Vor Kurzem hatte ich noch über Banalitäten einer Anhörung in der Psychiatrie berichtet im Zuge dessen mir ein Leser meines Blogs folgenden Link zusandte.
Der Artikel von Sabine Rückert schildert eindrucksvoll die Realität an deutschen psychiatrischen Klinken. Er erzählt von der Hoffnungslosigkeit der Insassen und den Bestrebungen eines Verteidigers, seinen Mandanten vor den Imponderabilien des Klinikalltags zu schützen und so dazu beizutragen, dass seine Zeit dort endlich ist und nicht jedes Jahr aufs Neue das geflügelte Wort "Ende gut, Nette Gut" bemüht werden muss.
Wenn es in dem Artikel aber heisst, dass das Gericht sich jedes Jahr der Hilfe eines Sachverständigen bedient, der eine Gefährlichkeitsprognose über den jeweiligen Patienten erstellt, dann ist dies leider nur die halbe Wahrheit. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang nämlich, dass der "Gutachter" meist der behandelnde Arzt ist. Unterzeichnet ist das Gutachten immer von einem Triumvirat, bestehend aus Klinikchef, Oberarzt und Assistenzarzt. Wie objektiv die behandelnden Ärzte bei der Erstellung des Prognosegutachtens sein können, wenn es um das Therapiekonzept der eigenen Klinik geht, mag man sich vorstellen. Netzbeschmutzendes oder auch nur Kritisches habe ich noch in keinem der zahlreichen Gutachten gelesen, die ich im Zuge meiner Tätigkeit in Unterbringungsverfahren gelesen habe. Wenn Therapieerfolge nicht zu verzeichnen sind, liegt es im Zweifel an der fehlenden Medikamentencompliance des Patienten, der Erkrankung selbst, die zur "Versandung der Persönlichkeit" führt oder an der Krankheitsuneinsichtigkeit des Patienten, jedenfalls aber nicht am Therapiekonzept, der Mediakation, dem Mangel an Personal, der Personalfluktuation oder einer Kumulation aus den letztgenannten Faktoren.
Will man als Verteidiger etwas für seinen Mandanten tun, dann stellt man wie der im Rückert-Artikel erwähnte Kollege dies offenbar getan hat, einen Antrag auf Einholung eines externen Gutachtens, damit ein klinikfremder Psychiater den Mandanten begutachtet. Leider sieht das Gesetzt keinen Anspruch auf Einholung externer Gutachten in ebenso regelmäßigen Zeitpunkten vor wie Anhörungstermine bei der Strafvollstreckungskammer. Im Klartext: externe Gutachten sind gar nicht vorgesehen und wenn nicht der Verteidiger auf den Busch klopft, tut sich jahrelang erstmal gar nichts mit Ausnahme der "Gutachten" der Klinik. BTW: Unterbringungssachen sind bisweilen recht beliebte Verfahren für vom Gericht eingesetzte Pflichtverteidiger, die sich gerne durch eine gewisse Stromlinienförmigkeit auszeichnen, bisweilen nicht wirklich Ahnung von der Materie haben und Anträge nur aus Formularbüchern kennen.
Hat man es jedoch geschafft, ein externes Gutachten zu erstreiten, hat man, egal zu welchem Ergebnis es gelangt, als Verteidiger das gute Gefühl, seinen Mandanten nicht gänzlich der Klinikmaschinerie ausgesetzt zu wissen und gleichzeitig das schlechte Gefühl, dass ein Kampf gegen Windmühlen in die nächste Runde geht.
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