Freitag, 29. März 2019

Aktionsbüro Mittelrhein #3 - der erste Freispruch

Am gestrigen Tag hat das Landgericht Koblenz einen Angeklagten, dessen Verfahren zum dritten Anlauf hin abgetrennt worden war, freigesprochen und ihm für die erlittene Untersuchungshaft eine Haftentschädigung zugesprochen.

Dem (inzwischen ehemaligen) Angeklagten war die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen worden. Sie stützte sich maßgeblich auf die Aussagen des Kronzeugen der Anklage, auf dessen Aussage hin das Verfahren seinerzeit ins Rollen gekommen war. Dieser Zeuge hatte ausgesagt, der Freigesprochene habe anlässlich einer Demonstration in Dresden Straftaten begangen. Hierauf hatte man im März 2012 den Angeklagten festgenommen und in Untersuchungshaft verbracht. Kurz vor Prozessbeginn im August 2012 wurde er aus der Haft entlassen, nachdem er den Alibibeweis hatte führen können, am fraglichen Tag gar nicht in Dresden gewesen zu sein. Hiermit konfrontiert erklärte der Kronzeuge, dann habe er Dresden wohl mit einer Kundgebung in Halle verwechselt, bei der keine Straftaten begangen worden seien. Man darf wohl zusammenfassen, dass die Himmelrichtung vom Rheinland aus gen Osten stimmte.

Wer sich nur fragt, weshalb es dann doch insgesamt sieben Jahre gedauert hat bis der Freispruch erfolgt, der werfe einen Blick ins Gesetz, genauer in § 129 StGB. Der Tatbestand setzt das Bestehen einer auf die Begehung von Straftaten gerichteten Vereinigung voraus und Mitglied kann jeder sein, der sich dem Gruppenwillen unterordnet und sich an der Tätigkeit der Organisation beteiligt, wobei die Palette reicht von Durchführung von Straftaten bis hin zum Zahlen von Beiträgen. Trotzdem der Vorwurf "Dresden" für den Angeklagten recht zügig vom Tisch war, hat dies formaljuristisch nicht dazu geführt, dass die Sache unmittelbar danach freispruchreif gewesen wäre. 

Der am gestrigen Tag als Zeuge vernommene Richter des ersten Durchlaufs bestätigte, dass die 337-tägige Hauptverhandlung "nichts, aber auch gar nichts" zu Tage gefördert habe, was auf eine Schuld des Angeklagten hätte schließen lassen. Als Zuschauer hätte ich mir Nachfragen dahingehend gewünscht, warum man nicht schon vorher das Verfahren gegen ihn abgetrennt hatte und ab welchem Zeitpunkt man nicht mehr von einer Verurteilungswahrscheinlichkeit ausgegangen war, aber Zuschauerbeteiligungen gibt es im deutschen Strafprozess richtigerweise nur bei nachmittäglichen Gerichtssendungen.

Der jetzt zuständige Kammervorsitzende sprach im Urteil sein Bedauern darüber aus, dass der Angeklagte so lange in dem Verfahren verhaftet gewesen sei, schließlich sei die Grundlage der Vorwürfe überschaubar gewesen. Er hätte sich ein früheres Ende für ihn gewünscht und der jetzt erfolgte Freispruch sei überfällig gewesen. Dem kann man nur noch hinzufügen: Alles Gute dem ersten Freigesprochenen!

Der Prozess gegen die noch verbleibenden 12 Angeklagten wird kommenden Dienstag fortgesetzt, wie üblich ab 9.30 in Saal 128.

 

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