Mittwoch, 3. November 2010

Einmal Knast und zurück

Kollege Müller berichtet hier von einer richterlich genehmigten Reise in die JVA und zurück (!).

Unlängst hatte ich in einer Umfangssache ebenfalls beantragt, meine Fahrten in die JVA W. zu meinem Mandanten für erforderlich zu erklären. Eine Amtsrichterin lehnte meinen Antrag ab unter Hinweis darauf, dass Fahrten in die JVA ohnehin von der Pflichtverteidigerbeiordnung umfasst seien. Dem Grunde nach hat sie ja Recht. Tatsächlich aber kennt sie vermutlich die Auseinandersetzungen zwischen Verteidigern und Revisoren nicht, die sich gelegentlich auch um die Frage ranken, welche Fahrt aus welchem Grund notwendig gewesen sein soll.

Ich habe ihr geantwortet, dass ich gleichwohl um Verbescheidung bitte, um späteren Meinungsverschiedenheiten mit dem Bezirksrevisor vorzubeugen. Prompt kam ein paar Tage später der gewünschte Beschluss.

Nach festgestellter Erforderlichkeit reist es sich beschwingter.

6 Kommentare:

Stefan hat gesagt…

Wer um eine Verbescheidung bittet, sollte sich bescheiden in eine Ecke zurückziehen und erst wieder hervor kommen, wenn der gewünschte Bescheid vorliegt.
Gibt es spezielle Wörterbücher für so eine Sprache? Meine Rechtschreibprüfung meckert da immer.
Bei wort-suche.com findet sich:
"Verbescheidung kommt von verbescheißen, verarschen und hat ihren Ursprung in der Juristensprache."

Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. hat gesagt…

@Stefan: Spezielle Wörterbücher gibt es meines Wissens nicht. Es reicht bereits der gute alte Duden:
http://www.duden.de/deutsche_sprache/sprachberatung/newsletter/archiv.php?id=116
Riskieren Sie mal einen Blick, erweitern Sie Ihren Sprachschatz und vergessen Sie wort-suche.com.

Stefan hat gesagt…

Hehe, unter dem genannten Link unter 'Aufschwellung' finde ich zum Verb 'verbescheiden': "...die als überflüssig betrachtet werden können, weil sie zum Wortsinn nichts beitragen und einer prägnanten Ausdrucksweise entgegenstehen."

Die Suche bei duden.de findet zur Substantivierung der Aufschwellung des Verbs 'bescheiden' (also zu 'Verbescheidung') leider nichts.

In aller Bescheidenheit, ich hätte der Richterin geantwortet, dass ich gleichwohl um einen Bescheid bitte.

Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. hat gesagt…

Ihre Bescheidenheit ehrt Sie. Aufschwellungen mögen überflüssig sein, führen aber dennoch nicht dazu, dass der Wortsinn ein anderer wird wie bei Ihrem ersten Vorschlag. Und ganz ohne Bescheidenheit: bitten Sie Richter um was immer Sie möchten, und sei es um Bescheide. Ich werde weiterhin der Aufschwellung fröhnen - gänzlich überflüssig, aber für Juristen verständlich. :-)

Anonym hat gesagt…

@Stefan: Sind Sie Lehrer von Beruf?

kj hat gesagt…

Wo liegt eigentlich die Rechtsgrundlage für solche Beschlüsse, die ich genauso albern finde wie die Diskussion um Rechtschreibung und Wörter.

Wenn der Anwalt mehrere Personen in der JVA verteidigt stellt sich natürlich die Frage, ob er bei jedem die Fahrt abkassieren muss.
Umgekehrt kann sich aber auch ergeben, dass der Verteidiger aufgrund neuer Fakten mehrmals den Mandanten aufsuchen muss, oder?

Jedesmal den Richter fragen zu müssen, ob die Kosten denn angemessen seien, halte ich persönlich für kindisch und für einen Anwalt unangemessen.