Donnerstag, 20. Dezember 2012

Aktionsbüro Mittelrhein - Nikolausschöffe ist raus!

Ich hatte hier darüber berichtet, dass ein Befangenheitsgesuch gegen einen Schöffen angebracht worden war, weil dieser am Nikolaustag den beiden Staatsanwälten Schokoladennikoläuse an den Sitzplatz gestellt hatte.

Heute wurde die Hauptverhandlung fortgesetzt - ohne den Schöffen.

Der Vorsitzende begründete die Entscheidung der Kammer nicht weiter, sondern sagte lediglich im Hinblick auf sich selbst sowie seine beiden Beisitzer: "Wir 3 haben zusammen 100 Jahre Berufserfahrung und es ist das erste Mal, dass wir einen Befangenheitsantrag für begründet ansehen."

An die Stelle des Nikolausschöffen ist einer der beiden Ergänzungsschöffen gerückt, so dass der Prozess nicht erneut begonnen werden muss. In großen Prozessen ist es üblich, dass die Kammer mit Ergänzungsrichtern und Ergänzungsschöffen besetzt ist, damit das Verfahren nicht "platz" falls ein Kammermitglied krank wird oder - wie hier - wegen der Besorgnis der Befangenheit ausscheidet.

Der Fall des Nikolausschöffen zeigt, wie schlecht es teilweise um das prozessuale Wissen von Schöffen bestellt ist. Ich frage mich seit Jahren, warum es nicht verpflichtende Lehrveranstaltungen für Schöffen gibt, die diese besuchen müssen, bevor sie über andere Menschen urteilen dürfen.

Montag, 17. Dezember 2012

Weihnachtsrobe mit güldenem Besatz

Mir ist seit spätestens heute Morgen richtig weihnachtlich zumute. In der Mission Zeugenbeistand hatte ich um 9.00 Uhr einen Termin beim Amtsgericht N. und konnte zwei Stunden lang (bis endlich auf die Vernehmung meines Mandanten verzichtet wurde) die Prozessbeteiligten betrachten. Der männliche Schöffe sah in einem grau-weiß geringelten Pullover bei mittig durchaus vorhandener Körperfülle ein wenig unvorteilhaft aus. Die weibliche Schöffin trug einen Schal mit den Ausmaßen eines Perserteppichs und ebensolchem Muster und kaute fleissig Kaugummi. Der Kollege, der den Angeklagten verteidigte, trug eine Robe, wie ich sie noch nirgendwo gesehen hatte.

Nun ist es ja so, dass sich Richter- und Rechtsanwaltsroben in einem wesentlichen Punkt unterscheiden: die Roben der Richter haben schwarzen Samtbesatz, die der Rechtsanwälte normalerweise schwarzen Satinbesatz. Sicher gibt es einen Grund, warum das so ist, aber ich kenne ihn nicht.

Bei manchen Anwaltskollegen ist der schwarze Satinbesatz grün. Ob das am Alter der Robe liegt, am falschen Waschmittel oder ob es gar von Beginn an ein grüner Besatz war, habe ich nie hinterfragt.

Der Kollege heute Morgen hatte eine Robe mit  mattgoldenem Satinbesatz, so in etwa wie diese Karmellbonbons, die man weiland bei Frau Lange erwerben konnte. Das passte schön zur Weihnachtszeit und ich hoffe, die Weihnachtsstimmung hat sich am Ende der Verhandlung zugunsten seines Mandanten niedergeschlagen.

Mal ungeachtet dessen, ob man sich selbst güldenen Besatz auf der Arbeitskleidung vorstellen mag oder nicht, nimmt die Tendenz zur individualisierten Robe zu. Eine Kollegin zum Beispiel trägt anstelle des in der Robe innen eingestickten Namens einen Aufnäher mit "Troublemaker Germany", was sie hinreichend charakterisiert und auch ich überlege bisweilen, was ich anstellen kann, damit meine einfache schwarze Robe ein wenig mehr Individualität erlangt.  

Donnerstag, 13. Dezember 2012

Aktionsbüro Mittelrhein - Der Schöffe und die Nikoläuse

Lange habe ich hier nicht berichtet über den Aktionsbüro-Mittelrhein-Prozess bei der Staatsschutzkammer des Landgerichts Koblenz. Gemeinsam mit meiner Kollegin Katja Kosian und unserem Mandanten sitze ich immer noch ganz hinten, ganz links und schon aufgrund der Sitzposition geht das Ein oder Andere an uns vorbei wie beispielsweise verbale Schlagabtausche zwischen anderen Verteidigern und dem Oberstaatsanwalt, der leider nur allzu oft vergisst, sein Mikrofon einzuschalten.

Ebenfalls nicht mitbekommen hatte ich, dass am Nikolaustag ein Schöffe vor Beginn der Hauptverhandlung den beiden Vertretern der Staatsanwaltschaft, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht anwesend waren, je einen Schokoladennikolaus an den Platz gestellt hat.

Hierauf wurde von einem Angeklagten ein Ablehnungsgesuch, vulgo: Befangenheitsantrag, gegen den betreffenden Schöffen vorgebracht, dem sich weitere Angeklagte - darunter auch unser Mandant - angeschlossen haben.

Den Nichtjuristen unter den Lesern sei zum Sinn und Zweck von Befangenheitsgesuchen Folgendes erläutert:
Ein Angeklagter in einem Strafprozess muss sich darauf verlassen können, dass die Richter, (und hierzu zählen die Schöffen, die das gleiche Stimmrecht haben wie die Berufsrichter) ihm unvoreingenommen gegenübertreten. Ein Richter tut also gut daran, seiner Neutralität auch nach außen hin Ausdruck zu verleihen und Handlungen oder Bemerkungen zu unterlassen, die einen Angeklagten hieran zweifeln lassen.

Bevor Sie nun lachen und meinen, es sei doch Unsinn, die Besorgnis der Befangenheit aus zwei Schokonikoläusen herzuleiten, überlegen Sie bitte kurz, wem Sie vergangene Woche einen Nikolaus geschenkt haben. Ihrer Frau, Ihren Kindern - sicher bis wahrscheinlich. Ihrer Sekretärin - vielleicht, wenn Sie ein netter Chef sind und eine nette Sekretärin haben. Ihrem Nachbarn - eher unwahrscheinlich. Ihrem Vorgesetzten - noch unwahrscheinlicher, da anbiedernd. Versetzen Sie sich nun in die Lage eines Angeklagten und überlegen Sie, wie es auf Sie wirkt, wenn der Richter dem Staatsanwalt, der Anklage gegen Sie erhoben hat, einen Nikolaus verehrt.

Über den "Nikolaus-Antrag" wird in der kommenden Woche entschieden werden.

Dienstag, 20. November 2012

Erfolgreicher Grundschüler

Jeder Angeklagte hat das Recht, zu schweigen. Wenn er möchte, kann er auch Angaben zu den ihm vorgeworfenen Taten machen. Inwiefern das Gericht ihm diese abnimmt, bleibt regelmäßig abzuwarten.

Im Rahmen des Rechts, Angaben zu machen, steht es einem Angeklagten auch frei, sich zu seiner Person zu äussern und seinen Lebenslauf zu schildern.

Bisweilen verursachen Angaben von Angeklagten bei den sonstigen Prozessbeteiligten gewisse Heiterkeitsbekundungen.

Unlängst äusserte der Mandant eines Kollegen, er habe "die Grundschule erfolgreich abgeschlossen". Man sollte meinen, dass dies nicht weiter erwähnenswert ist, es sei denn, dies ist der einzige Schulabschluss, den man jenseits des 20. Lebensjahres vorzuweisen hat. So war es auch.

Witzig auch die Ausführungen eines meiner Mandanten, der angab, 7 Kinder zu haben und in diesem Zusammenhang nicht ohne Stolz verkündete- "alle selbstgemacht". Auf Nachfrage, ob er denn auch verheiratet sei, ließ er ein "und wie!" verlauten. Der Vorsitzende hatte darauf mit einer Mischung aus Verständnis und Betroffenheit genickt und ich frage mich seither, ob es wohl unterschiedliche Härtegrade dieses Familienstandes gibt.











Sonntag, 18. November 2012

Ein Dank an den Kollegen

Manchmal muss man Danke sagen.
Heute möchte ich einem Kollegen Danke sagen, der viel für meinen Mandanten getan hat. Ob aus Menschenfreundlichkeit oder aus bloßer Unwissenheit, sei hier mal dahingestellt. Das Ergebnis zählt.

Mein Mandant (ich hatte ihn ursprünglich in einer Strafsache vertreten, die - wie so oft - den familiären Nebenkriegsschauplatz in Form einer Scheidung nach sich zog) hatte die Scheidung eingereicht. Zwischen ihm und seiner Ehefrau war es zu unüberbrückbaren Differenzen gekommen. Da keine gemeinsamen Kinder die Ehe gekrönt hatten und kein Unterhalt geltend zu machen war, ging es nur noch um den Versorgungsausgleich. Ich hatte hin und hergeprüft, ob es nicht eine erfolgversprechende Möglichkeit gibt, den Ausschluss des Versorgungsausgleichs zu beantragen und war auch nach Rücksprache mit der am gerichtsort ansässigen Kollegin, die den Termin für mich in Untervollmacht wahrnahm, leider zu dem Schluss gekommen, dass leider keiner der Ausnahmetatbstände eingreift. Der Mandant war also, da er die höheren Rentenanwartschaften erworben hatte, seiner Ehefrau gegenüber ausgleichspflichtig in Höhe eines Betrages von etwa 20 € monatlich. Unterstellt man eine Rente ab dem 67. Lebensjahr und eine Lebenserwartung von 81 Jahren bei seiner Gattin, dann sind das 3.360 €, also gar nicht mal so wenig.

Dass er in den sauren Apfel des Versorgungsausgleichs zu beissen habe, hatte ich meinem Mandanten schon im Vorfeld zur Scheidung erklärt. Umso erfreuter war ich als mich der Terminsbericht meiner Kollegin vor Ort erreichte: der Kollege, der die Gegnerin vertrat, hatte erklärt, seine Mandantin verzichte auf den Versorgungsausgleich. Noch bevor die Sache hinsichtlich ihres offenkundigen Unsinns vertieft werden konnte (die Richterin soll schon irrtiert geschaut haben), willigte meine Kollegin ein und rasch wurde der Verzicht im Vergleichswege protokolliert. Besser hätte es für meinen Mandanten nicht laufen können.

Donnerstag, 15. November 2012

Telephonophobie

Sachen gibt´s.

Nachdem mir eine Ladung für einen Termin in einer Strafsache beim Amtsgericht M. auf den Schreibtisch flatterte, die recht kurzfristig stattfinden sollte, rief ich bei der Geschäftsstelle an um mich mit der zuständigen Richterin verbinden zu lassen.

Dort sagte man mir, Frau Richterin telefoniere grundsätzlich nicht. Mit Niemandem. Keine Ausnahme. Auch dann nicht, wenn ein Verteidiger wegen eines bevorstehenden Termins anrufe. Und nein, auch dann nicht, wenn Schriftverkehr alles verzögere. Sie telefoniere nie, nicht, keinesfalls, never ever und no way. Kapiert? Kapiert! Machen wir uns eben die Akten ein wenig voller. Sowohl meine Reno wie auch die Geschäftsstelle der Richterin wollen beschäftigt sein.

Ich habe die Dame von der Geschäftsstelle gefragt, ob Frau Richterin an Telefonophobie leide. Auch das vermochte die Dame mir nicht zu sagen und nachfragen wollte sie nicht. Als ich ihr die Frage stellte, wusste ich noch nicht, ob es eine derartige Angststörung überhaupt gibt. Inzwischen bin ich schlauer. Es gibt sie. Schauen Sie mal hier:

http://phobien.ndesign.de/

und staunen Sie, wovor man sich sonst noch so fürchten kann.

Donnerstag, 30. August 2012

Referendarin unerwünscht

Ich gehöre zu den Rechtsanwälten, die gerne Referendare ausbilden. Eine Tauchstation kann man bei mir nicht ableisten, weshalb ich nur Referendare ausbilde, die ernsthaft an Ausbildung interessiert sind. Folglich begleiten mich recht häufig Referendare zu Verhandlungsterminen und Besprechungsterminen. Meist wird es gerade von Richtern und Staatsanwälten sehr positiv wahrgenommen, wenn ein Referendar mit von der Partie ist. Selbst in Familiensachen, die meist unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt werden, wurde meinen Referendaren die Anwesenheit stets zu Ausbildungszwecken gestattet.

Seit gestern weiß ich, dass es auch anders geht. Ich hatte eine Ladung zu einem richterlichen Vernehmungstermin. Es stand die Vernehmung eines Zeugen auf dem Programm. Meine Referendarin begleitete mich zu diesem Termin.

Nachdem ich mich der Richterin, die ich bis dato noch nicht kannte (auswärtiges Gericht), vorgestellt hatte, bat ich darum, meiner Referendarin zu Ausbildungszwecken die Anwesenheit zu gestatten. Antwort der Richterin: "Das gestatte ich nicht." Auf meine Frage, warum sie dies nicht gestatte, erhielt ich die Antwort, von denen mir meine Eltern beigebracht haben, dass sie keine ist, nämlich: "Darum!"

Der weitere Verlauf des Termins gestaltete sich nicht gänzlich konfliktfrei, weil ich nach Meinung der Richterin ständig dazwischengeredet und immer das letzte Wort für mich beansprucht haben soll. Den Ärger der Richterin hierüber vermochte meine Referendarin übrigens durch die geschlossene Tür zu hören, vor die sie verbannt worden war und so war sie zumindest akustisch zeitweise im Termin zugegen.
  

Dienstag, 21. August 2012

Aktionsbüro Mittelrhein - Bericht von hinten links

Gestern begann beim Landgericht Koblenz das Strafverfahren gegen mutmaßliche Mitglieder und Unterstützer des Aktionsbüros Mittelrhein. Gemeinsam mit meiner Kollegin Katja Kosian und unserem Mandanten sitze ich ganz hinten links im Gerichtssaal, der mit 26 Angeklagten und 52 Verteidigern so eng besetzt ist, dass man sich winters ganz gut gegenseitig warmhalten könnte. Bei den momentanen Außentemperaturen, die im Inneren des Schwurgerichtssaals nur geringfügig tiefer sind, erweist sich dieser Umstand jedoch als wenig vorteilhaft und so schwitzt man nicht nur hinten links seine Robe durch.

Der Rheinzeitung konnte ich über den gestrigen Prozessauftakt entnehmen, dieser sei von "Gift und Galle" bestimmt gewesen. Ich kann dies so nicht bestätigen, was daran liegen mag, dass Strafverteidiger ein anderes Verständnis von Unstimmigkeiten haben als Journalisten oder schlicht daran, dass die Aussicht auf giftige Verteidiger und gallige Richter den Leser mehr ansprechen als die nüchterne Feststellung, dass zum Prozessauftakt Anträge seitens der Verteidigung gestellt wurden. Ich jedenfalls habe mich darüber gefreut, Kollegen zu treffen, die ich bislang entweder noch nicht persönlich kannte (Udo Vetter vom lawblog zum Beispiel) oder zum Teil seit dem Studium (!) nicht mehr gesehen hatte.

Die erwähnten Anträge des ersten Prozesstages bestanden neben solchen zur Frage der Besorgnis der Befangenheit, über die im morgigen Termin eine Entscheidung verkündet werden wird, in einem Antrag auf Nichtverlesung der Anklageschrift sowie einer Besetzungsrüge bezogen auf einen Ergänzungsrichter. Die Kammer nahm die Anträge entgegen und auch dies geschah unaufgeregt.

Am heutigen Prozesstag wurde zunächst ein Beschluss der Kammer verkündet, mit dem der Antrag auf Nichtverlesung der Anklageschrift zurückgewiesen wurde. Hierauf kündigten zwei Verteidiger unaufschiebbare Anträge an, kamen jedoch nicht dazu, diese zu stellen, weil zunächst die Anklageschrift verlesen wurde. Diese umfasst zwar über 900 Seiten, verlesen wird aber nur der sog. Anklagesatz, nicht hingegen das sog. Ergebnis der Ermittlungen, das den Löwenanteil der Anklageschrift darstellt. Trotzdem dauerte es 2 Stunden bis die beiden Staatsanwälte, die sich beim Verlesen abwechselten, die Anklage verlesen hatten.

Mittwoch, 15. August 2012

Das Kind im Verteidiger

In den vergangenen Wochen habe ich neben meiner eigentlichen Tätigkeit noch als Mit-Autorin eines Buches gearbeitet. Gegenstand des Buches sind auch Formulare, die ein Anwalt in der Hauptverhandlung als Muster nutzen kann. In den Beispielsfällen kommen natürlich immer Personen vor, die relativ schmucklos mit Großbuchstaben abgekürzt werden: Der Angeklagte A., der Verteidiger V., der Richter R. usw..

Ich fand es viel netter, den Personen richtige Namen zu verpassen: Staatsanwalt Böse, Richterin Harsch, Dolmetscherin Dr. Wichtig (schönen Gruß nach BS an dieser Stelle ;-) ), Angeklagter Paul Pech und Rechtsanwätin Besen, um nur ein paar Bespiele zu nennen.

So wie es momentan aussieht, wird es jedoch bei den Großbuchstaben bleiben, was der Sache natürlich keinen Abbruch tut, aber schade finde ich es doch.

Montag, 23. Juli 2012

Wir überprüfen Sprichwörter. Heute: Neue Besen kehren gut

Mein lieber Kollege Werner Siebers, das Kantholz aus Braunschweig, mit dem zusammen ich nahezu ein Jahr lang im sog. Bulgari-Verfahren verteidigt habe, kommentierte einen meiner Blogbeiträge wie folgt:

Alte Krawallschachtel, so kennt man ihn, den Besen aus Ko ;-))))

Ich wurde in der Vergangenheit schon als "Trümmerkuh" (ein Staatsanwalt) und "Hexe" (ein gegnerischer Kollege in einem Zivilprozess) benamt. Dagegen nimmt sich "Besen" fast schon niedlich aus. Von den Bezeichnungen nehme ich übrigens nur die "Hexe" ein wenig übel. Die "Trümmerkuh" stammt von einem durchaus geschätzten Staatsanwalt, der zwar zu klaren Worten neigt, aber nie unfair ist.

Das Sprichwort: Neue Besen kehren gut (aber die alten kennen die Winkel besser) meint, dass Neuerungen viel bewirken können bzw. eine Person, die gerade neu in einem Job ist, besonders motiviert ist, wohingegen eine erfahrene Person manche Winkel(züge) kennt, die einem Anfänger nicht bekannt sind.

Demnach bin ich eine Mischung aus altem, neuem und noch ein paar anderen Besen. Mit 14 Berufsjahren durchaus erfahren, dabei immer noch neugierig und motiviert kehre ich auch schon mal ganz gerne mit eisernem Besen und habe vor Überraschung auch schon den ein oder anderen Besen gefressen. Manchmal bin ich auch das, was der Kollege Siebers meinte: ein schlimmer Besen. 

Ergebnis: das Sprichwort stimmt.

Gleich mache ich Feierabend und schwinge mich auf meinen Besen um nach Hause zu reiten. ;-)

Freitag, 20. Juli 2012

Die Krawallschachtel und der Leisetreter

In einem Verfahren vor einem LG, in dem ich als Pflichtverteidigerin beigeordnet war, lieferte ich mir einen fast einjährigen, zum Teil zähen Kampf mit Staatsanwaltschaft, Nebenklage und nicht zuletzt auch der Strafkammer. Am Ende des Verfahrens versicherte mir der Vorsitzende glaubhaft, nicht wirklich traurig darüber zu sein, mich fürs Erste nicht mehr zu sehen.

Einige Zeit später beantragte ich beim zuständigen Oberlandesgericht eine sogenannte Pauschalvergütung, d.h., eine Vergütung, die über die Pflichtverteidigergebühren hinausgeht. Eine solche Pauschalvergütung wird üblicherweise zugesprochen, wenn die Sache besonders schwierig und/oder umfangreich war. Bevor das OLG über den Antrag entscheidet, holt es das Votum des Vorsitzenden der Kammer ein.

Dort las ich, dass nach Auffassung des Vorsitzenden "der Aufwand der Verteidigerin, die viele Beweisanträge stellte und sich in dem gesamten Verfahren sehr engagierte, deutlich über dem des Nebenklägervertreters, dessen Stellungnahmen und Aktivitäten sehr überschaubar waren" lag. Deshalb müsse "die der Verteidigerin zu gewährende Pauschalgebühr deutlich über der des Nebenklägervertreters liegen".

Aha. Engagiert. Das klingt freundlich. Ob es auch tatsächlich so gemeint war, weiß ich nicht. Seit ich die Stellungnahme desselben Vorsitzenden in demselben Verfahren zu einem Pauschalantrag des Nebenklägers gelesen habe, hege ich Zweifel. Darin heisst es nämlich, dass das Gericht sich mit einer Vielzahl von Anträgen der Verteidigung zu beschäftigen hatte, was im Wesentlichen "auf die konfrontative Strategie der Verteidigerin" zurückzuführen gewesen sei. Von "engagiert" war darin jedenfalls keine Rede.

Ein Kollege, dem ich davon berichtete, meinte spontan: "Ist doch klar. Du warst die Krawallschachtel und der Nebenklagevertreter der Leisetreter."

Na denn. Besser als umgekehrt.


Mittwoch, 11. Juli 2012

Das unmoralische Angebot - 20000 Euro für einmal Sex

Was in Hollywood geht, das geht auch im Hunsrück, dachten sich offensichtlich eine Lehramtsstudentin und deren Lebensgefährte. Die Studentin nahm das Angebot eines Mannes, gegen Zahlung von 20000 Euro mit ihm Geschlechtsverkehr zu haben, an. Zu dem Schäferstündchen kam es zwar unter recht unromantischen Umständen, nicht aber zur Zahlung:

http://www.rhein-zeitung.de/regionales_artikel,-Hunsrueck-20000-Euro-fuer-einmal-Sex-Studentin-glaubte-es-_arid,451416.html

Immerhin zweieinhalb Jahre kassierte der Mann für sein Angebot.

Seit Einführung des Prostitutionsgesetzes ist die Forderung von Dirnenlohn nicht mehr sittenwidrig, d.h., Forderungen von Prostituierten sind grundsätzlich nach Erfüllung der Leistung begründet und mit wenigen Ausnahme sind Einreden und Einwendungen ausgeschlossen. Ob dies auch dann gilt, wenn eine nicht marktübliche Forderung geltend gemacht wird, hat das Amtsgericht offenbar angenommen.

Mittwoch, 20. Juni 2012

Anreise mit eigener Sackkarre?

Man muss sie mal loben, die Wachtmeisterei beim Landgericht Koblenz.

Eben erhielt ich einen Anruf, dass dort ca. 30 Bände Akten für mich zur Abholung bereitliegen. "Kommen Sie mit eigener Sackkarre oder nehmen Sie unsere mit?", wollte der freundliche Wachtmeister wissen.

Ich werde die Justizsackkarre leihen. Eine eigene habe ich bislang noch nicht angeschafft. Noch hege ich die Hoffnung, dass es auch in Koblenz in nicht allzu ferner Zukunft gelingen wird, dass Ermittlungsakten eingescannt anstatt kopiert werden und man dann eine CD ins Gerichtsfach gelegt bekommt.

Donnerstag, 24. Mai 2012

Fremdgehen auf Juristisch

Wir Juristen sind ja bekannt für unsere zum Teil recht "eigene" Sprache.

Eine besonders gelungene Formulierung aus dem Bereich des Familienrechts berichtete mir gerade ein Kollege, dessen Mandantin angeblich wegen eines anderen Mannes ihren Ehemann verlassen haben soll.

Der Anwalt des Ehemannes formulierte das in der Scheidungsantragsschrift so:

"Die Antragsgegnerin brach aus einer intakten Ehe aus um sich in geschlechtsvertraulicher Absicht einem hierzu bereiten Dritten zuzuwenden."



Montag, 21. Mai 2012

Ich Seelchen

Ein Mandant hat die Beschädigung seines Autos zu beklagen. Ich bitte um Hereingabe von Lichtbildern, die die Beschädigungen zeigen.

Er sendet sie mir zu als Anhang zu einer Email, die da lautet:

"Nicht erschrecken! Das Auto sieht schlimm aus."

Dass ich beim Anblick der Fotoanlagen der zuletzt hier eingetrudelten Obduktionsberichte nicht erschreckte, habe ich mal als gutes Zeichen gewertet und mutig den Anhang geöffnet. Ich darf nun mitteilen, keinen seelischen Schaden beim Anblick eines beschädigten Fahrzeuges genommen zu haben.

Mittwoch, 16. Mai 2012

Mutti, Vati und Frau Fensterguck

Eine Beklagte, nennen wir sie Mutti, hatte beim Rückwärtsfahren das parkende Auto meines Mandanten "erwischt". Anlass, den Unfall zu melden, sah sie nicht. Vielleicht rechnete sie auch einfach nicht mit einer aufmerksamen Dame, die das Geschehen zufällig vom Fenster eines nahegelegenen Hauses beobachtet hatte. Vom Gericht befragt, erklärte sie, von einem Unfall nichts bemerkt zu haben.

Die Klage war rasch diktiert und - nachdem Mutti bestritt, dass die Spuren am Fahrzeug meines Mandanten vom ihrem Fahrzeug stammten - stieg das Gericht in die Beweisaufnahme ein. Dabei waren neben Gericht, Sachverständigem und Anwälten: die Zeugin Fensterguck sowie Mutti nebst Gatte (nennen wir ihn Vati). Vati guckte angespannt, Mutti noch angespannter.

Frau Fensterguck bestätigte nicht nur, dass es das Fahrzeug der Beklagten war, dass das Auto meines Mandanten erwischt hatte, sondern auch, dass es einen ziemlichen Knall gegeben habe. Der hinzugezogene Sachverständige bestätigte, dass die Unfallspuren durchaus zu den beiden Autos passen. Meine Frage, ob man als Fahrer gemerkt haben muss, dass man wogegen fährt, beantwortete er dahingehend, dass er - wäre man im Strafprozess - die Wahrnehmbarkeit auf jeden Fall bejahen würde.

Vati blickte Mutti mürrisch an, Mutti blickte unter sich.

Dabei hatte Mutti Glück gehabt. Im Strafverfahren gegen sie wegen Unfallflucht war sie mit der Behauptung, nichts bemerkt zu haben, durchgekommen und das Verfahren war eingestellt worden.

Montag, 14. Mai 2012

Diebstahl von ungefähr zwei Hosen

Manche Akten, die einem auf den Tisch flattern, sind sogenannte Blindschleichen. Die Angaben der Zeugen sind mehr als vage, die Anklage nebulös und der Eröffnungsbeschluss offenbar von dem Wunsch getragen, in der Hauptverhandlung Licht ins Dunkel bringen zu können.

Kürzlich hatte ich mal wieder so eine: Mehrere Personen sollen gemeinsam in einer Boutique gestohlen haben. Dabei erwischt worden waren sie nicht. Eine Verkäuferin will kurze Zeit nachdem die Personen den Laden verlassen hatten, leere Kleiderbügel ausgemacht haben. Einer ihrer Kollegen nahm die Verfolgung auf, konfiszierte die Handtaschen der verdutzten Verdächtigen, wurde nicht fündig, alarmierte die Polizei, die auch noch das Fahrzeug der angeblichen Diebe ergebnislos durchsuchte und - erstattete Strafanzeige.

Die Ermittlungen endeten in einer Anklage, in der davon die Rede war, es seien zwei Hosen und eine Jacke im Wert von 80 € gestohlen worden. Die Angaben zum Stehlgut waren indes unterschiedlich gewesen und reichten von einer bis zwei Hosen und ebensovielen Collegejacken.

In der Hauptverhandlung gerieten die Angaben noch mehr ins Wanken. Zwischen zwei bis drei Hosen und einer bis zwei Jacken, wahlweise Blazer oder College sollten abhanden gekommen sein.

Die Vorsitzende sprach die Angeklagten frei und erläuterte gegenüber den Zeugen, man habe nicht genügend Anhaltspunkte für eine Tatbegehung. Wenn nicht einmal klar sei, was weggekommen sei, könne man niemanden deswegen verurteilen. Stimmt. 

Freitag, 30. März 2012

Emden, der Mob und die Unschuldsvermutung

Der 17-jährige, der wegen des Tötungsdelikts in einem Parkhaus festgenommen worden war, ist wieder auf freiem Fuß.

Nach einem Bericht der Welt könne er als Täter ausgeschlossen werden.

Presseberichten zufolge waren Lynchaufrufe laut geworden, das Polizeipräsidium belagert worden, bei Facebook war der Schüler beschimpft worden.

Hartes Brot für einen 17-jährigen, der als Täter nicht in Frage kommt. Da hilft es auch nicht, wenn der GdP Vorsitzende Witthaut nun Bestrafungen für die Lynchjustizbefürworter fordert.

Blicken wir zurück: es ereignet sich ein tragisches Tötungsdelikt, kurze Zeit später wird ein Jugendlicher festgenommen, wiederum kurze Zeit später wird er freigelassen. Er kann nicht der Täter gewesen sein. Wie es dazu kommt, kann man derzeit nur vermuten. Vielleicht konnte er mittels DNA-Gutachten ausgeschlossen werden. Wenn dem so gewesen sein sollte, dann frage ich mich, warum man nicht mit der Mitteilung, einen jugendlichen (!!!) Tatverdächtigen festgenommen zu haben, so lange zugewartet hat bis das Ergebnis des DNA-Gutachtens vorlag.

Dass die zum Teil wenig differenziert denkende Bevölkerung nicht viel von der Unschuldsvermutung weiß, dürfte den Ermittlungsbehörden schwerlich entgangen sein. Wo Rauch ist, da ist auch Feuer und bislang hat noch keiner unschuldig gesessen, dröhnt es aus dem Volksmund, schwadroniert es am Stammtisch.

Nun hat es einen 17-jährigen Schüler erwischt. Man kann bestenfalls eine vage Vorstellung von der Situation und den Gefühlen eines Jugendlichen entwickeln, der wegen Mordsverdachts "einkassiert" wird. Als Verteidiger kennt man immerhin die äußeren Umstände, man weiß, wie Zugangszellen aussehen, weiß, wie es beim Haftrichter und bei polizeilichen Verhören zugeht und man weiß um die Wiedrigkeiten, die mit einer Untersuchungshaft einhergehen. Wirklich nachempfinden, wie es einem jungen Menschen (und dessen Eltern) gehen muss, der all dem und obendrein noch dem tobenden Mob ausgesetzt ist, kann man nicht.

Dienstag, 27. März 2012

Wir überprüfen Sprichwörter. Heute: Der frühe Vogel fängt den Wurm

Heute war ich ein ganz früher Vogel. Ich bin gleichsam lange vor dem Wachwerden aufgestanden und in bester Verteidigungsabsicht zu einem auswärtigen Amtsgericht gefahren.

Wäre ich noch früher aufgestanden und erst einmal ins Büro gefahren, dann hätte ich es gesehen, das Fax meines Mandanten, bestehend aus einem ärztlichen Attest über dessen Verhandlungsunfähigkeit.

So aber zeigte es mir kurz vor 9 Uhr die Protokollbeamtin im Sitzungssaal kurz vor Beginn der Verhandlung und nahezu zeitgleich rief meine inzwischen in der Kanzlei eingetroffene ReNo an, die gerade das Fax aus dem Gerät gefischt hatte.

Zurück zum Wurm und dem frühen Vogel: Das Stichwort stimmt. Ich habe nämlich den Ausflug zum Amtsgericht genutzt um auf dem Heimweg jenes entzückende Schuhgeschäft anzufahren um dort als früher Vogel Würmer in Gestalt von noch entzückenderen Schuhen zu fangen.

Montag, 26. März 2012

Emotional engagiert

In Strafsachen kennt man es ja, dass sich die Prozessbeteiligten emotional engagieren. Da ist der Staatsanwalt schon mal mürrisch, wenn ein Zeuge nicht wie erwartet aussagt und der Verteidiger beleidigt, weil das Gericht seinen fein gesponnenen Beweisantrag nicht mal halb so gut findet wie er selbst und der Angeklagte befindet sich ohnehin in einem Ausnahmezustand.

Anders verhält es sich üblicherweise in Zivilsachen. Da werden erstmal Schriftsätze gewechselt, dann folgt irgendwann ein Gütetermin, zu dem die Parteien zwar häufig persönlich geladen werden, aber nur in seltenen Fällen durch mehr als Anwesenheit glänzen und schließlich wird verhandelt, in dem man auf die Anträge Bezug nimmt, die man schon weiland in seinen Schriftsätzen gestellt hat. Alles in Allem also wenig aufregend.

Es gibt allerdings auch Ausnahmen wie ich unlängst in einer Familiensache erlebt habe. Die Gegenseite hatte sich schriftsätzlich schwer verausgabt und ich habe erst im Termin eine einseitige Stellungnahme zu deren Ergüssen überreicht. Drin stand nichts wirklich Streitentscheidendes. Trotzdem reagierte die Kollegin, die die Gegenseite vertrat, stark emotional engagiert. Zunächst einmal vermochte sie die Tageszeit nicht zu nennen, wobei ich ihr ein "Guten Morgen" zumindest in Bezug auf das "Guten" ohnehin nicht ganz abgenommen hätte und dann äusserte sie, sie wisse gar nicht, ob sie meinen Schriftsatz überhaupt haben wolle. Auf mein gut Gelauntes "Kein Problem, ich nehm ihn auch wieder mit", folgten mürrische Kommentare zur einer von ihr vermuteten Verspätung meines Vorbringens und als dann noch das Gericht zu erkennen gab, dass es meinen bisherigen Vortrag durchaus für geeignet hält, in die Beweisaufnahme einzutreten, war es ganz vorbei. Frau Kollegin lief rot an und empörte sich unter mündlicher Wiederholung all Dessen, was sie bereits geschrieben hatte.

Wer nun denkt, sie habe das nur getan, damit ihre Mandantschaft sie für besonders engagiert hält, irrt. Ein "Schaulaufen" war nicht nötig, da die Parteien nicht zum Termin geladen waren. Das waren echte Emotionen.

Ich frage mich, ob dergleichen Emotionalität zu irgendetwas nütze ist. Die Kollegin hat sich rein fachlich betrachtet nichts vorzuwerfen. Sie hat vorgetragen, was vorzutragen war, ich ebenfalls und nun ist es am Gericht, eine Entscheidung zu fällen. Da muss man sich doch nicht drüber aufregen und die Farbe wechseln oder hektische rote Flecken produzieren, die nun wirklich nicht vorteilhaft sind.

Viel gescheiter scheint es - zumindest an Tagen wie heute - das schöne Koblenzer Frühlingswetter zu genießen. Sonne schadet dem Teint zwar ebenfalls, aber eine leichte Bräune ist einer tiefen Zornesröte auf jeden Fall vorzuziehen.

Montag, 12. März 2012

Kartenvorrat

Ich habe hier Karten zu den üblichen Ereignissen liegen: Hochzeit, Trauerfall, Geburt. Diese verschicke ich, wenn mir bekannt wird, dass bei einem Mandanten bzw. in dessen Familie ein solches Ereignis eingetreten ist.

Die traurige Bilanz des vergangenen Jahres hat mich unlängst veranlasst, die Karten mit dem schwarzen Rand nachzukaufen.

Umso mehr freue ich mich, dass mir heute ein Mandant mitteilte, er sei Vater geworden.

Endlich kann ich mal wieder eine erfreuliche Karte schreiben.

Donnerstag, 8. März 2012

Heulende Ehefrau und gute Reno - Ergebnis

Ich hatte hier davon berichtet, dass meine Reno (wie eigentlich immer) schwer auf Zack war und zu verhindern wusste, dass eine Sache ein vorzeitiges, für den Mandanten eher unerfreuliches Ende gefunden hätte.

Vor einigen Wochen trudelte ein Kommentar zum Ursprungsbeitrag ein, in dem nach dem Ausgang der Sache gefragt wurde.

Das Verfahren wurde nach § 153 StPO eingestellt.

Nachdem ich für den Mandanten Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt hatte, wurde Termin zur Hauptverhandlung bestimmt. Es bedurfte eines von mir beantragten Sachverständigengutachtens zum Nachweis der Tatsache, dass mein Mandant keine Falschaussage gemacht hatte.

In Unfallsachen ist es nicht selten so, dass es auf die Einholung von Gutachten ankommt, da weder Richter noch Staatsanwalt oder Anwalt aus eigenem Wissen beurteilen können, wie sich ein Unfall zugetragen haben muss bzw. was ein Beteiligter wahrgenommen haben muss. Da derartige Gutachten schnell mal einige tausend Euro kosten können, sollte man sich allerdings vorher überlegen, ob man ein derartiges Risiko auf eigene Kosten eingehen möchte, sofern man über keine Rechtsschutzversicherung verfügt, die für solche Kosten im Streitfall aufkommt.

Mittwoch, 7. März 2012

Scheidungsblumen

"Normalerweise gibt´s doch Blumen zur Hochzeit", bemerkte die Richterin leicht irrtiert gegenüber meiner Mandantin, die mit einem Blumenstrauß in der Hand zum Scheidungstermin erschien.


Den Scheidungsstrauß hatte sie aber nicht von ihrem Angetrauten bekommen, sondern sie hatte ihn für mich mitgebracht.


Und so sieht er aus:



Beinahe ebenso schön wie der Blumenstrauß war übrigens die Erläuterung der Vorsitzenden zum Thema Versorgungsausgleich: "Diese Zahlen sind Entgeltpunkte. Wer weiß, vielleicht haben wir in ein paar Jahren eine andere Währung - die Drachme zum Beispiel."






Dienstag, 6. März 2012

Missbrauch und Minirock

8 Jahre soll er gekriegt haben, der Vater, der seine Tochter missbraucht haben soll und irgendwie werde ich den Gedanken nicht los, dass es für den Angeklagten hätte besser laufen können, wenn sein Verteidiger nicht gar so unglücklich agiert hätte. Doch von vorne:

Eine Kollegin bat mich, für sie einen Termin in einer Nebenklagesache wahrzunehmen. Gegenstand: sexueller Missbrauch Vater an Tochter. Der Angeklagte bestritt die Taten. Ich kenne derartige Verfahren, allerdings als Verteidiger und weniger als Vertreter der Nebenklage und war gespannt auf den Ausflug ins eher ungewohnte Terrain.

Ein entspannter Staatsanwalt begrüßte mich mit den Worten: "Heute sitzen Sie ja mal auf der richtigen Seite" und bald kannte ich auch den Grund seiner Tiefenentspanntheit. Für die An- und Nebenklage konnte es besser nicht laufen. Der Verteidiger hatte allerhand Leumundszeugen im Gepäck, die u.a. dazu bekunden sollten, dass die Nebenklägerin sich häufig aufreizend angezogen haben soll. Was das nun sollte bei einem Angeklagten, der die Vorwürfe leugnet, erschloss sich mir nicht. Hätte er nun ein kleinlautes Geständnis abgelegt, und sich damit verteidigen wollen, das Opfer habe ihn zur Tat provoziert, wäre das für sich genommen zwar geschmacklos gewesen, aber wenigstens hätte man einen Zusammenhang erkennen können. Da er aber diese Strategie nicht gewählt hatte, grenzten die Fragen nach der Rocklänge, die eher eine Kürze gewesen sein soll, an groben Unfug.

Die Kammer hörte sich geduldig die Zeugen an, die die Standardfrage des Verteidigers, ob denn die Nebenklägerin häufiger mal Miniröcke und tiefe Ausschnitte getragen habe, brav bejahten.

Das Milieu, aus dem die Zeugen stammten, kennt der geneigte Leser aus nachmittäglichen Gerichtssendungen, so dass der Sache ein gewisser Unterhaltungswert nicht abzusprechen war. Es ergaben sich mehrfach Gelegenheiten zum Stellen zielführender Beweisanträge, etwa auf Einholung von Sachverständigengutachten, aber keiner dieser Anträge wurde gestellt.



Ich räume ein, dass mich Teile der Verhandlung sehr amüsiert haben. Wenn ich mir aber den Angeklagten in Erinnerung rufe, der wie ein begossener Pudel neben seinem Verteidiger hockte und mitbekam, dass dessen Agieren für Heiterkeit sorgte, dann schlägt das Verteidigerherz.




Montag, 5. März 2012

Billige Strafe für eine noch billigere Lüge

Ich hatte hier von einem Prozess berichtet, in dem 6 Männer vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen wurden. Die Anzeigeerstatterin hatte sie zu Unrecht bezichtigt.

Kürzlich wurde gegen sie verhandelt wegen Falschaussage und schwerer Freiheitsberaubung in mittelbarer Täterschaft. Mein Mandant war Nebenkläger und durch mich vertreten.

Die Dame bestritt zunächst noch in der Hauptverhandlung, gelogen zu haben, was angesichts der Tatsache, dass immerhin zwei der Herren zum behaupteten Tatzeitpunkt sicher hinter Schloss und Riegel untergebracht waren, schon sehr seltsan anmutete.

Die später folgende Erklärung ihres Verteidigers, die Vorwürfe würden eingeräumt, machte dem Prozess dann ein schnelles Ende, das leider nicht im Sinne der Nebenklage war. Die angeblich Vergewaltigte wurde für ihr Verhalten mit 2 Jahren, ausgesetzt zur Bewährung, bedacht. Das ist angesichts der Tatsache, dass den seinerzeit Beschuldigten Freiheitsstrafen nicht unter 5 Jahren geblüht hätten, wenn das Gericht der Amzeigeerstatterin geglaubt hätte, eine sehr billige Strafe.

Die Staatsanwaltschaft hat Berufung gegen das Urteil eingelegt, so dass noch die Hoffnung besteht, dass das Berufungsgericht der Dame verdeutlicht, dass es sich nicht lohnen kann, Unschuldige hinter Gitter zu bringen und die Justiz an der Nase herumzuführen.