Freitag, 19. Juni 2009

Früher Termin - Beitrag aus der Reihe "Terminskollisionen"

Immer wieder taucht das leidige Thema "Terminskollision bei Verteidigern" in juristischen Blogs auf und trotzdem es eigentlich ein alter Hut ist, erlebt man ständig Neues.

Gestern hatte ich das Vergnügen, mit der Vorsitzenden eines Schöffengerichts zu telefonieren. Ich hatte wegen einer Terminskollision um Aufhebung des von ihr bestimmten Termins ersucht. Es stellte sich heraus, dass der nächste bei mir freie Tag, an dem sie verhandelt (und sie verhandelt nur an einem Tag pro Woche) erst in 3 Wochen ist. Dann aber ist die Vorsitzende im Urlaub und erst im August zu verhandeln sei ihr zu spät.
Und überhaupt: ich sei eine Einzelkanzlei, da müsste ich meine Mandanten schließlich darüber informieren, dass ich in größeren Verfahren tätig sei und daher Terminskollisionen auftreten könnten.

Ich kann nur mutmaßen, was sie mir damit sagen wollte bzw., was sie sich denken mag und versuche mal, es darzustellen: Anwälte, die nicht in einer Kanzlei mit vielen Anwälten tätig sind, sollten gar keine Strafsachen annehmen dürfen, denn es könnten ja Kollisionen auftreten. Dass diese Kollisionen oftmals entweder im Guten (Aufhebung des Termins und Absprache eines anderen Termins) oder im weniger Guten (Beschwerde, Befangenheitsantrag) gelöst werden können, mag sein, ist aber lästig.
Große Kanzleien können immer einen anderen Anwalt schicken. Was schert einen denn, ob der Ahnung vom Strafrecht hat oder ob der Beschuldigte von einem anderen vertreten werden möchte?!
Last but not least ist auf den 4-wöchigen Urlaub eines Richters mehr Rücksicht zu nehmen als auf eine 3-wöchige Verhinderung (bezogen auf einen Tag pro Woche!) eines Verteidigers wegen eines anderen Verfahrens.

Ich habe es mir und ihr erspart, über Obiges zu diskutieren oder ihr gar zu erklären, dass ich nicht jeden Mandanten mit einer "kleinen" Strafsache wegschicken kann nur weil ich in einem Großverfahren sitze. Ich habe es uns beiden weiter erspart, ihr vermitteln zu wollen, dass auch ein Beschuldigter, der sich von einer Großkanzlei vertreten lässt, das Recht hat, von demjenigen Anwalt verteidigt zu werden, den er gewählt hat und nicht von dem, der am Sitzungstag eines
Gerichts zufällig Zeit hat. Letztlich habe ich es uns auch erspart, ihr zu sagen, dass meine Urlaube maximal 1 Woche dauern, ich ihr aber den eigenen, deutlich längeren Urlaub natürlich von Herzen gönne und ich trotz allem nicht meinen Job mit ihrem tauschen möchte.

Wir sind nach einigem Hin und Her so verblieben, dass wir an einem ihrer Sitzungstage vor ihrem Urlaub zu sehr früher Stunde verhandeln und ich somit noch rechtzeitig zu dem Termin komme, der schon seit längerer Zeit bestimmt ist.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Was lernen wir daraus? Es wäre durchaus nicht schlecht, wenn aus der Einzel- eine Zweierkanzlei würde. Gibt es denn weit und breit keinen frisch gebackenen Volljuristen mit Vorliebe für Strafrecht???

Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. hat gesagt…

Ich suche tatsächlich nach Verstärkung, denn sobald mein Sekretariat wieder getrocknet ist, hätte ich wieder ein Büro frei. Problem bei frischgebackenen Juristen (auch solchen mit Vorliebe fürs Strafrecht) ist, dass sie meist Angst vor der Selbstständigkeit haben.