Heute Morgen war ich beim Amtsgericht W. (Schöffengericht). Es geht um den Vorwurf des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln.
Ein Zeuge, der meinen Mandanten entlastet, wird durch das Gericht besonders genau unter die Lupe genommen. Irgendwann stellt der Vorsitzende eine Frage, die ich als unzulässig beanstande.
Auf meine Beanstandung hin erklärt er: "Die Frage ist zulässig."
Ich beantrage einen Gerichtsbeschluss.
Daraufhin der Vorsitzende (ohne seine Schöffen auch nur anzusehen): "Beschluss: die Frage ist zulässig."
Ich gebe einen entsprechenden Vermerk zu Protokoll. Daraufhin zieht sich das Gericht zur Beratung zurück, was immerhin fast 15 Minuten dauert. Danach wird der Beschluss des Gerichts verkündet (Frage ist zulässig).
Vielleicht hat der Vorsitzende die Zeit auch dazu genutzt, seinen Schöffen zu erklären, dass sie bei Beschlüssen des Gerichts ebenfalls mitzuwirken haben. Ob sie das wussten, weiß ich nicht.
Ich kann nur mutmaßen, dass sie es nicht wussten. Seit mal eine Schöffin in einem Vorgespräch gesagt hatte: "Wenn er (der Angeklagte) es doch nicht war, wieso schweigt er dann? Wenn er nichts zu verbergen hat, kann er das doch sagen", weiß ich, dass es bisweilen nicht ganz so weit her ist mit den Rechtskenntnissen der Schöffen. Diese Bemerkungen hatte den damaligen Vorsitzenden übrigens dazu veranlasst, der Schöffin in aller Deutlichkeit das ganz kleine Einmaleins der Beschuldigtenrechte beizubringen.
20 Kommentare:
Sollte man solche Schöffen nicht von ihren Pflichten entbinden? Viel interessanter ist, wie die überhaupt auf der Vorschlagsliste gelandet sind ...
Ein guter Vorsitzender hat seine Schöffen dahingehend im Griff, daß sie schweigend und regungslos neben ihm sitzen, keine Fragen stellen und alle seine Entscheidungen mittragen. Schöffen, die nicht entsprechend "eingenordet" sind, stellen eine Gefahr für die Rechtsfindung dar! Ständig erwecken sie den Anschein der Befangenheit, indem sie wahlweise den Staatsanwalt oder den Verteidiger für deren Einfälle loben, sich über die Glaubwürdigkeit von Zeugen oder des Angeklagten auslassen oder sogar eigene Nachfragen haben! Aus meiner Sicht ist der Schöffe in 95% der Fälle ein höchst überflüssiges Wesen. Entweder man hat konsequent ein Geschworenensystem oder nur Berufsrichter. Aber nicht diese Statisten, die de facto nichts zu melden haben.
15 Minuten reichen für alle 3 zum Austreten und einen Kaffee.
@Anonym: Bis 1934 (?) hatten wir ja auch Geschworenengerichte. Dann hat sie der damalige Justizminister Emminger angeschafft und 10 Geschworene durch 2 Schöffen ersetzt (wohl aus Gründen der Kostenersparnis).
Ob die Geschworenen mehr Ahnung hatten als die Schöffen, weiß ich nicht. Tragisch finde ich allerdings genaue den Punkt, den Sie angesprochen haben - ein guter Vorsitzender hat seine Schöffen im Griff. Ich bin davon überzeugt, dass auch Schöffen mal Widerworte geben würden, wenn sie - bevor man sie auf die Angeklagten loslässt - einen Grundkurs in Verfahrensrecht bekämen.
Die Überflüssigkeit wird durch Aktionen wie die des Vorsitzenden heute nur so ganz besonders offenkundig. Wäre ich Schöffe gewesen, hätte ich mich wahrscheinlich darüber geärgert, dass ich nur aus Gründen der Vollständigkeit dort sitze.
@Jens: Meinen Sie einen Befangenheitsantrag gegen die Schöffen, weil die nicht wissen, dass ein Vorsitzender nicht alleine einen Gerichtsbschluss machen kann?
@Werner: Was immer sie getan haben; das Beratungszimmer haben sie nicht verlassen. Klo und Kaffee befanden sich übrigens außerhalb Desselben.
Typisch ... *ein* RA erzählt, durchaus glaubhaft, von *einer* Erfahrung mit *einer* Vorsitzenden während *einer* bestimmten Verhandlung. Und es kommt wie es in Deutschland kommen muss, jeder hebt den belehrenden Finger, einer höher als der andere. Man muss die Schöffen abschaffen, die haben eh nix zu sagen. Blöd sind sie auch noch, wie die eine Tussi mit dem Schweigerecht oder was das war. Jawohl!
Können wir das bitte versachlichen? Ich bin nun seit zwei Jahren Schöffe am Landgericht Hamburg. Die Richterinnen und Richter haben sich immer Zeit für uns genommen, sie fragen uns immer und -glauben Sie's oder nicht- beziehen uns immer in eine echte Diskussion ein.
Natürlich muss man auch mal als Schöffe dem Berufsrichter gegenüber standhaft sein und bleiben: "Tut mir leid, Frau Vorsitzende, ich halte trotzdem 150 Tagessätze für zu viel! Ich kenne Paragraph XYZ nicht, das ist richtig, aber ich bin ja hier, WEIL das so ist und WEIL ich Menschenverstand einbringen soll. Punkt!" Wie im richtigen Leben muss man sich auch als Schöffe mal durchsetzen. Und das geht!
Langer Rede kurzer Sinn: Klar hat der Herr RA in diesem einen Falle allen Grund sich zu ärgern, aber an der grundsätzlich sehr gut funktionierenden Zusammenarbeit zwischen Berufsrichter und Schöffe rüttelt das nicht.
Punkt! :)
Selbst wenn er die Schöffen angesehen hätte, und sie es offensichtlich war, dass sie seiner Meinung waren: Kann dann trotzdem überhaupt ein Beschluss ergehen? Damit wäre doch offensichtlich das Beratungsgeheimnis verletzt.
1934??
Mein Vorschlag: Ein Grundkurs in Zeitgeschichte.
zu Jens: Vorschlaslisten werden oft blind vom Gemeindeparlament genehmigt. Kriterien lediglich: Name, Alter, Beruf.
VRiLG a.D. Frankfurt am Main und Berlin: Dr. Gehrke und Fr.-K. Föhring sinngemäß: Schöffen sind überflüssig. - Aus meiner Schöffenpraxis: RiAG: "Nach Beratung am Tisch..." (ohne Kopfbewegung). Oder auf meine (leise) Frage: "Sie haben das Verfahren jetzt allein für über drei Wochen ausgesetzt? Antwort: "Darauf können Sie Gift nehmen." - Zum Grundkurs im Verfahrensrecht: Dres. Putzke/Scheinfeld: Strafprozessrecht, ". Aufl. 2009, Beck-Verlag, ISBN 978-3-406-59492-2= hervorragend, besonders zur "Verständigung" (= New Deal).
Ein Geschworenengericht (das es übrigens auch noch nach dem Krieg gab, wenngleich nicht in der ursprünglichen Form) hat Vor- und Nachteile.
Zum einen entscheiden die Geschworenen ja nur über Tatsachen- und "einfache" Rechtsfragen (z.B. Notwehr), also ob der Angeklagte "schuldig" im Sinne der Anklage ist. Über das Strafmaß und die schwierigen Rechtsfragen entscheiden die Berufsrichter. In den USA gibt es zudem die Möglichkeit, eine Entscheidung der Berufsrichter herbeizuführen, wenn die Geschworenen völlig abseits von Recht und Gesetz entschieden haben.
Zum anderen sehen manche Rechtsordnungen vor, daß man zwar Anspruch auf ein Geschworenengericht hat, aber sich auch nur von einem Berufsrichter aburteilen lassen kann. Die Wahl wird der Anwalt treffen, je nachdem, von welchem Spruchkörper er sich mehr erhofft. Geschworene sind sicher unberechenbarer, aber auch einer emotionalen und auf Zweifeln aufgebauten Verteidigung eher zugänglich. Berufsrichter können besser Rechtsfragen zugunsten des Angeklagten entscheiden, für die Laien kein Verständnis haben.
@Anonym1: *Ein* Schöffe erzählt -durchaus glaubhaft-, dass er in der Lage ist sich durchzusetzen.
Von den meisten Schöffen habe ich leider einen anderen Eindruck. Ich würde mir wünschen, dass es mehr Schöffen gäbe, die nicht an den Lippen des Vorsitzenden hängen und die von strafprozessualen Rechten zumindest soviel Ahnung haben, dass sie ein Angeklagter nicht als Gefahr ansehen muss. So wie Sie es schildern, bekleiden
@Anonym2: Nein. Ich habe die Formulierung nur gebraucht um zu verdeutlichen, dass der Vorsitzende sich offensichtlich gar nicht darüber im Klaren war, dass er das nicht allein zu entscheiden hat und erst auf meine Intervention hin die Verhandlung unterbrochen hat um sich mit seinen Schöffen zur Beratung zurückzuziehen.
@Gast: Vielen Dank für den Hinweis. Statt 1934 muss es richtig heissen 1924. Weiterführendes zu Herrn Emminger gibt es unter: http://de.wikipedia.org/wiki/Erich_Emminger oder man googlet "Emminger-Novellen".
Liebe Frau Rueber, ich bin Anonym1. Was meinen Sie mit "So wie Sie es schildern, bekleiden"? Der Satz ist grammatisch ungewöhnlich. Im Ernst. Ihr Juristen mögt es anders sehen - wir Mathematiker lernen, nicht vom Beispiel auf die Allgemeinheit zu schließen. Ein schwacher Schöffe wird schwach auftreten, klar, so wie ein schwacher Rechtsanwalt. Ein starker Schöffe dagegen wird sich durchsetzen, so wie ein starker Rechtsanwalt. Ich finde, das spricht alles weder gegen Schöffen, noch gegen Rechtsanwälte. Eventuell können wir uns auf dieser rein logisch-objektiven Ebene einigen. :)
@Anonym1: Hoppla. Da ist ja ein Teil dessen, was ich meine geschrieben zu haben, weg.
Ich setze das Fragment mal fort:... Sie Ihr Amt sehr verantwortungsbewusst und sind sich der Tragweite der Entscheidungen sehr bewusst. Sie leisten sich eine eigene Meinung und kuschen nicht vor den Damen und Herren im Schwarzkittel. Aus meiner Erfahrung heraus darf ich Ihnen versichern, dass das - so kommt es jedenfalls immer wieder an - nicht der Regelfall ist. Ich habe Schöffen erlebt, die, bevor sie eine Frage gestellt haben, diese erst dem Vorsitzenden flüsterten und um Erlaubnis baten, sie stellen zu dürfen. Diese Schöffen waren dann aber schon 100% aktiver als die, die nur als "Adabeis" fungieren.
Ich glaube, wir liegen nicht weit auseinander mit unseren Ansichten. Ich würde mir mehr Schöffen wünschen wie Sie offenbar einer sind und mit dieser Meinung stehe ich sicher nicht alleine, sondern spreche für viele meiner Kollegen.
@Anonym
@Fr Rueber
Ich muß jetzt auch mal meinen Senf dazugeben. Ich war zwei Wahlperioden als Schöffe in Strafsachen tätig. Eigentlich war das Zufall, da ich mich eigentlich als Jugendschöffe zur Wahl gestellt hatte, versehentlich aber auf der falschen Vorschlagsliste landete und diese Wahl zeitlich früher stattfand. Ich bin ohne jede Vorbereitung ins kalte Wasser geworfen worden. Die erste Verhandlung drehte sich um einen Vergewaltigungsvorwurf. Da merkte ich erst, welche Verantwortung ich eigentlich trug. Es ging immerhin um einen schwerwiegenden Vorwurf und die Frage freiheitsentziehender Maßnahmen stand im Raum. Fragen in der HV durch die Schöffen wurden akzeptiert, es war aber schon deutlich zu merken, daß dies eher ungewöhnlich war. Sowohl der Richter als auch der Verteidiger wirkten ehrlich überrascht. Während diese beiden sich jedoch auf die Verhandlung vorbereiten konnten, wurde ich erst während der Verhandlung mit Details konfrontiert. Eigentlich ist man als Schöffe mehr gefordert, da man keine Zeit hatte, wirklich das behauptete Geschehen zu durchdenken und auf Plausibilität abzuklopfen. Letztlich mußten weitere Verhandlungstage anberaumt werden. Ich habe nächtens Skizzen gemacht, Minuten gezählt im behaupteten Tatablauf und immer wieder gegrübelt. Ich wollte nicht mitwirken, daß jemand unschuldig verurteilt wird, aber auch nicht, daß ein Krimineller straflos davonkommt. Zuletzt waren die Zweifel größer als die Überzeugung, einem Täter ggü. zu sitzen.
Ich hatte jedoch auch nicht den Eindruck, daß dem Richter ein aktiver Schöffe unangenehm war. Es waren wirklich gemeinsame Diskussionen und gemeinsam angestellte Überlegungen, die letztlich zum Freispruch führten.
Nach Ende der Verhandlung dachte ich nur noch, auf was habe ich mich eigentlich eingelassen... Die meisten folgenden Verhandlungen waren im Vergleich dazu jedoch eher banal und wir haben noch viele interessante Diskussionen geführt. Mit der Zeit wird man auch sicherer und ich habe viel gelernt.
Ein eklatanter Mangel ist jedoch die unzureichende Vorbereitung.
Auf die Listen kommt man ganz einfach: ich war kommunalpolitisch aktiv, hatte beruflich mit Jugendlichen zu tun und wurde schlicht gefragt.
Man müßte alle, die auf der Vorschlagliste stehen, schulen und auf Eignung prüfen. Als Schöffe muß man kein Jurist sein. Wenn ich jedoch mit dem anderen Schöffen den Berufsrichter sogar überstimmen kann, ist ein juristisches Grundwissen unerläßlich.
Manche Verteidigerargumente (gilt auch für Staatsanwalt) habe ich mir notiert und später nachgefragt bzw. nachgeschlagen. Erst dann erschloß sich mir, was die eigentlich meinten.
Viele Schöffen, die ich getroffen habe, haben sich ähnlich eingebracht. Ich habe jedoch auch Schöffen getroffen, die ihr Hausfrauendasein etwas füllen wollten.
So ist es wohl in vielen Tätigkeiten...
Aus dem Schweigen eines Schöffens während der Verhandlung auf seine Unbeteiligtheit zu schließen, greift jedoch zu kurz.
Meine Schöffenkollegin hat während der Verhandlung meist nichts oder nur wenig gesagt. Punktgenaue Fragen und Gedanken von ihr während der Beratung im Richterzimmer haben jedoch häufig in eine entscheidende Richtung gelenkt.
Aus diesem Grund ist ein manchmal in Blogs anzutreffendes Schöffen-Bashing unangebracht.
Teil 3
Aus dem Schweigen eines Schöffens während der Verhandlung auf seine Unbeteiligtheit zu schließen, greift jedoch zu kurz.
Meine Schöffenkollegin hat während der Verhandlung meist nichts oder nur wenig gesagt. Punktgenaue Fragen und Gedanken von ihr während der Beratung im Richterzimmer haben jedoch häufig in eine entscheidende Richtung gelenkt.
Aus diesem Grund ist ein manchmal in Blogs anzutreffendes Schöffen-Bashing unangebracht.
Teil 2
Nach Ende der Verhandlung dachte ich nur noch, auf was habe ich mich eigentlich eingelassen... Die meisten folgenden Verhandlungen waren im Vergleich dazu jedoch eher banal und wir haben noch viele interessante Diskussionen geführt. Mit der Zeit wird man auch sicherer und ich habe viel gelernt.
Ein eklatanter Mangel ist jedoch die unzureichende Vorbereitung.
Auf die Listen kommt man ganz einfach: ich war kommunalpolitisch aktiv, hatte beruflich mit Jugendlichen zu tun und wurde schlicht gefragt.
Man müßte alle, die auf der Vorschlagliste stehen, schulen und auf Eignung prüfen. Als Schöffe muß man kein Jurist sein. Wenn ich jedoch mit dem anderen Schöffen den Berufsrichter sogar überstimmen kann, ist ein juristisches Grundwissen unerläßlich.
Manche Verteidigerargumente (gilt auch für Staatsanwalt) habe ich mir notiert und später nachgefragt bzw. nachgeschlagen. Erst dann erschloß sich mir, was die eigentlich meinten.
Viele Schöffen, die ich getroffen habe, haben sich ähnlich eingebracht. Ich habe jedoch auch Schöffen getroffen, die ihr Hausfrauendasein etwas füllen wollten.
So ist es wohl in vielen Tätigkeiten...
@Anonym
@Fr Rueber
Teil 1
Ich muß jetzt auch mal meinen Senf dazugeben. Ich war zwei Wahlperioden als Schöffe in Strafsachen tätig. Eigentlich war das Zufall, da ich mich eigentlich als Jugendschöffe zur Wahl gestellt hatte, versehentlich aber auf der falschen Vorschlagsliste landete und diese Wahl zeitlich früher stattfand. Ich bin ohne jede Vorbereitung ins kalte Wasser geworfen worden. Die erste Verhandlung drehte sich um einen Vergewaltigungsvorwurf. Da merkte ich erst, welche Verantwortung ich eigentlich trug. Es ging immerhin um einen schwerwiegenden Vorwurf und die Frage freiheitsentziehender Maßnahmen stand im Raum. Fragen in der HV durch die Schöffen wurden akzeptiert, es war aber schon deutlich zu merken, daß dies eher ungewöhnlich war. Sowohl der Richter als auch der Verteidiger wirkten ehrlich überrascht. Während diese beiden sich jedoch auf die Verhandlung vorbereiten konnten, wurde ich erst während der Verhandlung mit Details konfrontiert. Eigentlich ist man als Schöffe mehr gefordert, da man keine Zeit hatte, wirklich das behauptete Geschehen zu durchdenken und auf Plausibilität abzuklopfen. Letztlich mußten weitere Verhandlungstage anberaumt werden. Ich habe nächtens Skizzen gemacht, Minuten gezählt im behaupteten Tatablauf und immer wieder gegrübelt. Ich wollte nicht mitwirken, daß jemand unschuldig verurteilt wird, aber auch nicht, daß ein Krimineller straflos davonkommt. Zuletzt waren die Zweifel größer als die Überzeugung, einem Täter ggü. zu sitzen.
Ich hatte jedoch auch nicht den Eindruck, daß dem Richter ein aktiver Schöffe unangenehm war. Es waren wirklich gemeinsame Diskussionen und gemeinsam angestellte Überlegungen, die letztlich zum Freispruch führten.
Geehrte Diskutierende, ich bin hier zufällig beim blättern im Internet über diese Seite gestolpert, und einige Kommentare haben mich bewegt, auch meine Meinung hier kund zu tun.
Ich war erst Jugendschöffe am Amtsgericht dann Schöffe am Amtsgericht, und nun Hauptschöffe am Landgericht. Bei meinem Landgericht dem ich angehöre, habe ich es noch nicht erlebt, daß, das
Fragerecht seitens der Vorsitzenden Richter in Frage gestellt wurde. Ein jeder berufsmässige Jurist weiss, daß, Fragen in einer bestimmten Art und weise gestellt werden müssen (z.B.sind suggestiv gestellte Fragen unzulässig). Stellt der Schöffe die Frage verkehrt, setzt er sich, wie schon selbst bei einem Co-Schöffen erlebt, der Gefahr der Befangenheit aus. Ich habs auch schon erlebt, dass ein Staatsanwalt vom Vorsitzenden Richter wegen solcher Fragen zurück, gepfiffen wurde. Also ich würde vorsichtig damit umgehen, zu meinen, ein eher ruhiger Schöffe wäre ein so quasi ungeeigneter Schöffe. Weil ein Schöffe immerhin nur Laie ist, und sich vor allem die neuen Schöffen sich das erst erarbeiten müssen. Auch ein Meister ist net einfach mal so Meister geworden. Womit ich mich so direkt anfreunden könnte, wäre der Vorschlag, den neuen Schöffen einen Grundkurs, ich sage mal zwei Tage, in Verfahrensrecht anzubieten, damit man denen nicht jeden Müll, damit meine ich nicht nur Gericht und Staatsanwalt, sondern auch Anwälte, erzählen kann, und denke es wäre auch eine kleine Hilfestellung, damit die Schöffen wissen welche Möglichkeiten in der Sache offen stehen. Also bei mir in der Gemeinde, werden die Bewerber für das Amt durchaus von der Verwaltung und vom Gemeinderat durchaus nicht direkt geprüft, aber durchaus angesehen wer sich bewirbt. Ich kann Anonym, ansich nur beipflichten, wenn er sagt, dass sich die Richterinnen und Richter mit ihren Schöffen durchaus auseinander setzen, ist bei uns am Landgericht auch so.
Es gab bisher nur eine Ausnahme, mit einem Richter am Amtsgericht, der sich anscheinend als kleiner König auf dem Lande wähnte, dem es so garnet passte wenn er Schöffen an seiner Seite hatte. Da gabs wegen der Urteilsfindung immer mordsmässige Disskusionen, weil er zum Teil nach der Verhandlung, in der Beratung, das Urteil schon anfing ohne großartig mit seinen Schöffen zu sprechen, einfach zu schreiben, was wir uns nicht gefallen liessen. Aber das war unter den vielen Richtern die ich im laufe der Zeit kennen gelernt haben nur eine Ausnahme. Ich könnte noch soviel dazu Schreiben, und werde die Seite bei den Favoriten speichern, und noch einmal vorbei schauen, vielleicht ist die Seite noch aktiv, und würde mich vielleicht auch auf die eine oder andere kritische Anmerkung, auch von Seiten von Frau Rueber freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Helmut
@Helmut
Erfreulich, dass mal jemand, der Schöffe ist, anregt, einen Kurs im Verfahrensrecht zu installieren. Aus meiner Sicht sollte es vor Vereidigung Pflicht sein, dass Schöffen einen solchen Kurs besucht haben. Es würde damit nicht nur die ein oder andere peinliche Frage verhindert, sondern das Schöffenamt würde imho in seinem Ansehen steigen. Was der Bürger aus dem TV so an Gerichtsverhandlungen mitbekommt, stimmt nicht mit der Realität überein und genau das sollte schon im Vorfeld klar sein. Von Schöffen, die wissen, wie ein Verfahren abläuft, welche Möglichkeiten der Beendigung es gibt, die sich in Sachen Stimmrecht auskennen und sich nicht von einem Vorsitzenden unterbuttern lassen, kann die Strafrechtspflege nur profitieren. Ich stünde ja als Dozentin zur Verfügung, aber mich fragt ja keiner. ;-)
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