Heute vor 25 Jahren wurde ich als Rechtsanwältin zugelassen und vereidigt. Ich erinnere noch, dass es eine Feierstunde in der Rechtsanwaltskammer gab, an der teilzunehmen mir irgendwie die Lust fehlte. Immerhin hatte ich im November das 2. Staatsexamen gemacht und befand mich seither in einer Warteschleife.
Den sofortigen Schritt in die Selbstständigkeit habe ich nie bereut und ich hatte das große Glück, dass dieser in den ersten Jahren flankiert wurde durch die Bürogemeinschaft mit Kollegen, die immer ein wachsames Auge auf mich hatten und aufgepasst haben, dass ich nicht unter Räder kam, die ich selbst manchmal noch nicht mal als solche erkannt hätte.
Ich habe es auch nie bereut, dass ich keine freundschaftlichen Kontakte zu Richtern aufgebaut habe in der Hoffnung, montagsmorgens einen Stapel Akten im Gerichtsfach vorzufinden, in denen ich als Pflichtverteidiger beigeordnet worden war. Mir ist Dergleichen in den zweieinhalb Jahrzehnten kein Dutzend mal passiert, aber auf die Pflichtverteidigungen, die mir Richter haben zukommen lassen, bin ich ein wenig stolz. Dies, weil ich dann den Eindruck hatte, dass Interesse daran besteht, dass ein Beschuldigter aktiv verteidigt wird. Vor 25 Jahren war die Dichte an Strafverteidigern, die mehr das Urteil begleitet haben als Anträge zu stellen, nach meinem Eindruck höher als heutzutage. Ich erinnere eine Kollegin, die sich seinerzeit gewagt hatte, einen Schwurgerichtsvorsitzenden wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehen, weil dieser im Vorfeld zu einem Verfahren sinngemäß gesagt haben soll, er sehe den Angeschuldigten schon in der Unterbringung. Damals hatte die Ungeheuerlichkeit des Antrages hohe Wellen geschlagen und er war zurückgewiesen worden. Der Kollegin pfiff seither der Wind eher eisig um die Ohren, aber auch sie ist bis heute trotzdem - oder vielleicht sogar deshalb - gut im Geschäft.
Was ich definitiv richtig gemacht habe und was mir bis heute garantiert, dass ich in den Genuss von Verfahren komme, die die Grenzen meines Gerichtsbezirks weit überschreiten, ist die Mitgründung der Bundesvereinigung der Fachanwälte für Strafrecht, deren Vorstand ich seit 2004 angehöre. Der Kollege Werner "Kantholz" Siebers hatte die Idee dazu und darf zurecht stolz darauf sein, dass es ihm gelungen ist, über die Jahre das Netzwerk um Kolleginnen und Kollegen zu erweitern, die im Strafrecht ihre Berufung gefunden haben.
Das Geld für die Mediationsausbildung, die ich 2005 gemacht habe, hätte ich rückblickend betrachtet besser zum Fenster hinaus geworfen, denn so hätte ich es wenigstens klimpern hören. In der Folgezeit ist es mir nie gelungen, auch nur einen einzigen Mediationsfall zu aquierieren. Irgendwie scheint niemand zu denken, dass ich diplomatische Fähigkeiten haben könnte.
Besser angelegt war das Geld im Fachanwalt für Strafrecht, einem Masterstudiengang im "Law and Legal Practice" sowie einem Zertifikatsstudium zum Berater für Steuerstrafrecht. Aktuell überlege ich, was ich als Nächstes studieren soll, denn Eines habe ich über die Jahre auch gelernt - ohne Fort- und Weiterbildung kann man sich, gerade wenn man als Einzelanwalt tätig ist, definitiv nicht behaupten.
Die nächsten Jahre sind demnach voll mit weiteren Projekten. Meine Autorentätigkeit für ZAP, Juris und den C.F. Müller Verlag möchte ich beibehalten, ich möchte endlich wieder diesen Blog mit Leben füllen und ansonsten darf es gerne so weiterlaufen wie bisher, auch wenn es nicht immer einfach ist.
Bis hierher vielen Dank an alle Weggefährten, die mir den Weg erleichtert haben, an meine Familie, die mehr als einmal auf mich verzichten musste, weil ich in Sachen Strafverteidigung unterwegs war, an die vielen Kollegen, mit denen ich verteidigen durfte und darf und nicht zuletzt an meine Mandanten.
Ich trinke heute Abend ein Jägermeisterchen auf Euch. ;)