Dienstag, 22. Juni 2010

Schönwetterverteidigung

Es gibt Kollegen, die dafür bekannt sind, ausschließlich kooperativ zu verteidigen. Diese Kollegen werden häufig als Pflichtverteidiger beigeordnet. Es gibt sie an jedem Gericht, jeder kennt sie und selbst die, die sie beiordnen, sollen gelegentlich Witzchen über sie reissen.

Mit einem dieser Kollegen werde ich in naher Zukunft auch wieder das zweifelhafte Vergnügen haben, in einem Umfangsverfahren zu verteidigen.

Der Blick in die Akte beweist, dass sein Mandant eine umfassende Einlassung gemacht hat. Ein genauerer Blick beweist, dass der Kollege bei einem von mehreren Vernehmungsterminen sogar mal für etwas über eine Stunde bei der Vernehmung zugegen war, womit immerhin die Gebühr verdient wäre, die keine Rücksicht auf die Dauer der Teilnahme an der Vernehmung nimmt. Sogar an der zweiten Vernehmung hat der Kollege teilgenommen, indem er gemeinsam mit seinem Mandanten ein Mittagessen eingenommen und sich danach, als die Vernehmung fortgesetzt wurde, wieder verabschiedet hat.

Schönwetterverteidigung at its best.

16 Kommentare:

Andreas Neuber hat gesagt…

Also, beste Kollegin, Schönwetterverteidigung kann ja mal auch sinnvoll sein, oder ?

Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. hat gesagt…

@Andreas Neuber: An welche Fälle der sinnvollen Schönwetterverteidigung denken Sie?

Detlef Burhoff hat gesagt…

man müsste erst mal den Begriff der Schönwetterverteidigung definieren. Ich glaube, darunter verstehen die Kollegin und der Kollege etwas anderes

Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. hat gesagt…

@Kollege Burhoff: Was ich unter Schönwetterverteidigung verstehe, dürfte auf der Hand liegen, oder?

Anonym hat gesagt…

Also ich als juristischer Laie verstehe das so, daß, wenn der Angeklagte schuldig ist, eher Gewitter angesagt ist?
Und das hilft dann?
Wem?

Heute ist wieder so ein Tag, an dem ich das Blog hier nicht verstehe.

Der Grund, warum ich nachfrage: Ich würde es gerne verstehen.
Wäre jemand so nett, das weiter zu erläutern?

Detlef Burhoff hat gesagt…

@ Kollegin Rueber: ich glaube schon, dass ich weiß, was Sie untzer "Schönwetterverteidigung" verstehen. Das sind die "Urteilsbegleiter" :-), oder? Der Kollege meintz - glaube ich - etwas anderes.

Andreas Kohn hat gesagt…

So was nennt sich hier "staatlich geprüfter Wärmeverteiler" -das einzige was so jemand in einer Verhandlung tut, ist eben genau das: durch Anwesenheit Wärme erzeugen und verteilen.

Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. hat gesagt…

@Anonym: Die Kollegen Burhoff und Kohn haben es schon ganz richtig bemerkt.
Ich meine mit dem Ausdruck "Schönwetterverteidiger" Kollegen, denen die Interessen des Mandanten reichlich egal sind und die ihre Pflichten nicht sonderlich ernst nehmen. Da sie den Gerichten regelmäßig keinen "Ärger" machen, etwa durch das Stellen von Anträgen, werden sie gerne als Pflichtverteidiger bestellt.
Einen Mandanten, dem Tatvorwürfe gemacht werden, von denen jeder mit einer Mindestfreiheitsstrafe von 5 Jahren bedroht, alleine von der Polizei vernehmen zu lassen, ist aus meiner Sicht ein Unding. Wenn einem die Gebühr für die Teilnahme an max. 3 Vernehmungen (Dauer egal) von 137 Euro zu niedrig ist, dann darf man solche Mandate nicht führen. Der Kollege hat aber durch die immerhin etwas über einstündige Teilnahme an einer Vernehmung seines Mandanten die 137 Euro verdient und kann dazu übergehen, das schöne Wetter zu genießen.

Anonym hat gesagt…

@Frau Rueber: Irgendwie fühle ich mich da an einen elektrischen Mönch erinnert:
"Auf einem weit entfernten Planeten arbeitet sich ein Gerät, genannt Elektrischer Mönch, durch eine Reihe unsinniger Glaubensvorstellungen. Seine einzige Aufgabe ist es, Dinge zu glauben (um so anderen Leuten die Mühe zu ersparen, es selbst zu tun) (...)".
http://de.wikipedia.org/wiki/Der_elektrische_Mönch

Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. hat gesagt…

@Anonym: Oha. Sie lesen Douglas Adams?

Anonym hat gesagt…

@Frau Rueber: Ich bin großer Fan von Douglas Adams. Leider ist er ja schon verstorben..
Ihr "Oha." macht mich allerdings misstrauisch *imbartkratz*

Das einzige Buch von ihm, das ich noch nicht gelesen habe, ist jenes, worüber er hier sehr unterhaltsam spricht:
http://www.youtube.com/watch?v=_ZG8HBuDjgc

Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. hat gesagt…

@Anonym: Mit Adams geht´s mir ähnlich wie mit dem Spätwerk von Kandinsky: ich finde keinen Zugang.

Anonym hat gesagt…

Hallo Frau Rueber,
also entweder möchten Sie mir mitdem Zaunpfahl mitteilen, Sie verstehen meinen Humor auch nicht, und ichsoll mich davontrollen (was ich in dem Fall dann gerne tue), oder..
Sowohl bei Kandinsky als auch bei Adams muss man ein paar Schritte zurücktreten, und sich fragen, "Was soll der ganze Unfug eigentlich?"
Kandinsky machts bunt, Adams sagt 42.
Zur Wahrheit gehört Vollständigkeit, aber mit nur 5 Sinnen kann kein Mensch das Leben, das Universum und den ganzen Rest erfassen. Die riesengroßen Lücken in dem Puzzle werden durch Vorurteile und Annahmen ausgefüllt. Adams vergisst das mit dem Ausfüllen einfach, und kommt so ironisch/zynisch der Wahrheit näher, thinking out of the box, than anyone in the box.
Terry Pratchettversucht das wohl auch, aber zu dem hab ich keinen Zugang".
Ich finde seine Romane platt. Is ja auch ne Scheibenwelt. Adams ist rund *g*

Unknown hat gesagt…

"Anonym" kommt mir vor wie einer, der deswegen so viel Zeit hat, über Adams, Kandinsky, Gott und die Welt zu philosophieren, weil er auch schon nach einer Stunde aus der Vernehmung raus ist, nicht nur, um das schöne Wetter zu geniessen.

Anonym hat gesagt…

Lieber Herr Achim,
Sie haben anekdotisch das tote Pferd mit dem Nagel auf den Kopf getroffen.
Steigen Sie ab ;o)

Anonym hat gesagt…

Bei uns heißen Schönwetterverteidger "Verurteilungsbegleiter". Finde ich treffender.
Als mich neulich ein Vorsitzender Richter vom LG anrief und fragte, ob ich eine Pflichtverteidigung übernehmen wolle, fragte ich, worum es ginge und wo die Probleme liegen. Er sagte, dass der Mandant bereits gestanden habe (3 Kilo Kokain, 3 Kilo Heroin IMport und Vertrieb), es letztlich nur um das Strafmaß ginge... Ich bezeichnete das dann ihm gegenüber als Verurteilungsbegleitung.
Die StA forderte im ersten Gespräch 5 Jahre (Täter hatte 13 einschlägige Vorstrafen), wir einigten uns nachher auf 2 Jahre und 11 Monate (damit er nach dem hiesigen Vollstreckungsplan in der Nähe seiner Heimat bleiben konnte). Zumindest hatte es noch etwas gebracht, die Verurteilungsbegleitung...

Grüße aus Kiel
Andreas Meyer, RA