Freitag, 2. Juni 2017

Befangenheitsrecht - das ganz kleine Einmaleins

Wenn ein Angeklagter einen Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit ablehnt, muss er einen sogenannten Ablehnungsantrag oder Befangenheitsantrag einreichen.

Ganz wesentlich dabei ist, dass er Gründe darlegen muss, warum er die Besorgnis hegt, der Richter sei befangen. Wenn ein Richter beispielsweise zu Beginn der Hauptverhandlung gegenüber einem Angeklagten sagt: "Sie sind für das Gericht der Typ des Gewohnheitsverbrechers", dann besorgt der Angeklagte zu Recht, dass der Richter ihm gegenüber die Neutralität eingebüßt hat.

Entscheidend ist schon nach dem Wortlaut der Vorschrift des § 24 StPO, dass eine Besorgnis gegeben sein muss; es kommt nicht darauf an, ob der Richter tatsächlich befangen IST. Dies festzustellen würde bedeuten, man müsste die Gedanken des Richters lesen können. Der schlaue Gesetzgeber aber wusste bei Abfassung der Vorschrift, dass es nur ganz wenigen Auserwählten vorbehalten ist, Gedanken zu lesen und deshalb hat er darauf abgestellt, dass es auf die Besorgnis anzukommen hat. Sorgen kann man nämlich teilen; das findet schon in dem Sprichwort "Geteiltes Leid ist halbes Leid" Widerklang und wenn eine andere Person mit klarem Verstand außer dem Angeklagten nachvollziehen kann, dass der Angeklagte sich zurecht Sorgen wegen der Unparteilichkeit des Richters macht, dann ist einem solchen Antrag stattzugeben und ein anderer Richter mit der Sache zu befassen.

Wurde ein Richter abgelehnt, sieht das Gesetz vor, dass er eine dienstliche Stellungnahme zu dem Antrag abzugeben hat, § 26 Abs. 3 StPO. Auch bei dieser Vorschrift hat sich der Gesetzgeber wieder etwas Schlaues gedacht: es kann nämlich Fälle geben, in denen der Richter die Besorgnis des Angeklagten mittels eine geeigneten Erklärung oder einer Handlung ausräumen kann. In obigem Beispielsfall ist dies zwar nicht vorstellbar, aber unmöglich ist es nicht.

Ab und an (es ist in der Tat nicht auszurotten) erklärt ein Richter dienstlich, er fühle sich nicht befangen.
Das Gesetz stellt, siehe oben, nun aber gerade nicht darauf ab, ob der Richter befangen IST oder wie er sich FÜHLT, sondern darauf, ob der Angeklagte zurecht BESORGT, der Richter sei befangen.
Ein Richter, der eine solche Erklärung abgibt, beweist im Grunde nichts Anderes, als dass er das ganz kleine Einmaleins des Befangenheitsrechts nicht beherrscht. Der Angeklagte, der ihn abgelehnt hat, tut gut daran, dies in der Stellungnahme, die er zu der dienstlichen Äußerung abgeben darf, zu problematisieren, denn es stützt seine Besorgnis mehr denn dass es sie ausräumt.
  

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