Anders
als im letzten Durchlauf gab es dieses Mal keine Diskussionen über die
Reihenfolge der zu stellenden Anträge. Die Kammer hatte bestimmt, dass vor
Verlesung der Anklage Befangenheitsanträge, Besetzungsrügen und weitere Anträge
gestellt werden dürfen und erst im Anschluss daran die Anklage verlesen werden
soll. Soweit die Presse also im Anschluss an den gestrigen Tag lamentierte, es
sei nicht einmal zur Verlesung der Anklage gekommen, weil die Verteidigung
wieder einmal Anträge gestellt habe, geschah dies in völliger Übereinstimmung
mit dem Ablaufplan der Strafkammer und es diente der Beschleunigung des
Verfahrens bereits dadurch, dass nicht wieder darüber gestritten werden musste,
wer welchen Antrag wann stellen darf und ob dies vor oder nach Verlesung der
Anklage geschehen soll. Wir erinnern uns: wäre die Kammer beim zweiten
Durchlauf der Forderung der Verteidigung, zumindest die Besetzungsrügen (denen
sie ja stattgegeben hatte) vorab stellen zu dürfen, nachgekommen, hätte man
sich 3 von 5 Hauptverhandlungstagen sparen können.
Bevor
es zur Verlesung der Anklage kam, wurden Anträge zur audiovisuellen
Aufzeichnung der Hauptverhandlung gestellt. Zwar sieht die Strafprozessordnung
bei Verhandlungen vor dem Landgericht einerseits nur ein Inhaltsprotokoll über
die sog. wesentlichen Förmlichkeiten des Verfahrens vor, andererseits verbietet
das Gesetz aber auch keine Aufzeichnungen, die über dieses Mindestmaß
hinausgehen.
Um
zu verstehen, woran es uns als Verteidigern gelegen war, muss kurz auf einen
Unterschied zwischen Verhandlungen beim Amts- und solchen beim Landgericht
eingegangen werden. Aussagen von Zeugen, die beim Amtsgericht vernommen werden,
werden vom Protokollführer mitgeschrieben und ins Protokoll der
Hauptverhandlung aufgenommen, man kann also noch Jahre später nachlesen, was
ein Zeuge ausgesagt hat. Beim Landgericht wird hingegen nur aufgenommen: „Der
Zeuge bekundet zu Sache.“ Mehr nicht.
Nachdem
der erste Durchlauf in diesem Verfahren 337 Hauptverhandlungstage in Anspruch
nahm und nach Pensionierung des Vorsitzenden das Protokoll nur bis zum 91.
Verhandlungstag fertiggestellt war, konnte sich der nächste dienstälteste
Richter, der für die Fertigstellung des Protokolls zuständig gewesen wäre,
nicht mehr an wesentliche Dinge aus der Hauptverhandlung erinnern, was
angesichts des Zeitablaufs von bis zu 5 Jahren nicht lebensfremd ist.
Nun
basieren Urteile nicht zuletzt auf Zeugenaussagen und es ist misslich, wenn ein
Urteil gesprochen werden muss, obwohl die Beweiserhebung schon lange
zurückliegt. Es mag Menschen geben, die mit einer Art Inselbegabung
ausgestattet sind, die es ihnen erlaubt, auch lange zurückliegende Aussagen zu
erinnern. Das Gros der Prozessbeteiligten dürfte über eine solche Gabe nicht
verfügen, so dass die Forderung von Verteidigern und nicht selten auch
Staatsanwälten nach Aufzeichnung bzw. wörtlicher Protokollierung von Aussagen,
durchaus im Interesse der Rechtssicherheit ist, da auf diese Weise der Gefahr
begegnet werden kann, dass das Urteil auf unrichtiger Tatsachengrundlage
beruht, sei es dadurch, dass die Beweiswürdigung unvollständig, versehentlich
falsch oder aus sonstigen Gründen fehlerbehaftet wiedergegeben wird.
Die
technischen Möglichkeiten zur Aufzeichnung stehen im Landgericht Koblenz zur
Verfügung. Ob das Gericht sie – nicht zuletzt auch im eigenen Interesse –
nutzen wird, bleibt abzuwarten. Über den Antrag hat die Kammer noch nicht
entschieden.
Die
Verhandlung wird am 12.03.2019 fortgesetzt.
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