Es gibt Fälle, in denen man sich fragt, ob es denn tatsächlich nötig gewesen wäre, sie anzuklagen.
In dem Fall, in dem ich heute verteidigt habe, stellte sich mir genau diese Frage.
Mein psychisch kranker Mandant war in einem Geschäft von einem Detektiv beobachtet worden, wie er mit CDs, von denen er das Sicherungsetikett entfernt hatte, umherging. Eingesteckt hatte er die CDs (Wert ca. 70 Euro) nicht.
Der Detektiv sah hierin (Parallelwertung in der Laiensphäre) einen vollendeten Ladendiebstahl, nicht so der Polizeikommissar, der den Abschlussvermerk schrieb und zutreffend von einem Diebstahlsversuch ausging.
Der mit der Sache befasst Staatsanwalt klagt meinen Mandanten an und schliesst sich der Mindermeinung des Detektivs (vollendeter Diebstahl) an. Das Amtsgericht gab angesichts der Erkrankung meines Mandanten zunächst ein Gutachten zur Frage der Schuldfähigkeit in Auftrag. Der Psychiater gelangte zu dem Ergebnis, dass mein Mandant zum Zeitpunkt der Tatbegehung eingeschränkt schuldfähig war. Spätestens hier wäre die Sache meines Erachtens einstellungsreif gewesen. Ein versuchter Diebstahl, begangen im Stadium der eingeschränkten Schuldfähigkeit - welche Sanktion soll dabei herauskommen?
Im Zuge der Hauptverhandlung ging der vorsitzende Richter behutsam mit meinem geständigen Mandanten ins Gericht. Er liess sich berichten, wie er in einer Einrichtung für betreutes Wohnen lebt, welchen Tätigkeiten er dort nachgeht und gab ihm mit auf den Weg, dass er besonders gut darauf achten müsse, dass man ihm nicht etwas zu Unrecht in die Schuhe schiebe.
Er regte an, das Verfahren nach § 153 II StPO einzustellen. So geschah es. Das glückliche Ende einer Bagatelle.
1 Kommentar:
Zum Glück sind es nicht 9.62€ gewesen.
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