Dienstag, 7. Juni 2011

Forensische Pathologie - Erinnerungen

Die Kollegin Braun berichtet hier von einem Todesfall, dessen olfaktorische Auswirkungen sie gleichsam aus nächster Nähe mitbekommen hat, was ihr und ihrer Nachbarin immerhin einen therapeutischen Schnaps einbrachte.

Bei mir ist es schon etwas länger her, dass ich in die Situation geraten war, eine (geöffnete) Leiche aus der Nähe mit allen Sinnen wahrzunehmen. Es war zu Beginn der 90er Jahre. Jeden Freitagnachmittag fand sich in der Bonner Gerichtsmedizin ein kleines Grüppchen Studenten zur Vorlesung über forensische Pathologie zusammen. Anfangs war es kein kleines Grüppchen, sondern der Hörsaal war voll. Das änderte sich schlagartig nach dem Diavortrag des Dozenten über die unterschiedlichen Arten, wie Menschen zu Tode kommen können, weshalb eine Ansage vor Beginn der Vorlesung lautete: "Damit sie nicht erst lange suchen müssen: die nächsten Toiletten befinden sich den Gang runter auf der linken Seite."

Gegen Semsterende war es dann soweit: ein harter Kern fand sich zusammen um einer Leichenöffnung beizuwohnen. Visuell war man nun dank der Diavorträge auf Einiges gefasst, aber was den Geruch anbelangt, war ich noch einige Wochen und diverse Vollwaschgänge später der Meinung, dieser hafte an meiner Kleidung. Meinen Kommilitonen von damals ging es ähnlich, aber wir hielten tapfer durch und belohnten uns im Anschluss mit einem ausgiebigen Hamburgeressen bei einer nahegelegenen Fast-Food-Kette.

Für die hier mitlesenden Studenten: Die Vorlesungen in forensischer Pathologie zählten zu den mit Abstand Spannendsten des gesamten Studiums und sind Garant dafür, dass einen im späteren Juristenleben (egal ob als Verteidiger, Staatsanwalt oder Strafrichter) so schnell kein Bildmaterial umhaut.







6 Kommentare:

Tourix hat gesagt…

Und dann noch Fast Food ?

Sie schrecken aber auch vor nichts zurück.

Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. hat gesagt…

@Tourix: Damals gab es da diesen McRib...

Vincent hat gesagt…

Es zeigt der Lehrer viele Leichen
doch nur auf Bildern wohlgemerkt
dennoch vor Schreck die meisten weichen
doch Kerstin bleibt und schaut genau.
denn anders als die meisten andern
ist sie ja eine toughe Frau.

Doch dann passiert’s - die Obduktion
wie es da stinkt, ihr glaubt es nicht
und selbst nach verdautem Hauptgericht
aus zweifelhafter Produktion
und vielen Duschen und zwar gründlich
stört’s in der Nase noch empfindlich.

So banal und kaum verblüffend.
Es wird der Leser feststellen müssen:
Der Mediziner schneidet Leichen auf,
die Juristin nimmt, mangels Toten,
dafür stattdessen Anekdoten.

Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. hat gesagt…

@Vincent:
Das mir hier einer mal was dichtet,
Und nicht über ein Posting richtet,
Das find ich ja besonders nett,
Ich schick nen Gruß - besonders fett. :-)

Anonym hat gesagt…

@Kerstin Rueber
gern geschehen und Gruß zurück.

Johannes hat gesagt…

Ich habe mehreren Obduktionen beigewohnt und keine bis zum Ende ertragen, wenn auch meist sehr lange.

Am kürzesten war mein Besuch einer Obduktion eines Kindes. 12 Jahre alt. Das konnte ich irgendwie nicht mit der notwendigen Sachlichkeit betrachten.