Donnerstag, 14. März 2019

Landgericht Aachen - Bücher statt Btm

Einige Zeit beschäftigte ein Verfahren vor dem Landgericht Aachen die dortige 9. Strafkammer gegen 5 Angeklagte, denen bandenmäßiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vorgeworfen worden war.

Die Urteile gegen 3 der 5 Angeklagten fielen vergangene Woche, wobei Haftstrafen zwischen 5 Jahren und 20 Monaten verhängt worden waren. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.

Die beiden anderen Männer, darunter mein Mandant, sind bereits im vergangenen November freigesprochen worden und diese Freisprüche sind in Rechtskraft erwachsen. Nachdem mein Mandant freigesprochen war, habe ich das Verfahren gegen die weiteren Angeklagten nur noch in der Presse verfolgt, die zu Beginn des Verfahrens noch sicher war, dass den Ermittlungsbehörden ein ganz großer Schlag gegen einen Drogenhändler-Ring gelungen sei. Danach folgte Berichte, die die Arbeit der Verteidigung auf´s Korn nahmen. Es sollen viele Anträge gestellt worden sein. Hört, hört! Dass die Arbeit von Verteidigern, die Beweisanträge stellen um ein ungerechtes Urteil gegen den eigenen Mandanten zu verhindern, oftmals als Querulantentum dargestellt wird, ist für sich genommen nichts Neues. Dieser Fall jedoch ist ein Lehrstück dafür, wie notwendig solche Anträge sind, damit der Mandant am Ende des Verfahrens nicht jahrelang gesiebte Luft atmet.

Die Ermittlungsbehörden, deren Arbeit das Gericht in beachtenswerter Klarheit zu Recht kritisiert hat, hatten sich nicht mit Ruhm bekleckert. Eine führende Ermittlungsbeamtin war sich nicht zu schade, in ihrer Vernehmung als Zeugin zu bekunden, sie sehe es nicht als ihre Aufgabe an, Entlastendes zu ermitteln.

Vor diesem Hintergrund wundert es nicht, dass bereits beim Lesen der Akte der Eindruck entstand, dass Observationen immer dann abgebrochen wurden, wenn sie entlastend zu werden drohten. Ich erinnere mich an den ebenfalls freigesprochenen Mitangeklagten, der observiert worden war, wie er mit einer Sporttasche in Richtung der Aachen Arkaden schlenderte. In der Sporttasche, so die Vermutung der Ermittler, müssen sich Betäubungsmittel befunden haben. Wären die Beamten ein wenig länger drangeblieben, wäre ihnen nicht entgangen, dass der Mann in ein Fitnessstudio in den Aachen Arkaden gegangen war; nicht um dort Handel zu treiben, sondern um Hanteln zu schwingen. Mein Mandant war ebenfalls mehrfach mit großen Tüten in der Nähe seiner Unterkunft gesehen worden. Auch dies höchst verdächtig. Leider verfolgte man ihn nur bis kurz vor die Tankstelle, in der er die in der Tüte befindlichen Pfandflaschen in den Automaten warf. Zu allem Überfluss verkaufte er große Teile seiner Büchersammlung, wobei die Anklage davon ausgegangen war, bei dem Wort "Bücher", das in mehreren EMails aufgetaucht war, handele es sich um Drogen. Nachdem das Gericht viele Zeugen (übrigens auf Antrag der Verteidigung) vernommen hatte, war klar: Sportsachen, Pfandflaschen und Bücher sind tatsächlich Sportsachen, Pfandflaschen und Bücher.

Dass der Mandant monatelang unschuldig in Untersuchungshaft saß, wird ihm pro Tag mit 25 Euro entschädigt werden. Das sind 100 Pfandflaschen...    

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