Mittwoch, 10. Juli 2019

Aktionsbüro Mittelrhein #3 - 24. und 25. Hauptverhandlungstag

Nachdem die Kammer sich in der vergangenen Woche in dem abgetrennten Verfahren gegen den nunmehr rechtskräftig verurteilten geständigen Angeklagten hinsichtlich der juristischen Einordnung eines in der Anklage als versuchte gefährliche Körperverletzung enthaltenen Vorwurfs festgelegt hatte und diesen lediglich als Sachbeschädigung klassifizierte, wurden weitere Zeugen zu dem Vorfall vernommen. Hierbei handelte es sich um die damaligen Mieter der Wohnung.

Beide Zeugen, die damals die Wohnung als Paar nebst Kleinkind bewohnt hatten, waren unergiebig. Der Zeuge hatte kurz nach dem Vorfall einen schweren Unfall erlitten, der u.a. eine Amnesie betreffend all Dasjenige, was dem Unfall vorausgegangen war, betraf, mithin auch das angeklagte Geschehen. Er wurde nach kurzer Befragung durch die Kammer entlassen.

Seine ehemalige Lebensgefährtin, die nicht in den Unfall verwickelt war, nach eigenen Angaben aber über ein schlechtes Gedächtnis verfügt, vermochte auch nicht zur Erhellung beizutragen. Ihrem Auftritt war fernab davon ein gewisser Unterhaltungswert nicht abzusprechen. Nachdem der Vorsitzende die Zeugin darum gebeten hatte, ihren Kaugummi aus dem Mund zu entfernen, wurde dieser flugs an den Tisch geklebt; ein Vorgang, der einiges Erstaunen auf der Richterbank hervorrief.

Für Irritationen sorgte auch ihre Aussage, sie habe mit ihrem Sohn am fraglichen Abend auf dem Sofa im Wohnzimmer genächtigt, nachdem man zuvor Filme angeschaut habe. Meist sei man vor dem Fernseher eingeschlafen. Irgendwann habe es "gescheppert wie die Sau" und es sei was zu Bruch gegangen. Der Vorsitzende wollte wissen, ob es wohl normal sei, mit einem dreijährigen Kind des Abends Filme anzuschauen bis man einschlafe, was die Zeugin mit der Gegenfrage quittierte, wer eigentlich bestimme, was normal sei. Dieses Thema wurde daraufhin nicht weiter vertieft, wohl aber die Frage, ob sie diejenige Zeugin kenne, die ausgesagt hatte, im Wohnzimmer auf dem Sofa genächtigt zu haben als das Fenster beschädigt worden sei.  Hierauf antwortete die Zeugin zunächst, sie kenne diese Zeugin nicht. Namen könne sie sich schlecht merken. Im Übrigen lebe jeder Mensch in seiner eigenen Realität. Vom Vorsitzenden zur Wahrheit ermahnt erinnerte sie dann zumindest den Vornamen des mutmaßlichen Übernachtungsgasts, aber auch dies war am Ende des Tages nicht zielführend im Sinne einer weiteren Aufklärung und so wurde die Zeugen mit Dank und ohne Kaugummi entlassen.

Am heutigen Tage, dem letzten vor der Sommerpause, wurde ein Polizeibeamter zu der vorgeworfenen Sachbeschädigung vernommen. Erinnerungen Fehlanzeige.

Der weiter vorgesehene Zeuge, ein ehemaliger Angeklagter, der schon vor Jahren abgetrennt und verurteilt worden war, konnte bislang nicht erreicht werden.

Deutlich zu Tage getreten ist, dass die Kammer beabsichtigt, die Reihen weiter zu lichten. Einem der Angeklagten war schon mehrfach das Angebot unterbreitet worden, das gegen ihn gerichtete Verfahren einzustellen und ihm Haftentschädigung zu bewilligen. Dieses Angebot hatte der Angeklagte stets abgelehnt. Heute ließ die Kammer durchblicken, dass man überlege, das Verfahren gegen diesen Angeklagten abzutrennen mit dem Ziel des Freispruchs.

Die Hauptverhandlung wird am 6. August fortgesetzt.

Das abgetrennte Verfahren gegen einen Angeklagten, in dem die Kammer ein Gutachten einholen wird zur Frage der Kunstfreiheit bezogen auf den "Marsch der Unsterblichen", wird kommenden Dienstag fortgesetzt. 





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