Vor Kurzem habe ich mich mit einem Kollegen über Beiordnungen als Pflichtverteidiger unterhalten.
Der Kollege X. berichtete mir, dass er regelmäßig von Jugendrichter A. beigeordnet werde. Er habe ihn mal gefragt, wie er denn auf ihn gekommen sei. Antwort: "Mein Kollege B. hat zu mir gesagt: Nehmen Sie Herrn X., der ist unkompliziert."
Ich habe dem Kollegen daraufhin gesagt, dass das wahrscheinlich kein Kompliment war. Er wirkte irritiert.
An dieser Stelle wünsche ich allen Pflichtverteidigten im Sinne einer Strafverteidigung, die nicht bloße Urteilsbegleitung ist, reichlich komplizierte Pflichtverteidiger.
3 Kommentare:
Wenn man in einer Großstadt mit vielen hundert Anwälten in den Gerichtsakten immer die gleichen 2-3 Kollegen findet, die vom Gericht als Pflichtverteidiger ausgesucht werden, ist zweierlei zu vermuten: zum einen dürften diese Kollegen trotz der relativ bescheidenen Pflichtverteidigervergütung ein ansehnliches Auskommen haben, zum anderen dürfte es sich um besonders pflegeleichte Urteilsbegleiter handeln. Letzteres bestätigt ein Blick in die Akten, die sich durch eine auffällige Armut an Verteidigeranträgen und -schriftsätzen (i.d.R. null) auszeichnen.
Ich weiß immer nicht, welcher der Beteiligten ein bedenklicheres Verständnis von der Rolle eines Verteidigers hat: die bestellten Kollegen oder die bestellenden Richter. Wo bei hier das Wort "Bestellung" eine ganz eigene Bedeutung gewinnt...
Wieso "Urteilsbegleiter "? Richtig heißt es wohl, der örtliche Geständnisbegleiter.
Es ist schwierig als Strafrichter einen Pflichtverteidiger zu finden, der für das Pflichtverteidigersalär sachlich und effektiv arbeitet. Daher werden immer die gleichen genommen. Oft erwartet der Richter einen Freispruch, weil die Anklage sehr dünn ist und der Pflichtverteidger macht heisse Luft und beantragt eine milde Strafe. Der Richter deckt Widersprüche bei den Belastungszeugen auf, und der Verteidiger gibt durch seine Fragerei, dem Zeugen Gelegenheit zur geschicktn Korrektur. Wenn einer der angeblichen Koryphäen mal genommen wird, weil die Sache rechtlich schwierig ist, was soll der Strafrichter denn mit einem Verteidiger, der nach der Berufung als Pflichtverteidiger generell nie in Revision geht. Rechtsprechung und Literatur zu wälzen scheint für Pflichtverteidiger oft unnötig.
Manche sind auch unfähig mit der StA einen guten Deal auszuhandeln, wenn die Beweislage nun sehr, sehr ungünstig aussieht. Ein Geständnis muss nicht immer die schlechtere Verteidigungsstrategie sein-
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