Heute ging es zu Ende, das Verfahren, in dem zwei Männern vorgeworfen worden war, bandenmäßig Ausländer eingeschleust zu haben.
Mehr als 6 Jahren hatten die Behörden ermittelt und es dauerte über ein Jahr bis der Verteidigung Akteneinsicht gewährt wurde. Dass diese Verzögerungen des Verfahrens also allein mit den Ermittlungsbehörden, nicht aber mit den Angeklagten nach Hause gingen, bedurfte keiner Erörterung. Auch nicht, dass es nicht einfach war, einen Dolmetscher für Ishan zu verpflichten.
Nachdem die Übersetzungen der TKÜ nun vorlagen, galt es zu entscheiden, ob diese im Selbstleseverfahren eingeführt werden können oder ob wir noch ein paar Monate dranhängen und sie uns gemeinsam anhören. Angesichts der nicht sonderlich guten Deutschkenntnisse des Dolmetschers, die in der Schriftsprache offenkundig wurden, wäre dies durchaus eine Option gewesen. Nachdem das Gericht allerdings im Hinblick auf meinen Mandanten zugesichert hatte, es für den Fall einer geständigen Einlassung ausgehend von einem Beihilfeleisten zu einer gewerbsmäßigen Schleuserei, bei 90 Tagessätzen zu belassen, stellte sich die Frage, ob ein Ende mit (kleinem) Schrecken nicht besser ist als ein Verfahren ohne absehbares Ende und offenem Ergebnis. Allen Beteiligten war klar, dass bei tieferem Einstieg in die TKÜ entweder die Anklage in sich zusammengefallen oder aber der Vorwurf gleichsam zementiert worden wäre mit dem Ergebnis einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr. Für den letzteren Fall nehmen sich 90 Tagessätze, die übrigens nicht in ein privates Führungszeugnis eingetragen werden (offiziell gilt man also nicht als vorbestraft), freilich ausgesprochen gut aus.
Meinem Mandanten fiel die Entscheidung nicht leicht, letztlich war er aber doch mit dieser Art der Verfahrensbeendigung einverstanden.
Im Zivilrecht hört man oft, dass ein Vergleich dann besonders gut ist, wenn alle Beteiligten damit unzufrieden sind. Manchmal ist es im Strafrecht genauso.
Damit geht ein Verfahren vor dem Amtsgericht zu Ende, dass wegen seiner Länge Seltenheitscharakter hat. Ich persönlich hätte auch gut damit leben können, wenn mein Mandant sich dazu entschieden hätte, von einem Geständnis abzusehen, zumal das Verhandlungsklima im Hinblick auf das beteiligte Schöffengericht sehr angenehm war. An Stelle des Vorsitzenden wäre ich nicht begeistert gewesen über meine ungezählten Anträge, beispielsweise auf Austausch des Dolmetschers, aber dieser hier war souverän genug, sich einen möglichen Ärger darüber nicht anmerken zu lassen.
7 Kommentare:
Erst kein Richter Ballmann mehr und jetzt ist auch noch das Schleuserverfahren zu Ende ;)
Ich hatte auch gedacht, daß Sie mit dem Verfahren locker in die Rente kommen. Aufwand und Ergebnis für die Ermittlungsbhörden entsprechen wohl dem kreißenden Berg, der ein Maüslein gebar.
Gratulation zu dem günstigen Vergleich!
Ich kann mich dem stillen Beobachter nur anschließen. Bald gibt es garnichts mehr lesenswertes
@Stiller Beobachter und Anonym: Ballmann fehlt mir auch, aber es wird sicher noch Verfahren geben, die mit dem Schleuserverfahren mithalten können. Ich werde berichten. Versprochen.
"Vergleiche" im Strafverfahren sind absolut dienlich, aber ich frage mich, ob dieser "Vergleich" Ihren Mandanten nicht wirtschaftlich ruiniert ?! Ich rede nicht nur von den Anwaltskosten aber von den TKÜ-Kosten.
RiBallmann fehlt mir auch, aber zumindest habe ich über ihn Ihren absolut lesenswerten Blog gefunden - es macht Spaß hier mitzulesen.
Vielfach ist es in Verfahren mit Ausländern zunächst eine Frage des Aufenthaltsstaus. Dieser ist mit 90 Tagessätzen nicht gefährdet. Ein sicheres Bleiberecht ist mehr wert als eine Kostentragungspflicht. Ich will gar nicht wissen, auf wie vielen Kosten der Staat sitzen bleibt weil die Verurteilten sie nicht zahlen können.
Vielleicht habe ich es in den bisherigen Folgen dieser JustizOper überlesen aber, um wieviele eingeschleuste Perosnen ging es?
#k.
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