Dienstag, 11. Mai 2010

Die Prostituierte und der angebliche Exhibitionist

Eine Frau hatte bei der Polizei behauptet, der Angeklagte habe mit heruntergelassenen Hosen auf der Straße gestanden und onaniert. Hiervon habe sie sich belästigt gefühlt, sie sei schockiert gewesen, habe schlimme Angst gehabt und sich von einem Freund, mit dem sie verabredet gewesen sei, zur Polizei fahren lassen.

Der Angeklagte hatte den Vorfall anders geschildert: Er habe im Auto gesessen, sie habe ihn angesprochen und ihm angeboten, ihn gegen Zahlung von 20 Euro oral zu befriedigen. Er habe ihr kein Geld geben wollen und ihr stattdessen CDs angeboten. Sie habe dann zu ihm gesagt, sie müsse kurz weg und komme gleich zurück. Zurück sei nicht sie gekommen, sondern die Polizei, um ihn mit dem Vorwurf zu konfrontieren.

In der Hauptverhandlung erzählte die Zeugin dieselbe Geschichte wie schon bei der Polizei, allerdings ergänzt um den Umstand, dass sie sich mit dem Angeklagten unterhalten haben will über dessen Auto und Wohnort.
Weiter hatte sie in der Verhandlung davon berichtet, früher einmal als Prostituierte gearbeitet zu haben.

Am zweiten Verhandlungstag berichtete eine Bekannte der Opferzeugin, diese habe ihr gegenüber den Vorfall im Wesentlichen so geschildert wie es der Angeklagte getan hatte. Sie habe ihm "Liebesdienste" angeboten. Der Freund, mit dem die Opferzeugin verabredet gewesen sein will, wusste von einer Verabredung nichts. Er habe einen Anruf von ihr erhalten als er gerade mit Freunden unterwegs gewesen sei. Auf ihr Bitten habe er sie zur Polizei gefahren.

Nach den Aussagen der Bekannten und des Zeugen war auch die Staatsanwaltschaft von der Unschuld des meines Mandanten überzeugt und hatte Freispruch beantragte.

Nicht verkneifen konnte ich mir im Plädoyer die Bemerkung, dass es seltsam anmutet, wenn eine ehemalige Prostituierte behauptet, vom Anblick eines entblößten männlichen Geschlechtsteils schockiert gewesen zu sein und gar Angst verspürt zu haben. Ihren eigenen Angaben zufolge war sie immerhin gelassen genug, über Wohnort und Auto zu plaudern. Ein Verhalten, dass sich sicher nicht jeder Frau in einer Situation wie der behaupteten aufdrängt.

6 Kommentare:

Tilman Hausherr hat gesagt…

Das klingt ja wie ein Drehbuch für die Nachmittagsverhandlungen im Unterschichten TV!

Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. hat gesagt…

@Tilman Hausherr: Man hätte die Zeugen wirklich 1:1 in eine Nachmittagsverhandlung exportieren können. So was hab selbst ich ganz selten erlebt.

Anonym hat gesagt…

Muss die Zeugin jetzt wenigstens die Verfahrenskosten zahlen?

Werner Siebers hat gesagt…

Selbst Du - und das will was heißen! ;-)

Andreas Neuber hat gesagt…

Was ist Onanie ????





Liebe an und für sich :-)

Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. hat gesagt…

@Anonym: Mein Mandant wurde freigesprochen. Kosten des Verfahrens und notwendige Auslagen zulasten der Staatskasse. Die Zeugin wird wohl ein eigenes Strafverfahren bekommen.