscher für Ishan zu verpflichten.
Nachdem die Übersetzungen der TKÜ nun vorlagen, galt es zu entscheiden, ob diese im Selbstleseverfahren eingeführt werden können oder ob wir noch ein paar Monate dranhängen und sie uns gemeinsam anhören. Angesichts der nicht sonderlich guten Deutschkenntnisse des Dolmetschers, die in der Schriftsprache offenkundig wurden, wäre dies durchaus eine Option gewesen. Nachdem das Gericht allerdings im Hinblick auf meinen Mandanten zugesichert hatte, es für den Fall einer geständigen Einlassung ausgehend von einem Beihilfeleisten zu einer gewerbsmäßigen Schleuserei, bei 90 Tagessätzen zu belassen, stellte sich die Frage, ob ein Ende mit (kleinem) Schrecken nicht besser ist als ein Verfahren ohne absehbares Ende und offenem Ergebnis. Allen Beteiligten war klar, dass bei tieferem Einstieg in die TKÜ entweder die Anklage in sich zusammengefallen oder aber der Vorwurf gleichsam zementiert worden wäre mit dem Ergebnis einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr. Für den letzteren Fall nehmen sich 90 Tagessätze, die übrigens nicht in ein privates Führungszeugnis eingetragen werden (offiziell gilt man also nicht als vorbestraft), freilich ausgesprochen gut aus.
Meinem Mandanten fiel die Entscheidung nicht leicht, letztlich war er aber doch mit dieser Art der Verfahrensbeendigung einverstanden.
Im Zivilrecht hört man oft, dass ein Vergleich dann besonders gut ist, wenn alle Beteiligten damit unzufrieden sind. Manchmal ist es im Strafrecht genauso.
Damit geht ein Verfahren vor dem Amtsgericht zu Ende, dass wegen seiner Länge Seltenheitscharakter hat. Ich persönlich hätte auch gut damit leben können, wenn mein Mandant sich dazu entschieden hätte, von einem Geständnis abzusehen, zumal das Verhandlungsklima im Hinblick auf das beteiligte Schöffengericht sehr angenehm war. An Stelle des Vorsitzenden wäre ich nicht begeistert gewesen über meine ungezählten Anträge, beispielsweise auf Austausch des Dolmetschers, aber dieser hier war souverän genug, sich einen möglichen Ärger darüber nicht anmerken zu lassen.
Mehr als 6 Jahren hatten die Behörden ermittelt und es dauerte über ein Jahr bis der Verteidigung Akteneinsicht gewährt wurde. Dass diese Verzögerungen des Verfahrens also allein mit den Ermittlungsbehörden, nicht aber mit den Angeklagten nach Hause gingen, bedurfte keiner Erörterung. Auch nicht, dass es nicht einfach war, einen Dolmetscher für Ishan zu verpflichten.
Nachdem die Übersetzungen der TKÜ nun vorlagen, galt es zu entscheiden, ob diese im Selbstleseverfahren eingeführt werden können oder ob wir noch ein paar Monate dranhängen und sie uns gemeinsam anhören. Angesichts der nicht sonderlich guten Deutschkenntnisse des Dolmetschers, die in der Schriftsprache offenkundig wurden, wäre dies durchaus eine Option gewesen. Nachdem das Gericht allerdings im Hinblick auf meinen Mandanten zugesichert hatte, es für den Fall einer geständigen Einlassung ausgehend von einem Beihilfeleisten zu einer gewerbsmäßigen Schleuserei, bei 90 Tagessätzen zu belassen, stellte sich die Frage, ob ein Ende mit (kleinem) Schrecken nicht besser ist als ein Verfahren ohne absehbares Ende und offenem Ergebnis. Allen Beteiligten war klar, dass bei tieferem Einstieg in die TKÜ entweder die Anklage in sich zusammengefallen oder aber der Vorwurf gleichsam zementiert worden wäre mit dem Ergebnis einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr. Für den letzteren Fall nehmen sich 90 Tagessätze, die übrigens nicht in ein privates Führungszeugnis eingetragen werden (offiziell gilt man also nicht als vorbestraft), freilich ausgesprochen gut aus.
Meinem Mandanten fiel die Entscheidung nicht leicht, letztlich war er aber doch mit dieser Art der Verfahrensbeendigung einverstanden.
Im Zivilrecht hört man oft, dass ein Vergleich dann besonders gut ist, wenn alle Beteiligten damit unzufrieden sind. Manchmal ist es im Strafrecht genauso.
Damit geht ein Verfahren vor dem Amtsgericht zu Ende, dass wegen seiner Länge Seltenheitscharakter hat. Ich persönlich hätte auch gut damit leben können, wenn mein Mandant sich dazu entschieden hätte, von einem Geständnis abzusehen, zumal das Verhandlungsklima im Hinblick auf das beteiligte Schöffengericht sehr angenehm war. An Stelle des Vorsitzenden wäre ich nicht begeistert gewesen über meine ungezählten Anträge, beispielsweise auf Austausch des Dolmetschers, aber dieser hier war souverän genug, sich einen möglichen Ärger darüber nicht anmerken zu lassen.
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