Mittwoch, 31. Mai 2017

Gut verschnürt und schlecht gelaunt - die Tücken der Handschelle

Auf dem Weg zu einer Hauptverhandlung erreichte mich eine Nachricht meiner Mitarbeiterin. Die JVA habe angerufen, weil der Mandant sich weigere, zur Hauptverhandlung vorgeführt zu werden.
Man werde seine Vorführung notfalls mit Zwang vornehmen.

Warum man meinte, mir das mitteilen zu müssen, habe ich nicht verstanden. Fakt ist zunächst einmal. dass ein Angeklagter zur Hauptverhandlung zu erscheinen hat. Er kann sich das im Gegensatz zu einem Zuschauer nicht aussuchen. Befindet sich ein Angeklagter auf freiem Fuß, muss er selbst zusehen, dass er zur richtigen Zeit beim richtigen Gericht ist. Schafft er das ohne plausible Entschuldigung nicht, muss er damit rechnen, dass gegen ihn ein Sicherungshaftbefehl ergeht, wonach er bis zum nächsten Tag der Hauptverhandlung in staatliche Verwahrung wandert und mit der ehemals grünen, heute blauen Minna vorgefahren wird.
Ist der Angeklagte in Haft - wie in diesem Fall - ist es Sache der JVA, ihn zum Gericht zu bringen. Dass die Beamten in bestimmten Fällen der Bereitschaft des Angeklagten auch unsanft auf die Sprünge helfen können, gehört zu deren Tätigkeitsgebiet.

Meinem Mandanten waren seitens der JVA Hand- und Fußfesseln für den Transport zum Gericht angelegt worden und so erschien er gleichsam gut verschnürt, wenn auch schlecht gelaunt im Gerichtssaal. Seine Laune besserte sich als er die junge, gutaussehende Richterin erblickte. Ich stellte den Antrag, meinem Mandanten die Handfesseln abzunehmen und nachdem dieser der Richterin versprochen hatte, sich gut zu benehmen, ordnete sie die Entfesselung an. Die Wachtmeister mühten sich redlich, die Handfesseln zu lösen. Vergeblich. Mehrere Schlüssel wurden ausprobiert. Nichts tat sich.

Des Rätsels Lösung: dem Mandanten waren bereits in der JVA Handfesseln angelegt worden. Die Schlüssel hatte man den Beamten nicht mitgegeben und die Schlüssel der Beamten vor Ort beim Amtsgericht passten nicht. Ob das nun ein Versehen war oder Schikane, sei dahingestellt. Im Interesse des Mandanten war ich jedenfalls schon gut gelaunt, die Sache - nun sagen wir - zu problematisieren. Dass ausgerechnet der Mandant mir einen Strich durch die Rechnung machte, indem er sich in die Fesselung fügte, damit hatte ich nicht gerechnet. Letztlich dauerte der Termin aber kürzer als ich dafür gebraucht hätte, entsprechende Anträge zu formulieren und angesichts der Tatsache, dass das Gericht meinen Beweisanträgen nachkommen wird, war der Mandant am Ende deutlich besser gelaunt.

Keine Kommentare: