Donnerstag, 25. Januar 2024

25 Jahre Kampf um´s Recht

Heute vor 25 Jahren wurde ich als Rechtsanwältin zugelassen und vereidigt. Ich erinnere noch, dass es eine Feierstunde in der Rechtsanwaltskammer gab, an der teilzunehmen mir irgendwie die Lust fehlte. Immerhin hatte ich im November das 2. Staatsexamen gemacht und befand mich seither in einer Warteschleife. 

Den sofortigen Schritt in die Selbstständigkeit habe ich nie bereut und ich hatte das große Glück, dass dieser in den ersten Jahren flankiert wurde durch die Bürogemeinschaft mit Kollegen, die immer ein wachsames Auge auf mich hatten und aufgepasst haben, dass ich nicht unter Räder kam, die ich selbst manchmal noch nicht mal als solche erkannt hätte.

Ich habe es auch nie bereut, dass ich keine freundschaftlichen Kontakte zu Richtern aufgebaut habe in der Hoffnung, montagsmorgens einen Stapel Akten im Gerichtsfach vorzufinden, in denen ich als Pflichtverteidiger beigeordnet worden war. Mir ist Dergleichen in den zweieinhalb Jahrzehnten kein Dutzend mal passiert, aber auf die Pflichtverteidigungen, die mir Richter haben zukommen lassen, bin ich ein wenig stolz. Dies, weil ich dann den Eindruck hatte, dass Interesse daran besteht, dass ein Beschuldigter aktiv verteidigt wird. Vor 25 Jahren war die Dichte an Strafverteidigern, die mehr das Urteil begleitet haben als Anträge zu stellen, nach meinem Eindruck höher als heutzutage. Ich erinnere eine Kollegin, die sich seinerzeit gewagt hatte, einen Schwurgerichtsvorsitzenden wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehen, weil dieser im Vorfeld zu einem Verfahren sinngemäß gesagt haben soll, er sehe den Angeschuldigten schon in der Unterbringung. Damals hatte die Ungeheuerlichkeit des Antrages hohe Wellen geschlagen und er war zurückgewiesen worden. Der Kollegin pfiff seither der Wind eher eisig um die Ohren, aber auch sie ist bis heute trotzdem - oder vielleicht sogar deshalb - gut im Geschäft.

Was ich definitiv richtig gemacht habe und was mir bis heute garantiert, dass ich in den Genuss von Verfahren komme, die die Grenzen meines Gerichtsbezirks weit überschreiten, ist die Mitgründung der Bundesvereinigung der Fachanwälte für Strafrecht, deren Vorstand ich seit 2004 angehöre. Der Kollege Werner "Kantholz" Siebers hatte die Idee dazu und darf zurecht stolz darauf sein, dass es ihm gelungen ist, über die Jahre das Netzwerk um Kolleginnen und Kollegen zu erweitern, die im Strafrecht ihre Berufung gefunden haben.

Das Geld für die Mediationsausbildung, die ich 2005 gemacht habe, hätte ich rückblickend betrachtet besser zum Fenster hinaus geworfen, denn so hätte ich es wenigstens klimpern hören. In der Folgezeit ist es mir nie gelungen, auch nur einen einzigen Mediationsfall zu aquierieren. Irgendwie scheint niemand zu denken, dass ich diplomatische Fähigkeiten haben könnte.

Besser angelegt war das Geld im Fachanwalt für Strafrecht, einem Masterstudiengang im "Law and Legal Practice" sowie einem Zertifikatsstudium zum Berater für Steuerstrafrecht. Aktuell überlege ich, was ich als Nächstes studieren soll, denn Eines habe ich über die Jahre auch gelernt - ohne Fort- und Weiterbildung kann man sich, gerade wenn man als Einzelanwalt tätig ist, definitiv nicht behaupten.

Die nächsten Jahre sind demnach voll mit weiteren Projekten. Meine Autorentätigkeit für ZAP, Juris und den C.F. Müller Verlag möchte ich beibehalten, ich möchte endlich wieder diesen Blog mit Leben füllen und ansonsten darf es gerne so weiterlaufen wie bisher, auch wenn es nicht immer einfach ist.

Bis hierher vielen Dank an alle Weggefährten, die mir den Weg erleichtert haben, an meine Familie, die mehr als einmal auf mich verzichten musste, weil ich in Sachen Strafverteidigung unterwegs war, an die vielen Kollegen, mit denen ich verteidigen durfte und darf und nicht zuletzt an meine Mandanten.

Ich trinke heute Abend ein Jägermeisterchen auf Euch. ;)

 

 

 


Freitag, 21. Oktober 2022

Es ist wieder da!

Nicht "Er ist wieder da", sondern "Es ist wieder da". Gemeint ist damit keine non-binäre Person, sondern schlicht ein Buch. Nun mag das Lesen von Büchern eine Beschäftigung darstellen, die ein wenig aus der Mode gekommen zu sein scheint; dennoch empfehle ich diese durchweg analoge Beschäftigung hiermit generell und besonders natürlich bezogen auf dieses Werk:

https://www.otto-schmidt.de/anwaltformulare-strafrecht-9783811487499

AnwaltFormulare Strafrecht

Herausgegeben von Steffen Breyer, Maximilian Endler und Anja Sturm, ist gestern AnwaltFormulare Strafrecht im C.F. Müller Verlag erschienen.

Wie bereits in den Vorauflagen, durfte ich zwei Kapitel dazu beitragen, darunter eines zu meinem Lieblingsthema "Befangenheit". Wer also immer schon mal wissen wollte, weshalb Schöffen, die Schokoladennikoläuse an Staatsanwälte verteilen, als befangen anzusehen sind, der kann dies hier nachlesen. Praktischerweise war der Befangenheitsantrag seinerzeit in einem Verfahren gestellt worden, in dem ich verteidigt habe, so dass ich sozusagen aus erster Hand berichte.

Warum schreibt man als Anwalt eigentlich Bücher? Ganz sicher nicht, weil man damit reich würde. Das Salär ist überschaubar und die vielen Arbeitsstunden, die in jedem Kapitel stecken, rechnet man besser nicht aus.

An die "Love-me-Wall" kann man sich das Buch im Gegensatz zu den FOCUS-Urkunden nicht hängen und eine Vitrine, in der ich bei Kollegen von Einträgen aus dem "Who is who" bis hin zu selbst gebastelten Modellautos schon allerlei sonderliche Dinge gesehen habe, besitze ich nicht.

Der Umstand, dass man die Arbeitsstunden von der Rechtsanwaltskammer als Fortbildungsstunden für den Fachanwaltstitel anerkannt erhält, ist angenehmer Effekt, aber gewiss nicht der Motor, der einen antreibt, Entscheidungen zusammenzutragen, Anträge zu formulieren, Rechtsprechung zu lesen und der Familie zu vermitteln, dass man Druckfahnen lesen muss anstatt den Geburtstag von Tante Gertrud mit zu feiern.

In meinem Fall ist es die Freude daran, sich mit Themen ein wenig wissenschaftlicher auseinander zu setzen als dies im Anwaltsalltag oftmals möglich ist. Gerade bei der Abfassung eines Befangenheitsgesuchs in laufender Hauptverhandlung fehlt die Zeit für Ausführungen in epischer Breite und tiefergehende Überlegungen. Kennt man aber eine große Zahl von Entscheidungen zu diesem Thema, fällt es zum Einen leichter, den Mandanten zu beraten und zum Anderen ist die Gefahr, an Formalien zu scheitern, die aus einem an sich begründeten Gesuch eine peinliche, da unzulässige Aktion machen, minimiert.

Ich habe nie mit den anderen Autoren darüber gesprochen, was genau sie antreibt, aber ich bin sicher, dass das Schreiben von Büchern nichts für Leute ist, die sich mit einem "Dünndrüber" zufrieden geben.In diesem Sinne ist dieses Buch nicht für Kollegen verfasst, die meinen, das bisschen Strafrecht könne man mal so nebenbei erledigen und die deshalb früher oder später von der prozessualen Realität schmerzhaft eingeholt werden.

Den Lesern und Anwendern der AnwaltFormulare Strafrecht wünsche ich viele gute Anregungen beim Kampf um´s Recht. Denjenigen Kollegen, die mich in den vergangenen Jahren seit Erscheinen der 4. Auflage mit selbst erstrittenen Entscheidungen versorgt haben, möchte ich danken. Ohne sie kann sich Rechtsprechung nicht weiterentwickeln, kann Mandanten nicht zu ihrem Recht verholfen werden und können Bücher nicht geschrieben werden.

 


 

Samstag, 11. September 2021

Wie läuft´s denn so in Stuttgart?

Diese Frage stellt man mir seit April diesen Jahres häufiger. Der jeweilige Fragensteller möchte damit wissen, ob ich es schon bereut habe, die Verteidigung eines Angeklagten in einem Umfangsverfahren vor dem Oberlandesgericht Stuttgart übernommen zu haben, dem die Generalbundesanwaltschaft zusammen mit 11 weiteren Männern die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorwirft.

Um es vorweg zu nehmen: nein, ich habe es nicht bereut und das hat verschiedene Gründe.

Zunächst einmal ist es so, dass man nicht alle Tage in einem Terrorismusverfahren vor einem OLG-Senat verteidigen darf. Häufig sind die Angeklagten in solchen Verfahren einem anderen Geschlecht und einer anderen Religion als ich zugehörig, was mich von vorneherein auf der Liste der möglichen Verteidiger ganz weit nach hinten katapultiert. Mit derlei Ausschlusskriterien hat man in diesem Verfahren, in dem ausschließlich Deutsche angeklagt sind, als Frau nicht zu kämpfen und so sind wir immerhin 4 von 24 Verteidigern.

Weiter ist es bei einem OLG-Senat ein gutes Stück formaler als beim Amtsgericht um die Ecke, was die juristische Arbeit deutlich in den Vordergrund rückt und allen Beteiligten eine Art unaufgeregte Disziplin auferlegt, wie man sie sich manchmal in Verfahren vor Amts- und Landgerichten wünscht.

In dem Verfahren, das in der Presse schlagwortartig als "Gruppe S. Prozess" benannt ist, soll geklärt werden, ob die 12 Angeklagten sich zu einer terroristischen Vereinigung zusammengeschlossen haben mit dem Ziel, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu gefährden u.a. durch geplante Anschläge auf Moscheen und Politiker.

Die Anklage stützt sich in weiten Teilen auf die Angaben eines Angeklagten, der eine Zwitterrolle einnimmt. Er hatte die Ermittlungsbehörden mit Informationen versorgt, deren Wahrheitsgehalt einer kleinschrittigen Überprüfung bedarf und ist somit untechnisch gesprochen Angeklagter und Zeuge in Personalunion. Der heute 49jährige kann auf ein bewegtes Leben zurückblicken, das örtlich betrachtet über eine lange Distanz statisch verlief, befand er sich doch annähernd 21 Jahre in amtlicher Obhut, abwechselnd in Justizvollzugs- und Maßregelvollzugsanstalten. Derzeit ist ein psychiatrischer Sachverständiger damit befasst, ihn zu explorieren.

Daneben werden gigabyteweise Telekommunikationsüberwachungen eingeführt, was keinesfalls vergnügungssteuerpflichtig ist, vor allem dann nicht, wenn die Überwachten vor Betätigung der Tastatur dem Alkohol zugesprochen haben und man in weiten Teilen allerlei Dinge erfährt, die man am Liebsten gar nicht hören mag, angefangen bei cellulitär bedingten Eheproblemen über Wallhall´sche Zutrittsvoraussetzungen bis hin zu Ausführungen über Chemtrails mit Aluminiumbarium. 

Trotz derlei Perlen verstörender Kommunikation verläuft das Verfahren in jeder Hinsicht diszipliniert. Wir tragen brav Masken und manchmal frage ich mich, ob es wohl auffallen würde, wenn ein Prozessbeteiligter ein ihm leidlich ähnlich sehendes Double schicken würde. Coronabedingt wurde uns Verteidigern ein Zelt zur Verfügung gestellt, da der Aufenthalt im Stammheimer Prozessgebäude in den Pausen untersagt ist. Besagtes Zelt ist eine Art Bierzelt. Es ist außen weiß und drin steht für jeden Verteidiger ein Tischchen und ein Stühlchen, letzteres ohne Husse wie man sie von Hochzeiten kennt, die auch gerne mal in solchen Zelten stattfinden. Zu dem von der Justiz zur Verfügung gestellten Kühlschrank und der Kaffeepadmaschine haben sich zwischenzeitlich ein Kaffeevollautomat und ein Drucker der Verteidigung gesellt, damit in den Pausen bei einem Tässchen Bohnenkaffee mal rasch ein Beweisantrag ausgedruckt werden kann. Anstelle von "rasch" sagt man in Stuttgart übrigens "g´schwind" und das sogar dann, wenn es gar nicht wirklich eilig ist, weshalb ich auch schon einige Male g´schwind g´wartet hab. Überhaupt versetzt mich die Sprache dort in eine von Pferdle und Äffle geprägte unterschichtsferne TV-Kindheit zurück und nach einem knappen halben Jahr habe ich den Ehrgeiz, bis zum Ende des Verfahrens, das noch in weiter Ferne liegt, das sympathische Schwäbisch zumindest halbwegs zu beherrschen.

Nicht verhehlen möchte ich, dass es natürlich Freude bereitet, jede Woche mit ebenso kompetenten wie liebgewonnenen Kollegen gemeinsam zu verhandeln. Einige kenne ich schon seit Jahrzehnten, habe etliche Verhandlungstage mit ihnen zusammen verteidigt in Gerichtssälen quer durch´s Land und andere lerne ich gerade im Ländle kennen und schätzen. 

Es läuft also in Stuttgart.



  

Montag, 8. März 2021

Coronare Verteidigung

Kürzlich fragte mich ein Bekannter, wie denn Strafverteidigung in Pandemiezeiten so funktioniere.

Soviel vorweg - es funktioniert. Irgendwie. Die konkrete Ausgestaltung dieses "Wie" ist uneinheitlich.

Viele Gerichte heben Termine in nicht eilbedürftigen Sachen von Amts wegen auf, andere, wie beispielsweise das Amts- und Landgericht Koblenz lassen Termine auch in Nichthaftsachen bestehen. Die Gerichte treffen Vorkehrungen in Gestalt von Plexiglasscheiben, geöffneten Fenstern und Ventilatoren, die das subjektive Sicherheitsgefühl stärken bei ansonsten für mich unklarer objektiver Präventivwirkung und es gibt bei jedem Gericht Einlasskontrollen. Die Richter gehen unterschiedlich mit der Situation um. Manche sitzen mit FFP2-Maske hinter der Plexiglasscheibe, andere verhandeln ohne Masken in größeren Sälen mit reichlich Abstand zu den übrigen Prozessbeteiligten. Als Verteidiger steht es einem in der Regel frei, sowohl mit Maske als auch mit Winterjacke oder Heizweste unter der Robe zu verhandeln. Alles in Allem lässt man Vorsicht walten.

Dennoch gibt es Ausreißer. Ein Beispiel von herausragender Unbekümmertheit begegnete mir kurz von Lockdown Nr. 2 bei einem Jugendschöffengericht. Mein Mandant war angeklagt wegen Beihilfe zur räuberischen Erpressung und gefährlicher Körperverletzung. Der Vorfall sollte sich vor drei Jahren ereignet haben. Der geneigte Leser erkennt: keine Haftsache, ergo keine Eilbedürftigkeit. Die Richterin hatte zunächst drei Hauptverhandlungstage angesetzt um das Geschehen aufzuklären. Gleich am ersten Tag staunte ich bereits ob der Größe des Sitzungssaales, der für Einzelrichtersachen tauglich war, ganz gewiss aber nicht für Schöffensachen. Zu Beginn der Hauptverhandlung hielten sich insgesamt 11 Personen im Saal auf (Richterin, 2 Schöffen, Protokollführer, Staatsanwalt, Vertreter der Jugendgerichtshilfe, Verteidigung, Angeklagter, drei Zuschauer), womit es recht kuschelig war. Immerhin hatten mein Mandant und ich den Fensterplatz erwischt; die Maske behielt ich auf.

Eingangs der Verhandlung verkündete die zu diesem Zeitpunkt noch gut gelaunte Vorsitzende, der Zeuge A. könne heute nicht erscheinen, er habe "Fieber und so" und das Ergebnis des Coronatests sei frühestens am Folgetag zu erwarten. Seine Lebensgefährtin, die ebenfalls für heute geladen sei, bringe praktischerweise das ihren Liebsten betreffende ärztliche Attest für ihre auf 11 Uhr angesetzte Vernehmung mit. Falls einer der Anwesenden bis dahin noch ein wenig schläfrig war, wachte er durch das sich anschließende Wortgefecht zwischen der Vorsitzenden und mir auf. Mein Einwand, dass ich nicht bereit sei, mit einer Person in einem Raum zu sein, deren Lebenspartner Symptome einer Infektion aufweise, die ich mir ungern einfangen würde, wurde mit einem schnippischen "Wir wissen doch gar nicht, ob er Corona hat. Das Testergebnis ist doch noch gar nicht da!", quittiert.

Ich denke, sie erwartete kein "Ach so, nee, ist klar, dann können wir ja loslegen", jedenfalls war sie von meinem Antrag auf Unterbrechung der Hauptverhandlung zur Vorbereitung eines Antrages nicht überrascht und gab dem Antrag statt.

Bevor ich zum Füller griff, griff ich erstmal zum Handy und rief die Wachtmeisterei an. Dem freundlichen Justizwachtmeister sagte ich, dass gegen 11 Uhr die Zeugin B. komme, deren Lebensgefährte unter Coronaverdacht stünde. Vielleicht sei dies ja für den ein oder anderen seiner Kollegen am Eingang von Interesse, die die Dame ja kontrollieren würden. 

Was danach passierte, kann ich nur mutmaßen. Denkbar scheint, dass der Wachtmeister die Information weitergegeben hat an Personen, denen die Nonchalance mit dem Virus ebenso abgeht wie mir. Vielleicht haben auch die Schöffen Bedenken angemeldet, ich habe es nie erfahren. Noch während ich dabei war, meinen Antrag zu formulieren, erschien die Vorsitzende und verkündete, sie habe die Zeugin abgeladen und werde sie zu einem der anderen Termine erneut laden. Sie selbst habe zwar keine Bedenken wegen Corona, aber - genervte Tonlage - bitte sehr. Danke sehr für so viel Einsicht an einem noch jungen Morgen.

Das Verhandlungsklima im Folgenden unterschritt die von draußen hereinsträmende winterliche Luft, das Ergebnis hingegen erwärmte das Gemüt. Das Verfahren gegen meinen Mandanten wurde eingestellt.

 

Mittwoch, 26. August 2020

Festschrift für einen besonderen Jubilar

Eine Festschrift? Ich habe diesen Begriff das erste Mal während meines Studiums gehört als es darum ging, eine Hausarbeit zu verfassen und man auf der Suche nach Literatur zu einem meist sehr speziellen Thema war und daran scheiterte, dass die großen Lehrbücher und Kommentare dieses Thema nicht so erschöpfend behandelten wie man es benötigte. Die Lösung lag meist darin, dass man Festschriften durchsah und wenn man Glück hatte, in diesen fündig wurde, weil irgendein Freund, Schüler oder Kollege eines Jubilars sich berufen sah, sein Lieblingsthema einmal etwas ausführlicher darzustellen.

Bis vor einigen Woche hatte ich noch keinen Gedanken daran verschwendet, einmal selbst Mitautor einer Festschrift zu sein. Zwar habe auch ich Lieblingsthemen und Kollegen, die ich besonders schätze, aber so eine Festschrift braucht neben einem Jubilar ja auch einen Verlag, in dem sie erscheinen kann, eine Handvoll Autoren, die Zeit, Lust und Ahnung haben, einen Beitrag zu schreiben und sie braucht einen Herausgeber. 

Der Herausgeber, Kumpel, Kollege und Mitstreiter in Personalunion, Marc N. Wandt aus Essen, rief mich vor einigen Wochen an: "Hömma, Detlef wird 70 im August. Wir wollen ihm ne Festschrift schenken. Biste dabei?"  - "Klar!" Und wie gerne war ich dabei. Gerne deshalb, weil Detlef Burhoff nicht nur wirklich viel für die Juristerei getan hat und noch tut, sondern auch, weil er obendrein auch noch ein wirklich feiner Mensch ist.

Heute, einen Tag nach seinem Wiegenfest, fand die feierliche Übergabe der Festschrift statt. Leider konnte ich nicht dabei sein, aber es sind zur Stunde etliche Kollegen dort, die das Ereignis und den Jubilar angemessen feiern.

Das Werk, von dem ich glaube, dass es demnächst nicht nur in meinem Bücherregal stehen wird, ist erschienen im ZAP-Verlag und trägt den Titel: 

Festschrift zum 70. Geburtstag von Detlef Burhoff.

Die darin enthaltenen Beiträge sind die Folgenden:

David Herrmann, Augsburg: Detlef Burhoff der Mensch und die Marke

Daniel Amelung, München: Die Freiheit der Mandatsannahme und die Ethik der Strafverteidigung

Thorsten Hein, Bad Vilbel: Unzulässige Ordnungsmittel gegen Rechtsanwälte - der ewige Kampf um die Freiheit der Advokatur

Anika Klein, Weimar: Die tatsächliche Benachteiligung von Jugendlichen und Heranwachsenden durch die Diversionspraxis

Mirko Laudon, Hamburg/Berlin: Aussage gegen Aussage und Falschbeschuldigung im 
Sexualstrafrecht

Tim Lorenzen, Berlin: § 353d StGB - Annäherung an eine “Dunkelnorm“ oder der arme “Blogger“

Dr. Tobias Rudolph: Pflichtverteidigung wider Willen

Kerstin Rueber-Unkelbach: Ablehnung von Sachverständigen und Dolmetschern in der Praxis

Timo Scharrmann, Essen/Schwelm: Der Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Strafrechtspflege oder die Abschaffung der an der Rechtsprechung Beteiligten

Heinrich Schmitz, Euskirchen: Kiffen verboten - Der Unsinn des BtmG

Dr. Olaf Schröder, Halberstadt: "Schwer zu befolgen..." Aktuelle Fragen zur nachträglichen Gesamtstrafenbildung

Werner Siebers, Braunschweig, Halle/Saale: Von der Bedeutung der Bedeutungslosigkeit oder die "kleine Wahrunterstellung"

Harald Stehr, Göppingen: Die gesellschaftlichen Erwartungen an einen Strafverteidiger und die Unterscheidung anhand gängiger Verteidigertypen

Michael Stephan, Dresden: Beweisverwertungsverbote wegen Verfahrensfehlern bei der Verhaftung im Ermittlungsverfahren unter Berücksichtigung der Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung

Ingo Klaus Wamser, Passau: Der anwaltsgerichtliche Nachschlag

Nico Werning, München: Berichterstattung aus laufender Hauptverhandlung im Widerstreit zwischen Pressefreiheit und Wahrheitssuche

Dr. Mathias Grün, Hans-Peter Grün und Michael Grün, Saarbrücken: Die Rohmessdaten im Bußgeldverfahren

Marc N. Wandt, Essen: Quo vadis, Bußgeldverfahren?

Wolfgang Stahl, Koblenz: Die Festsetzung der Pauschgebühr für das vorbereitende Verfahren

Joachim Volpert: Prozesskostenhilfe in Strafsachen - Vergütungsansprüche gegen die Staatskasse

Das Werk ist 293 Seiten stark. Ich freue mich schon auf die Lektüre und auf die Fortsetzung der Festschriftenreihe. 

@Detlef Burhoff: Zum 75. Geburtstag schreib ich dann was zum Jagdrecht. Versprochen. ;)

Montag, 23. März 2020

Corona - Fazit nach Woche 1

Seit über einer Woche ist die Kanzlei so umgestellt, dass entweder aus dem Homeoffice gearbeitet wird oder nur noch jeweils eine Person in der Kanzlei anwesend ist.

Die Mandanten haben sich rasch daran gewöhnt, dass es vorerst keine persönlichen Besprechungstermine mehr geben kann und so wird fleissig elektronisch kommuniziert, bislang ohne erkennbare Reibungsverluste.

Die Wachtmeisterei des Koblenzer Amts- und Landgerichts, die die Gerichtspost für die Anwälte entgegennimmt und in die Postfächer einsortiert, damit die Mitarbeiter der Anwälte sie dort abholen können, ist aber bis auf Weiteres für Publikumsverkehr geschlossen. Gerichtspost kommt und geht jetzt nur noch mit "normaler" Post oder über beA, sofern beA funktioniert... es kann also situationsbedingt zu Verzögerungen kommen.

Die Gerichte haben weitgehend auf Minimalbetrieb heruntergefahren, verhandeln nur noch dringende Sachen (Haftsachen zum Beispiel) mit Ausnahme einiger Richter, die es wissen wollen. Ein Amtsrichter aus der Eifel zum Beispiel hält die ihm obliegenden Ordnungswidrigkeitenangelegenheiten (Knöllchen bis Fahrverbot) offenbar für derart wichtig, dass er eisern an seinen Terminen festhält. Die richterliche Unabhängigkeit macht´s möglich.

Gerade sind auch zwei meiner Kollegen auf dem Weg zu Hauptverhandlungen, die nach richterlicher Einschätzung keinen Aufschub dulden, derweil Aluhutträger auf den sozialen Netzwerken nicht müde werden, krude Verschwörungstherorien zu posten oder Beiträge zu verbreiten, deren Tenor lautet, alles sei nur halb so schlimm. Das mag allenfalls angesichts der Katastrophen anderer Länder, die gerade die Ernte für das Krankschrumpfen ihres Gesundheitssystems einfahren, so sein, tatsächlich ist das aber gefährlicher Unfug.

Harmloser Unfug sind demgegenüber lustige Mal- und Musikaktionen. Gestern Abend klimperten, tröteten, geigten und klampften die Menschen die "Ode an die Freude" aus den geöffneten, mit Regenbögen bemalten Fenstern. Für einige Eltern, die ihre Kinder seit Jahren in die Musikschule entsenden, möglicherweise eine Ernüchterung, die gleich hinter der während der ersten Woche "Homeschooling" gereiften Erkenntnis kommt, dass vielleicht nicht alles am Lehrer liegt. ;)








 


Mittwoch, 18. März 2020

Tante beA hat Corona

Die Coronakrise hat ein neues Opfer - das besondere elektronische Anwaltspostfach. Das beA wäre an sich keine schlechte Idee, wenn es denn funktionieren würde... ich habe hier und hier und auch hier vor Jahren schon einmal berichtet. In guten Zeiten war ich übrigens kurz davor, mein beA-Postfach dahingehend zu erweitern, dass ich nicht nur Nachrichten erhalten, sondern künftig auch senden kann. Das hätte dann anstatt 29 € 49 € pro Jahr gekostet. 20 € sind eine überschaubare Summe, sicher, aber dann eine ärgerliche Ausgabe, wenn das Programm nicht tut, was es soll und das tut es wieder einmal nicht.

Seit Tagen ist der Server nicht, bestenfalls eingeschränkt erreichbar und folglich funktioniert die Kommunikation nur über herkömmliche Wege wie Post oder Fax.

Sollte sich also der ein oder andere Mandant wundern, weshalb er noch nichts von "seinem Fall" gehört hat, liegt das nicht an der Nachlässigkeit des Anwalts, sondern schlicht daran, dass er keine Post erhält, die er bearbeiten und weiterleiten könnte.

Corona verlangt uns allen Geduld ab, das beA tut dies schon länger. Trotz täglich neuer Schreckensnachrichten in Sachen Corona tippe ich, dass die Coronakrise schneller überwunden sein wird als dass beA nachhaltig fehlerfrei läuft.