Donnerstag, 21. März 2019

Aktionsbüro Mittelrhein #3 - 6. Hauptverhandlungstag

Am gestrigen 6. Hauptverhandlungstag wurde die am Vortag begonnene Vernehmung des einzig aussagebereiten Angeklagten fortgesetzt. Dieser befindet sich seit seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft in einem Zeugenschutzprogramm, so dass er zu seiner gegenwärtigen Wohn- und Lebenssituation keine Angaben machen musste.

Das Gericht befragte ihn zu einzelnen, ihn betreffenden Anklagepunkten. Daneben stand er für Fragen der Staatsanwaltschaft zur Verfügung, nicht jedoch für solche der Verteidigung bzw. der Angeklagten selbst. Dieses Verhalten ist durchaus legitim, schließlich hat ein Angeklagter in einem gegen ihn gerichteten Strafverfahren alle denkbaren Möglichkeiten: er darf aussagen, er darf schweigen und er darf teilschweigen. Teilschweigen meint, dass er jederzeit seine Aussage abbrechen darf oder wie hier sich vorbehalten darf, nicht auf Fragen der Verteidigung zu antworten. Im Gegensatz zur Variante des Schweigens, aus dem keine für den Angeklagten negativen Schlüsse gezogen werden dürfen, darf das Gericht alles, was er sagt, auch gegen ihn verwerten und auch aus einem Teilschweigen negative Schlüsse ziehen.

Der Angeklagte, der bereits im ersten Anlauf umfassende Angaben gemacht und dessen Vernehmung seinerzeit 8 Hauptverhandlungstage in Anspruch genommen hatte, wird noch an mindestens einem weiteren Tag vernommen werden. Dass es diesmal schneller geht, liegt jedoch nicht etwa daran, dass das Gericht weniger wissen wollte als vor 7 Jahren, sondern ist schlicht der Tatsache geschuldet, dass die Erinnerung des Angeklagten mit der Zeit nicht besser geworden ist.

Einen von meinem Mitverteidiger und mir gestellten Antrag auf Videoaufzeichnung des Verfahrens hat das Gericht übrigens in der Zwischenzeit zurück gewiesen. Der Vorsitzende äußerte sinngemäß in diesem Zusammenhang am Rande eines kleinen juristischen Schlagabtauschs mit der Verteidigung, ganz froh zu sein, dass keine Aufzeichnung erfolge. Diese Freude teile ich nicht. In anderen Ländern sind Aufzeichnungen von Gerichtsprozessen längst die Regel und einige deutsche Gerichte lassen Aufzeichnungen in Umfangsverfahren bereits zu. Gerade in lange andauernden Verfahren wäre es für alle Beteiligten vorzugswürdig, auf Aufzeichnungen zurückgreifen zu können, aber so weit sind wir zumindest in Koblenz noch nicht.

Das Verfahren wird kommenden Dienstag fortgesetzt.
 


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