Montag, 3. Mai 2010

Terminshoheit des Gerichts

Ich verteidige gemeinsam mit einem Koblenzer Kollegen beim Amtsgericht P., das rund 500 Kilometer von Koblenz entfernt liegt. Den dortigen Vorsitzenden kenne ich als umgänglich. Angesichts der Entfernung zum Gerichtsort terminierte er entgegenkommenderweise auf 13 Uhr.

Dieser Termin wurde wegen Verhinderung eines Angeklagten aufgehoben. Es wurde neuer Termin bestimmt, dieses Mal allerdings auf 9 Uhr morgens.

Der Kollege rief den Vorsitzenden nach Erhalt der Ladung an und fragte, ob wegen der weiten Anreise keine spätere Terminierung in Betracht komme. Der Vorsitzende bedauerte, sämtliche Termine nach Mittag seien bereits anderweitig vergeben. Daraufhin rief der Kollege bei der Geschäftsstelle an um sich zu erkundigen, wann am fraglichen Tag denn der nächste Termin stattfinde. Der freundliche Geschäftsstellenbeamte teilte mit, dass es sich bei dem Termin um 9 Uhr morgens um den einzigen Termin an diesem Tag handele. Für den Nachmittag seien keine Termine vorgesehen. Ob sich der Vorsitzende da vertan hat?

Mein Kollege wollte es kaum glauben und war auf 180 als er mir davon berichtete.

A propos 180: ich sehe mich schon mit zeitweilig 180 km/h morgens um 3 Uhr gen P. fahren. Die Terminierung obliegt nunmal dem Vorsitzenden, da nützt aller Ärger um´s frühe Aufstehen nichts.

12 Kommentare:

Tim hat gesagt…

Es wäre wohl klüger einen tag vorher anzureisen und die Nacht in einem Hotel zu verbringen um morgens in ruhe zum Termin erscheinen zu können. Sicher gibt es günstige Schlafmöglichkeiten in der Nähe

Anonym hat gesagt…

Das ist doch immer auch eine schöne Gelegenheit, am Vortag schon einmal um 16.00 Uhr Feierabend zu machen, abends anzureisen und im Hotel zu übernachten. Abends noch ein Bummel durch die Stadt und ein schönes Essen in der Altstadt Es sind nicht die schlechtestens Verteidigungsmandate gewesen, die ich so in Erinnerung habe.

Im Falle einer Pflichtverteidigung kann die Staatskasse das nicht verwehren, wenn man unbedingt um 9.00 Uhr terminieren muß.

Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. hat gesagt…

@Tim und Anonym: Leider ist der vom Richter bevorzugte Sitzungstag nicht an einem Montag, so dass eine Anreise sonntags Sinn machen würde, sondern mitten in der Woche.
Mein touristisches Interesse an der Gegend hält sich überdies in Grenzen, ich mag keine Hotelübernachtungen und nachmittags habe ich Besseres (Besprechungstermine!) zu tun als im Feierabendverkehr auf der Autobahn im Stau zu stehen. Was die Kosten der Pflichtverteidigung (in diesem Fall nicht das Problem) angeht: bislang waren Rechtspfleger und ich stets unterschiedlicher Meinung, was eine Hotelübernachtung kosten darf. Ich muss gestehen, dass ich aus dem Alter raus bin, in dem man Jugendherbergsniveau auf Geschäftsreisen für vertretbar hält...

doppelfish hat gesagt…

Wäre diese Art der Anreise nicht etwas für den Kollegen aus Braunschweig?

Kand.in.Sky hat gesagt…

500km sind bequeme 5Std. auf der Autobahn.
das macht das Aufstehen und die vergeudeten Stunden natürlich nicht quitt.


#k.

Anonym hat gesagt…

Also ich bin eher aus dem Alter heraus, in dem ich mir an einem Tag 1.000 km auf der Autobahn wegen einer Verhandlung vor einem Amtsgericht antue. Wenn ich um 2.00 Uhr aufstehen muß, um zu gewährleisten, pünktlich um 9.00 Uhr bei Gericht zu sein und bei Verhandlungsbeginn schon 500 km Straße hinter mir habe, bin ich alles andere als ein aufgeweckter Verteidiger. Seit wann ist eigentlich die morgendliche Rush-Hour weniger nervig als der Feierabendverkehr?

Die Staatskasse genehmigt zwar in der Regel keine Übernachtung in einem Fünf Sterne Grand Hotel (gibt es am Sitz der meisten Amtsgerichte ohnehin nicht), aber in irgendwelchen Kaschemmen mußte ich auch noch nicht schlafen. Für 80,- Euro bekommt man schon ein recht ordentliches Zimmer mit Frühstück. Und ich kenne keinen Rechtspfleger, der bei diesem Betrag meckert.

Kand.in.Sky hat gesagt…


Seit wann ist eigentlich die morgendliche Rush-Hour weniger nervig als der Feierabendverkehr?


seit dem Aufschwung/Rezession/Boom/$aktuellerEuphemismus



#k.

Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. hat gesagt…

@Anonym: Ich hab doch gar nichts dagegen, wenn Sie lieber abends anreisen und für 80 Euro übernachten, weil Sie sich dann aufgeweckter fühlen. Mich bekehren Sie damit aber trotzdem nicht.:-)
@doppelfish: Der Kollege aus BS reist auch gerne und mag ebenfalls keine Hotelübernachtungen. Dafür schätzt er Sonnenaufgänge über der Autobahn.
@all: Bezeichnend übrigens, dass noch keiner die Bahn vorgeschlagen hat. Angesichts der Zuverlässigkeit aber nicht wirklich verwunderlich.

Kand.in.Sky hat gesagt…

Bahn ist für den kleinen Abenteuerurlaub zwischendurch.

dann lieber Mitfahrzentralen nutzen.


#k.

Tourix hat gesagt…

Privatjet ...

Anonym hat gesagt…

Vielleicht hatte der Richter Amtsfremde Termine am nachmittag? Dringender Arztermin z.B.?
Aber nein, man ist gleich auf 180 ohne viel zu wissen.

Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. hat gesagt…

@Anonym: Warum so verbiestert? Liegt´s am Wetter? Das ist aber auch wirklich nicht schön. BTW: Mein Kollege hat sich inzwischen wieder eingekriegt. Er hat mit dem Vorsitzenden telefoniert und nun ist der Termin auf den Nachmittag verlegt.