In einer Zivilsache bei einem Amtsgericht, die seit sage und schreibe September 2009 vor sich hindümpelt, ohne dass das Gericht sich seither gehalten sah, Termin zu bestimmen oder auch nur eine Verfügung zu erlassen, geht mir vergangene Woche eine Ladung zu. Die Beweisaufnahme soll im Juni fortgesetzt werden. Ein Blick in den Kalender zeigt: ich bin an diesem Tag wegen einer Dozententätigkeit verhindert. Dies teile ich dem Gericht mit und beantrage die Aufhebung des Termins.
Heute erreicht mich ein Schreiben der Richterin: "Angesichts der angespannten Terminslage des Gerichts kommt eine Terminsverlegung nur im Einverständnis mit der Klägerseite in Betracht."
Ich staune nicht schlecht. Dass die Terminslage des Gerichts angespannt ist, mag ja sein, aber dass ich, nachdem das Gericht es über ein halbes Jahr nicht für nötig befunden hat, in dieser Sache auch nur Irgendetwas zu veranlassen, auch noch mit dem Gegnervertreter sprechen soll, ob er was gegen eine Terminsverlegung hat, finde ich - zumindest unvorteilhaft.
Da spreche ich doch lieber gleich mit der Richterin und greife zum Hörer. Die ist nicht so wirklich begeistert von meinem Anruf und es stellt sich heraus, dass sie nicht darüber sprechen möchte, weshalb sie es plötzlich derart eilig hat, nachdem sie (s.o). Stattdessen möchte sie nun aber anstelle des Einverständnisses des Gegners eine schriftliche Bestätigung der Einrichtung, für die ich als Dozentin arbeite. Warum sie dann aber nicht dazu auffordert hat, ich möge die Verhinderung glaubhaft machen, § 227 II ZPO, bleibt ungeklärt.
Die Glaubhaftmachung meiner Verhinderung ist freilich kein Problem. Ich werde es anwaltlich versichern und ihr zudem noch eine Telefonnummer meines Auftraggebers mitteilen, unter der sie sich nach meinem Stundenplan erkundigen kann - sofern es die angespannte Terminslage zulässt.
6 Kommentare:
Hä? In der Tatsache, dass Ihre Sache erst jetzt dran ist, kommt doch die "angespannte Terminslage" gerade zum Ausdruck.
@Anonym: Und weiter? Ist das ein Grund, einem Anwalt zu schreiben, dass seine Verhinderung kein Grund ist, den Termin zu verlegen?
Ihre Argumentation ist doch: Erst passiert ein halbes Jahr gar nix, und dann muss es auf einmal alles hopplahopp gehen.
Und die Antwort ist eben: Gerade weil - aufgrund der Belastung des Gerichts - ein halbes Jahr lang nichts passieren konnte, sollte es jetzt dann auch möglichst fix gehen.
Hinzunehmen muss man jetzt allerdings noch die Lebenserfahrung des Richters, die ihn lehrt, dass viele Anwälte bei Terminverlegungsanträgen keine Wahrheitspflicht kennen.
@Anonym: Die Lebenserfahrung der Richterin auf Probe in allen Ehren. Wenn man einem RA nicht glaubt, dass er verhindert ist, fordert man ihn auf, die Verhinderung glaubhaft zu machen, aber nicht, den Gegner um Erlaubnis zu fragen.
Vielleicht hat sie irrtümlich an § 225 Abs. 2 ZPO, der allerdings nur für wiederholte Fristverlängerungen gilt.
Davon erwähnte sie im Rahmen des Telefonats zumindest nichts.
Ich wüsste zwar auch gerne, was sie sich dabei gedacht hat, aber es ist müßig, sich darüber Gedanken zu machen.
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