Schlimmer geht´s nimmer, sollte man meinen, aber das ist nur die halbe Wahrheit und wie ich unlängst feststellen konnte, wird bisweilen vergessen, den Mandanten darüber aufzuklären.
Ein Mandant, der mich für die Berufungsinstanz beauftragt hatte, kam mit diesem recht gefährlichen Halbwissen zu mir. Er hatte ein Jahr und ein paar Monate kassiert und sein Berufungsziel war eine geringere Strafe (er hatte ein Geständnis abgelegt, so dass an der Verurteilung dem Grunde nach nicht gerüttelt werden sollte).
Nach Durchsicht der Akten musste ich feststellen, dass er mit seinem Urteil im Grunde ganz gut bedient war und eröffnete ihm, dass ich im Großen und Ganzen der Berufung keinen Erfolg beimesse. Trotzdem sollte es versucht werden, denn schlimmer gehe es schließlich nicht. Das habe ihm sein Anwalt aus der 1. Instanz so gesagt.
Diesen Zahn musste ich ihm ziehen.
Was nämlich durchaus schlimmer werden kann, sind die Bewährungsauflagen und für die meisten Angeklagten macht es am Ende einen gewaltigen Unterschied, ob sie 2 oder 5 Jahre unter Bewährung stehen, ob sie 100 oder 500 Sozialstunden abzuleisten haben oder ob sie 500 oder 5000 Euro Geldauflage zu zahlen haben.
Ebenfalls nicht unter das Verböserungsverbot fallen Anordnungen der Unterbringung in der Psychiatrie oder einer Entziehungsanstalt.
Gerade bei Verurteilungen unter Bewährungsaussetzung kann ein dem Angeklagten schlecht gesonnener Berufungsrichter derart auf die Pauke der Bewährungsauflagen hauen, dass der Angeklagte den Tag seiner Rechtsmitteleinlegung verwünscht.
Der Mandant staunte nicht schlecht und angesichts der möglichen Schattenwirkungen nahm er die Berufung zurück.
3 Kommentare:
So die herrschende Meinung. Ich habe es aber noch nie erlebt. Die hiesigen Berufungskammervorsitzenden pflegen ein offenes Wort in alle Richtungen und Gelegenheit, die Berufung zurückzuziehen. Wenn es jemand trotz "wissen will", wird er dafür nicht durch eine Verschärfung der Bewährungsauflagen bestraft.
@Heinz: Wo sitzen sie denn, die "Hiesigen"?
Ich habe es schon mal erlebt, wenn auch nicht in Koblenz, aber alleine der Umstand, dass etwas unüblich ist, entbindet einen RA doch nicht von der Pflicht, seinen Mandanten darauf aufmerksam zu machen (bevor am Ende das Geschrei groß ist).
Schlimmer geht es auch bei Fortsetzungs- oder Dauerdelikten wie etwa der Unterhaltspflichtverletzung oder z.B. § 327 StGB . Wenn nämlich bis zum Berufungs-HV_ Termin weitere Rückstände anfallen oder weiterhin der Betrieb aufrecht erhalten wird, kann es einen Aufschlag geben.
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