Mittwoch, 9. Februar 2011

Wütendes Getrampel

Manche Zuschauer bei einem Strafprozess kommen als Zeugen in Betracht. Für diesen Fall ist es vorzuziehen, dass sie der Hauptverhandlung bis zu ihrer Einvernahme nicht folgen.

So war es heute. Die Mutter eines Kindes, dessen Vernehmung bevorstand, hatte im Zuschauerraum Platz genommen und ich konnte nicht ausschließen, sie zu einem späteren Zeitpunkt als Zeugin zu benennen, weshalb ich angeregt habe, sie von der Teilnahme auszuschließen.
Die Kammer legte der Zeugin also nahe, den Saal zu verlassen.

Dem kam sie nach. Und wie! Wütend trampelte sie Richtung Tür und ich mutmaße mal, dass sie mir liebend gerne zumindest ins Gesicht gespuckt hätte.

Wahrscheinlich kennt sie Gerichtsverhandlungen nur aus dem Fernsehen, in dem der Verteidiger meist die Eselsmütze aufhat und froh sein kann, wenn er der Verhandlung selbst beiwohnen darf. Dagegen nimmt es sich tatsächlich wie ein Kulturschock aus, wenn man ausgerechnet auf Anregung des Verteidigers vor die Tür gesetzt wird.

Nicht böse sein, werte Zeugin in spe. Im Fernsehen nimmt man das mit der StPO nicht so genau, in "echt" erfreulicherweise schon.

3 Kommentare:

kj hat gesagt…

Kann die Mutti verstehen, das sie ihr Kind nicht im Kreuzverhör von Anwalt und Staatsanwalt alleine läßt.

Wo steht denn das die Zeugin den Sitzungssaal verlassen muss. Letztlich sind die Verfahren öffentlich. Habe dazu in der Schnelle nix gefunden.

Ich hätte den Sitzungssaal nicht freiwillig ohne Kind verlassen, sondern nur wenn das Gericht dazu förmlich auffordert und Zwangsmittel androht.

Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. hat gesagt…

@kj: Ihre Haltung ehrt Sie, aber die Frage, wer im Saal anwesend sein darf/soll und wer nicht, entscheidet das Gericht. Wenn von Beginn an alle Zeugen teilnehmen dürften, wäre ein Sinken des Beweiswertes die zwingende Folge.
Vorliegend hat die Mutti das wohl eingesehen und zudem war das Kind als Nebenkläger anwaltlich vertreten. Hinzu kommt, dass die Prozessbeteiligten keine eigenen Fragen an kindliche Zeugen richten dürfen. Dies muss über den vernehmenden Richter geschehen. In der Praxis läuft das so ab, dass alle Beteiligten Gelegenheit erhalten, ihre Fragen aufzuschreiben. Die Fragezettel werden dann dem vernehmenden Richter übergeben und der arbeitet die Fragen ab. Also nix Kreuzverhör.

kj hat gesagt…

Der Richter kann natürlich als Inhaber des Hausrechtes Leute des Saales verweisen, wenn die sich aber ordentlich aufgeführt haben schafft er den absoluten Revisionsgrund der Verhandlung ohne Öffentlichkeit.

Denke bei Vernehmung von Kindern kann er vielleicht die Öffentlichkeit ausschließen, dann alle samt Mutti, weiß das aber nicht. Hier hatte das Kind ja einen Anwalt, das geht schon eher.