Freitag, 13. August 2010

Verräter-Verteidigung: die Freund-oder-Feind-Frage

Der Kollege Hoenig problematisiert in seinem Blog die Verteidigung von Beschuldigten, die sich einen Bonus davon erhoffen, wenn sie nicht nur eigene Straftaten einräumen, sondern auch von denen Anderer berichten. Oftmals sind diese Anderen ihre "Freunde" und der Konflikt, in den sie dadurch geraten, ist vorprogrammiert.

Jeder Verteidiger kennt das Szenario: Tick, Trick und Track betreiben jahrelang einen schwunghaften Betäubungsmittelhandel. Tick wird auf frischer Tat bei einem Kilogeschäft geschnappt und ins Café zur gestreiften Sonne verbracht.

Tick hat nun mehrere Möglichkeiten:
1. Schweigen
2. Geständnis in Bezug auf seinen eigenen Tatbeitrag
3. wie 2, nur zusätzlich auch Aussage zu Trick und Track

Wenn Tick sich für 3. entscheidet, kommt er in den Genuß der Kronzeugenregelung und - damit einhergehend - in den der Strafmilderung. Was passiert, wenn er wieder aus staatlicher Verwahrung entlassen ist, steht auf einem anderen Blatt, denn eventuell haben Trick und Track noch andere Freunde außer Tick, die nur darauf warten, Tick mal den für sie maßgeblichen Inhalt des Begriffs "Freundschaft" einzubleuen.

Von Kronzeugenregelungen kann man halten was man will. Wäre sich nicht jeder im Zweifel selbst der Nächste, würde es sie nicht geben, soviel steht fest. Wichtig ist jedoch, dass man dem Mandanten, der Nr. 3 ins Auge fasst, drei Dinge erklärt, die er von Seiten der Verfolgungsbehörden ganz sicher nicht zu hören bekommt, nämlich, dass es

1. auch ein Leben "danach" gibt,
2. aus Freunden ruckzuck Feinde werden können und
3. das man mit Freunden keine Geschäfte macht (schon gar keine illegalen)

Wenn der Mandant in Kenntnis und nach Abwägung aller Umstände dann zu dem Schluss gelangt, dass die Kronzeugenregelung etwas ist, von dem er Gebrauch machen möchte, dann ist das genauso seine Entscheidung, wie wenn er sich für einen anderen Weg entscheidet. Als Verteidiger kann man sie ihm nicht abnehmen, man kann nur versuchen, das Beste aus den Gegebenheiten zu machen.

Die Meinung des Verteidigers bezogen auf das Handeln seines Mandanten darf jedoch nicht dazu führen, dass man ihn besser oder schlechter verteidigt. Kriegt man das nicht hin oder ist es einem schlicht zuwider, einen Kronzeugen zu verteidigen, sollte man dem Beispiel des Kollegen Hoenig folgen, denn nur dann handelt man in Interesse des Mandanten.

3 Kommentare:

Gentleshots hat gesagt…

Vielen Dank

für Ihre Art des Schreibens!
Einige schöne Minuten an einem sonst tristen Freitag verdanke ich Ihnen.

Anonym hat gesagt…

"Ganovenehre"

Ihr Kollege Hoenig hat da mit dem im Pfeffer vergrabenen Hund dem Nagel den Boden ausgeschlagen.

Vertrauen ist eine ganz wichtige Sache.
Ohne das könnte man auch gleich einsam sterben gehen.

Früher war alles besser! Da hat man sogar noch den größten Lumpen beim Wort nehmen können! *mitkrückstockfuchtel*

Anonym hat gesagt…

der wohl bekannteste berliner Krimminalkommissar hat mal auf das Versprechen eines "Ganoven", dass er weder Widerstand leisten werde, noch fliehen auf Handfesseln verzichtet und wurde nicht enttäuscht - bei gleichartigen Delikten hat er aber auch durchaus auch auf die "Ganoven" (zurück) geschossen, z.t. wohl auch letal. Also verweichlichten Umgang konnte man dem nun nicht nachsagen. und es gibt auch heute noch durchaus Kreise die Schweigen und "anständiges" Verhalten sehr hoch einschätzen. Also so abwegig ist das mit der Ganovenehre nicht, funktioniert aber auch nur bei ehrenhafter Polizei/Justiz.