Am 7. Hauptverhandlungstag wurde die Vernehmung des
aussagebereiten Angeklagten fortgesetzt, die an Ergiebigkeit nicht gewonnen
hatte, was angesichts des Zeitablaufs verständlich ist. Es gab Diskussionen
über die Länge der Vorhalte der Staatsanwaltschaft aus früheren Vernehmungen
dieses Angeklagten, die gemacht worden waren in der Hoffnung, hiermit sein
Gedächtnis aufzufrischen. Diese Hoffnung erfüllte sich selbst dann, wenn das Gericht die Vorhalte erlaubte, in weiten Zügen nicht.
Der Angeklagte vermochte sich nicht einmal mehr an die Umstände seiner Vernehmung
zu erinnern, in der verschriftet worden war, man sei nach einer Mittagspause in
der zweiten ganztägigen Vernehmung zum „Du“ gewechselt. Es entspricht nicht den
üblichen Gepflogenheiten, dass sich erwachsene Beschuldigte und
Vernehmungspersonen Duzen. Genauso wenig üblich dürften Vernehmungsmarathons
von zum Teil mehr als 12 Stunden sein. Diese besonderen Umstände wären
sicherlich zu vertiefen gewesen, wenn denn die Vernehmung insgesamt gehaltvoller gewesen
wäre. Immerhin konnte herausgearbeitet werden, dass die Vernehmungsprotokolle keine Wortprotokolle darstellen. Die geschliffenen anmutenden Formulierungen, die zum Teil Eingang in die Anklage fanden, entsprangen jedenfalls nicht dem gepiercten Mund des Angeklagten.
Am Morgen des gestrigen 8. Verhandlungstag traf ich, von einem plötzlichen Hustenreiz erfasst, meinen ebenfalls hustenden Mitverteidiger vor dem Aufzug des Landgerichts, der sich schon
darüber gewundert hatte, dass jeder, der das Gericht betrat, hustete. Wir
husteten eine Weile gemeinsam mit einigen Kollegen um die Wette bis wir gewahr
wurden, dass im Erdgeschoss jemand Reizgas versprüht hatte. Es folgten
ein Feuerwehreinsatz und eine damit einhergehende unfreiwillig lange Pause.
Am Nachmittag begann die Vernehmung zu einem Anklagepunkt, der einen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz aus dem Jahr 2011 zum Gegenstand hat. Die Beweisaufnahme zu diesem Punkt wird auch die nächsten Verhandlungstage in Anspruch nehmen, wobei das Beweisprogramm um einen zwischenzeitlich nach Kenia verzogenen Zeugen gekürzt werden könnte, sollte dieser "unerreichbar" im Sinne des Gesetzes sein.
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