1. Beitrag aus der Reihe: Wir überprüfen Sprichwörter
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm
In einem Strafverfahren wurde zunächst Frau F. als Zeugin vernommen. Sie gehörte in die Kategorie, die man problemlos in eine diese nachmittäglichen Gerichtsshows hätte exportieren können, die ja Quote damit machen, dem Zuschauer vor Augen zu führen, wie vielfältig des Herren Tierreich sein kann.
Frau F. war Ende 40, was sie nicht davon abhielt, sich wie Anfang 20 zu kleiden. Sowas kann gutgehen, muss aber nicht. In Fällen wie dem von Frau F. ging es nicht so gut, zumal keines der wenigen Kleidungsstücke, das sie trug, gleichzeitig sauber UND lochfrei war. Als Beruf gab sie an: "Nix", als erlernten Beruf: "Och nix". Die Haare hatte sie zur Feier des Tages leider nicht gewaschen und auch der letzte Besuch im Nagelstudio war schon etwas her. Dafür aber hatte sie sich - meine Nase trügt mich in dieser Hinsicht selten -Mut angetrunken, und zwar so viel, dass sie jeden anpöbelte, der ihr irgendwelche Fragen stellte, deren Sinn sie nicht auf Anhieb zu ermitteln vermochte, was angesichts ihrer eher schlichten Strukturierung bei nahezu jeder Frage der Fall war. Ihre Vernehmung gestaltete sich entsprechend schwierig, da sie immer wieder zur Ordnung gerufen werden musste, hatte aber unbedingten Unterhaltungswert.
Ob es was gebracht hätte, ihre Vernehmungstüchtigkeit in Zweifel zu ziehen, hatte ich zwar überlegt, dann aber verworfen, zumal sie eine Zeugin der Anklage war und ich gut mit der schlechten Figur, die sie machte, leben konnte.
Ein paar Prozesstage später stand die Tochter von Frau F. auf der Zeugenliste. Ich glaube, jeder der Prozessbeteiligten war gespannt auf die Miniaturausgabe von Frau F., heisst es doch siehe oben.
Der Apfel in Gestalt von Tochter F. hatte einen Meisterbrief in einem Handwerk, war angemessen gekleidet, artikulierte sich normal und legte Wert auf die Feststellung, den Kontakt mit ihrer Mutter nur sporadisch auszuüben.
Ergebnis: das Sprichwort stimmt (in diesem Fall) nicht. Glücklicher Apfel!
9 Kommentare:
Da haben sich halt die Gene vom Vater durchgesetzt.
Andere Erklärung wäre, dass die Mutter an einer psychischen Krankheit leidet oder bei der Geburt ein wenn auch geringer frühkindlichen Hirnschaden zurückgeblieben ist.
Kann aber auch nur Folgen des Suffs sei.
Hallo, Frau Kollegin! Wieder einmal ein sehr unterhaltsamer Blog. Herzlichen Dank dafür und die besten Grüße aus der Landeshauptstadt! :-)
@kj: Spielverderber. ;-)
@Tobias Schuhmacher: Danke! Viele Grüße zurück aus KO!
@kerstin rueber
Berufskrankheit Jurist. Gelobe Besserung!
@kj: Verstehe. Bitte infizieren Sie mich nicht. :-)))
Schmidteinander?
"1. Zeuge:
Ich heiße XY, bin 20 Jahre alt, Beruf: "Trinker", wohnhaft in,
mit den Angeklagten nicht verwandt oder verschwägert."
traurig aber wahr, dies ist ein Originalzitat aus einem Schwurgerichtsverfahren, Der Vorsitzende hatte beim Beruf extra nochmal nachgefragt.
Obwohl ich in einen ordentlichen Abstand zum Zeugen saß, wusste ich genau, dass er ordentlich "gefrühstückt" hatte.
Unterhaltsam in diesem Zusammenhang auch:
http://sprichwortrekombinator.de/
*g*
Ich finde es schön, wenn Klischees nicht immer zutreffen, und junge Menschen ihren eigenen Weg finden.
Der Preis dafür ist manchmal sehr hoch: Alle Brücken hinter sich abzubrechen erfordert eine gewisse Gefühlshärte, die ich niemandem wünsche, zu brauchen.
Aber manchmal gehts nicht anders.
@kerstinrueber
keine Angst, Infektionsgefahr bei Frauen Null. Es setzen sich noch nicht mal die Gene durch. Zwei Kinder mit zwei Müttern, Schulzeugnis: zwei mal Ordnung eins, habe schon an einen Vaterschaftstest gedacht.
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