Manchmal hat es etwas Rührendes, wenn Mütter von Angeklagten oder Geschädigten in den Zeugenstand treten. Heute war die einzig Gerührte jedoch die Mutter des angeblich Geschädigten. Derselbe ist Albaner, Anfang 20, groß, kräftig, wegen Körperverletzungsdelikten vorbestraft und hatte kurz zuvor ausgesagt, meine Mandantin (Typ zarte Elfe) und der Mitangeklagte (mittelgroß, schlaksig) hätten ihn mittels Schlägen und unter Einsatz eines Messers erheblich verletzt. Angst habe er nicht gehabt, er wisse sich schon zu wehren und wenn sich die Polizei nicht seiner Anzeige angenommen hätte, dann hätte er die Sache inzwischen längst selber geregelt, sich einen "Basie (gemeint ist ein Baseballschläger) geschnappt und die plattgemacht". Am Tag nach dem von ihm geschilderten Vorfall seien die Angeklagten dann bei ihm zuhause aufgetaucht (dort wohnt er mit seiner noch kräftigeren Mutter und zwei noch kräftigeren Brüdern) um erneut Stress zu machen, wobei sie dann aber irgendwann gleichsam unter Absingen schmutziger Lieder und Beschimpfungen wieder verschwunden seien.
Hierzu die Version der Mutter, die den Angeklagten geöffnet haben will: Die Angeklagten hätten ihren Sohn vor ihren Augen umbringen wollen. Sie selbst habe die Angeklagten jedoch herausdrängen können um ihren Sohn zu beschützen, den sie danach tagelang nicht vor die Tür gelassen habe aus Angst, die Angeklagten könnten ihm erneut wehtun. Ihr Sohn habe bis heute Alpträume, schrecke nachts im Schlaf hoch und leide noch immer unter dem Vorfall, der schon mehr als ein Jahr her sei. Damit sei ihr Sohn quasi tot.
Diese Aussage vermochte sogar das Gericht zu erheitern, so dass in einem anschließenden Rechtsgespräch die Möglichkeit einer Einstellung erörtert wurde. Hierdurch sind mir (zumindest vorläufig) 8 weitere Zeugen erspart geblieben, wobei ich bezweifle, dass deren Unterhaltungswert den der Mutter des Zeugen übertroffen hätte. Bis zum Fortsetzungstermin in zwei Wochen soll schriftlich geklärt werden, ob das Verfahren eingestellt wird oder nicht.
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