Jeder kennt das: es gibt einfach Leute, die einem nichts getan haben und die man trotzdem irgendwie nicht leiden mag.
Kürzlich war F., eine junge Frau, zur Besprechung bei mir, die mitten in einem Schadensersatzprozess steckte, in dem demnächst mündlich verhandelt werden soll. Sie hatte die wesentlichen Schriftstücke dabei, die ich kurz überflog, bevor ich sie fragte, was ich denn für sie tun könne. Ich solle sie bitte weiter vertreten, da sie mit der Kollegin X. nicht klarkomme. Ich kenne die Kollegin X.. Nicht gut, aber gut genug um sagen zu können, dass ich sie irgendwie nicht leiden mag, obwohl sie mir nichts getan hat (s.o.).
Das sage ich auch F. so und weiter, dass ich X. fachlich für gut halte. Soweit ersichtlich hat sie die prozessualen Interessen von F. ohne Fehl und Tadel wahrgenommen, sie hat alle Fristen eingehalten, alle Schriftsätze weitergeleitet etc.. Und trotzdem - bei F. ist sie unten durch und zwar auf der persönlichen Ebene.
Ich rate F., sich aus Kostengründen (F. hat weder ungezähltes Geld noch ist sie rechtsschutzversichert) weiter von X. vertreten zu lassen, denn was nützt es ihr, wenn sie bei nicht ganz geringem Risiko für den Fall des Unterliegens nicht nur Gerichtskosten und Kosten des Gegners, sondern gleich 2 Anwälte zu bezahlen hat. Sie nimmt den Rat an. Aus Vernunftgründen, wie sie betont.
Schön menschlich: es nützt einem der beste Anwalt nichts, wenn einem dessen Nase nicht passt.
6 Kommentare:
Dein Näschen war ihr also lieber. Dein fairer Rat wird sich später auszahlen.
Trifft auf manche Mandanten leider ganz genauso zu.
Netter Rat.
Eine verschlampte Frist wäre für mich (aus Mandantensicht) ein absolutes KO-Kriterium. Jedenfalls dann, wenn das Fristversäumnis mir zugerechnet werden würde.
Das war professionell.
Entbehrt nicht einer gewissen Ironie, daß F. auf den Rat gerade dieses Profis verzichten wird ;)
Die Mandantin ist halt in einem über-sensiblen Modus, als Angeklagter. Besonders im Strafrecht. Ist mein Anwalt GOTT oder SCHEITAN? Bei mir hätten es ein paar Anträge, zur richtigen Zeit, schon getan. Da aber war den beiden Anwälten die Nase (oder der Richter) im Weg. Der beste Rat ist freilich: Rein professional zu denken - schließlich muss ich den Verteidiger nicht heiraten.
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