Mittwoch, 18. August 2010

Billiger Jakob gesucht

Telefonvermerk meiner Mitarbeiterin:

"RA X. aus Y. fragt an, ob Sie für ihn einen Termin am X. in einer OWi-Sache beim AG KO wahrnehmen können gegen ein Honorar von 100 Euro. Habe ihm gesagt, dass ich eher nicht denke, dass Sie das machen. Falls doch, können sie sich ja bei ihm melden."

Da denkt sie richtig. Die Terminsgebühr beträgt 215 Euro. Wenn der Kollege es schon nicht einsieht, seinen Mandanten selbst zu vertreten und stattdessen den billigen Jakob sucht, muss er weitersuchen.

20 Kommentare:

GH hat gesagt…

Aber wenn er Ihnen eine anständige Gebührenteilung (= 107,50 Euro) angeboten hätte, hätten Sie es gemacht? ;-)

Ingo hat gesagt…

TerminSgebühr? Ist das so wie BratSkartoffeln und SchubSladen? Da ist doch ein S zuviel, oder? Schließlich musste ich mich bei der Bundeswehr auch darüber aufklären lassen, dass es Essenmarken und nicht EssenSmarken heißt. Gleiches gilt auch für Dreiecktuch anstatt DreieckStuch...

RA JM hat gesagt…

Naja, Versuch macht kluch - aber frech ist es schon.

Detlef Burhoff hat gesagt…

vielleicht ist der Kollege ja auch einfach nur von einer Einzeltätigkeit ausgegangen (Nr. 5200 VV RVG). Dann läge er mit den 100 € gar nicht so verkehrt, denn das ist da die Höchstgebühr. :-)

Andreas Neuber hat gesagt…

Sorry. Frau Kollegin, Sie mögen ja in der Entscheidung richtig liegen, aber diese Entscheidung würde ich nie meiner Mitarbeiterin überlassen und mir Kommentare zu anderen Kollegen verbitten.

Manus manum lavat ?

Kann ja sein, dass Sie den Kollegen mal brauchen.

FrankR hat gesagt…

Wäre es, um im Gender Mainstream zu bleiben, nicht notwendig neben den billigen Jakob die billige Jakobine zu stellen oder ....... wie auch immer

Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. hat gesagt…

@Ingo: Es heisst TerminSgebühr, schauen Sie mal hier:http://www.gesetze-im-internet.de/rvg/anlage_1_80.html
Es hat im RVG sogar VerfahrenSgebühren. :-)
@AndreasNeuber: In Fällen wie diesen sehe ich das anders und bin froh ob der Arbeit, die mir abgenommen wird. Wenn ich mal einen Kollegen in Y. brauche, weiß ich nun immerhin, wer nicht in Frage kommt.;-)

GH hat gesagt…

@Ingo
Sie kennen das Fugen-S nicht? Bitte sofort nachgoogeln. Sie sagen ja auch nicht Verwaltunggericht, Schmerzengeld oder Arbeitrecht.

Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. hat gesagt…

@GH: Doch, kenn ich, ändert aber nichts daran, dass es mit Fugenlaut im Gesetz steht.
Für alle, die Fugenlaute nicht kennen http://de.wikipedia.org/wiki/Fugenlaut

RA JM hat gesagt…

@Ingo:
... and the winner is Dreieckstuch. Im Übrigen würde ich nicht unbedingt mit den Deutschkenntnissen eines Unteroffiziers hausieren gehen. ;-)

Und überhaupt: Lieber ein Fugen-S zu viel als eines zu wenig, wie z.B. Schadensersatz, Schadensnummer ...

Ingo hat gesagt…

@GH: Natürlich kenne ich das Fugen-S. Es klingt nur für einen Nicht-Juristen an dieser Stelle etwas unpassend. Zur allgemeinen Erheiterung sei in diesem Zusammenhang auch die wunderbare Zwiebelfisch-Kolumne zum Thema empfohlen: http://www.spiegel.de/kultur/zwiebelfisch/0,1518,293186,00.html

Ingo hat gesagt…

@RA JM: Ich finde es toll, dass der Amtsschimmel auf der einen Seite auf das Fungen-S zwanghaft verzichten möchte und es in anderem Zusammenhang fleißig weiter pflegt...

Das Thema "Dreiecktuch" hat seinerzeit ein Freund von mir recht gut gekontert: "Jawohl, Herr Bootmann!" (mit ausgelassenem Fugen-S; fand der Bottsmann dann nicht mehr so komisch...)

Anonym hat gesagt…

100 € für ne viertelstunde Sitzen im Gerichtssaal, Vorbereitung kaum bis keine, null Aktenanlage, kurz: keine Arbeit? Würd´ ich machen, aber hallo! Und wenn ich dann noch beim Fremdmandanten (so er denn kommt, wenn nicht: noch weniger Arbeit) einen guten Eindruck hinterlasse, wer weiß, vielleicht bin dann ich sein nächster Anwalt.

Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. hat gesagt…

@Anonym: Prima, dann lassen Sie mir doch Ihre Kontaktdaten zukommen. Ich leite sie dann weiter. Sie scheinen ja ein super Verteidiger zu sein. Sie wissen schon vorher, wie lange so ein Termin dauert, bereiten sich nicht vor, sitzen aber immerhin (hoffentlich dekorativ) neben dem Mandanten und hoffen darauf, dem Kollegen, der Sie beauftragt hat, den Mandanten abspenstig machen zu können.

Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. hat gesagt…

@Ingo: Dér Zwiebelfisch-Link funzt leider nicht. :-(

Anonym hat gesagt…

Warum? Wenn die Sache schwierig wäre, ist es eigentlich ein Unding des Hauptbevollmächtigten, einen bloßen Terminsbvertreter zu beauftragen. Als Mandant käme ich mir verkauft vor. Und wenn die Sache nunmal nicht schwierig ist, läuft es so ab, wie beschrieben. Und dafür sind 100 € allemal ok.

RA JM hat gesagt…

@ Anonym: Kann es sein, dass Sie von der Materie nicht wirklich Ahnung haben?

Anonym hat gesagt…

100,- Euro inkl. Auslagen und MwSt? Oder die wenigstens oben drauf?

Ohne Vorbereitung, Gespräch mit dem Mandanten, Akteneinsicht, Rechtsprechungsrecherche, geht gar nicht. Es ist also nicht nur eine Sache von einer 1/4 Stunde. Seriös vorbereitete OWi-Sachen gehen nicht schneller als Strafsachen. Zum Gericht laufen/fahren, abschließende Beratung des Mandanten, wieder zurückfahren, sich wieder in der Kanzlei einarbeiten, dauert regelmäßig auch wenigstens eine Stunde.

Das alles für 100,- Euro? In der Zeit könnte ich 4 Schriftsätze fertigen, die mir jeweils 100,-
Euro (wenn nicht mehr) einbringen.

Strafrechtliche Hauptverhandlungen bringen finanziell wenig. Das wissen (leider) auch Richter... :-) Ich versuche sie daher kurz zu halten oder zu vermeiden. Natürlich nicht zu Lasten des Mandanten. Was muß, das muß. Aber im Gegensatz zu manch anderen Kollegen, die Hauptverhandlungen anscheinend als bequeme Art der Umsatzgenerierung ansehen, versuche ich keine Hauptverhandlungstage zu "schinden". Ich ärgere mich eher, wenn ein Richter wegen eines Antrags, den er bequem sofort bescheiden könnte, vertagt.

(Leider) merken Richter offenbar, ob der Verteidiger Hauptverhandlungstage schinden oder vermeiden will. In erstgenannten Fällen wird das Verfahren komprimiert, anderenfalls wie Kaugummi gezogen. Man darf den Verteidiger ja ein bißchen ärgern... :-)

kj hat gesagt…

Vielleicht sieht Frau Rueber einfach so aus, als hätte sie gerade eine Kanzlei aufgemacht und nimmt erst mal alles, um einfach ins Geschäft zu kommen.

Kürzlich frug mich ein Kumpel, was er dem Richter erzählen muss, um von 2 oder 3 Monaten Fahrverbot runter zu kommen. Da fragt sich wirklich, wozu er einen Anwalt bei sich und dann einen anderen vor Ort
hat. Null Verteidigungsstrategie bei beiden erkennbar, ausser die Messung anzuzweifeln, ohne hierfür aber irgendwas Konkretes dem Gericht zu liefern. Letztlich hat mein Kumpel lieber die 1 Monate Fahrverbot genommen, wie von mir (erahnt)und vorgeschlagen.
Offenbar sind solche Anwalts-leistungen gang und gäbe, da sind 100 Euro mal einfach so ohne große Arbeit mitnehmen schon viel.

Vier Schriftsätze diktieren, dürfte nicht das Problem sein, aber da muss man schon ein juristischer Überflieger sein, wenn hierzu auch die Rechtslage recherchiert wurde. Respekt!

Meine Rechtschreibkenntnisse sind
mittelmäßig, falls ich was richtig oder falsch geschrieben ist, ist mir das egal.

RA Gerlach hat gesagt…

@ Anonym:

Sicher, dass Sie sich auskennen ? DIe von Ihnen unterstellte Boshaftigkeit von Strafrichtern und deren Anliegen, Verteidiger zu ärgern, ist mir noch nicht untergekommen, obwohl ich jede Woche mindestens eine strafrechtliche HV habe.

Es ist auch keine Frage des HVen "schindens": Wenn eine weitere HV dem Mandanten (in der Sache, nicht bzgl. der Gebühren) dienlich ist, weil z.B. noch Beweisanträge erfolgen müssen, dann muss dies eben sein.