Freitag, 14. November 2014

Wir überprüfen Sprichwörter. Heute: Schlimmer geht immer - Albtraum Saalverhaftung

Das, was heute Herrn Middelhoff geschehen ist, zählt zum Albtraum eines jeden Angeklagten, der den Gerichtssaal als freier Mann betreten hat. Kaum ist das Urteil verkündet, klicken die Handschellen und es geht schnurgerade und in der Regel ohne Zahnbürste in die Zelle - Saalverhaftung.

Auch als Verteidiger gehört die Saalverhaftung des Mandanten zu denjenigen Situationen, auf die man gut verzichten kann. Finster, wenn sich weder die Hoffnung auf einen Freispruch oder zumindest eine Bewährungsstrafe bestätigt und obendrein auch noch ein Haftbefehl gegen den Mandanten verkündet wird.

Im Fall Middelhoff wurde der Haftbefehl bekanntermaßen damit begründet, dass er über einen Wohnsitz im Ausland verfügt. Nun ja, Frankreich ist nicht Brasilien, aber es reichte den Essener Richtern für die Annahme, er könnte sich ins Ausland absetzen. Ob dies das letzte juristische Wort ist, bleibt abzuwarten.

Die Krönung der Saalverhaftung durfte ich in diesem Jahr im Aktionsbüro Mittelrhein Prozess erleben. Dort traf es einen der rechten Szene zugehörigen Zeugen.

Dieser hatte eine Aussage gemacht, die ihm die Staatsanwaltschaft nicht abkaufte. Nach einer Verhandlungspause befanden sich neben den üblichen Justizbeamten im Saal drei weitere im Zuschauerraum und uns Verteidigern war sofort klar, dass sie dies nicht aus Gründen der hausinternen Fortbildung tun. Der Zeuge wurde auf Antrag der Staatsanwaltschaft im Saal festgenommen und in eine Zelle verbracht, die er erst wieder verlassen durfte, nachdem er seine Aussage korrigiert hatte.

Dieser Zeuge hatte sicher noch weniger als Herr Middelhoff damit gerechnet, gesiebte Luft zu atmen.

Ergebnis: das Sprichwort stimmt.






2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Interessanter Artikel

RA JM hat gesagt…

„eine Zelle, die er erst wieder verlassen durfte, nachdem er seine Aussage korrigiert hatte" - und nur ein übler Schelm denkt an Aussageerpressung.