Manche Akten, die einem auf den Tisch flattern, sind sogenannte Blindschleichen. Die Angaben der Zeugen sind mehr als vage, die Anklage nebulös und der Eröffnungsbeschluss offenbar von dem Wunsch getragen, in der Hauptverhandlung Licht ins Dunkel bringen zu können.
Kürzlich hatte ich mal wieder so eine: Mehrere Personen sollen gemeinsam in einer Boutique gestohlen haben. Dabei erwischt worden waren sie nicht. Eine Verkäuferin will kurze Zeit nachdem die Personen den Laden verlassen hatten, leere Kleiderbügel ausgemacht haben. Einer ihrer Kollegen nahm die Verfolgung auf, konfiszierte die Handtaschen der verdutzten Verdächtigen, wurde nicht fündig, alarmierte die Polizei, die auch noch das Fahrzeug der angeblichen Diebe ergebnislos durchsuchte und - erstattete Strafanzeige.
Die Ermittlungen endeten in einer Anklage, in der davon die Rede war, es seien zwei Hosen und eine Jacke im Wert von 80 € gestohlen worden. Die Angaben zum Stehlgut waren indes unterschiedlich gewesen und reichten von einer bis zwei Hosen und ebensovielen Collegejacken.
In der Hauptverhandlung gerieten die Angaben noch mehr ins Wanken. Zwischen zwei bis drei Hosen und einer bis zwei Jacken, wahlweise Blazer oder College sollten abhanden gekommen sein.
Die Vorsitzende sprach die Angeklagten frei und erläuterte gegenüber den Zeugen, man habe nicht genügend Anhaltspunkte für eine Tatbegehung. Wenn nicht einmal klar sei, was weggekommen sei, könne man niemanden deswegen verurteilen. Stimmt.
4 Kommentare:
Selbst wenn man annimmt, dass sie auf eine komische Masche geklaut und das Diebesgut dann irgendwie wegteleportiert haben... Wie kann man denn dann bitte Anzeige erstatten, wenn niemand etwas finden kann?
Und sind leere Kleiderbügel in einem Klamottenladen so selten? Gibt es nicht auch Leute, die Sachen ohne Bügel zum anprobieren mitnehmen? Sachen gibts...
Aber einen Eröffnungsbeschluss durfte man schon erlassen und vorhersehbar Steuergelder von mindestens diversen Hundert Teuro verschleudern? Ts, ts., ts!
Es steht jedem frei, Anzeige zu erstatten, wenn er meint, beklaut worden zu sein. Es obliegt allerdings danach den Ermittlungsbehörden, was aus der Sache gemacht wird. Wenn ein Staatsanwalt trotz dünner Beweislage Anklage erhebt und das Gericht das Hauptverfahren eröffnet, kann der Anzeigeerstatter nichts dafür (es sei denn, es würde sich um eine vorsätzliche falsche Verdächtigung handeln).
Statitisch für alle beteiligten Öffentlichdienstler ein abgehakter Erfolg, für den Steuerzahler ein Griff ins Klo.
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