Dienstag, 2. März 2010

Kopierkosten - der Ärger nimmt kein Ende

Es ist jetzt das dritte Mal in einer Woche, dass Anfragen von Rechtspflegern hier eingehen, die die Kopierkosten erläutert haben wollen. Es ist auch das dritte Mal, dass ich mich ärgere und zurückschreibe, dass es neben der Hauptakte noch x Beiakten, eine Lichtbildmappe und TKÜ Ordner gab, die ebenfalls abgelichtet wurden und die Anzahl der darauf entfallenden Kopien auseinanderklamüsere.

Warum muss man als Anwalt immer wieder gebetsmühlenartig auf so etwas aufmerksam machen? Die Akte liegt dem jeweiligen Rechtspfleger doch vor. Es wäre kein Problem, einen Blick reinzuwerfen und festzustellen, ob und falls ja, welche Beiakten es gab. Welches Bild wird Rechtspflegern von Anwälten vermittelt? Etwa, dass sie sich an Kopien bereichern (0,30 € pro Stück!) wollen, deren Erstellung die Arbeitskraft einer Mitarbeiterin für mindestens einen halben Tag lahmlegt? Ich würde liebend gerne bereits fertige Kopien in Empfang nehmen oder - besser noch - CDs mit dem Akteninhalt um meinen Mitarbeitern das leidige Kopieren/Scannen zu ersparen.

Sollte hier bis Ende der Woche auch noch die vierte Kopienanfrage eintrudeln, leg ich sie dem betreffenden Rechtspfleger alle auf´s Fax, damit er höchstselbst nachzählen kann - ich schwör´s!

23 Kommentare:

Revisor hat gesagt…

"Leidig" mag das ja sein, aber dass Sie - jedenfalls wenn nur gescannt und nicht alles ausgedruckt wird - an den Kopierkosten für umfangreichen Akten verdienen, ist doch auch nicht zu bezweifeln.

BV hat gesagt…

Aber dann müsste er doch gar nicht mehr zählen. Das Fax zählt es einem doch vor. Besser wäre es, sie per Post zu übersenden...

Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. hat gesagt…

@Revisor: "Nur gescannt" ist gut. Selbst wenn man nur scannt (was vielfach nicht möglich ist), so müssen doch die einzelnen Seiten auseinander geheftet, auf den Kopierer, wieder zusammengeheftet und eingeheftet werden, was besonders viel Freude bereitet, wenn die Blätter nicht geeignet dazu sind, eingezogen zu werden, was oft der Fall ist. Der Aufwand bleibt nahezu gleich. Es ist auch nicht das Papier, dass die Sache so teuer macht, sondern die Bindung der Arbeitskraft. Letzteres ist wahrscheinlich ein Argument, dass vielen öffentlich Bediensteten nicht sofort ins Auge springt.

Revisor hat gesagt…

Eine geübte Kraft kann im Normalfall in 20 Minuten problemlos 100 Seiten scannen und hat damit schon einmal einen Umsatz von 30 EUR generiert. Das ist mehr als das Doppelte von dem, was Ihnen dadurch an Personalkosten entstehen.

Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. hat gesagt…

@Revisor: Bewerbungen bitte an meine Adresse! Interessant übrigens, dass Sie meinen, meine Personalkosten beurteilen zu können.

RA Anders hat gesagt…

Scannen ist gleich kopieren. Sowohl vom Arbeitsaufwand, als auch von den Kosten die erstattet werden.
@Revisor
Vielleicht kommen Sie ja mal in die Versuchung einen Karton voll Ermittlungsakten zu scannen.
Besonders über die gehefteten Blätter, die kleinen Schmierblätter (geheftet und geklebt) und die in fein säuberlich verklebten Umschlägen liegen CDs mit Fotos drauf werden Sie sich freuen.
Mein Tipp ist, probieren Sie doch einfach mal aus, was das für ein Aufwand ist. Wenn Sie dann noch meinen, man erwirtschaftet damit einen erstaunlichen Gewinn, haben Sie glaube ich was falsch gemacht

Anonym hat gesagt…

Lieber Revisor,
wenn Sie mit einer analogen Argumentation in die KfZ-Werkstatt Ihres geringsten Mißtrauens gehen, könnte es sein, daß Sie dort einen Schraubenschlüssel geschenkt kriegen.
Mit enormer Gewalt mitten in Ihren Schädel verankert.

Anonym hat gesagt…

@Revisor: Schon mal was von Lohnnebenkosten gehört? Und eine ReNo-Hilfe bkommt man nicht für 12€/brutto. Aber wenn sie Interesse haben sollten, ich suche noch nen juristisch erfahrenen Hausmeister für den selben Kurs.

Kostendeckung ist für die öffentliche Hand noch nie Interessant gewesen, oder woher rühren 0,30€/Km Fahrtkostenerstattung???

Anonym hat gesagt…

Um weiterer Lästigkeit und Revisoren aus dem Wege zu gehen mache cih das, wie folgt:

1. Ich übersende meine Kopien (wen über Gerichtspfostach) sofort zum Nachweis des Entstehens mit.

2. Um dann nicht noch auf drei Absetzunghinweise und Stellungnahmen antworten zu müssen kömmt folgender Textbaustein:

Grundsätzlich ist der Unterzeichner der Auffassung, dass dem Verteidiger ein komplettes Doppl der Gerictsakten vorlien müssen, da sonst eine effektive und ernstgemeinte Verteidigung nicht durchgeführt werden kann. Um jedoch keine Hin- und Her Korrespondenz über Kopien für Zustellungsurkunden etc. führen zu müssen, haben wir einen pauschalen Abschlag von 10 % der Kopien

Werner Siebers hat gesagt…

@revisor Schön, dass sich hier mal jemand outet, der dokumentiert, dass er überhaupt keine Ahnung von dem hat, was er zu beurteilen hat.

Die Maschine, die scannt, gibt es nicht umsonst.

Jeder Scanvorgang beginnt mit dem Aktenstudium und der Verfügung, welches Blatt zu kopieren ist.

Die Maschine, die scannt, will angeschafft und bezahlt sein (Kaufpreis/Leasing/Miete). Mit Strom wird die Kiste auch noch gefüttert. Das Speichermedium muss bezahlt werden, die Reinigungskraft, die das Gerät putzt, die Wartung pro Monat, die anfallenden Reparaturkosten.

Dann gibt es die Vollidioten bei Staatsanwaltschaft und Gericht, die Rückseiten beschreiben, weil sie nicht bereit und in der Lage sind, zu erkennen, dass das jedes Kopieren oder Scannen deutlich verzögert (übrigens auch, wenn Diener des Öffentlichen Dienstes z.B. Zweitakten fertigen müssen, egal, ob Scannen oder Kopieren - aber da werden ja nur Steuergelder verbrannt, wen interessierts!).

Auf den Vorgang sind Allgemeinkosten wie Raummiete, Nebenkosten und Personalkosten umzulegen, so dass bei einer realistischen betriebswirtschaftlichen Kalkulation (von so etwas haben aber Revisoren nun wirklich keinen blassen Schimmer, wie wir spätestens jetzt wissen) nichts bis fast nichts übrig bleibt, was mit Gewinn zu tun hat, ohne dass es des Einsatzes von Papier bedürfte.

Wenn Revisoren erkennbar unberechtigte Zweifel an der Anzahl der gescannten Seiten haben, erhalten Sie von mir übrigens die Mitteilung, dass die kopierten oder eingescannten Akten bei mir zur Einsichtnahme bereit stehen, denn keine Vorschrift bestimmt, dass ich zum Nachweis der Anzahl die Akten wieder ins Gericht schaffen muss.

Und wer verbietet es eigentlich einem Freiberufler, dass er an dem, was er an Dienstleistung erbringt, zum Schluss auch noch etwas verdient?

Aber ich bin gern bereit, beim Scannen oder Kopieren auf Gewinn zu verzichten, wenn Revisoren zukünftig lediglich von den Kopien leben müssen, die sie den Anwälten BERECHTIGT gestrichen haben.

Marcus hat gesagt…

Noch viel zeitauwendiger ist das Kopieren von Akten, die der badischen Aktenheftung unterliegen. Das Einfädeln von einzelnen Seiten, kann mitunter ewig dauern.

Kopieren ist ein Verlustgeschäft!

Revisor hat gesagt…

Als wirklich weiterführend sehe ich hier nur den Hinweis von RA Siebers an, dass er an den Auslagenerstattungen etwas verdienen möchte und das auch noch für völlig legitim hält.

Im Übrigen kann ich für Anwälte, die ihren Laden so organisiert haben, dass für eine Kopierstunde (ja, natürlich incl. Lohnnebenkosten, Gerätewartung und -abschreibung) betriebswirtschaftliche Kosten von 90 EUR anfallen, nur Bedauern empfinden.

Anonym hat gesagt…

Ich hätte da einen alternativen Vorschlag: da sich Rechtsanwälte an Kopien offenbar nur bereichern und die öffentliche Hand schröpfen, könnte statt dessen in der StPO geregelt werden, daß die vollständigen Aktenkopien (einschließlich Rückseiten und Zettelwirtschaft) von der Staatsanwaltschaft bzw. dem Gericht gefertigt und den Verteidigern zugesandt werden.

Jede Wette: es dauert kein halbes Jahr und die Staatskasse wäre bereit, Anwälten sogar die doppelten Kopierkosten zu bezahlen, wenn die den Sch... nur wieder selbst machen.

@Revisor: man muß es leider so deutlich sagen: typisch Beamter, null Ahnung von Betriebswirtschaft. Wenn ein Bezirksrevisor beispielsweise meint, an Kopien im Wert von 1,50 Euro herummäkeln zu müssen, dafür drei Briefe à 55 Cent verschickt werden und in dieser Zeit Zinsen in Höhe von 15,- Euro anwachsen (z.B. bei einem Freispruch), ist der Zweck der Rechnungsprüfung irgendwie in das Gegenteil verkehrt.

Anonym hat gesagt…

Dann gibt es da aber Spezis, die ganz wild sämtliche Verfügungen, EBs und Zustellungsurkunden, sprich: Wirklich die GANZE Akte, kopieren zu müssen und sich dann noch beschweren, weil man 50 Seiten absetzt, die nun wirklich nicht hätten sein müssen (was ist so interessant an einem Aktenvorblatt oder einer Ladung zu einem Termin, die man selbst per Post so bekommen hat?).

Bevor allgemeines Schimpfen auf die jeweils andere Seite kommt: Auch als Rpfl kann man nunmal nicht "Augen zu und durch" gehen. Es gibt bestimmt auch Kollegen, die jede einzelne Kopie haben wollen - das finde ich deutlich übertrieben. Ebenso übertrieben ist es aber auch, grundsätzlich die ganze Akte zu kopieren, s.o.

RA Anders hat gesagt…

Das mit dem Kopieren/Scannen der Akte durch StA/Gericht finde ich einen Interessanten Gedanken.
Bitte die Kopien/Scans dann aber in Farbe, damit man die Bearbeitungen auch ordentlich erkennen kann.

Detlef Burhoff hat gesagt…

@ Revisor: Ich frage micht bei solchen Geschichten immer, ob es eigentlich noch nie jemand ausgerechnet hat, ob sich die Justiz betriebswirtschaftlich nicht besser stehen würde, wenn man diesen Aufwand mit Rückfragen pp, Begründungen, warum es zwei Seiten nicht gibt, unterlassen würde. Zum Glück geht die obergerichtliche Rechtsprechung ja inzwischen auch in eine andere Richtung und "vertraut" dem Anwalt. Sie können das alles in einigen Entscheidungen auf meiner HP nachlesen. Sehr schön auch AG Bochum http://www.burhoff.de/insert/?/burhoff/rvginhalte/477.htm. Da hat ein Richter - übrigens der Direktor des AG - mal richtig Dampf abgelassen. Die Justiz beschwert sich immer über knappe Ressourcen, an diesen Stellen könnte man mal sparen.

RA Anders hat gesagt…

@Detlef Burhoff
Die Entscheidung ist wirklich schön, allerdings halte ich es für nicht zwingend erforderlich, daß der Anwalt einige Blätter nicht kopiert, denn erstens ist nicht immer absehbar, was später wichtig ist und in einen Zeitraum von drei Tagen, in denen man die Akten üblicherweise bekommt, ist es nicht immer machbar die Akte durchzusehen. Aber in Ihrem Buch zum RVG stellen Sie das dankenswerter und gerichtserprobter Wiese auch klar!
Vielen Dank dafür!

Anonym hat gesagt…

@Anonym, 10.16 Uhr:

Die ganze Akte kopiere ich schon deshalb, weil ich bei fehlenden Seiten Monate später nicht mehr weiß, ob ich sie bewußt - weil unwichtig - oder versehentlich nicht abgelichtet habe. Im übrigen kann wirklich fast jedes Aktenblatt Bedeutung haben, insbesondere Verfügungen und Zustellungsurkunden. Es ist ja mitunter nicht ganz unwichtig, wer, wann, was, wie verfügt oder erhalten hat.

Ich finde es anmaßend, wenn ein Kostenbeamter, der, bei allem Respekt, von Strafverteidigung in der Regel keine Ahnung hat, nachträglich bestimmen will, welche Aktenteile für die Verteidigung von Nutzen waren und welche nicht. Wenn das Verfahren z.B. kurz nach Akteneinsicht und Pflichtverteidigerbestellung überraschend nach § 154 StPO eingestellt wird, waren eigentlich sämtliche Kopien unnötig. Der Vefahrensfort- und ausgang ist aber nicht vorhersehbar. Eine ex post Betrachtung verbietet sich daher.

Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. hat gesagt…

@Anonym 15:18 Uhr: Hinzu kommt noch, dass die Zeit, die ich damit verbringe, ein Gürteltier dahingehend zu bearbeiten, meiner ReNo herauszuschreiben, welche Seiten nun benötigt werden und welche nicht, deutlich mehr kostet als die Reno, die die ganze Akte kopiert. Würde man mit dem Beginn der Kopierarbeiten warten, bis der Anwalt die Akte komplett durchgesehen und die zu kopierenden Seiten verfügt hat, könnte zumindest ich die üblichen 3-Tages-Fristen nicht einhalten, da ich erfreulicherweise noch andere Dinge zu tun habe.
Ich fände es prima, wenn man bereits kopierte Akte zugesandt bekäme. Damit könnte man bei der Justiz richtig Arbeitsplätze schaffen. Sichergestellt sein müsste freilich, dass sich kein Rechtspfleger oder Revisior der Sache annimmt und in Eigenregie entscheidet, welche Seiten man zur Verteidigung benötigt und welche nicht.

RA JM hat gesagt…

"An Kopien bereichern (0,30 € pro Stück!)"? Naja, Frau Kollegin, der Eindruck könnte schon entstehen, jedenfalls ab der 51 Kopie - bei den ersten 50 hätten Sie dann allerdings zu wenig berechnet, vgl. Nr. 7000 VV RVG. ;-)

P.S. Lieber Werner, § 185 StGB hast Du im Kopf, oder? ;-)

Paul hat gesagt…

Wann kommt die volldigitale Gerichtsakte in Deutschland?
Vermutlich wird doch eher EU-weit die Badische Aktenheftung vorgeschrieben.

Revisor hat gesagt…

Doch, 30 Cent/Seite kommt für eine mittlere Akte (= von knapp 120 Seiten) ganz gut hin.

Bei umfangreichen Akten wird es im Schnitt natürlich weniger, zB 18,5 Cent/Seite bei 500 Seiten. Dass das dann auch realistisch ist, bestreitet ja keiner.

Anonym hat gesagt…

Ist doch immer alles dasselbe. Rechtsanwälte machen sich nur um Kosten und Arbeit Gedanken. Das könnten alles FDP oder CDU Mitglieder sein. Aber das Recht des Mandanten wird zunächst zurück gestellt und endet im meisten Fall zu einem Vergleich. Der Titel Rechtsanwalt sollte umgewandelt werden in Lösungssucher.