Montag, 15. Dezember 2008

Suggestivfragen einer Pflegemutter

Im Rahmen eines Schwurgerichtsverfahrens geht es um den Vorwurf des versuchten Totschlags. Meinem Mandanten wird vorgeworfen, seine 2 Monate alte Tochter körperlich misshandelt zu haben.

Hierzu berichtet die Rheinzeitung heute:

"Siebenjähriger sagt vor Gericht aus
Westerwald/Koblenz Weil der wegen versuchten Totschlags angeklagte Vater nach wie vor schweigt, musste jetzt der siebenjährige Bruder des Opfers vor Gericht aussagen. Der 46-Jährige soll seine kleine Tochter schwer verletzt haben. Im Beisein des Angeklagten wollte der siebenjährige Junge jedoch nicht sprechen.
Er habe zuviel Angst vor ihm, sagte er seiner Betreuerin. Der Koblenzer Schwurgerichtskammer lag viel an der Aussage des Jungen und ließ den 46-Jährigen während der Vernehmung des Kindes aus dem Saal führen. Dann sprach der Siebenjährige über das, was er an jenem Frühlingstag dieses Jahres gesehen hatte.
Angeklagt ist der Vater der kleinen Nina. Er soll das damals wenige Wochen alte Kind kräftig geschüttelt und mit voller Wucht mehrmals auf dem Steinfließenboden der Küche geschleudert haben. Grund: Es schrie. Nina erlitt Schädelbrüche, eine irreparable Hirnverletzung und wird voraussichtlich immer ein Pflegefall bleiben.
Zeuge des Geschehens war der siebenjährige Bruder des Säuglings. Er ist nicht der Sohn des Angeklagten. „Weil sie nicht trinken wollte und so schrie, hat er sie hinten gepackt und mit dem Kopf auf den Boden geschlagen“, berichtetete der Junge. Das habe der Angeklagte viermal getan. Dann habe Nina keine Luft mehr gekriegt, und er habe sie am Bauch massiert wie es die Ärzte im Fernsehen tun. Die zweijährige Schwester habe das alles auch gesehen, während die Mutter im Nebenzimmer schlief."

Was nicht in der Zeitung steht:
Es war nicht das erste Mal, dass der Junge befragt worden war. Seine Pflegemutter hatte ihn auch schon befragt. Sie hatte ihn mehrfach befragt. Sie hatte ihn suggestiv befragt. Die Sachverständige, die sich zur Frage der Glaubwürdigkeit des Jungen äusserte, gelangte zu dem Ergebnis, dass aufgrund der Einflussnahme der Pflegemutter auf den Jungen nicht mehr zuverlässig feststellbar sei, ob dessen Aussage einen realen Erlebnishintergrund habe oder nicht.

2 Kommentare:

doppelfish hat gesagt…

Der Bericht ist knapp unterhalb der Mindestflughöhe unterwegs. Ist halt nur 'ne Zeitung.

Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. hat gesagt…

Stimmt leider. Trotzdem ärgert es mich, wenn Tatsachen wie die Unglaubwürdigkeit eines Zeugen einfach vergessen werden.