Vergangene Woche ging´s weiter im "Schleuserverfahren" mit der alten TKÜ, aber einem neuen Dolmetscher. Zur Erinnerung: Dolmetscher Nr. 1 sprach nur gebrochen Englisch, Dolmetscher Nr. 2 machte das deutlich besser, verstand aber den auf den TKÜ gesprochenen Isha-Dialekt nicht.
Dolmetscher Nr. 3 gab an, den Isha-Dialekt zu verstehen, allerdings funktionierte die Verständigung mit den Angeklagten in diesem Dialekt nicht. Ob das stimmte oder nicht, vermochte von den Prozessbeteiligten niemand sicher zu beurteilen. Was aber offenkundig war: sein Englisch war noch schlechter als das von seinem Kollegen Nr. 1.
Er radebrechte vor sich hin, übersetzte manchmal ganze Passagen von Beschlüssen nicht, übersetzte nie Wortlaut, sondern umschrieb mit einfachen Worten, was er meinte, in den ihm überlassenen Schriftstücken gelesen zu haben. Hinzu kam, dass er ständig aufgefordert werden musste, überhaupt zu übersetzen. Schwer zu ertragen. Hinzu kam noch, dass man als Verteidiger, so man wollte, dass der eigene Mandant versteht, was gesprochen wird, zwischendrin immer mal für diesen auf Englisch übersetzen musste, was ja Aufgabe des Dolmetschers gewesen wäre, aber... zumindest ist mit bei der Gelegenheit aufgefallen, dass mein Englisch bei weitem nicht mehr so ist wie seinerzeit als ich noch zur Schule ging und wie "Verhältnismäßigkeitsgrundsatz", "Befangenheitsantrag" oder "Durchsuchungsbeschluss" auf Englisch heisst, habe ich mangels Wörterbuch in der Sitzung nicht nachschlagen können.
Mein Kollege und ich stellten in der Folge Anträge mit dem Ziel, dem Treiben des Dolmetschers ein Ende zu machen. Das Gericht lehnte zwei dieser Anträge ab, die Entscheidung über einen dritten Antrag steht noch aus.
Nachdem es die beiden ersten Anträge, u.a. einen Befangenheitsantrag der Angeklagten gegen den Dolmetscher ablehnt hatte, beantragte ich eine erneute Unterbrechung.
"Wie lange?", wollte der Vorsitzende wissen.
"10 Minuten."
"Und wie lange soll die Unterbrechung danach sein?"
(Untechnische Erklärung für Nichtjuristen: wenn ein Verteidiger erwägt, mit seinem Mandanten einen Befangenheitsantrag gegen das Gericht zu besprechen, beantragt er eine Unterbrechung, in der er mit dem Mandanten erörtert, ob dieser das Gericht wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnen will oder nicht. Dann wird wieder in die Hauptverhandlung eingetreten, aber auch nur zur Beantragung einer weiteren Frist um den Antrag auszuarbeiten. Hier dachte der Vorsitzende wohl, wir wollten einen Befangenheitsantrag mit unseren Mandanten erörtern.)
Wir haben keinen Befangenheitsantrag gegen das Gericht gestellt. Die Zitronen hierfür hängen zu hoch, als dass das wirklich Sinn gemacht hätte und außerdem: das Verhandlungsklima ist trotz gegensätzlicher Auffassungen über die Dolmetscherfrage gut.
Damit hatte es für diesen Prozesstag sein Bewenden. Eine Entscheidung über diesen Antrag wird das Gericht im nächsten Termin verkünden.
2 Kommentare:
Kann man da nicht einfach 'ne andere TKÜ nehmen? Eine in, sagen wir, französisch? Das ist ja sowas von verworren, das.
@Doppelfish: Ich hätte nichts dagegen. Diese Vorgehensweise würde zumindest die Möglichkeit eröffnen, Anträge dahingehend zu stellen, dass die auf der TKÜ zu hörenden Stimmen nicht die der Angeklagten sind.
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