Heute verkündete das Landgericht Koblenz das Urteil gegen meinen Mandanten im sog. "Babyprozess": 6 Jahre Haft wegen schwerer Körperverletzung. Ihm war vorgeworfen worden, seine zur Tatzeit 2 Monate alte Tochter zweimal mit dem Kopf auf dem Boden aufgeschlagen zu haben. Die Kammer hatte als Zeugen den siebenjährigen Stiefsohn meines Mandanten gehört, der behauptet hatte, Augenzeuge des Vorfalls gewesen zu sein. Die Sachverständige, die ihn in Bezug auf seine Glaubwürdigkeit begutachtet hatte, gelangte zu dem Ergebnis, dass der Junge massiv von seiner Pflegemutter beeinflusst worden sei. Dies habe ihn suggestiv befragt. Hinzu komme, dass es sich bei dem Jungen um ein emotional vernachlässigtes Kind handele, das jedem gerne das erzähle, was er hören wolle.
Damit konnte auf die Aussage des Jungen eine Verurteilung nicht erfolgreich gestützt werden. Die Kammer sah den Nachweis der Tat jedoch dadurch als erbracht an, weil ein Mitgefangener ausgesagt hatte, mein Mandant habe ihm gegenüber die Tat gestanden. Dass dieser Mitangeklagte in einigen Punkten gelogen hat, führte zu keiner abweichenden Beurteilung und leider auch nicht dazu, dessen Aussage einer Glaubhaftigkeitsbegutachtung zu unterziehen, was ich beantragt hatte. In einer derartigen Fallkonstellation (einziger Augenzeuge nicht glaubwürdig, Mitgefangener behauptet Geständnis) war es meiner Auffassung nach nicht mehr ureigenste Aufgabe des Tatrichters, über die Glaubwürdigkeit eines Zeugen aufgrund eigener Sachkunde zu befinden, um es mal mit den Worten des BGH zu sagen.
Die Staatsanwaltschaft hatte 9 Jahre Haft wegen versuchten Totschlags gefordert, ich hatte Freispruch beantragt.
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