Es gibt Termine, bei denen man als Anwalt wenig bis überhaupt nichts ausrichten kann. Dazu gehören Termine mit Sachverständigen, die im Scheidungsverfahren eine Immobilie bewerten sollen. Man hat zwar ein Anwesenheitsrecht als Rechtsanwalt einer Partei bei einem solchen Termin, aber wenn man hingeht, beschränkt sich das, was man tun kann, darauf, anwesend zu sein. So dachte ich bislang jedenfalls und das war auch der Grund, weshalb ich bei derartigen Terminen nie von meinem Anwesenheitsrecht Gebrauch machte. Unlängst war es so, dass eine Gegenseite ankündigte, bei einem solchen Termin dabeisein zu wollen. Infolgedessen schlug ich meinem Mandanten den Wunsch, ebenfalls anwesend zu sein, nicht aus.
Ich war ein wenig früher da, nahm im Wohnzimmer Platz und bekam ein Getränk serviert. So ließ es sich aushalten. Der Sachverständige kam, mit ihm die Gegenseite in Gestalt der Frau Kollegin und er tat, was getan werden musste: vermessen und fotografieren. Hierbei assistierte ihm eine junge Dame, die eifrig notierte, was an Zahlen aus ihm heraussprudelte. Ich blieb im Wohnzimmer sitzen, weil ich es weder für notwendig noch für höflich halte, mich einem Sachverständigen an die Fersen zu heften und jeden Winkel der Wohnung meines Mandanten in Augenschein zu nehmen. Meine Begeisterung würde sich auch in Grenzen halten wenn wildfremde Leute meine Wohnung inspizierten.
Frau Kollegin hatte damit ganz offensichtlich keine Last. Sie war überall dabei. Im Schlafzimmer, der Vorratskammer, im Vorgarten zwischen Beeten und Zierteich und auch im Gästeklo. Alles wurde inspiziert und wenn sie nachgeschaut hätte, ob Staub auf dem Wohnzimmerschrank liegt, hätte auch das mich nicht gewundert. Mein Mandant verfolgte dies mit ungläubigem Staunen und bemerkte schließlich: "Neugier, dein Name ist Weib."
Ergebnis: das Sprichwort stimmt.
Ich hätte übrigens zu gerne gewusst, was die Kollegin sich davon versprochen hat, ihre Nase in andrer Leute Wohnung zu stecken, aber ich habe sie nicht gefragt, obwohl es mich schon brennend interessiert hätte - das Sprichwort stimmt also wirklich. ;-)
2 Kommentare:
Vielleicht war die Kollegin ja auf Wohnungssuche und ging davon aus, daß die Wohnung bald frei sei?
Hm, haben Sie nicht gerade durch vornehme Zurückhaltung das Sprichwort selbst widerlegt oder zumindest relativiert? ;-)
Kommentar veröffentlichen