Bisweilen fragt man sich, was Ziel mancher Nebenklage sein soll.
Im Koblenzer Bulgari Verfahren sind derzeit drei Kolleginnen damit befasst, bulgarische Frauen als Nebenklägerinnen zu vertreten. Der Schützling einer Kollegin konnte in Bulgarien nicht ermittelt werden, zumindest nicht von den dortigen Behörden, die im Wege der Rechtshilfe damit befasst sind, u.a. Ladungen zu den in Koblenz stattfindenden Gerichtsterminen an die Zeuginnen zuzustellen. Es schien als fehle von der Zeugin jede Spur.
Als einer der Verteidiger dies zum Anlass nahm, die Berechtigung der Nebenklage in Frage zu stellen, erklärte die Kollegin, ihr Büro habe vor einigen Wochen telefonischen Kontakt zu der Zeugin gehabt, die erklärt habe, sie habe große Angst. Sie wisse auch, wo sich die Zeugin aufhalte, sei jedoch nicht bereit, dem Gericht die Adresse der Zeugin mitzuteilen.
Diese Haltung mag man nachvollziehen können oder auch nicht. Ich selbst tue mir schwer. Wer Verletzter einer Straftat ist, hat das Recht, die Zulassung der Nebenklage zu beantragen und sich anwaltlich vertreten zu lassen. Nebenkläger sind nicht verpflichtet, an der Hauptverhandlung teilzunehmen, sie können jedoch eigene Anträge stellen, haben (wenn auch beschränkte) Rechtsmittel gegen ein ergehendes Urteil, haben Fragerechte wie die anderen Verfahrensbeteiligten usw.. Sie müssen indes die Verurteilung der Angeklagten erstreben. Dies ist der Grund, weshalb der Gesetzgeber ihnen eine besondere Stellung einräumt und ihnen besondere (Schutz)rechte zubilligt. Dies alles ist nicht zu beanstanden.
Wenn nun aber eine Nebenklägerin zumindest schlüssig zu erkennen gibt, dass sie als Zeugin nicht zur Verfügung stehen möchte - gleich aus welchem Grund - muss die Frage aufgeworfen werden, ob darin nicht ein konkludenter Verzicht auf die Rechte als Nebenkläger zu sehen ist mit der Folge, dass die Zulassung der Nebenklage widerrufen werden muss.
Das Gericht tat sich schwer mit der Verbescheidung des seitens der Verteidigung gestellten Antrages auf Widerruf der Nebenklage und lehnte diesen ab mit der Begründung, von einer längeren bewussten Nichtausübung der Rechte der Nebenklage könne nicht ausgegangen werden. Ich bin gespannt, wie lange sich diese Argumentation noch aufrechterhalten lassen wird. Vielleicht sollte beantragt werden, der Nebenklägerin über ihre Vertreterin, die in Kontakt zu ihr stehen will, eine Frist aufzugeben, innerhalb derer sie dem Gericht mitzuteilen hat, unter welcher Anschrift sie geladen werden kann und für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs davon ausgegangen werde, dass die Rechte der Nebenklage nicht weiter ausgeübt werden sollen.
Damit wäre die Kollegin in der Pflicht, ihrer Mandantin ein klein wenig deutsches Prozessrecht näher zu bringen, vielleicht verbunden mit der allgemeinen Lebensweisheit, dass wer "A" sagt auch "B" sagen muss.
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