Mittwoch, 23. Juni 2010

Kollege Schönwetter - eine Anekdote

Es ist schon viele Jahre her, aber im Zusammenhang mit dem Schönwetterverteidiger fiel mir wieder eine Begebenheit ein, die immer mal wieder für Unterhaltung bei Anwaltsstammtischen sorgt.

Ein Kollege (ebenfalls Fachanwalt) und ich hatten die Wahlverteidigung in einem Mandant übernommen, in dem der "Kollege Schönwetter" zuvor als Pflichtverteidiger beigeordnet worden war. Aus Gründen der Verfahrenssicherung beließ es die Kammer bei der Beiordnung. Dies wäre unserem Mandanten ja noch egal gewesen, hätte der Kollege Schönwetter sich darauf beschränkt, still dabei zu sitzen wie es ansonsten seine Gewohnheit war. Stattdessen stellte er unzulässige Beweisanträge und schrieb dem Mandanten mehrfach, er solle uns das Mandat kündigen, wir seien "Laiendarsteller" und im Übrigen habe er mit der Kammer die Strafe schon ausgedealt und nun müsse nur noch ein Geständnis erfolgen.

Leider war unser Antrag, der Pflichtverteidigerbestellung ein Ende zu machen, von der Kammer abschlägig verbeschieden worden. Kollege Schönwetter hatte es sich nicht nehmen lassen, hierzu eine mehrseitige Stellungnahme abzugeben, in der er den Kollegen und mich insgesamt 14 Mal als "die jungen und unerfahrenen Kollegen" titulierte. Damals habe ich mich darüber geärgert.

Das ist nun einige Jahre her. Heute amüsiert es mich nur noch und nebenbei bemerkt - ich fühle mich immer noch jung, naja, sagen wir rüstig. ;-)

8 Kommentare:

Andreas Neuber hat gesagt…

"Das ist nun einige Jahre her. Heute amüsiert es mich nur noch und nebenbei bemerkt - ich fühle mich immer noch jung, naja, sagen wir rüstig. ;-) "


Aber ja doch Großmütterchen!

Jetzt wird mir auch klar, woher Ihre Aversion kommt. Aber wie schon mal gesagt: "Gutwetterverteidigung" ist manchmal auch nötig und richtig. Ich hatte mal das Vergnügen mit Bossi zu verteidigen, der spielte sehr schön die Harfe. Also immer nur den "Hammer" rausholen, kann schädlich sein.

Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. hat gesagt…

@Andreas Neuber: Ich gebe Ihnen Recht. Meine Kritik bezieht sich jedoch auf Kollegen, die nichts Anderes können als Schönwetterverteidigung. Was Harfe und Hammer angeht: ich finde, Harfe geht immer, Hammer nur, wenn Harfe zu leise ist.

fernetpunker hat gesagt…

Interessehalber: Was machte die Beweisanträge von Kollege Schönwetter unzulässig?

Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. hat gesagt…

@fernetpunker: Negativtatsachen.

Anonym hat gesagt…

Wobei, das muß man zugeben, es mitunter ungemein schwierig ist, bestimmte negative Tatsachen in eine positive Behauptung umzuformulieren, nur um den Vorgaben der Revisionsgerichte gerecht zu werden. Das ist gelegentlich auch etwas lebensfremd und albern. Denn auch mit einer Negativbehauptung weiß ja jeder verständige Strafrichter, was gemeint ist und was man unter Beweis stelle möchte.

Wie formuliert man etwa positiv, daß jemand in einer lauten Diskothek die von ihm angeblich wahrgenommenen Äußerungen nicht habe hören können? Da muß man sich dann erst einmal zurückziehen, in sich gehen und eine verquere Formulierung aus dem Hut zaubern, die sprachlich zwar schrecklich, beweisantragsrechtlich aber beachtlich ist.

Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. hat gesagt…

@Anonym: Es mag bisweilen seltsam klingen, aber es ist problemlos möglich (auch in dem von Ihnen genannten Beispiel). Instruktiv dazu übrigens: Eisenberg, Beweisrecht der StPO.

Tourix hat gesagt…

Meine neue RAin dürfte gerade mal um die 30 sein. Und ich bin bislang sehr zufrieden.
Ein gegnerischer Anwalt desselben Alters passte dagegen eher zu der Beschreibung die Ballmann verwendete: Jung, dynamisch und erfolglos.
Fazit: Alter und Erfahrung bedeutet noch lange nicht Qualität.

@ Großmütterchen
Was bedeutet rüstig ?
Aufgerüstet, oder Abgerüstet ?
:-)

Unknown hat gesagt…

Das Zitat von Ballmann (DirAG Burschel) heißt richtig: "erfolgreich, dynamisch, geschieden" und stammt aus dem Film "Männer" von Doris Dörrie. Kam übrigens vor genau 25 Jahren in die Kinos und ist immer noch "rüstig".